Journal Sonntag, 21. Februar 2016 – Mode der 30er / Bücher zu verschenken
Montag, 22. Februar 2016 um 6:50Jetzt waren sie da, die spürbar gestiegenen Temperaturen. Beim Radeln an den Ostbahnhof hätte ich eigentlich weder Mütze noch Handschuhe benötigt.
Ich turnte nach einer halben Stunde Crosstrainer lediglich die Stepstunde mit; meine schmerzenden Knochen nahmen mir die Lust auf die anschließende Rückengymnastik.
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Zu Hause duftete es bereits wundervoll: Herr Kaltmamsell hatte die zwei Kilo Schweineschulter, die ich am Samstag auf dem Weg zum Schwimmen in der Metzgerei Burr besorgt hatte, in einen Schweinsbraten verwandelt.
Wie ich es von gutem Schweinefleisch aus Hausschlachtung kenne, war der Braten beim Garen aufgegangen, mit sensationell saftigem Fleisch. Da wir keine Knödel oder sonstige Stärkebeilage dazu hatten, gab’s auch keine Soße. Als Beilage hatte ich den Krautsalat fertiggestellt.
Hier habe ich das sehr simple Rezept notiert – ich finde sogar eine gehackte Zwiebel eher verschlechternd. Für ein Salatbuffet würde ich aber gebratene Speckwürfel dazugeben.
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Nach dem Essen machte ich ein paar Einheiten auf meinem Kulturtracker gut: Ich ging ins Museum, und zwar in die Ausstellung “Gretchen mag’s mondän – Damenmode der 1930er Jahre” im Stadtmuseum. Herr Kaltmamsell hatte mich darauf hingewiesen, weil ich ein Faible für die Mode dieser Zeit habe – wohl wegen damaligen US-Filme und UFA-Filme, die mich schon als Kind faszinierten.
Ich sah hochinteressante Exponate aus vielen damaligen Lebenslagen, viele Zeitschriftentitel aus den 30ern – sehr gerne hätte ich eine Grafikerin dabei gehabt. An den Printexponaten fand ich mal wieder frappierend, wie viel Inhalt allein schon Typografie transportiert.
Roter Faden der Erklärtexte: Wie die Parteiproganda versuchte, Einfluss auf die Mode in Deutschland zu nehmen (wenig erfolgreich), wie politische Verhältnisse sich auswirkten (Arisierung erschreckend erfolgreich).
Überraschendes Exponat:
An Kleidern und Oberteilen fiel mir auf, dass es damals praktisch keine Ausschnitte gab, das weibliche Dekolleté war fast immer bis zum Hals bedeckt. Wunderschöne Handschuhe und Hüte – in einem Raum gab es sogar Nachbildungen zum Anprobieren (mir wie erwartet alle zu klein).
Schuhe: Gerade setzte ich zum Seufzer an “genau sowas suche ich” (elegante Schnürschuhe mit ein wenig Absatz, damals Trotteur genannt und ideal für längere Fußwege, ohne gleich rustikal zu wirken), als eine Dame neben mir bereits sagte: “Die würde ich sofort nehmen.” Am wenigsten scheint sich bis heute der elegante Pumps verändert zu haben.
Sehr begrüßen würde ich eine Wiederkehr des Konzepts “Festlicher Abendpyjama”:
Ich dachte sofort an den undress, den ich aus englischen Romanen des 18. Jahrhunderts kenne: Bequeme, aber edle Hauskleidung, in der man nicht auf die Straße gehen würde, in der man aber sehr wohl Besuch empfangen kann.
Ich hatte schon eine ganze Reihe Fotos gemacht, als mich eine der Angestellten darauf hinwies, dass in der Ausstellung Fotografieren nicht erlaubt sei. Ich poste also mal lieber keins meiner Bilder.
Angesichts von Vertippern, Komma- und Rechtschreibfehlern in den sorgfältig getexteten und gesetzten (so schöne Schriften!) Beschreibungen fragte ich mich mal wieder, ob ein paar Stunden Endkorrektorat das Budget der Ausstellung wirklich überzogen hätten. Nach meiner Schätzung hätte das nicht mehr als 800 Euro gekostet.
(Ich weiß ja durch meine eigenen Vertipper hier im Blog, wie unzuverlässig eigenes Drüberlesen ist.)
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Draußen hatte sich der Himmel angemessen zum Sonntag entwickelt.
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Schon am Samstagabend hatte ich Bücher ausgemistet – es liegen bereits wieder viel zu viele quer in den Regalen. Mag jemand zwölf Krimis von Elizabeth Georg bei mir abholen? (Alle oder keinen.)
- Deception on his mind
- In pursuit of the proper sinner
- Missing Joseph
- Playing for the ashes
- In the presence of the enemy
- Well-schooled in murder
- A great deliverance
- Payment in blood
- A suitable vengance
- For the sake of Elena
- A traitor to memory
- I, Richard
Und jemand die ersten acht Donna Leons? Alle oder keinen.
- Death at La Venice
- Acqua alta
- Fatal remedies
- A noble radiance
- The death of faith
- A Venetian reckoning
- Death in a strange country
- The anonymous Venetian
Verpacken und versenden ist mir zu mühsam. Interesse gerne in den Kommentaren oder an die E-Mail-Adresse links anmelden.
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Schon lange nichts mehr von einem meiner Lieblingstiere gehört, dem Ameisenbären. Bis ich diesen Science Slam-Beitrag mit aktueller Forschung über ihn fand:
“Ameisenbären: Erbsenhirnparalleluniversumsforschung”.
Sind nicht so wirklich schlau, die Viecher. Aber halt herrlich abgefahren.
die Kaltmamsell11 Kommentare zu „Journal Sonntag, 21. Februar 2016 – Mode der 30er / Bücher zu verschenken“
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22. Februar 2016 um 8:07
Die Anweisung zum Weglassen des Endkorrektorats vermute ich “ganz oben”. Dort sagt man gern: “Sie wissen wohl nicht, dass Word eine Rechtschreibkorrektur hat.” Einwände, dass diese “Korrektur” bis zu zwanzig Prozent der Fehler übersieht, werden dann mit “germanistischer Kleckerkram” abgebürstet. Ist zumindest meine Erfahrung.
22. Februar 2016 um 8:44
Ich bilde mir ein, Chris Kurbjuhn, dass das vor allem bei Sonderausstellungen so ist. Mir fällt die prächtige Maharaja-Ausstellung in der hiesigen Hypo-Kunsthalle ein: Alles ausgeklügelt, professionell und sorgfältig – bis aufs Textkorrektorat.
22. Februar 2016 um 9:26
Mwah, wie gemein. Die Elizabeth Georges würde ich ja glatt alle nehmen – ich kenne zwar alle, lese sie aber gerne auf englisch noch einmal. Ich vergesse eh immer sofort nach Ende des Lesens, wer die Mörderin ist. ‘Nur: ich komme so selten nach München. Daher sende ich hiermit einfach meinen dezenten Neid!
22. Februar 2016 um 9:57
Es liegt in der Tat zumeist an den Auftraggebern oder zuarbeitenden Wissenschaftlern, die oft auf der einen Seite stehen. Hier werden diverse Korrekturschritte immer mit ins Angebot eingeschlossen. Auch aus Ihren kurzen Ausschnitten würde ich zu lange Objekttexte (in einer zwar in die Zeit passenden, aber leider schlecht lesbaren
Typo) ableiten, die in beiden Fällen noch mal fehleranfälliger sind.
Grüße, Milla
22. Februar 2016 um 15:45
Ja aber….. Abendpyjamas sind doch seit diesem Winter längst wieder in, und werden es sicher in den kommenden sagen wir mal 18 Monaten noch viel mehr werden.
http://www.vogue.com/7858871/pajama-suit-winter-evening-look/
22. Februar 2016 um 18:23
Eine sehr feine Ausstellung, haben Sie sich dann wenigstens den Katalog, der begleitend erschienen ist, gegönnt?
22. Februar 2016 um 18:58
Es gab ihn leider nur gedruckt, berit, deshalb nicht.
22. Februar 2016 um 22:24
Die Blaue Elise ist ein Erdferkel, dass ich das noch lernen durfte!
23. Februar 2016 um 6:23
Wo doch “Die Wahrheit über Ameisenbären” zu meinen ältesten Blogposts gehört, Sigourney! Der interessanterweise immer noch regelmäßig angeklickt wird.
23. Februar 2016 um 21:06
Die meisten Ausstellungen werden unter großem Zeitdruck vorbereitet. So ist es keine Seltenheit, dass die Texte erst in letzter Minute fertig werden. In der allgemeinen Erschöpfung vor der Ausstellungseröffnung kann dann niemand mehr Rechtschreibfehler sehen.
23. Februar 2016 um 22:31
Entschuldigung Frau Kaltmamsell, ich dachte, ich lese hier schon ewig mit, aber 2003 dann wohl doch noch nicht. Das hätte ich bestimmt nicht wieder vergessen. Von der Farbe abgesehen, ist die Blaue Elise dann erstaunlich gut getroffen.