Journal Donnerstag, 10. März 2016 – Freien Tag ausgekostet
Freitag, 11. März 2016 um 6:54Fröhlich und ausgeschlafen aufgewacht, auf den freien Tag gefreut.
Nach dem morgentlichen Bloggen und Kaffeetrinken guckte ich einen Vortrag von Mary Beard in Stanford fertig (der Tab ist seit Wochen offen, am Vorabend war ich nach den ersten 20 Minuten zu müde für konzentrierte Aufmerksamkeit):
“Mistaken Identities: How to Identify a Roman Emperor”.
https://youtu.be/2-JelaK-bAA
Wieder holt Beard das Interessanteste aus Irrtümern und Nichtwissen heraus. Daran, welche historischen Personen über die Jahrhunderte römischen Büsten und Statuen zugewiesen wurden, legt sie dar, wie viel diese Zuweisungen über die Zuweiser und ihre Zeit aussagen, wie wir bis heute auf der Basis unserer Voreingenommenheit forschen (und das alles, wie sie nur halb im Scherz erklärt, weil wir es nicht ertragen, wenn im Museum 99% der römischen Statuen “unknown Roman” heißen).
Zunächst nimmt sie sich als Beispiel Julius Cäsar vor. Unter anderem weist sie darauf hin, wie jede westliche Kunsthistorikerin von heute ihre Vorstellung vom Aussehen des Herrn sehr wahrscheinlich von der Zeichnung in Asterix hat.
Dann geht es um angebliche Darstellungen von Kaiser Augustus. Beard zitiert die Theorie von Augustus-Portraits, die als Vorlagen ins römische Reich hinausgeschickt wurden – und nimmt sie auseinander: Es gibt keinerlei Beweise dafür. Wo wir doch sonst jedes Detail über den Verwaltungsapparat von Augustus und das Leben seines Haushalts wissen, bis hin zu den Friseuren.
Oder der berüchtigte Kaiser Vitellius, dessen Portrait Kunstgeschichte machte – obwohl er es gar nicht war. Immer wieder aber betont Beard auch hier (und mit Beispielen), dass unsere heutigen Identifikationen keineswegs besser sein müssen als bereits getätigte alte: “It’s always work in progress.”
(Außerdem habe ich bei dieser Gelegenheit die Aussprache von ein paar Fremdwörtern im Englischen gelernt, die ich offensichtlich bislang nur geschrieben kannte.)
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Durch kalten Hochnebel zum Schwimmen geradelt, unterwegs Bücher im Laden abgeholt. Schwimmen war gut und schnell. In aufkommender Sonne an der Münchner Freiheit beim Orthopäden Einlagen abgeholt, Wacholderschinken gekauft zum Frühstück.
Wurschtbrot mit Schwarztee lässt mich immer an meine polnische Oma denken: Das gab es bei ihr zum Abendbrot – allerdings war das klassisch Semmeln mit Butter und Schinkenwurscht.
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Auf dem Weg zu Lebensmitteleinkäufen spazierte ich zu dem Vorhangstoff, den ich am Samstag entdeckt hatte – und den ich mir seither fürs Wohnzimmer vorstelle.
Die Federn sind aufgestickt, je etwa 12 cm hoch. Ich ging in den Laden, besah den Stoff aus der Nähe, las den Preis ab (die Verkäuferin war anderweitig beschäftigt): Uiuiuiui.
Aber in Wohnungseinrichtung investieren wir ja praktisch nie (außer vielleicht den Preis für einen Kleinwagen in eine neue Küche – aber das ist ja nicht Einrichtung, sondern… Haustechnik).
Dank Sonne und winterkahler Bäume sah ich den eigentümlichen Bau der Alten Hauptfeuerwache von 1904 mal im Ganzen.
Freute mich aber auch an Details.
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Auf dem sonnenbeschienenen Sessel im Wohnzimmer den Stapel Zeitungen der vergangenen Woche weggelesen.
Zum Abendessen Ofengemüse aus Karotten, Roten Beten, Pastinaken und Lauch des Ernteanteils, gewürzt mit Salz, Thymian, Knoblauch, Olivenöl. Dazu Butterbrot.
Herr Kaltmamsell kehrte von seiner Dienstreise zurück, ich ließ mir erzählen.
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Schöne Fotoserie: Alte Menschen in Draußennatur.
“Portraits Of Seniors In Nature By Karoline Hjorth and Riitta Ikonen”.
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Mein Internet bleibt das gute, schöne Internet. Wo Geschichten wie die passieren, die Herr Haltungsturner erzählt:
“Wie Twitter unseren Hund rettete”.
7 Kommentare zu „Journal Donnerstag, 10. März 2016 – Freien Tag ausgekostet“
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11. März 2016 um 8:21
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11. März 2016 um 12:06
Der Brötchenbelag sieht nicht wie Schinkenwurst, sondern vielmehr wie gek. Schinken aus . :-)
11. März 2016 um 18:45
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Gerne gelesen
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11. März 2016 um 19:13
” Wo Geschichten wie die passieren, die Herr Haltungsturner erzählt:
„Wie Twitter unseren Hund rettete“. ”
Nette Story, die erfahrene Hilfsbereitschaft ist natürlich schön. Allerdings ist die Überschrift ein bisschen arg aufgehübscht. Denn der Hund verdankt sein Leben eben nicht Twitter, sondern allein der Tatsache, dass die Schlange beim Biss kein Gift abgesondert hat. Hätte sie dies getan, hätte er es vermutlich nicht mal lebend bis zum Auto geschafft. Da hätte dann auch kein Twitter mehr geholfen.
30. August 2018 um 13:37
Jetzt trau ich mich doch mal fragen: Sie wissen nicht zufällig noch den Hersteller des Vorhangstoffes? Oder den Laden wo Sie ihn gekauft haben?
30. August 2018 um 14:04
Ich kann nur mit dem Laden dienen, Regina: Les Tissus Colbert in der Münchner Blumenstraße.
11. September 2018 um 14:09
Dankeschön!