Da alles darauf hinwies, dass ich wieder gesund war, legte ich am Freitagmorgen nach gutem Nachtschlaf eine Trainigsrunde Bauch und Rücken ein.
Auch der Fußmarsch in die Arbeit machte trotz Regentröpfeln Spaß, erst im Büro war ich dann doch etwas wacklig.
Das Arbeitstempo hatte sich wieder beruhigt, ich konnte pünktlich Schluss machen.
Nach Feierabend eine Runde Einkäufe, da Herr Kaltmamsell aushäusig war, dachte ich mir nur für mich ein Abendessen aus: Spaghetti mit Champignons in Sahnesoße (plus gedünstetem Zwiebelchen, dem Schnittknoblauch aus Ernteanteil und geriebenem Parmesan) – schmeckte wunderbar.
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Am Samstag war Wandern geplant. Auf dem Jakobsweg, das weiß ich von meinem Vater (der in letzter Zeit sehr viel von seiner Wanderung vor 14 Jahren erzählt) und aus den Berichten von Mini-Frau-Muttiafrikaanne, geht man etwa 30 Kilometer täglich. Das wollte ich dann zumindest mal probieren, als Training für den Wanderurlaub in England (wo allerdings 23 Kilometer die längste Tagesstrecke sein werden). Da ich sie mit Herrn Kaltmamsell gehen wollte, gab es nicht viel Terminauswahl: Die meisten Lehrer muss man fürs Wochenende ziemlich lang im Voraus reservieren, normalerweise arbeiten sie da. Nun war aber für diesen Samstag Kälte und Regen angesagt, morgens war auch genau dieses Wetter. Na gut, übten wir das halt auch gleich mal für England.
Wir fuhren mit der S-Bahn hinaus nach Altomünster. Der Plan war, von dort nach Markt Indersdorf zu wandern, nach einer Pause wieder zurück. Tatsächlich war es zum Glück nur grau und kalt, geregnet hat es unterwegs keinen Tropfen. Dafür waren wir auf der ganzen Strecke allein, in sieben Stunden begegneten uns nur ein Mal andere Wanderer.
Wir sahen immer wieder Rehe, einzeln, in Kleingruppen – plus dreimal Damwild im Gehege: zählt nicht, ist trotzdem niedlich. Mein Highlight aber war ein ein lustiger Hase: Wir waren gerade verhältnismäßig querfeldein unterwegs (die Wegbeschreibung im Büchel “Wandern mit dem MVV” half nicht sehr, wir orientierten uns mehr an Markierungen und digitalen Landkarten), als wir vor uns die Rückseite eines großen, zimtfarbenen Hasen sahen, der gerade die Ohren spitzte. Und diese Ohren hatten weiß-schwarze Spitzen, ganz hinreißend. Er hoppelte ein paar Sprünge von uns weg, dann verschlang ihn scheinbar der Erdboden.
Wir sahen auch viele Vögel: Die ersten Schwalben des Jahres (!), Falken und Bussarde in der Luft, Amseln, Stare, Meisen, einen Dompfaff, Elstern, Spatzen, vielleicht einen Gelbspötter, vielleicht einen Fasan (ein huhngroßer Vogel mit ziegelrotem Körper und schwarzem Kopf am Feldrand, allerdings recht weit weg – vielleicht auch einfach ein entlaufenes Haushuhn), wir hörten viele unbekannte Vogelrufe.
Die Wanderung war sehr schön, wahrscheinlich ideal für dieses Wetter: Da sie hauptsächlich durch freies Land führte, ist sie nichts für heiße Sonnentage, bietet andererseits immer wieder weite Ausblicke über die sanften Hügel des Dachauer Lands (na gut, die wären bei klarem Wetter schöner gewesen). Nur der kleinste Teil führte uns über geteerte Wege, unsere robusten Wanderstiefel waren angemessenes Schuhwerk.
Birgittenkloster Altomünster, das derzeit aufgelöst wird.
Kreuzweg zum Kalvarienberg mit Hörstationen inklusive Erklärung der verwendeten Farbsymbolik (wir hörten mal rein).
Herr Kaltmamsell: “Zahnspangen für Obstbäume?”
Bei jeder Wanderung mindestens einen neuen Blumennamen lernen: Helfen Sie mir wieder bei der Bestimmung dieser Schönheit am Feldrand? (Blumen halten wenigstens still, wenn man sie zur Bestimmung fotografieren möchte. Im Gegensatz zu Vögelchen.)
Albersbach mit vielen Schwalben (nicht im Bild). Das war bereits auf dem Rückweg. In Markt Indersdorf hatten wir in einem sympathischen Café etwas getrunken.
Heppach.
Abschließendes Einkehren in Altomünster. Dort gibt es sogar zwei Brauereien, den alteingesessenen Maierbräu und den reaktivierten Kapplerbräu. Wir entschieden uns dann für den Maierbräu, merke (laut Herrn Kaltmamsell): Nach einer Wanderung muss immer noch genug Energie übrig sein, nicht in den erstbesten Gasthof einkehren zu müssen.
Obwohl die Speisenkarte auch mit Ochsenbraten und Tafelspitz lockte, war mir mehr nach Brotzeit, unter anderem interessierte mich das Treberbrot, das laut Karte eigens für das Gasthaus gebacken wurde. Schmeckte sehr gut, ebenso wie die Biere (ich probierte das Dunkle und den unfiltrierten Zwickl). Selbst Wein wäre interessant gewesen: Die Karte schilderte ausführlich ein südtiroler Weingut, aus dem er kommt.
Ergebnis des Experiments: Nach 33 Kilometern und sieben Stunden Wanderung hatte ich dann doch eine Blase, wie erwartet an völlig unerwarteter Stelle (linke, große Zehe, unten innen), und schmerzende Druckstellen am oberen Stiefelrand. Wenig überraschende Erkenntnis: Eine springfluartige Menstruation wie seit über zehn Jahren nicht mehr ist schlecht mit einem Wandertag zu vereinbaren, ich machte auf meine alten Tage völlig neue Erfahrungen.
Doch wie es ist, einen Tag bei Regen zu wandern, werden wir in England herausfinden müssen.
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Schaun Sie mal, wer hier im Filmchen “Taste Escape” die Rolle von Wein für Rom erklärt! (Pst, es ist Hande aka vinoroma.) (Nein, ihre Stimme klingt nicht immer so, die Ärmste!)