Journal Donnerstag, 26. Mai 2016 – Brighton 5 – Ausflug nach London
Freitag, 27. Mai 2016 um 10:23Gestern war Londontag. Ich konnte mich nicht aufraffen, High Tea oder ein interessantes Abendessen zu reservieren, auf dem Plan standen nur Einkauf in Neal’s Yard Dairy und die beiden Ausstellungen, die mir Kevin Meredith, lomokev, empfohlen hatte. Aber erst mal Frühstückskaffee im Redroaster; Herr Kaltmamsell probierte Turmeric (= Kurkuma) Latte, was wohl gerade der heiße Scheiß ist (sein Urteil: zu ingwerig).
Von Brighton gibt es Direktzüge nach London Bridge, dem Bahnhof direkt bei Borough Market – sehr praktisch. Dort sahen wir uns erst mal um.
“Free from” ist auch im Supermarkt inzwischen eine eigene Abteilung – die Briten schaffen es, selbst dem Ernährungsreligionsirrsinn hintergründigen Humor abzugewinnen.
Obst und Gemüse wird auf Borough Market noch weniger angeboten als früher, dafür gibt es mehr Lebensmittel aus britischer Produktion, ob Käse, Wurst oder Brot – und das Brot sieht jetzt endlich wirklich professionell aus, noch vergangenes Jahr erinnerten mich vor allem einige angebotene Roggensauerteigbrote an meine eigenen Anfangsversuche. Dazu kommen fast ebenso viele Stände mit Kuchen/Keksen und Snacks, die inzwischen ja Street Food heißen. Ich frühstückte eine Semmel mit langsam gegartem Louisiana Beef und Meerrettich.
Bei Neal’s Yard Dairy ließ ich mir einige Käse empfehlen: Die Verkäuferin brachte mich von meinen ursprünglichen Wünschen ab (z.B. zwei möglichst verschiedene Caerphillys) und lenkte mich zu den Sorten, die im Moment besonders gut seien; stimmt, Käse hat ja auch seine Jahreszeiten je nach Futterlage der Tiere und Reifephase.
In der London Guildhall stellt Martin Parr gerade das Ergebnis seiner Zeit als offizieller Fotograf der City of London aus. Nicht zu verwechseln mit Gesamtlondon: Während der eben gewählte Menschenrechtsanwalt Khan erst der dritte Gesamtlondoner Bürgermeister überhaupt ist, hat die City of London bereits seit 800 Jahren einen, dazu eine komplexe, verwirrende und haarsträubende Regierungsstruktur samt Ritualen. Und diese drei Eigenschaften passen zu Martin Parr als Chronist wie Arsch auf Eimer.
Die Ausstellung heißt “Unseen City” und ich habe den starken Verdacht, dass Martin Parr sammelt, wer alles genau diese Ansicht des Eingangs im Internet postet – ich sah allein schon zwei weitere, die sie fotografierten, und es war sehr wenig los.
Die Fotos sind ganz großartig. Bemerkenswert fand ich, dass die Exponate in Form von Papierabzügen mit Magneten an die Wand getackert waren. Joan Collins kommt auch drin vor – wohnt die in der City? Auffallenderweise war sie auch auf der Buckingham Palace Garden Party. (JAHAHA, ICH KANN AUCH TRIVIA!)
In einem Gebäude der Guildhall fanden anscheinend gerade graduation-Feiern statt. Wir blieben noch eine Weile draußen im Hof stehen und guckten Graduierte samt festlicher Familien (klar erfüllte ich gerne Bitten, Fotos mit deren Handys zu machen!).
In der nächsten Fotoausstellung durften man sehr nicht fotografieren: Die Barbican Art Gallery zeigte “Strange and Familiar: Britain as Revealed by International Photographers“. Diese Ausstellung hat Martin Parr kuratiert; der Blick von 23 nicht-britischen Fotografinnen und Fotografinnen auf Großbritannien, von Henri Cartier-Bresson und Tina Barney bis Shinro Ohtake. Kevin Meredith war an der Presseeröffnung dort und durfte fotografieren.
Mir gefiel die Auswahl sehr gut. Am meisten blieben mir die Aufnahmen von Sergio Larrain im Gedächtnis, hier sein Portfolio bei Magnum (einige der ausgestellten London-Bilder sind auch darunter).
Was ich noch mitnahm: Ich sollte vielleicht nicht alle meine Fotos nachträglich geraderücken, sondern ein Bild auch mal schief lassen.
Den Rückweg traten wir von London Brackfriars aus an, die Aussicht oben hat man am Bahnsteig 1. Und gerieten in britische Bahnunbillen: Während die Hinfahrt eine Stunde gedauert hatte, brauchten wir im Gezuckel der Rückfahrt inklusive halbstündigem Stopp auf freier Strecke (technische Probleme des Zugs davor) mehr als zwei Stunden. Davon die ersten 30 Minuten bis East Croyden im Stehen – ich weiß die Bodensitzplätze der deutschen Züge hiermit noch mehr zu schätzen, die Thameslink-Züge sind enger bemessen.
die Kaltmamsell6 Kommentare zu „Journal Donnerstag, 26. Mai 2016 – Brighton 5 – Ausflug nach London“
Sie möchten gerne einen Kommentar hinterlassen, scheuen aber die Mühe einer Formulierung? Dann nutzen Sie doch den KOMMENTAROMAT! Ein Klick auf einen der Buttons unten trägt automatisch die gewählte Reaktion in das Kommentarfeld ein, Sternchen darüber und darunter kennzeichnen den Text als KOMMENTAROMAT-generiert. Sie müssen nur noch die Pflichtfelder "Name" und "E-Mail" ausfüllen und den Kommentar abschicken.
27. Mai 2016 um 10:46
Danke für die Versüßung des Brückentages im Büro (ich gestehe).
Jetzt akute Londonvermissung! Und wenn ich im Oktober dort sein werde sind die Ausstellungen leider schon vorbei.
27. Mai 2016 um 11:33
******************KOMMENTAROMAT**********************
Gerne gelesen
*******************************************************
27. Mai 2016 um 14:11
Ich wäre Dir wahrscheinlich vor Schreck, nein, vor lauter schrecklich schöner Überraschung, direkt um den Hals gefallen – wenn ich Dich dort erkannt und getroffen hätte. Wahrscheinlich haben wir uns aber doch um gerade 2 oder 3 Tage verpasst. :)
Es war mein erster London-Besuch und vom Borough Market war ich natürlich begeistert. Auch und vor allem von der Philosophie. Was ich vor Ort erzählt bekam, steht ebenfalls auf der Webseite:
“… None of the Market’s rubbish goes to landfill. All cardboard, paper, plastic, glass or wood is recycled. Borough’s participation in the FoodSave scheme means that surplus produce from many of the stalls ends up being distributed to local charities, rather than being thrown in the bin. All remaining food waste, around 8,640 litres per week, is sent to an anaerobic digestion plant—a facility that uses microorganisms to break down organic material and turn it into power, fertiliser and water.
By June 2016, every single piece of packaging provided by the traders will be compostable: every bag, pot, plate, cup and piece of cutlery. Market Life magazine is carbon neutral and produced on 100% recycled stock. …”
Das begeistert mich alles sehr! Ich habe direkt am Markt, bei Elliot’s gegessen, sie verarbeiten ausschließlich Produkte, die sie auf dem Markt kaufen und haben dazu noch eine hervorragende Auswahl an orange-wines. Und zwar solche, die wirklich schmecken ;) Falls Du das Restaurant nicht kennst, empfehle ich es Dir für den nächsten Besuch unbedingt.
27. Mai 2016 um 16:38
Joan Collins (irgendwann bei Kaffee und Kuchen werde ich Ihnen erzählen, wie das was als ich sie schminken musste) wohnt in L.A., sie ist aber oft in London.
27. Mai 2016 um 16:39
Eigentlich hätte mich eine Begegnung überhaupt nicht gewundert, Arthurs Tochter, aber sehr gefreut.
AAAAAAHHHHH, Joel, ich kann’s kaum erwarten!
27. Mai 2016 um 22:21
Britische Züge sind allgemein schmäler und niedriger als “those from the continent”. Trotz gleicher Spurweite (Abstand der beiden Schienen) sind in Großbritannien mit wenigen Ausnahmen maximal 3,90 x 2,80 m (Höhe x Breite) möglich, im Rest Europas aber mindestens 4,32 x 3,15 m, meist höher (4,65 in Mitteleuropa und Skandinavien). Hence no British double-deck trains.
“Gerne gelesen” und weiter eine schöne Zeit!