Archiv für Mai 2016

Journal Montag, 16. Mai 2016 – Cotswolds Tag 2 (Middleyard bis Wotton-under-Edge)

Dienstag, 17. Mai 2016

30 Kilometer auf und ab, oft ausgesprochen steil, sind auch mit drei Pausen und in gut acht Stunden anstrengend. Jetzt wissen wir das also.

Das Wetter passte auch gestern bestens zum Wandern: Sonne mit ein paar Wolken, milde Temperaturen. Wieder bekamen wir optimal ausgeschilderte Wege, zu den gesichteten Vögeln (in der Aufzählung vom Vortag fehlten Eichelhäher, Schwalben und Mauersegler) kamen ein graues Eichhörnchen, viele Schafe, Ziegen, wieder Kühe in allen Schattierungen. Fledermäuse allerdings nicht: Unser Abstecher zu Woodchester Mansion, wo man angeblich fünf verschiedene Fledermausarten sehen kann, war zwar wanderisch schön, doch die Mansion ist montags geschlossen. Wir guckten also nur von außen.

In Dursley kehrten wir in einem Pub ein und ließen uns je ein Pint Ale schmecken. So hatte ich mir das vorgestellt.

Diesmal begegneten wir auch anderen Wanderern, koordinierten zum Beispiel drei Herren, die an verschiedenen Stellen des Wegs aufeinander warteten (hatten sich für ein Teilstück zu Alternativen getrennt) und uns Botschaften mitgaben für den nächsten, den wir treffen würden. Mountainbiker waren fast keine unterwegs.

Das B&B, in dem wir in Wotton-under-Edge eingebucht waren, stellte sich als Eigenheim ohne Kennzeichnung heraus, in dem uns ein Zimmer mit Bad zugewiesen wurde. Begrüßt wurden wir auch von zwei Hunden, die ich ausgiebig streicheln konnte. Beim Buchen der Reise war uns hier ein home cooked dinner angeboten worden; da andere Abendessensmöglichkeiten eine weitere Wanderung erfordert hätten und weil wir neugierig waren, nahmen wir an. Zusammen mit unseren Gastgebern aßen wir also in einem Esszimmer mit Blick übers Tal eine Fasanenkasserole (mein zweites Mal Fasan, auch das erste Mal war in England gewesen) mit Kartoffelstampf, Karotten und jungem Brokkoli, zum Nachtisch Apfel-Brombeer-Pie mit flüssiger Sahne.

Wotton-under-Edge ist ein sehr lebendiges Städtchen mit etwa 6500 Einwohnern in den Cotswolds (unsere Gastgeber erzählten uns, dass es sogar ein Kino gibt), hat aber nur ein Hotel und zwei B&Bs (das andere gehört einer Freundin unserer Gastgeberin). Die Cotswolds scheinen ohnehin nicht wirklich touristisch erschlossen – möglicherweise hatte ich bei meinen Erwartungen zu sehr das Allgäu oder das Chiemgau im Hinterkopf, wo jedes Kuhkaff Pensionen hat und die seit den 50ern “Fremdenzimmer” anbieten. Offensichtlich eine ganz andere Historie.

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Sonnige Aussicht beim Aufstehen.

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Full English Breakfast in Middleyard. An sich und in entsprechenden Cafés mag ich das ja, doch die fettarme, unknusprige Heimvariante ist dann doch nicht so das Meine.

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Zu Beginn der Wanderung: wilde Tiere.

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Schon gestern kamen wir an sowas vorbei, was unser Wanderführer als piggery eingezeichnet hatte. Da hier aber keine Schweine zu sehen sind, bin ich unschlüssig, was es sein soll.

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Wie auch am Sonntag: Immer wieder blühender (und entsprechend riechender) Bärlauch, soweit das Auge reicht.

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Woodchester Mansion, hübsch, aber zu.

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Hat man hier gerne oben drauf: Topographen.

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Zum Käsebrot hatte unsere B&B-Wirtin uns Capri Sonne ins Lunchpaket gepackt. Ich wurde schlagartig wieder elf. (Als ich meine Mutter vergeblich um so etwas anbettelte. Heute schmeckt es mir leider nicht mehr. Vielleicht kann es doch irgendwann zu spät für eine schöne Kindheit sein.)

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Landeskunde: So sieht heutzutage die Karte für Pub Food aus.

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Sehen Sie rechts ganz hinten den Turm auf dem Berg? Da waren wir auch.

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Und das war der Turm, das Tyndale Monument, das vielleicht weltweit größte Denkmal für einen Übersetzer.

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Auch ein Denkmal, bestehend aus eingemauerten Pinien und wechselnden Anlässen zugeeignet.

Journal Sonntag, 15. Mai 2016 – Cotswolds Tag 1 (Painswick bis Middleyard)

Montag, 16. Mai 2016

Welpen! Kaninchen! Rehe! Kühe! Elstern! Es war ein tierreicher erster Wandertag. Dafür ganz schön pubarm: Der Cotswolds Way ist ausgesprochen gut ausgeschildert und führt von einem schönen Anblick zum nächsten. Was ihm allerdings ein wenig fehlt, sind Einkehrmöglichkeiten – besonders am Sonntag, wie wir gestern feststellten. Der eine von den drei im Reiseführer ausgewiesenen Pubs, zu dem wir mittags abseits des Wegs in einen Ort gegangen waren, hatte überraschend geschlossen. So kamen wir erst am Nachmittag zu einer Rast mit Sessel und Getränk, in einem Café.

Da das Wetter wunderschön war, sonnig und warm, nahmen wir gestern bei Alternativen immer die längere, folgten jedem Hinweis auf Sehenswürdigkeiten. So waren wir für gemessene 24 Kilometer mit zwei Pausen insgesamt gut sieben Stunden unterwegs – was allerdings auch an überraschend vielen Höhenmetern lag.

Eine Besonderheit von englischen Wanderwegen, die wir schon kannten: die vielen Gatter verschiedener Techniken, die es zu öffnen, zu passieren und zu schließen gab. Die häufigste Technik gestern war das kissing gate – als gute Touristen nahmen wir jedes als Gelegenheit für einen Kuss. Was einen passierenden Hundegassiführer zur Beschwerde brachte, er fühle sich jetzt aber ganz schön außen vor, er habe ja nur einen Hund zum Küssen dabei (der entzückende Zwergdackel wäre aber keine schlechte Wahl gewesen).

An Tieren sahen wir erst Kaninchen, dann das eine oder andere Reh im Wald ganz nah. Viele Vögel, von denen wir die häufigen Elstern, außerdem die Stare, Dohlen, Rotkehlchen, Amseln, Krähen, Meisen leicht identifizierten, die Feldlerchen brachte uns der Wanderführer bei, die Termik-segelnden Greifvögel blieben für uns aber nur ungefähr.

Dummerweise wachte ich mit einem Hackebeilchen im Gesicht senkrecht übers linke Auge auf – zumindest fühlte sich das Kopfweh so an, das im Grunde schon am Samstagnachmittag begonnen hatte. Ich kämpfte es zwar am Vormittag mit Ibu nieder, fühlte mich aber den größten Teil des Tages benommen.

Dabei begann der Tag mit einem wundervollen Frühstück im urigen Esszimmer des B&B.

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Zum full English und einer Kanne Tee gab es Besuch eines hinreißenden Welpen. Ich bat Herrn Kaltmamsell, ein Foto von mir mit dem schmusenden Hundebaby zu machen; jetzt weiß ich, warum es als ultimative fotografische Schwierigkeit gilt, schwarze Hunde aufzunehmen.

Nach unserem Abschied vom B&B sahen wir uns erst noch ein wenig in Painswick um. Vom Kirchturm war am Vorabend erstaunlich vielstimmiges Geläut geschallt. Jetzt lernten wir von Infotafeln: Ja, hier sind bell ringers am Werk (das Phänomen hatte ich im Buch Akenfield kennengelernt).

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Dann bogen wir endlich in den Cotswold Way.

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Bei Stonehouse kamen wir an einem jungen, sehr weitläufigen Weinberg vorbei.

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Die letzten Meter mussten wir uns mit einem der Mountainbiker teilen, mit denen wir uns auf dem Weg arrangierten.

Diesmal war das B&B ein eingeschoßiger Neubau in einer Eigenheimgegend: Großes Zimmer mit eigener kleiner Terrasse, Badewanne und wunderbarer Aussicht. Nach der ausgiebigen Bewegung war uns beiden ausnahmsweise nach Vollbad. Abendessen war das Lunchpaket, das uns das vorherige B&B auf unsere Bestellung hin mitgegeben hatte: Zum einen hatte das kräftige Frühstück tatsächlich für den Tag gesättigt, zum anderen wussten wir, dass es in Middleyard am Sonntagabend keine Essensmöglichkeit als einen Chinese takeaway gab.

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Aber Sonnenuntergänge können sie da.

Journal Samstag, 14. Mai 2016 – München-Painswick

Sonntag, 15. Mai 2016

Gestern ging’s in den Wanderurlaub nach England (weiter unten komme ich zurück zur Menopause).

Der Vormittag war gefüllt mit Vorbereitung der Wohnung für meine Eltern, die unseren Urlaub wieder zu einem Münchenurlaub nutzen werden: Bettwäsche und Handtücher wechseln und waschen, Küche und Bad ein wenig putzen, Fahrräder mit Anweisungspapperln versehen, Briefkastenschlüssel bereit legen. Wir frühstückten noch, fuhren dann mit vielen anderen Kofferträgerinnen und Kofferträgern in der S-Bahn hinaus zum Flughafen, begleitet von Fußballfangesängen.

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Bye, bye Munich.

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Hello London.

Dann wurde es etwas kompliziert. Herr Kaltmamsell hatte perfekt durchgeplant, wie wir von London Heathrow nach Painswick in den Cotswolds kamen: Heathrow Express nach Paddington, Zug nach Swindon, umsteigen nach Stroud, Taxi für die letzten Kilometer nach Painswick – dort begann am Sonntag unsere fünftägige Wanderung entlang dem Cotswolds Way bis Bath.

Weil wir faul und total uncoole Reisende sind, hatten wir einen professionellen Anbieter mit der Organisation der Wanderung beauftragt: Unterkünfte waren bereits gebucht, Unterlagen mit Wegbeschreibungen und Karten hatten wir vor Wochen erhalten, unser Gepäck tragen wir beim Wandern nicht auf dem Rücken, sondern lassen es von Unterkunft zu Unterkunft fahren (für Letzteres führe ich hiermit die Ausrede an, dass wir nach dem Wandern noch ein paar Tage in Bath und dann eine Woche in Brighton verbringen werden – die Ausstattung dafür wollten wir wirklich nicht beim Wandern schleppen).

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In Painswick kamen wir gegen 20 Uhr an und stellten nur kurz unsere Koffer im B&B ab: Wenn wir noch Abendessen haben wollten, mussten wir uns sputen, denn die wenigen Lokale am Ort schlossen laut Infomaterial gegen 21 Uhr. Im Falcon Inn bekamen wir nicht nur einen Tisch (nach kurzem Warten, denn das Restaurant war an einem Samstagabend sehr gut besucht), sondern auch sehr herzlichen Service und zu essen.

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Ich gebe zu: Mein Türmchen (SO 2007) aus Frühkartoffel, Lachs und Spargel richtete ich als Erstes nebeneinander an, inklusive Hollandaise köstlich.

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Wir hatten an einer Tafel mit “Gin Menu” einen heimischen Cotswolds Gin gesehen, den ließen wir uns als Dessert servieren.

Zurück im B&B (laut dem Landlord gebaut im 17. Jahrhundert) arrangierten wir uns mit dem en suite-Bad, das seinen Namen wirklich verdiente:

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Bitte achten Sie auch auf das beste Feature der sanitären Einrichtungen: EINE MISCHBATTERIE AM WASCHBECKEN!

§

Vielen Dank für all ihre Berichte und Informationen zu den Wechseljahren – das hat mir schon jetzt sehr viel Einblick verschafft. Unter anderem wie unterschiedlich das Klimakterium verlaufen kann. Es gibt ja auch Menschen, die durch die Pubertät nahezu unbemerkt gleiten; ich hingegen habe unter großen Qualen pubertiert. Vielleicht habe ich dadurch bei der Menopause etwas gut?

Möglicherweise komme ich um die Hitzewellen herum – einfach, weil ich schon immer sehr stark geschwitzt habe. Wie bei meinem Vater beginnt bei mir der Schweiß bereits nach geringer körperlicher Betätigung zu rinnen, auch nachts schwitze ich seit Kinderzeiten oft sehr. Das hat sich in den vergangenen Jahren nicht geändert. Geändert hat sich allerdings, dass ich stinke. Seit etwa sechs Jahren bemerke ich an mir selbst unangenehmen Schweißgeruch, ob nach leichtem oder starkem Schwitzen. Ich habe mittlerweile im Büro und in mancher Handtasche Deos platziert, um dazwischen auf ein Klo gehen zu können, mir kurz die Achseln zu waschen und zu desodorieren. Verbinde ich vielleicht deshalb mit Frauen um die 50 besonders starke, schwere Parfums? Weil sie Ähnliches erleben und vorsichtshalber drüberduften?
Dass mir grundsätzlich wärmer wäre als früher, habe ich bislang nicht festgestellt.

Mit depressiven Schüben kämpfe ich seit meinen Endzwanzigern – auch da hoffe ich auf ausgleichende Gnade der Biologie. Die Schlafstörungen der vergangenen Jahre sind zwar nicht schlimm, doch für mich, die ich vorher immer problemlos in den Schlaf fliehen konnte, sehr ungewöhnlich. Das mag tatsächlich der Wechsel sein.

Vielen Dank auch auf den Hinweis zu einer Blutuntersuchung auf Hormone. Da meine Schilddrüse und auch alle anderen Blutwerte bei mir sensationell gut sind, sollte diese aussagekräftig sein.

Journal Freitag, 13. Mai 2016 – Menopausenbloggen

Samstag, 14. Mai 2016

Seit ein paar Jahren scherze ich mit Frau Indica, dass aus uns Bloggerinnen der anderthalbten Stunde (vorher war Melody, vorher war antville) dereinst die erste Generation Menopausenbloggerinnen wird. Die Zeit des Scherzens ist vorüber, der Moment und die Lücke sind da.

Bewusst wurde mir das durch einen Post der eigentlich Foodbloggerin Kerstin Rodgers aka MsMarmite Lover:
“Menopausal in Canada”.

I’m going to write about the excellent food and the exhilarating travel and all that stuff don’t you worry. But what I really want to write about is my menopause.
Nobody ever talks about the menopause. Except me. I talk about it literally all the time. I just spent a week in New York telling EVERYONE I’m menopausal, to my daughter’s eye-rolling embarrassment.

Kerstin schreibt über ihre Hitzewallungen (was ist das bitte für ein Wort?), das sprunghafte Altern, Schlafstörungen, ihre Kommentatorinnen berichten über geistige Aussetzer und Gewichtszunahme. Zu meinem großen Schrecken aber auch darüber, dass diese Wechseljahrsymptome schon mit Mitte 30 auftauchen können und sich dann über 20 Jahre lang hinziehen. Prost Mahlzeit!

Ich hoffe, dass das Thema vermehrt in Journalblogs auftaucht. Im Mitschreib-Internet wird über Pubertät erzählt, also den Einstieg in die biologische Fruchtbarkeit des Menschen. Aber Erfahrungen mit ihrem Ende muss man schon suchen. So viele Menschen haben sich aufgehoben und informiert gefühlt, nicht mehr allein, weil andere über ihre Elternschaft oder ihre Krebserkrankungen schrieben. Könnte das mit dem Klimakterium nicht ähnlich sein?

Oder sind Wechseljahre ein Tabu? Ich kenne durchaus den leicht raunenden Tonfall, mit dem Frauen “in einem bestimmten Alter” genannt werden, die Verlegenheit, mit der diese sich entschuldigen, weil sie bei normalen Bürotemperaturen in ärmelfreiem Oberteil am Schreibtisch sitzen und das Fenster öffnen. Doch selbst ernsthafte Diskussionen über die Einnahme von Hormonen als Gegenmittel habe ich bislang nur ganz am Rand meines Blickfelds mitbekommen.

Und die derbe und unkonventionelle TV-Miniserie Klimawechsel, die Doris Dörrie 2010 ums Klimakterium machte, steht ja bis heute allein auf weiter Dings.

Wie also bekomme ich mit, was so alles zu den Wechseljahren gehört (haben sie vielleicht bei mir auch schon mit 40 begonnen?), was ich erwarten kann (geht am End’ meine Berufslebenskrise auf ihr Konto?), was noch in der Norm ist, ab wann ich mir Sorgen machen sollte (meine seit fast zehn Jahren brennenden und blätternden Lippen?), woran man überhaupt das Einsetzen der Wechseljahre festmacht (mein Zyklus ist immer noch 27-29 Tage lang, Beschwerden und Blutungsstärke schwanken, wie halt seit Menarche) – wenn nicht mehr Frauen diese Details in ihre Alltagsschilderungen einbauen?

Oder fände ich all dies gar in Frauengazetten, die ich seit Jahrzehnten ignoriere?

Journal Sonntag/Montag, 8./9. Mai 2016 – Sommervorbereitungen

Dienstag, 10. Mai 2016

Sonntag war Häuslichkeit und Familie. Vormittags säuberte ich den Balkon und die Balkonmöbel vom Winterdreck, so richtig gründlich:
– steinerne Balkonbrüstung mit Bürste abschrubben, mehrfach
– Kachelblenden am Balkonboden abschrubben
– Boden mit viel Spülwasser abschrubben
– Boden dreimal mit klarem Wasser wischen
– Balkonmöbel mit Schwamm und Spülwasser reinigen

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Ich hätte auch ein Vorher-Foto machen sollen.

Nachmittags fuhr ich mit Herrn Kaltmamsell durch sonnendurchflutete Landschaft zur Schwiegerfamilie: Kaffee und Kuchen. Dazu gab es Erzählungen von deren Madeira-Urlaub.

Zurück zu Hause Bügeln mit Radiounterhaltung, ich war einer Empfehlung zum Hessischen Rundfunk gefolgt: “Stützstrümpfe für die Alte Tante – Wie kommt die SPD wieder auf die Beine?” Sehr witzig und umfassend, leider auch ziemlich deprimierend.

Winterkleidung und -schuhe nehmen nur noch eine Umzugskiste ein, die ich abends in den Keller trug. Ich bin meinem Ziel der Kleiderreduzierung auf eine Schrankfüllung für alles wieder ein bisschen näher. Doch es wird wohl noch ein paar Jahre Neukaufverbot dauern, bis ich nicht mehr mit brutalem Quetschen schummeln muss.

§

Auch am gestrigen Montag hielt das wunderbare Wetter, allerdings konnte ich es wegen Arbeitslast mehr als zehn Stunden nur von innen betrachten. Ich habe mir für die Woche vor dem Wandern Sportpause verordnet, vor allem will ich meine chronisch entzündeten Achillessehnen schonen. Das bedeutete unter anderem Fahrradfahren statt Marsch ins Büro.
Nachdem es am Tag vor meinem Urlaub vor zehn Tagen noch geschneit hatte, war ich am Tag nach meinem Urlaub mit Rock und nackten Beinen unterwegs.

Morgens hatte ich Pizzateig angesetzt, abends buk ich Pizza mit Champignons und Artischocken.

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§

Vor ein paar Wochen haben Herr Kaltmamsell und ich begonnen, auch Krähen auf unserem Balkon zu füttern, mit Erdnüssen in Schale. Die Hoffnung, dass sie dann nicht regelmäßig versuchen, den Meisenknödel aus seinem Netz zu holen, hat sich dadurch nur mittel erfüllt, doch wir können sie ein wenig beobachten. Zwar wusste ich schon vorher, wie schlau Krähen sind, aber auf dem Balkon zeigt sich das an überraschenden Details. Und sei es nur, dass sie uns durch die Fenster wahrnehmen, wenn wir im Wohnzimmer sind und dann dem Balkon fern bleiben. Die anderen Vögel können nicht weiter als bis zur Balkongrenze denken: Wenn wir dort nicht sind, existieren wir für sie nicht und können sie ausgiebig vom Wohnzimmer aus beobachten.

Diese Krähe (Dohle?) scheint es sogar zu schaffen, Menschen um Wasser aus einer Wasserflasche anzubetteln: “This wild Crow was so thirsty that it got the courage to ask humans for help. It knew where the water was.”

Journal Samstag, 7. Mai 2016 – Brutalstidyll im Chiemgau

Sonntag, 8. Mai 2016

Man soll ja auf kei-nen Fall bei längeren Wandertouren neue Kleidungsstücke tragen, also musste ich vor dem Englandurlaub die neue Wanderhose einlaufen. Die einzige Gelegenheit war gestern. In der Hoffnung, noch ein paar blühende Apfelbäume zu sehen, fuhr ich in strahlender Frühlingssonne zum Obst- und Kulturwanderweg Ratzinger Höhe (hier im Herbst, dann zur Blüte und 2015 im Sommer gegangen). Herr Kaltmamsell musste arbeiten, ich wanderte einzeln, aber sowas von nicht allein: Der Zug nach Prien am Chiemsee war brechend voll, es gab nicht mal auf dem Boden Sitzplatz. Voller kenne ich Waggons nur in der U-Bahn zur Stoßzeit, wenn die eine oder andere ausgefallen ist. Ein freundlicher Herr in Elektromobil machte erst einen Sitz frei, indem er sich für die Fahrt in sein Mobil setzte, dann das Fahrzeug so rangierte, dass zwei Klappsitze benutzbar wurden – einen davon erwischte ich.

Mit deutlicher Verspätung in Prien angekommen, musste ich mich erst mal ausschütteln und ein Klo suchen.

Aber dann wurde es sehr schön und idyllisch. Der Wanderweg selbst war fast menschenleer, ich begegnete vor allem Mountainbikern und -bikerinnen. Manche Apfelbäume blüten tatsächlich noch, die Sonne wärmte, war aber nicht heiß, zumal ein angenehmer Wind ging. Die Wanderhose machte sich sehr gut, das Swisch-Geräusch beim Gehen war nur leise und damit erträglich. Allerdings bestätigte sich daheim mein Verdacht, dass bei einem Bücken eine Naht am Po angerissen war, nämlich die äußere der Doppelnaht – und ich habe weder Zeit noch Lust, die Hose (Schöffel, 90 Euro) zurückzutragen. Also flicken und hoffen, dass ich nicht für jedes Bücken mit einer Naht zahlen muss.

Nette Begebenheit unterwegs: Vor Ulperting sah ich an einem riesigen Wegkreuz einen kleinen alten Herrn in Arbeitslatzhose, der gerade das Dach erneuerte. Ich grüßte hinauf, er grüßte herab und fragte: “Meng’S a oan?”1 Erst dann sah ich, dass er eine Schnupftabakdose in der Hand hielt. Aber ja, freilich! Ich kletterte ein paar Sprossen seiner Leiter hoch, ließ mir die blaue Dose gebe, streute mir ein wenig Tabak auf den Handrücken, schnaufte ihn links und rechts hoch – wie ich es halt seit Kindertagen beobachtet hatte. Wischte ein wenig an meiner Nase herum, reichte die Dose zurück: “Vageit’s Gott!”2. Der Herr wies mich auf einen Tabakrest im Gesicht hin, den ich auch noch beseitigte. Dann stiefelte ich mit leichtem Tabakgeruch in der Nase weiter, den ich in der nächsten Stunde immer wieder wahrnahm. Musste ich als fast 50 werden bis zu meinem ersten Mal Schnupftabak.

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Hinter Pinswang sah ich einer Landwirtin ein wenig beim Heumachen zu.

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Die lange steile Straße zwischen Gattern oben und Stauden unten nutzten nicht nur Radler und Radlerinnen zum Training, sondern auch zwei Kinder, die sich sitzend auf Skateboards hinunter stürzten – sah nach einer Menge Spaß aus.

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Die Rückfahrt war nur wenig weniger überfüllt, zumindest aber gab es zur 20-minütigen Verspätung Bodensitzplätze. Und drei Kinder im mittleren Schulalter, die auf dem Boden mit italienischen Kommentaren Karten spielten – das Blatt sah ähnlich wie spanische Karten aus.

§

Die New York Times hat gerade eine Serie über Gewicht und Diäten, die mit einer Bombe begann:
1. “After ‘The Biggest Loser,’ Their Bodies Fought to Regain Weight”.

Forscher und Forscherinnen haben eine Fernseh-Abnehm-Show dazu genutzt, die Langzeitfolgen von Diäten zu untersuchen. Ein Ergebnis (wobei eine Untersuchungsgruppe von acht Menschen sehr wahrscheinlich nicht repräsentativ sein kann): Alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen hatten auch Jahre nach ihrem drastischen Gewichtsverlust einen erheblich verlangsamten Stoffwechsel, der täglich zwischen 200 und 800 Kalorien weniger verbrannte als durchschnittlich in diesem Alter und bei dieser Körpergröße. Vieles weist darauf hin, dass ihr Organismus alles darein setzte, das Ausgangsgewicht wiederzuerlangen.

2. “Short Answers to Hard Questions About Weight Loss”.

Studienergebnisse weisen darauf hin, dass weder Kalorienreduktion noch Meiden eines bestimmten Nahrungsmittels oder sportliche Betätigung langfristigen Gewichtsverlust garantieren. (Im Artikel aber auch die irritierende Argumentation eine Arzts: Es gibt keine Diät die funktioniert, probieren Sie einfach alle durch. – ?!?)

Anecdotal reports by people who have succeeded in keeping weight off tend to have a common theme: constant vigilance, keeping close track of weight, controlling what food is eaten and how much (often by weighing and measuring food), exercising often, putting up with hunger and resisting cravings to the best of their ability.

Anders formuliert: Halten eines Gewichts unter dem organischen set point funktioniert nur, wenn sich das gesamte Leben darum dreht.

3. “Why You Can’t Lose Weight on a Diet”

The root of the problem is not willpower but neuroscience. Metabolic suppression is one of several powerful tools that the brain uses to keep the body within a certain weight range, called the set point. The range, which varies from person to person, is determined by genes and life experience. When dieters’ weight drops below it, they not only burn fewer calories but also produce more hunger-inducing hormones and find eating more rewarding.

(…)

In private, even the diet industry agrees that weight loss is rarely sustained. A report for members of the industry stated: “In 2002, 231 million Europeans attempted some form of diet. Of these only 1 percent will achieve permanent weight loss.”

(…)

In addition, the evidence that dieting improves people’s health is surprisingly poor. Part of the problem is that no one knows how to get more than a small fraction of people to sustain weight loss for years. The few studies that overcame that hurdle are not encouraging.

  1. Mögen Sie auch einen? []
  2. Vergelt’s Gott. []

Journal Freitag, 6. Mai 2016 – Berlin-München

Samstag, 7. Mai 2016

Durch die Migränenachwirkungen war ich den ganzen Tag über völlig durch den Wind.

Ich kam ins Grübeln, was nun eher meine Persönlichkeit ausmacht, was man eher in Betracht ziehen würde, wollte man beurteilen, ob ich intelligent bin: Die Superwachheit während der re:publica, als ich für alle Informationen und für jeden Menschen Aufmerksamkeit hatte, Input aufsog und verarbeitete, in mein vorhandenes Wissen einwob, neues Wissen daraus formte? Oder die aktuelle Fahrigkeit, die umrisshafte Erinnerungen aus fünf Jahrzehnten überblendete und vermischte, mich einfachste Dinge vergessen ließ, die ich eben erst erfahren hatte, mich verkrampfte, weil sie mich befürchten ließ, ich könnte Dummheiten anstellen? Und selbst wenn eben beides zu meiner Persönlichkeit gehört: Wie kann ich abschätzen, mit welcher Seite in welchem Maß wann zu rechnen ist? Gar nicht zu sprechen vom beruflichen Einsatz: Wie gehe ich damit um, dass ich mich beim Übernehmen einer Aufgabe nicht darauf verlassen kann, dass mir bei der Durchführung die notwendige geistige Kraft zur Verfügung stehen wird? Wie kann ich überhaupt zuverlässig sein?

Gestern war ich mit dem Verarbeiten von Wahrnehmung überfordert. Sonnenschein, Wärme, Koffer, niemanden umrennen, Smartphone, Riemen der Tasche um meine Schulter, Mantel über Tasche, über die Sonnenallee ohne Ampel, niemanden Umrennen, komplizierter Zugang zum U-Bahnhof Rathaus Neukölln, Zeitplan bis zum Abflug – nachdem ich mit der U-Bahn losfuhr, fiel mir ein, dass ich meine Fahrkarte nicht abgestempelt hatte. Raus am Hermannplatz, niemanden umrennen, stempeln, mit der nächsten U-Bahn weiter. Ich musste mich bewusst anstrengen, die relevanten Informationen aus Wahrnehmungen zu filtern, konnte ja kaum meinen Blick fokussieren.

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Ich schaffte es natürlich ohne Dummheiten nach München, dafür haben die Nervenbahnen genug Informationen gespeichert. Erst daheim hatte ich genug Appetit, um ein wenig zu essen. Koffer ausgeräumt, dann legte ich mich ins Bett. Doch auch als ich danach Herrn Kaltmamsell zum Lebensmitteleinkaufen begleitete, stolperte ich vor allem tranig herum, konnte kaum geradeaus laufen.

Auf den Abend mit Herrn Kaltmamsell hatte ich mich sehr gefreut (dass es sich um unseren 20. Hochzeitstag handelte, hätte allerdings keiner von uns beiden ohne Anruf und Gratulation von Frau Schwieger gewusst), genoss sein Chicken tikka masala und die Unterhaltung allerdings weiterhin nur durch Nebel.

Am Himmel die ersten Mauersegler des Jahres.

§

Dasnuf formuliert auch meine Haltung, warum SEO in Blogs überflüssig sein sollte:
“SEO für BlogerInnen”.

Für Google zu optimieren heisst dann irgendwie für eine Maschine zu optimieren, die versucht Menschen (oder besser ihr Suchverhalten) nachzuahmen. Da kann man sich als Mensch doch gleich versuchen in die Menschen reinzudenken, oder?

Selbst die Replik der SEO-Befürworterin, “SEO lohnt sich doch”, sagt nichts anderes: Ihre Tipps sind ja Tipps für gutes Schreiben, für interessante Inhalte und leserinnenorientierte Redaktion.