Journal Sonntag, 21. August 2016 – Garmisch-München
Montag, 22. August 2016 um 6:41In Garmisch hatte es über Nacht heftig geregnet, das Bergpanorama hing voller Wolken. Aber auch das kann Garmisch.
An manchen Ecken schien die Zeit stehen geblieben.
Wir sahen auch an der kleinen Rehaklinik vorbei, die meinen Vater ab Dienstag wieder in vollen Einsatz bringen soll.
Beim Auschecken war ich umschwirrt von Amateurradprofis in hochinteressanter und sehr teuer aussehender Kunstfaserkleidung von den Haarspitzen bis um die Füße, ihre Renngeräte unterm Arm.
Wir frühstückten mit Gepäck wieder bei Hoffmanns, diesmal wegen schlechten Wetters drinnen.
Pralinenkauf beim Konditor Krönner – wir hörten mit, wie eine Fremdenführerin erzählte, dass dies hier das älteste Konditorengeschlecht Bayerns sei. Die Pralinen stellten sich nach dem Abendbrot als durchaus empfehlenswert heraus.
Diesmal nahmen wir den Bus raus in die Garmischer Klinik, um meinen Vater nochmal zu besuchen. Er ist weiterhin bester Dinge, fühlt sich gut versorgt – ihm fällt aber durchaus auf, dass selbst Schwesternschülerinnen manchmal die 12 Stunden Ruhe zwischen Schichten nicht einhalten: Personalmangel.
Bus zum Bahnhof, Zug heim nach München.
Zuhause kruschen und räumen, die eine oder andere Stunde Bügeln. Dann brachte ich mal wieder ein Säckchen Urlaubskassenkleingeld zum Einzahlen, verlängerte den Heimweg, um über den frisch Regen-gewaschenen Südfriedhof Pokémon zu jagen. Über einen Pokéstop entdeckte ich ein Grabmal mit frischer Rose – so hieß der Stop.
Das hier war mir aber schon vor Wochen und ohne Pokéstop aufgefallen.
Das Abendessen bestritt wieder Herr Kaltmamsell. Er wagte sich nochmal an Spaghetti carbonara – und diesmal waren sie perfekt.
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Wie ist es eigentlich als Online-Redakteur im Lokalen? Michael Würz vom Zollern-Alb-Kurier schildert seine vergangenen beiden Jahre:
“Wie wir mit der Hetze fertig geworden sind”.
Da waren echte Heldinnen und Helden am Werk. Was mich unglaublich erleichtert:
Ich habe mir (…) die Mühe gemacht und auf alle Nachrichten und E-Mails sehr ausführlich geantwortet, erklärt, wann ich von der Auseinandersetzung erfahren habe, was ich dann getan habe, mit wem ich telefoniert habe. Warum es nicht sinnvoll ist, ungeprüfte Informationen zu verbreiten. Und dass eine halbe Stunde eine lange Zeit für jemanden ist, der auf eine Nachricht wartet, aber eine kurze für jemanden, der versucht, die Polizei ans Telefon zu kriegen, die gerade ihren größten Einsatz des Jahres zu koordinieren hat. Mit einigen der Leser hatte ich daraufhin längere Zeit Kontakt; sie zeigten ernsthaftes Interesse an der Arbeit unserer Redaktion, von der sie – teils jahrzehntelange treue Abonnenten – keine große Vorstellung hatten.
Das ist nicht vergnügungssteuerpflichtig, aber auch nicht – wie wir lange Zeit dachten – ein Kampf gegen Windmühlen. Im Gegenteil. Einige der Leser, die uns damals unterstellt hatten, ungefähr alles vertuschen zu wollen, melden sich heute regelmäßig auf der Facebookseite unserer Zeitung zu Wort und machen, wie wir scherzhaft sagen, einen guten Job. Wir beobachten mit Freude, wie sie nunmehr ihrerseits – nicht nur beim Flüchtlingsthema – anderen Lesern erklären, wie wir arbeiten, uns in Schutz nehmen und neuerdings sogar unsere Paywall verteidigen.
Bis dato hatte ich zu meiner Bestürzung annehmen müssen, dass sachliche Erklärungen völlig nutzlos seien. Sind sie wohl nicht immer, zum Glück.
via @spreeblick
die Kaltmamsell9 Kommentare zu „Journal Sonntag, 21. August 2016 – Garmisch-München“
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22. August 2016 um 7:50
Werte Frau Kaltmamsell,
als allermeist nur stiller Leser möchte ich Ihnen alles Gute zum Geburtstag wünschen.
22. August 2016 um 7:52
Die Carbonara auch dieses Mal mit ganzen Eiern oder nur mit Eigelb für die Soße?
22. August 2016 um 14:02
Passend zum Artikel bei Übermedien empfehle ich das hier:
https://www.theguardian.com/science/brain-flapping/2012/nov/29/pseudoscience-science-argument
Dort geht es um die Argumentationsstruktur von Wissenschaftskritik. Mir scheint aber, einiges davon läßt sich 1:1 auf die aktuellen Argumente der Medienkritik übertragen. Ausserdem ist der Artikel sehr amüsant zu lesen.
22. August 2016 um 16:49
Sie können wahrscheinlich nicht nachvollziehen, warum und dass ich es pietätlos finde, ein Computerspiel ausgerechnet auf einem Friedhof zwischen Gräbern spielen zu müssen?
22. August 2016 um 17:49
Hm, können Sie beschreiben, duden, wo für Sie die Grenzen dieser Pietät verlaufen? Und ob es für Sie einen Unterschied macht, ob es sich um einen aktiven oder einen historischen Friedhof handelt?
22. August 2016 um 20:38
Auch dieses Mal mit ganzen Eiern, Crazycook, sagt er.
22. August 2016 um 23:09
Naja, die Grenze ist die Friedhofsmauer, würde ich sagen. Und die Tatsache, dass dort seit 70 Jahren niemand mehr beerdigt wird, ändert ja nichts daran, dass man zwischen Gräbern wandelt, Gräber, die vielleicht für manche Menschen heute noch eine Bedeutung haben und des Gedenkens wert sind. Ich habe einige Zeit dort in der Nähe gewohnt und es war mir selbstverständlich, dass ich, wenn ich den Friedhof querte, z.B. meine Zigarette ausmachte. Weil nämlich: Das gehört sich nicht.
23. August 2016 um 0:03
xxxx
23. August 2016 um 6:29
Welches Verhalten ist für Sie dann akzeptabel auf einem Friedhof, duden? Nur dasselbe wie in einer aktiven Kirche? Oder mehr? Oder weniger?