Journal Mittwoch, 3. August 2016 – Klinikfrei und Haarschnitt wie vor 30 Jahren
Donnerstag, 4. August 2016Ich hatte mir den Tag frei genommen, dennoch klingelte der Wecker vor sechs. Der Zweck des Urlaubstags war, in die Ambulanz der Dermatologie am hiesigen Uniklinikum zu gehen. Dort gibt es für gesetzlich versicherte Patienten keine Termine, am Telefon war mir beschieden worden: “Sie müssen halt um halb acht kommen und schaun, ob sie drankommen.”
Ich hab’ da nämlich was chronisches Dermatologisches. Das bekomme ich seit 30 Jahren mit Salben ganz gut in den Griff, aber alle paar Jahre gehe ich damit in die Uniklinik, um nachzufragen, ob die Forschung vielleicht doch Heilung gefunden hat. Vor sechs Jahren gab es nichts Neues – gestern allerdings auch nicht. Zumindest bekam ich Mitleid (“Oh, das sieht schlimm aus.”) und am Ende der vier Stunden, die ich meist mit Warten verbracht hatte, Rezepte für weitere Salben.
Bis dahin war ich beeindruckt von der ausgeklügelten Organisation der Patientenmengen inklusive durchwegs freundlichem und herzlichen Personal: Der große Wartebereich zur Patientenaufnahme mit Nummernziehen war bereits um halb acht zu zwei Dritteln besetzt. Es gab drei Kabäuschen für diese Aufnahme, die Nummern wurden mit Hinweis auf die Kabäuschennummer über einen Bildschirm aufgerufen, auf dem dazwischen Morgenfernsehen lief, tonlos. Um eine Ecke der Wartebereich für ein Dutzend durchnummerierte Behandlungszimmer, auch hier wurde die eingangs verteilte Nummer aufgerufen, wieder über einen Fernsehbildschirm. In diesem Bereich wartete ich am längsten. Die behandelnde Ärztin verwies mich nach kurzem Gespräch zu den Spezialisten im Haus. Dort war der Gang ein kleinerer Wartebereich ohne Nummern, erst mal musste ich meine Akte in einem Büro abgeben, damit man von mir wusste. Aufgerufen wurde ich mit meinem Namen (“Habe ich den richtig ausgesprochen?”) von einer Ärztin.
Was mich insgesamt verwundert: Warum waren all die anderen Patientinnen und Patienten da? Ich komme wie beschrieben alle paar Jahre aus wissenschaftlicher Neugier, doch sonst ginge ich zu einer niedergelassenen Dermatologin. Was bewegte die Dutzende anderer Menschen in den Wartebereichen, sich statt dessen an die Ambulanz einer Klinik zu wenden?
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Für Frühsport war nun keine Zeit mehr (ich hatte mit dem Plan einer Schwimmrunde gespielt), ich war mittags mit Herrn Kaltmamsell bei Marietta verabredet. Wir spazierten Pokémon-fangend durch sonnige Hitze.
Zeit für einen Besuch bei Marietta zu haben, macht einen Tag zum Festtag: Wir ließen es krachen.
Salat mit Oktopus für ihn, mit gebratenen Steinpilzen für mich.
Pasta mit Salsicia gegenüber, bei mir mit schwarzen Trüffeln. Über den Daumen: In den gebratenen Steinpilzen und meinen Nudeln waren ca. ein halbes Packerl Butter. Köstlich.
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Ich spazierte zur Bank, weil ich endlich mit meinen Konten und meinem Geld in ein anständiges Institut wechseln möchte, aber auch anständige Banken haben die meisten Nachmittage geschlossen. Also doch erst mal alles online.
Ein Stündchen Siesta, die sich als ein paar Meter zu tief herausstellte: Ich kam daraus kaum wieder ins Wache zurück.
Noch auf der abendlichen Radfahrt zum Friseur war ich völlig benommen.
Als Ziel des Haarschnitts hatte ich mir das Thema 80er-Popper ausgedacht und historische Fotos aus dem Web mitgebracht (Pinterest ist hier die beste Fundgrube). Noch müssen meine Haare dafür etwas wachsen, doch mein gestern abschließendes Spiegelbild rief sofort Erinnerungen hervor.
(Es war mal wieder Zeit für ein Automatenbild.)
Jetzt habe ich einen Haarschnitt, den ich zuletzt vor 30 Jahren trug – als ich mir nach dem Abitur die langen Haare abschneiden ließ (in Echt ist die Ähnlichkeit noch größer):
Zum Nachtmahl Salat aus frisch abgeholtem Ernteanteil – mit den ersten Tomaten des Jahres, hurra!