Journal Donnerstag, 29. September 2016 – Moselsteig Konz-Trier
Freitag, 30. September 2016 um 7:39Der Sonnenschein kam zurück und wärmte – schon nach wenigen Minuten Wanderung packte ich auf dieser letzten Etappe meine Jacke weg.
Nach einem Frühstück (ich hatte Appetit – UND es gab selbst gemachte Weinbergpfirsichmarmelade) zog ich erstmals über die Mosel. Zur Feier des Augenblicks präsentierte sie mir Schiffsverkehr (Gruß bayerischer Seeleute: “Hoi, a Schiff!”), und der Steuermann oder Kapitän – der Mann halt, der seinen sonnenbebrillten Kopf aus dem Häuschen am Ende des Containerkahns streckte, erwiderte mein Winken.
Die Etappe bot nicht so viel Abwechslung wie die vergangenen Tage, unter anderem ging ich anderthalb Stunden auf einem breiten Forstweg durch wenig spektakulären Wald. Doch auch gestern genoss ich das Gehen, reizarme Umgebung hatte fast meditative Wirkung (als wenn ich wüsste, was das ist). Und obwohl sich der eine oder andere Muskel in Wade und hinterem Oberschenkel durch Ziehen bemerkbar machte, hätte ich nichts gegen einen weiteren Wandertag gehabt.
Der Autobahnlärm begleitete mich ein großes Stück dieser Wanderung. Doch es gab auch wieder malerische Tiere.
Das hier war der lange Forstweg. Ich begegnete auch zwei Trupps Waldarbeiter mit schwerem Gerät, die riesige Stämme stapelten (und freundlich grüßten).
Zum ersten Mal auf dieser Tour kehrte ich richtig ein. Das Wanderbüchlein hatte das Café Mohrenkopf und seine Kuchen empfohlen.
Der Garten mit Aussicht ist wunderschön, der Apfelkuchen schmeckte – ich kann gut verstehen, dass dies hier für Trierer der Klassiker an Ausflugslokal ist. Als Cappuccino wurde mir Filterkaffee mit Sahnehaube serviert.
Im Grunde könnte ich hier meinen Nifften meine Jugend vorführen. Mich erinnert die Moselgastronomie bislang nämlich keineswegs an Heinz Erhard und die 50er, sondern an die späten 80er, frühen 90er: Die Speisenkarten voller Ratsherrnpfännchen, Schnitzel, Hackbraten, der Cappuccino bereits als Phänomen bekannt, aber noch aus vorhandenen Zutaten gebastelt. Die Vorhangmuster fiffig, die Stickbilder an der Wand noch ernst gemeint (“Omma hat die so geliebt.”) und nicht ironisch retro.
In Trier lief ich noch ein halbes Stündchen zu meiner Unterkunft in der Altstadt. Mein Koffer wartete wieder bereits auf mich (Gepäcktransport klappte völlig problemlos, und da ich den Koffer jeweils spätestens um 9 Uhr bereitstellen musste, kam ich auch immer früh los), WLAN vorhanden, hurra.
Abends ging ich durch die Fußgängerzone zum Weinhaus. Ich hoffte dort auf Interessantes zu lokalen Weinen und fragte nach dem Neuesten, Interessantesten, Abgefahrensten – an Methoden, Sorten, was auch immer. Vielleicht etwas Spontanvergorenes? Hm, beschied man mir, es gebe da einen, der mache Weißwein aus eigentlich Rotweintrauben, Blanc de noir. Ich sah ein, dass es abgfahrener an der Mosel nicht werden würde.
Heimweg durch eine laue Sommernacht.
Für die Statistik: Sechseinhalb Stunden mit einer großen und ein paar kleinen Pausen, 24 Kilometer.
§
Andrea Diener macht mir Lust aufs Oktoberfest. Nämlich auf das in Kanazawa.
“Oktoberfest interkulturell: Egal, es gibt Bier!”
4 Kommentare zu „Journal Donnerstag, 29. September 2016 – Moselsteig Konz-Trier“
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30. September 2016 um 9:37
Mein erster Gedanke, als Sie die Unterkünfte der letzten Tage schilderten, war ja, dass Sie bestimmt nicht noch einmal mit diesem Anbieter wandern wollen werden, der die Route so kostenoptimiert anlegt. Aber nach der Lektüre des FAZ-Artikels glaube ich, dass Ihr Reiseveranstalter wahrscheinlich gar keine andere Wahl hat/hatte.
Die Beschreibung dieser deutscher Gasthäuser und Hotels deckt sich auch mit meinen Erinnerungen an Schwarzwaldbesuche aus den 80ern und 90ern, nur dass dort oft noch viel Dekokitsch aufgefahren wurde. Und während die Erwachsenen “Cappuccino” so wie Ihren tranken, gab es für uns Kinder Wasserkaba …
30. September 2016 um 14:29
Elfe, an der Mosel gibt es keine anderen Hotels, das habe ich für Sie über viele Jahre getestet. In dieser Gegend sind die Jugendherbergen die besten Tips. Die sind in Rheinland Pfalz meist sehr schön und sehr modern. Eine Kultur der kleine Wandergasthöfe gibt es nicht. Der Rheinsteig und der Westerwaldsteig haben ähnliche Probleme, die Unterkünfte sind furchtbar altmodisch.
Das Essensangebot ist ähnlich. Das interessanteste gabe es im Archäologiepark Villa Borg bei Perl, Linsen nach römischem Rezept.
Und ansonsten gibt es auf der anderen Moselseite Luxemburg mit netten Restaurants.
Man darf aber die deutschen Mittelgebirge nicht vergleichen mit dem kulinarisch anspruchsvollen Süden der Republik. Man kann einfach nicht gut essen hier, basta.
30. September 2016 um 18:24
Kanazawa ist auch ohne Oktoberfest (mehr als) einen Besuch wert!!!
30. September 2016 um 22:02
jugendherbergen – dem tipp kann ich mich nur anschließen. ich bin mittlerweile ausgesprochen gerne dort zu gast. entspannte atmosphäre, gutes frühstück (oder zumindest kein ärgerliches), humane preise, moderne ausstattung, oft gute lage.