Archiv für Oktober 2016

Twitterlieblinge September 2016

Sonntag, 2. Oktober 2016

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Anderer Leute Lieblingstweets hat wieder Anne Schüssler gesammelt.

Journal Freitag/Samstag, 30. September/1. Oktober 2016 – Trier, Luxemburg, München

Sonntag, 2. Oktober 2016

Am Freitag wachte ich zu Regenprasseln auf. Zwar hatte ich ohnehin einen Museumsbesuch geplant, doch ein Spaziergang durch Trier hätte mich auch gefreut.

Nach einem Frühstück rollkofferte ich durch den Regen zu dem Innenstadthotel, in dem ich die Nacht auf Samstag verbringen wollte – das Hotel im Wanderpaket hatte kein Zimmer frei gehabt. Auch dieses zweite Hotel in Trier empfing mich mit Moselfreundlichkeit: “Sie sind aber sehr früh da.” Bevor ich auch nur eine Chance hatte, lediglich um Unterstellen meines Koffers zu bitten.

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Weiter im Regen zum Rheinischen Landesmuseum: Diesen zentralen Teil der Nero-Ausstellung wollte ich sehr gerne sehen.

Da ich als Jugendliche die BBC-Verfilmung von Ich, Claudius – Kaiser und Gott gesehen habe, später die Romanvorlagen gelesen und erst kürzlich Mary Beards SPQR, halte ich mich natürlich für eine Expertin der frühen römischen Kaiserzeit. Entsprechend kritisch ging ich an die Ausstellung heran. Und war – überwältigt. Es ist sensationell, was hier an Exponaten aus Museen und Sammlungen ganz Europas zusammengetragen wurde. Die Ausstellung dokumentiert mit Inschriften, Statuen, Teilen von Bauwerken, Münzen, Zitaten, Faksimiles von ganzen Räumen unter anderem Neros Kindheit und Jugend, das politische Geschick seiner Mutter Agrippina, das ihn zum Kaiser machte, die Konstruktivität seiner ersten Herrschaftsjahre, den entsetzlichen Brand Roms (mit einer hochinteressanten Computergrafik, die die Ausbreitung des Feuers in diesen acht Tagen nachvollzieht, und mit Originalexponaten aus diesem Feuer und der daraufhin gegründeten Feuerwehr), Neros Kunstinteresse und seine Griechenlandreise, den Bau der villa aurea (wieder unterstützt mit Simulationen), Neros politischen Fall. Am Ende der Ausstellung wird der Bogen zum Ausstellungsort geschlagen.

Die Ausstellung zieht alle Register heutiger multimedialer Möglichkeiten; das macht sie nahbar und emotional, droht allerdings an der einen oder anderen Stelle ein wenig in Disneyland zu kippen. Misstrauisch machten mich die vielen bildlichen Darstellungen des beteiligten römischen Personals; aufgestachelt von Mary Beards Forschung hätte ich bei vielen Büsten und Statuen gerne gewusst, was die Quellenbasis für die Zuschreibung zum Beispiel als Agrippina, Octavia, Claudius oder eben Nero war. Am einfachsten ist das natürlich bei bildlicher Darstellung auf Münzen: Hier steht der Name dabei. Doch im vorletzten Ausstellungsraum stieß ich auf eine Vitrine mit einem bronzenen Fußfragment, von dem es hieß, es sei der Rest einer Nerostatue: Echt?

Ich empfehle die Besprechung der Ausstellung auf faz.net von Tilman Spreckelsen, da sie reich bebildert ist und alle relevanten Stationen enthält:
“Langweilig war er nie”.

Die Cambridger Professorin für Altphilologie Mary Beard weist in ihrer Besprechung im TLS, “Unholy Roman Emperor” auf diese Details hin:

…some very well chosen loans and the imaginative choice of themes beyond straight biography (from financial crises and Nero’s relations with Greece to his role as artist and artistic patron) make this a striking and absorbing show. Sometimes it is a question of simply being able to see the objects far better here than in their home locations. Anyone who wants a chance to get up close to the famous fresco from Pompeii depicting the deadly riot that broke out in the amphitheatre in the middle of Nero’s reign would do better to go to see it in Trier than in the National Museum in Naples. And on display, too, is a nice fragment – showing one of Nero’s new buildings – of the vast, detailed plan of the city of Rome that was inscribed on marble in the early third century AD; one of the most intriguing survivals from the ancient world, this is usually locked up in storage, well away from public view.

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Und dann bekam ich doch noch Luxemburg zu sehen. Zu den Bloggern der anderthalbten Stunde (also wie ich) gehört der Luxemburger Joël, und mit dem war ich in Trier verabredet (wir hatten uns im Mai auf der re:publica endlich mal von Gesicht zu Gesicht kennengelernt). Das Wetter schmuddelte immer noch, Joël meinte auch, in Trier könne er mir gar nicht so viel erklären, anders als in Luxemburg – ob wir nicht einfach hinfahren wollten? Das taten wir.

Joël fuhr mich mit seinem schicken Auto an den zentralen Verwaltungsgebäuden der Europäischen Union vorbei (Europäischer Gerichtshof!) und zeigte mir dann den trockenen Nachmittag über sein Luxemburg, oben und unten. Ich bekam sogar Luxemburgerisch zu hören.

Zum Kaffeetrinken saßen wir am Flüsschen PetrussAlzette in einem irischen Pub, das mit Wimpeln “Oktoberfest” geschmückt war und dessen Bedienungen über ihren Jeans Kniebundhosen aus grünem Samt mit Samthosenträgern trugen – Gratulation, das war die bislang absurdeste Variante des Themas. Ich hörte viele Geschichten und viel Geschichte; ich schiebe es auf meine bayerische Herkunft, dass ich bis dahin Luxemburg weder historisch noch aktuell auf dem Schirm hatte und peinlich wenig darüber wusste. Unter anderem lernte ich, dass der Großherzogpalast in der Fußgängerzone und gegenüber dem wirklich beeindruckenden Schokoladenladen Chocolate House leider nicht der Wohnort des Großherzogs ist, sah das ehemalige Gefängnis, bekam umwerfende Madelaines nach Rezept Léa Linster in ihrem kleinen Lädchen zu probieren.

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Ein hervorragendes Nachtmahl gab es im Restaurant Annexe, bevor Joël mich zurück nach Trier fuhr (Superservice, jederzeit wieder!). Was mich bis ins tiefste Herz wärmte: Die zugewandte Nähe zu jemandem, den ich ja seit über zehn Jahren kenne – auch wenn wir erst zum zweiten Mal die Atemluft teilten. Doch ich habe mich damit abgefunden, dass das niemandem zu vermitteln ist, der das Internet nur so kennt, wie man es heute antrifft.

Einige Leserinnen hatten mir ja bereits Luxemburg als Entschädigung für die Moselmuffeligkeit und die dortige Rückständigkeit der Kulinarik empfohlen: Ich freute mich sehr, dass ich dank Joël diese Empfehlung so schnell nachvollziehen konnte (für weitere Bar- und Restaurantempfehlungen müssen Sie einfach nur durch sein Blog scrollen). Da will ich sehr bald wieder hin. Dann aber per Direktflug MUC-LUX, weil siehe unten.

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Samstagmorgen schüttete es in Trier. Zum Glück hatte ich nur 15 Fußminuten zum Bahnhof, jetzt nutzte ich meine Wanderregenjacke. Und ich würde den Tag ja ohnehin in Zügen verbringen.

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Dass daraus der ganze Tag wurde, war allerdings nicht vorgesehen: Aus den ohnehin planmäßigen sechs Stunden Bahnfahrt nach München wurden durch verpasste Anschlusszüge acht. Gleich die erste Regionalverbindung kam fast eine halbe Stunde zu spät nach Saarbrücken (technische Probleme, Zugüberholung). Ich hatte jetzt genug Zeit, am Fahrkartenschalter die Zugbindung meines Tickets aufheben zu lassen und die Platzreservierung des übernächsten Zuges umzubuchen. Den ich in Mannheim allerdings auch nicht erwischte, weil die Regionalbahn dorthin mit 45 Minuten Verspätung ankam (Fußballfans hatten die Komplettreinigung eines Zugteils nötig gemacht). Aber der ICE nach München war dann pünktlich. Diesmal stürze ich mich ins Abenteuer Fahrgastrechtformular.

München empfing mich mit vollem Oktoberfestwahnsinn (Hindernisrollkoffern nach Hause) und überraschender Wärme.