Journal Sonntag, 5. Februar 2017 – WMDEDGT
Montag, 6. Februar 2017 um 6:57Am 5. des Monats will Frau Brüllen wissen: Was machst du eigentlich den ganzen Tag? (WMDEDGT) Und weil heute keine Arbeit drin ist, darf ich das erzählen.
Um sechs nach unruhiger Nacht aufgewacht. Ungewöhnlicherweise war es Herr Kaltmamsell gewesen, der mitten in der Nacht nicht mehr hatte einschlafen können. Er war in sein Bett umgezogen, um mich mit seinem Wachsein nicht zu stören, doch in den Morgenstunden hielten auch mich Sorgenkreisel von richtigem Schlaf ab.
Milchkaffee für uns beide gemacht, währenddessen mein Bett abgezogen und damit und ein paar anderen weißen Schmutzwäschestücken die Waschmaschine gefüllt.
Gebloggt, dabei Kaffee getrunken und zwei Gläser Wasser. Vor dem Fenster drei Eichhörnchen um die Kastanien turnen sehen, Twitter hinterhergelesen. Gequietscht und gelacht über Melissa Mccarthy als Sean Spicer in Saturday Night Live.
https://youtu.be/UdbwKeKPUdo
(Eine bessere Version gibt es bei der New York Times, aber halt nicht für Deutsche.)
Waschmaschine ausgeräumt, ein Drittel des Inhalts in den Trockner geschoben, ein Drittel auf dem Wäscheständer aufgehängt, für das letzte Drittel Herrn Kaltmamsell mit Trockner-Instruktionen versorgt.
Sportrucksack gepackt, Teile der Sportkleidung bereits angezogen (Sportunterwäsche, -socken, -oberteil), mich Fahrrad-fertig gemacht; es war mild genug für Wollhandschuhe, die Ski-Fäustlinge brauche ich hoffentlich dieses Saison nicht mehr. Zum Sport an den Ostbahnhof geradelt. Eine grüne Ampelwelle brachte mich aus der Puste, weil ich vor dem Gebsattelstraßenberg keine Pause hatte.
Für die halbe Stunde Krafttraining in Kleingruppe hatte die Vorturnerin Zirkeltraining aufgebaut. Und sie hatte sich ein wenig auf das Durchschnittsalter der sechs Beteiligten eingestellt, die Woche zuvor war immer wieder eine mit “das kann ich nicht mehr” ausgestiegen (Knie, Kreuz). Ich mache mir immer wieder Gedanken, ob die Sportausbildung heutzutage etwas mehr den demografischen Wandel einkalkulieren sollte. Oder auch nur die Vielfalt an Körperformen – das frage ich mich bei so mancher Dehnübung, die mit viel Oberweite oder viel Bauch physikalisch unmöglich ist. Eine ideale Vorturnerin hätte dafür Alternativen im Angebot. Das Zirkeltraining machte viel Spaß – ich bilde mir ein, dass ich es auch zu Schulsportzeiten mochte, weil es etwas von Spiel hatte.
Eine Stunde Step-Aerobic. Wieder war der Saal ziemlich leer. Der Trainer, der im Herbst aufgehört hat, war sehr beliebt gewesen. Er hatte nicht nur souverän interessante und spaßige Choreografien aus dem Ärmel geschüttelt, sondern vor allem Spaß an der Bewegung und Humor ausgestrahlt (dass seine Figur mich an die von John Belushi in Blues Brothers erinnerte, hatte mich ohnehin zum Fan auf den ersten Blick gemacht). Seine Nachfolgerin ist durchaus gut, aber halt offensichtlich niemand, auf den man sich so freut, dass man am Sonntagvormittag einen widerstrebenden Arsch hoch kriegt.
Zügiges Duschen, Cremen, Haaretrocknen, Anziehen, Heimradeln: Ich hatte mich fürs Mittagessen verantwortlich erklärt (Herr Kaltmamsell hatte ein heftiges Korrekturwochenende). Ausnahmsweise gab es schon mittags warmes Essen, damit wir am späten Nachmittag ins Kino gehen konnten statt zu kochen. Ich verarbeitete alle verbliebenen Rüben aus dem Ernteanteil (Steckrüben, Pastinaken, Rote Bete, Kartoffeln) zu Ofengemüse, serviert mit Kräuterquark. Bis zum Servieren überbrückte ich den Hunger mit Jamón-Schnipseln und den Brokkoliresten vom Vorabend. Die Bettwäsche war mittlerweile trocken, ich überzog mein Bett damit.
Vögelchen auf dem Balkon beobachtet: Amseln, Kohl- und Blaumeisen. Als Herr Kaltmamsell rief: “Taubenalarm!”, versuchte ich ihn mit einem Hinweis auf das schillernde Gefieder für das Tier einzunehmen: “Eine Moiré-Taube!” Er: “Ja, wie eine Öllache.”
Während Herr Kaltmamsell die Wohnung mit dem Duft kochender Orangenmarmelade erfüllte, meldete ich weitere Blogposts an VG Wort. Noch ein Stündchen Wochenendzeitung gelesen, bevor wir die U-Bahn ins Kino nahmen (die Wochen vor der Oscarverleihung sind immer meine Kinowochen). Wir sahen Hidden Figures: Ein konventionell erzähltes Biopic, aber die Geschichte ist so interessant, dass mehr filmerischer Vordergrund wahrscheinlich gestört hätte. Und es war so viel Mathematik drin, von der ich keinen Piepston verstand, dass ich die Sachseite ernst nehmen konnte. Schauspielerinnen und Schauspieler durch die Bank gut, über die Ungereimtheiten in der Darstellung von Rassismus und Segregation konnte ich hinwegsehen: Ein Abteilungsleiter kann im Handstreich die Klo-Segregation auf einem ganzen Firmengelände aufheben, ohne dass er Wind von vorn bekommt? Und in welcher konstanten existenziellen Bedrohung von Weißen, vor allem der Polizei, Farbige damals lebten, wurde nur in der Eingangszene kurz angerissen. Spannender Film, Empfehlung.
Daheim gab es als Abendbrot aufgetaute Bagels mit Frischkäse, Lachs und Ernteanteil-Kresse, danach reichlich Süßigkeiten. Dazu lief im Fernsehen Ein süßer Fratz – Audrey Hepburn ist einfach zum Niederknien. Und ich entwickelte mit Glücksei-Unterstützung eine Generation Pokémon.
Vor Zähneputzen und Zahnseideln machte ich die Wohnung Putzmann-fertig: Herumliegendes Papier einsortieren (zum Teil), Sets und Servietten vom Esstisch verräumen, Töpfe und Bleche abspülen.
Im Bett verplöppelte ich mir die Ohren dann doch mit Wachs: Mindestens zwei Krähen diskutierten draußen sehr laut.
die Kaltmamsell2 Kommentare zu „Journal Sonntag, 5. Februar 2017 – WMDEDGT“
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6. Februar 2017 um 7:43
Meine Mutter ist über siebzig und Übungsleiterin für Sport in der Krebsnachsorge (was ja ähnliche Problemfelder eröffnet und viele Schnittmengen mit den genannten Dingen wie Körperformen oder Alter hat). Tatsächlich gibt es beträchtlichen Bedarf nach solchen ausgebildeten Übungsleitern (die Ausbildung wird in regelmäßigen Abständen mit Schulungen aufgefrischt und erweitert) und sie könnte von jetzt auf gleich mehrere Gruppen dazu nehmen, weil händeringend Trainer gesucht werden.
Es werden also durchaus Trainer für speziellen Bedarf ausgebildet – aber es gibt immer noch zu wenige, die es machen wollen.
Vielleicht ändert sich das ja mit der Zeit noch.
7. Februar 2017 um 14:15
der unterschied sind die übungsleiter vs. fitnesstrainer: das erste sind staatlich subventionierte ausbildungen durch die sportverbände (z.b. deutscher turnerbund, deutscher leichtathletik-verein usw.), die i.a. sehr spezifisch nach einem grundlagenschein (“fachübungsleiter”) entsprechend der zielgruppe ihre ehrenamtlichen schulen (z.b. “b-trainer leistungssport leichtathletik block wurf” vs. laufgruppenleiter”). im fitnessbereich dagegen macht jeder trainer, was er/sie eben so an lizenzen erworben hat. diese werden von kommerziellen anbietern durchgeführt und sind in der qualität sehr unterschiedlich.