Archiv für Februar 2017

Journal Sonntag, 12. Februar 2017 – #12von12

Montag, 13. Februar 2017

Diesmal erinnerte ich mich erst nach Kaffee daran. Und dann beschloss ich, der ursprünglichen Spielanleitung für #12von12 zu folgen: Den Tag über Fotos aufnehmen, davon 12 im Blog posten – ohne instagram-live-Begleitung, denn da instagram die Beiträge nicht mehr als Timeline anzeigt, sondern in geheimer gemischter Reihenfolge, ist das Posten eines Ablaufs sinnlos geworden.

1. Ungewöhnlich aufgeräumtes Wohnzimmer.

2. Ungewöhnlich aufgeräumtes Schlafzimmer.

Grund: Am Samstag hatte ich beim gemeinsamen Mittagessen meinem Vater (Elektriker) von den eigenartigen Lichtausfällen in unserer Küche erzählt. Er hatte einige Ideen, woran das liegen könnte und gab mir Tipps für Diagnose und Reparatur – die alle mein aktives Eingreifen in die Elektrik der Küche erfordert hätten. Nun fürchte ich mich nicht vor Elektrizität, doch weiß ich mittlerweile, dass meine grundsätzliche Haltung “Pah, mit ein wenig gesundem Menschenverstand muss sich das doch reparieren lassen!” in Wirklichkeit Selbstüberschätzung ist. Und die Erfahrung hat gezeigt, dass ich damit in 90 Prozent der Fälle Schaden verursache statt beseitige.

Bevor ich mich aber vor meinem Vater in den Staub werfen konnte und ihn um tatkräftige Hilfe bitten, war schon meine Mutter eingeschritten: “Komm, da fahr’ ma morgen rüber nach München und du richst’ ihr des.” Mein Vater war einverstanden, puh.

Also räumte ich die Wohnung ein wenig auf. Damit meine Eltern beruhigt sein können, dass sie nicht in allen Erziehungsdingen versagt haben.

3. Elektriker bei der Arbeit, einen Phasenprüfer verwendend.

Zu diesem Anlass brachten meine Eltern frisch gemachten Limoncello mit, ich teilte einen spanischen ganzen Käse mit ihnen und versorgte sie mit einem halben Apfelkuchen. So geht Familie.
Die Küche ist jetzt wieder sehr hell.

Ab an die Isar zum Laufen.

4. Da schau her, das Brückerl über den Westermühlbach (der Bach im Glockenbachviertel heißt nämlich gar nicht Glockenbach) hat neue Planken.

5. Am Tierpark vorbei.

6. Es war ganz schön frostig und neblig.

7. Kein Hindernis für echte Grillfans.

8. Daheim Aufwärmen und Körperpflege im Vollbad – der Blick auf verschiedene 12von12-Sammlungen weist darauf hin, dass das gestern eine beliebte Freizeitbeschäftigung war.

9. Mit der eigens dafür über die Woche gereiften Banane Granola nach Nicky Stich gebacken.

10. Hillary Mantels Beyond Black weitergelesen; so gut es mir auch gefällt, nach zwei Wochen wollte ich doch mal durchkommen.

11. Das ist ein Krakelee-Glas, wie Herr Kaltmamsell und ich es aus unserer Kindheit kennen – hatte man in den frühen 70ern sehr, sie gingen aber auch sehr leicht kaputt. Bei seinen Eltern hatte er am Samstag ein allerletztes Exemplar abgestaubt, gestern tranken wir daraus den ersten offiziellen Drink meiner Jugend: Grüne Jungfer (bei Herrn Kaltmamsell nannte man den Cocktail Grünes Gift), bestehend aus blauem Bols mit Orangensaft. Ich hatte damit auf den Tanzschul-Abschlussbällen im Festsaal des Ingolstädter Stadttheaters Bekanntschaft gemacht.

12. Herr Kaltmamsell entdeckte, dass Tele5 40 Wagen westwärts zeigte (BUR LANCÁSTER! – wie meine spanische tía Luci ihn aussprach). Dazu MUSS man ja praktisch Whisky einschenken. Samma: Der von Hans Clarin gesprochene Off-Text war doch wohl reiner Spaß der Synchronübersetzungsmannschaft?

Interessanter wird’s nicht. Ich werde mir für #12von12 ein Haustier zulegen müssen.

§

Wie so viele Einwanderer späterer Generationen hadert Jem Yoshioka mit ihrem Verhältnis zum Erbe ihrer Vorfahren. Weil sie Comiczeichnerin ist, hat sie das gezeichnet:
“Home & Home”.

via @ruhepuls

Journal Samstag, 11. Februar 2017 – Kalbsleber beim Settele

Sonntag, 12. Februar 2017

Ein wunderbar sonniger Tag, im Sonnenschein war nicht mal Mütze nötig.

Wir waren mittags mit meinen Eltern bei Schwiegers eingeladen. Vorher backte ich noch den Apfelkuchen und strampelte eine Runde auf dem Crosstrainer. Wieder hatte ich Lust auf Musik beim Strampel, wieder leistete mir der Sport-BH dabei gute Dienst: Dorthinein schob ich nämlich mein Musi-tragendes iphone. Allerdings muss ich mich nach anderen Kopfhörern umsehen: Die bisherigen In-Ear-Hörer schwitze ich nach spätestens einer halben Stunde aus.

Gestriger Ausblick vom Crosstrainer.

In Augsburg wurden wir zum Settele eingeladen, ich bestellte die gerühmte Kalbsleber.

Und war sehr zufrieden damit, auch mit dem offensichtlich selbst gemachten Kartoffelbrei.

Bei Schwiegers noch Kaffeeundkuchen, Gespräche über Familien- und Arbeitsvergangenheiten. Frau Schwieger packte Fotos von ihrer Zeit Anfang der 1960er als mechanische Programmiererin (Schraubenzieher!) bei NCR aus – die Uniformen für die Hannover Messe allein schon waren sensationell (das war noch vor der Erfindung der CeBIT, dieses „Centrum der Büro- und Informationstechnik“ gab es es erst ab 1986 als eigene Messe).

Gemütliche Heimfahrt im Zug.

§

Wer ist “wir”? Wie funktioniert gesellschaftliche Ausgrenzung von Einwanderern und ihren Nachkommen? Der Schweizer Journalist Bruno Ziauddin schreibt im Magazin über seine eigenen Erfahrungen und welche fundamentalen Auswirkungen darauf der Anschlag aufs World Trade Center hatte.
“Vo wo chunsch?”

Sehr interessant fand ich Ziauddins Sicht auf die Funktion der titelgebenden Frage:

… einen wie mich gab es kein zweites Mal. Ausländerkinder mit heller Haut, klar, eine ganze Menge – Italiener, Spanier, Nachkommen von Ostblock-Flüchtlingen (meist Akademiker), hie und da ein Spezialfall mit österreichischem Vater oder schwedischer Mutter. Aber ein Hybride aus Mowgli und Tellensohn? Für homogenitätsgewohnte Stammbaum-Schweizer, die eben erst gelernt hatten, sich mit Gastarbeitern abzufinden, war das eine Sensation, manchmal auch eine Überforderung, und verlangte nach einer Erklärung. Vo wo chunsch?

Die staunende Neugier, ebenso die Starrerei, von der manche Ausländer sagen, sie sei in der Schweiz heute noch ausgeprägt, was ich nicht bestätigen kann, das Unverblümte und Fadengrade jedenfalls, womit man auf seine Andersartigkeit angesprochen wurde, hatte fraglos etwas Hinterwäldlerisches – blondes Mädchen trekkt durchs peruanische Hochland und versetzt Indiobauern in Aufruhr.

Das Unverblümte, Fadengrade, Hinterwäldlerische war aber nicht nur schlecht. Es gab einem die Gelegenheit klarzustellen, dagegenzuhalten, zurückzubellen, gerade wenn man, wie mein Vater, nicht auf den Mund gefallen war. Und es gab einem die Gelegenheit, ins Gespräch zu kommen, sogar Freundschaften zu schliessen.

Und er legt den Finger auf die Stereotype und Vorurteile (ich mag das englische preconception – vorgefasste Einteilung), die auch diejenigen in der privilegierten Schicht haben, die jeden Rassismus weit von sich weisen.

So wie es Antisemitismus von links gibt, gibt es auch Rassismus von links. Wobei Rassismus möglicherweise ein zu starkes Wort ist. Es geht eher um paternalistischen Dünkel. Um die sehr klare Vorstellung davon, wie eine Person mit Migrationshintergrund zu sein hat und welche Rollen ihr zustehen. Und um die ebenso klare Vorstellung, wie über Personen mit Migrationshintergrund geredet und geschrieben werden soll, wie diese in Filmen, Zeitungen und Büchern dargestellt gehören (wichtigste Regel: keine Witze, nichts Negatives). Im Zentrum dieser Vorstellung steht der Migrant als Opfer – als bedürftiges Wesen, dem es die Hand zu reichen gilt und der diese Hand doch bitte dankbar ergreifen möge.

Wehe aber, der Migrant weigert sich, den ihm zugeschriebenen Part zu übernehmen. Dann werden die besonders Rigorosen unter den Ausländerfreunden rasch aggressiv.

Sehr lesenswerter Artikel, auch um mal wieder aufgelistet zu bekommen, welche alltäglichen Anstrengungen ein Aussehen nach sich zieht, das von vielen als bedrohlich empfunden wird.

§

Mehr zu Rechtsstaatlichkeit. Read on my dear geht mit einer Geschichte auf einen weiteren Grundpfeiler unseres Rechtssystems ein: Dass die Justiz nicht Rache ermöglichen soll, sondern Strafe und Besserung. Und dass sie Vergebung vorsieht.
“Der Mann, der auch ein Mörder war.”

Journal Mittwoch, Donnerstag, Freitag, 8./9./10. Februar 2017 – Über Eifersucht sowie Rechtsstaatlichkeit

Samstag, 11. Februar 2017

Die heftige Arbeitswoche hinterließ mich fix und fertig. Die damit verbundene Unruhe verhinderte tiefen Nachtschlaf. Als ich Donnerstagmorgen wieder um fünf wach war, nutzte ich die Zeit zumindest für eine Runde Krafttraining.

Donnerstagabend radelte ich zum Spanienladen am Ostbahnhof, um für eine Einladung nächste Woche einzukaufen. Die Temperaturen sind wieder gesunken, ich kam mit gefrorenen Zehen heim.

Es gab Topinambur aus Ernteanteil mit Kartoffeln gratiniert. Topinambur ist ja eigentlich der Endgegner für die Darmflora: Auch mein Bauch reagierte auf das darin enthaltene Inulin mit bösesten Blähungen, bei meiner ersten Bekanntschaft mit Topinambur noch während der letzten Bissen. Doch diesmal war wohl auch meine Darmflora zu erledigt, als dass sie sich aufgelehnt hätte, ich überstand die Mahlzeit beschwerdefrei.

Freitag schlief ich angenehmerweise bis zum Weckerklingeln um sechs.

Früher Feierabend, auf dem Heimweg noch Obst im Süpermarket geholt. Samstägliches Apfelkuchenbacken vorbereitet: Streusel gestreuselt und kalt gestellt, Äpfel (aus Ernteanteil) geschnippelt und mit Zitronensaft, Zucker, Zimt vorgekocht. Ich mag meine Äpfel im Kuchen nicht knackig.

Zum Nachtmahl ging ich mit Herrn Kaltmamsell nochmal vor die Tür in die mittlerweile wieder eisige Kälte: Aperitif im Auroom, Salat und Pasta mit Miesmuscheln im Viva Maria. Ein sehr entspannender Wochenausklang.

§

Nach der Antwort von Dr. Dr. Rainer Erlinger auf die “Gewissensfrage” im aktuellen SZ-Magazin (Thema Liebe) mache ich mir dann doch Sorgen. Weil ich nicht eifersüchtig bin.

Erlinger zitiert zum Thema die britische Philosophin Frances Berenson.

“Jemanden zu lieben, ohne jemals Eifersucht zu spüren, würde die Ernsthaftigkeit und Tiefe der Liebe in Frage stellen.”

Das ist schon recht steil behauptet. Berensons Argument:

“wenn mir eine bestimmte Beziehung alles bedeutet in dem Sinne, dass sie mein Leben lebenswert macht (…), dann wird alles, was diese Beziehung bedroht, ganz natürlich mit Feindseligkeit und Besorgnis gesehen”

Zum einen gibt es wohl sehr unterschiedliche Wahrnehmungen von Bedrohung einer Beziehung. Zum anderen richtet sich diese “Feindseligkeit und Besorgnis” ja oft gegen Partner/Partnerin und bedroht damit die Beziehung.

Bislang bin ich mir doch recht sicher, dass das zwischen Herrn Kaltmamsell und mir Liebe ist. Möglicherweise sogar eine große solche. Und doch bin ich nicht eifersüchtig. Ich kenne das Gefühl der Missachtung, der Vernachlässigung, wenn andere Interessen gerade wichtiger sind als ich. Doch wenn ich mit Interesse von anderen Frauen erzählt bekomme, gar von Verehrerinnen, höre ich das sehr wohl deutlich (wer verstünde Verehrerinnen besser als ich?). Doch in erster Linie macht mich das neugierig auf die Dame. Geht mein Partner ohne mich aus (wenn ich das richtig verstehe, ein klassischer Anlass für Eifersucht), wünsche ich ihm viel Vergnügen. Warum sollte das meine Beziehung bedrohen? Laut Erlinger gibt es diese Haltung nur “unter Heiligen und perfekten Menschen” – Humbug, Erlinger kennt möglicherweise nicht genug Unheilige und mangelhafte Menschen.

Ich denke an frühere Beziehungen zurück:
Mein Freund, der in meiner Gegenwart mit einer anderen Frau massiv flirtete und mich, seine neben ihm sitzende Partnerin, komplett ignorierte. Aber mein Schmerz war doch wohl einfach Verletztheit über ungezogenes, verletzendes Benehmen?
Ein anderer Freund, der mir erzählte, dass er sich möglicherweise in jemanden verliebt hatte. Doch mein Gefühl würde ich nicht mit Eifersucht beschreiben, sondern mit Schmerz über den drohenden Verlust.

Eifersucht im möglicherweise klassischen Sinn kenne ich, wenn ich einen Herrn sehr attraktiv fand, dieser aber andere Frauen mir vorzog. In diesem Gefühl steckten auch Aggression und Wut, nicht nur Verletztheit.

Dr. Dr. Erlinger behautet, wer keine Eifersucht kenne, sehe “den geliebten Menschen als selbstverständlich und sicher gegeben” an. Dem widerspreche ich für mich energisch: Dieser Mensch und diese Liebe sind ein riesiges Geschenk.

§

Nachdenken über Rechtsstaatlichkeit. Jetzt, wo ein US-Präsident massiv an den Pfeilern von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit rüttelt, merken vielleicht manche Nutznießer dieser Prinzipien, dass sie nicht selbstverständlich sind.
Polen und Ungarn verstoßen zwar seit einiger Zeit ebenfalls dagegen, doch vielleicht nicht so absichtlich und explizit (zudem ertappe ich mich bei dem Gedanken, dass dort Demokratie und Rechtsstaat vielleicht zu jung sind, um in Fleisch und Blut übergegangen zu sein).

Doch wenn jetzt das Staatsoberhaupt einer der ältesten Demokratien von “so-called judge” spricht und die Verfassung explizit als Hindernis beschreibt, halten wir erschrocken die Luft an. (Hoffentlich. Bitte.)
Vielleicht hinterfragen manche dieses Luftanhalten. Und bemerken, wie existenziell für uns das Prinzip Rechtsstaatlichkeit geworden ist:

Ein Rechtsstaat ist ein Staat, dessen verfassungsmäßige Gewalten rechtlich gebunden sind, der insbesondere in seinem Handeln durch Recht begrenzt wird, um die Freiheit der Einzelnen zu sichern.

Quelle: Wikipedia

Dass eine Gesellschaft nicht dem willkürlichen Urteil eines Menschen untersteht, sondern Gesetzen, die für alle gelten, ist ein ziemlich neues Ideal – auch wenn schon die alten Römer auf diese damals revolutionäre Idee gekommen sind.

Nun konkreter zum dem Urteil der US-Richter, die Trumps Muslim ban ablehnten. Ich fand diese Erklärung sehr erhellend:
“How to Read (and How Not to Read) Today’s 9th Circuit Opinion”.

via @ankegroener

Lawyers dream about becoming judges, particularly 9th Circuit judges, to write opinions like this.

This case is about two big questions, only one of which the panel’s per curiam today even mentions. The first question is how broad the president’s authority is to limit admissions from the relevant seven countries—and to what extent that authority is limited by constitutional law —under a statute that gives him the sweeping power to do this
(…)
Remarkably, in the entire opinion, the panel did not bother even to cite this statute, which forms the principal statutory basis for the executive order

The other question, one the panel does discuss, is the extent to which the repeated and overt invocations of the most invidious motivations on the part of the President himself, his campaign, his adviser, and his Twitter feed will render an otherwise valid exercise of this power invalid.

… it’s worth emphasizing that the grounds on which this order was fought are not the grounds on which the merits fight will happen. Eventually, the court has to confront the clash between a broad delegation of power to the President—a delegation which gives him a lot of authority to do a lot of not-nice stuff to refugees and visa holders—in a context in which judges normally defer to the president, and the incompetent malevolence with which this order was promulgated.

Nachgeholte Lieblingstweets Dezember 2016/Januar 2017

Freitag, 10. Februar 2017

Hin und wieder lese ich bei mir selbst nach, was ich vor einem, zwei, drei Jahren so gebloggt habe. Und immer freue ich mich über die gesammelten Lieblingstweets, lache gleich nochmal. Deshalb gebe ich mir einen Tritt und tue meinem künftigen Ich den Gefallen, die aus Zeitmangel ausgefallenen Sammlungen nachzuholen.

Journal Montag/Dienstag, 6./7. Februar 2017 – Land unter

Mittwoch, 8. Februar 2017

Zwei sehr heftige Arbeitstage, die mich abends apathisch in die Wohnzimmerecke warfen.

Am gestrigen Dienstag schaffte ich vor Radeln ins Büro noch eine Runde auf dem Crosstrainer, da es sonst die ganze Woche schlecht aussieht mit Bewegung.
Nach Feierabend radelte ich in die Maxvorstadt zu Carta Pura: Mein aktuelles Mitschriftenbuch (ich bevorzuge in der Arbeit A4 mit festem Einband) ist fast voll, und da wirklich schöne Schreibwaren für mein Selbstwertgefühl ungefähr so wichtig sind wie gutes Englisch, gönnte ich mir ein neues von dort.

Zwar ist es unliniert und hat für meine Bedürfnisse zu wenige Seiten, doch ich konnte den Fischen nicht widerstehen.

Abend home alone. Die Reste des köstlichen Kichererbsen-Nudel-Gerichts vom Vorabend waren zum Abendbrot ideal, weil schnell essfertig – ich hatte tagsüber wenig gegessen und großen Hunger. Völlig erschöpft sehr früh ins Bett, nur die beim Heimkommen angeschaltete Waschmaschine hinderte mich daran, direkt nach der Tagesschau einzuschlafen.

Journal Sonntag, 5. Februar 2017 – WMDEDGT

Montag, 6. Februar 2017

Am 5. des Monats will Frau Brüllen wissen: Was machst du eigentlich den ganzen Tag? (WMDEDGT) Und weil heute keine Arbeit drin ist, darf ich das erzählen.

Um sechs nach unruhiger Nacht aufgewacht. Ungewöhnlicherweise war es Herr Kaltmamsell gewesen, der mitten in der Nacht nicht mehr hatte einschlafen können. Er war in sein Bett umgezogen, um mich mit seinem Wachsein nicht zu stören, doch in den Morgenstunden hielten auch mich Sorgenkreisel von richtigem Schlaf ab.

Milchkaffee für uns beide gemacht, währenddessen mein Bett abgezogen und damit und ein paar anderen weißen Schmutzwäschestücken die Waschmaschine gefüllt.

Gebloggt, dabei Kaffee getrunken und zwei Gläser Wasser. Vor dem Fenster drei Eichhörnchen um die Kastanien turnen sehen, Twitter hinterhergelesen. Gequietscht und gelacht über Melissa Mccarthy als Sean Spicer in Saturday Night Live.

https://youtu.be/UdbwKeKPUdo

(Eine bessere Version gibt es bei der New York Times, aber halt nicht für Deutsche.)

Waschmaschine ausgeräumt, ein Drittel des Inhalts in den Trockner geschoben, ein Drittel auf dem Wäscheständer aufgehängt, für das letzte Drittel Herrn Kaltmamsell mit Trockner-Instruktionen versorgt.

Sportrucksack gepackt, Teile der Sportkleidung bereits angezogen (Sportunterwäsche, -socken, -oberteil), mich Fahrrad-fertig gemacht; es war mild genug für Wollhandschuhe, die Ski-Fäustlinge brauche ich hoffentlich dieses Saison nicht mehr. Zum Sport an den Ostbahnhof geradelt. Eine grüne Ampelwelle brachte mich aus der Puste, weil ich vor dem Gebsattelstraßenberg keine Pause hatte.

Für die halbe Stunde Krafttraining in Kleingruppe hatte die Vorturnerin Zirkeltraining aufgebaut. Und sie hatte sich ein wenig auf das Durchschnittsalter der sechs Beteiligten eingestellt, die Woche zuvor war immer wieder eine mit “das kann ich nicht mehr” ausgestiegen (Knie, Kreuz). Ich mache mir immer wieder Gedanken, ob die Sportausbildung heutzutage etwas mehr den demografischen Wandel einkalkulieren sollte. Oder auch nur die Vielfalt an Körperformen – das frage ich mich bei so mancher Dehnübung, die mit viel Oberweite oder viel Bauch physikalisch unmöglich ist. Eine ideale Vorturnerin hätte dafür Alternativen im Angebot. Das Zirkeltraining machte viel Spaß – ich bilde mir ein, dass ich es auch zu Schulsportzeiten mochte, weil es etwas von Spiel hatte.

Eine Stunde Step-Aerobic. Wieder war der Saal ziemlich leer. Der Trainer, der im Herbst aufgehört hat, war sehr beliebt gewesen. Er hatte nicht nur souverän interessante und spaßige Choreografien aus dem Ärmel geschüttelt, sondern vor allem Spaß an der Bewegung und Humor ausgestrahlt (dass seine Figur mich an die von John Belushi in Blues Brothers erinnerte, hatte mich ohnehin zum Fan auf den ersten Blick gemacht). Seine Nachfolgerin ist durchaus gut, aber halt offensichtlich niemand, auf den man sich so freut, dass man am Sonntagvormittag einen widerstrebenden Arsch hoch kriegt.

Zügiges Duschen, Cremen, Haaretrocknen, Anziehen, Heimradeln: Ich hatte mich fürs Mittagessen verantwortlich erklärt (Herr Kaltmamsell hatte ein heftiges Korrekturwochenende). Ausnahmsweise gab es schon mittags warmes Essen, damit wir am späten Nachmittag ins Kino gehen konnten statt zu kochen. Ich verarbeitete alle verbliebenen Rüben aus dem Ernteanteil (Steckrüben, Pastinaken, Rote Bete, Kartoffeln) zu Ofengemüse, serviert mit Kräuterquark. Bis zum Servieren überbrückte ich den Hunger mit Jamón-Schnipseln und den Brokkoliresten vom Vorabend. Die Bettwäsche war mittlerweile trocken, ich überzog mein Bett damit.

Vögelchen auf dem Balkon beobachtet: Amseln, Kohl- und Blaumeisen. Als Herr Kaltmamsell rief: “Taubenalarm!”, versuchte ich ihn mit einem Hinweis auf das schillernde Gefieder für das Tier einzunehmen: “Eine Moiré-Taube!” Er: “Ja, wie eine Öllache.”

Während Herr Kaltmamsell die Wohnung mit dem Duft kochender Orangenmarmelade erfüllte, meldete ich weitere Blogposts an VG Wort. Noch ein Stündchen Wochenendzeitung gelesen, bevor wir die U-Bahn ins Kino nahmen (die Wochen vor der Oscarverleihung sind immer meine Kinowochen). Wir sahen Hidden Figures: Ein konventionell erzähltes Biopic, aber die Geschichte ist so interessant, dass mehr filmerischer Vordergrund wahrscheinlich gestört hätte. Und es war so viel Mathematik drin, von der ich keinen Piepston verstand, dass ich die Sachseite ernst nehmen konnte. Schauspielerinnen und Schauspieler durch die Bank gut, über die Ungereimtheiten in der Darstellung von Rassismus und Segregation konnte ich hinwegsehen: Ein Abteilungsleiter kann im Handstreich die Klo-Segregation auf einem ganzen Firmengelände aufheben, ohne dass er Wind von vorn bekommt? Und in welcher konstanten existenziellen Bedrohung von Weißen, vor allem der Polizei, Farbige damals lebten, wurde nur in der Eingangszene kurz angerissen. Spannender Film, Empfehlung.

Daheim gab es als Abendbrot aufgetaute Bagels mit Frischkäse, Lachs und Ernteanteil-Kresse, danach reichlich Süßigkeiten. Dazu lief im Fernsehen Ein süßer Fratz – Audrey Hepburn ist einfach zum Niederknien. Und ich entwickelte mit Glücksei-Unterstützung eine Generation Pokémon.

Vor Zähneputzen und Zahnseideln machte ich die Wohnung Putzmann-fertig: Herumliegendes Papier einsortieren (zum Teil), Sets und Servietten vom Esstisch verräumen, Töpfe und Bleche abspülen.

Im Bett verplöppelte ich mir die Ohren dann doch mit Wachs: Mindestens zwei Krähen diskutierten draußen sehr laut.

Journal Samstag, 4. Februar 2017 – Noch zu klein zum Schlachten

Sonntag, 5. Februar 2017

Der Newsletter des Ukulele Orchestra of Great Britain informierte mich über einen Konzerntermin in München im Februrar (Selbstbeschreibung: “The Ukulele Orchestra of Great Britain is a group of all-singing, all-strumming Ukulele players, using instruments bought with loose change, which believes that all genres of music are available for reinterpretation, as long as they are played on the Ukulele.”) Auch Herr Kaltmamsell hatte Lust darauf (möglicherweise sind die Ukes die einzigen Musiker, in deren Konzerte wir gehen), ich besorgte Karten.

Für den unwahrscheinlichen Fall, dass sie das Ukulele Orchestra of Great Britain nicht kennen: Dies ist ein guter Einstieg.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/FF0VaBxb27w

Dass am 2. Februar World Ukulele Day war, wussten Sie vermutlich auch nicht.

§

Bereits in Laufkleidung ging ich Einkaufen auf dem Klenzemarkt. Geplant war ein Bratgockel, doch als ich am Stand des Konradhofs danach fragte, wurde mir beschieden: “Die sind noch zum klein zum Schlachten.” Oh, dann lassen wir sie auf jeden Fall noch ordentlich wachsen. Ich nahm statt dessen zwei Putenunterkeulen mit (hatte ich als Studentin wegen ihres geringen Preises für mich entdeckt, man muss sich halt beim Essen durch die vielen Sehnenstränge kämpfen).

Zum Laufen nahm ich die U-Bahn zum Odeonsplatz – die blöderweise auch die zum Fußballstadion ist. Als eine Gruppe Fußballfans beim Einsteigen plötzlich in Gebrüll ausbrach, erschrak ich so, dass ich zurückbrüllte.

Hin lief ich auf der Kanalseite der Isar, also östlich, auf dem Damm. Das ging sehr gut und nahezu matschfrei. Für den Rückweg kreuzte ich den Fluss – ein Fehler.

Ich lief immer wieder mitten in der Wiese, wo es noch am wenigsten matschig war. Übers Föhringer Wehr kehrte ich zurück auf die Ostseite.

§

Am Nachmittag ein paar Stunden Blogposts bei der VG Wort gemeldet. Vor ein paar Wochen hatte ich die Nachricht bekommen, dass einige der mit Zählpixel versehenen Posts 2016 die Mindestzugriffszahl erreicht hätten, nun muss ich deren Überschrift und Inhalt ja noch in ein ein Online-Formular kopieren. Für jeden ein einzelner Eintrag. Wird mich noch einige Stunden mehr beschäftigen, lohnt sich aber finanziell.

Daneben bereitete ich Putenkeulen (mit Rosmarin und Knoblauch in Alufolie) und Brokkoli fürs Abendbrot zu.

§

Nicht nur die Entwicklung der Küchenkultur sagt viel über die Gesellschaft aus, auch deren Inszenierung für Fotos. Hier ein ausführliches Interview mit jemandem, der die Rezeptfotografie mitbegründet hat:
“Pioniere der Food-Fotografie: Christian Teubner”.

WU: Dann kann man sagen, dass die Zeitschriften die Food-Fotografie maßgeblich voran getrieben haben und nicht, wie man vermuten könnte, die Kochbuchverlage.

CT: Ja. Aber das lag vor allem daran, dass sich das die Buchverlage auch noch gar nicht leisten konnten. Die Frage der Illustration war eine Frage der Druckkosten. Damals wurde das Meiste noch in schwarz-weiss gedruckt. Die „Hör Zu“ war eine der ersten Zeitschriften, die damals begonnen hatten, die Rezept-Seite mit entsprechendem Bild farbig zu drucken: Und zwar als einzige Seite, neben der für die Mode!

via @ankegroner