Archiv für Mai 2017

Journal Dienstag, 16. Mai 2017 – Positive Überraschung

Mittwoch, 17. Mai 2017

Von einer Brüllamsel aus unruhigem Schlaf gerissen worden.
Da zeitlich keine Stunde Langhanteltraining in Gruppe drin war, trieb ich eine halbe Stunde Gymnastik mit Kelli und Daniel vor dem Fernseher.

Frühling, aber so richtig.

Positive Überraschung in der Arbeit, abends fix und fertig heimgekommen. Herr Kaltmamsell kochte: Eine ausgezeichnete Suppe aus den Ernteanteil-Pastinaken aus der Lameng, als gelungenes Experiment Halumi-Piccata (der Mann kann wirklich kochen). Ich hatte auf dem Heimweg große Berge Supermarkt-Schokolade besorgt, Teile davon waren Nachtisch. Früh ins Bett, beim Herablassen der Rollläden war der Himmel noch nicht ganz dunkel.

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Fräulein Read On hat mit dem Zündfunk über ihre Aufklärungsklasse für Flüchtlinge gesprochen – und die Reaktionen darauf:
“Let’s talk about sex”.

Journal Montag, 15. Mai 2017 – Frühlingsgewitter

Dienstag, 16. Mai 2017

Ich möchte mich entschuldigen bei den Wörtern. Wie ich sie fast ausschließlich dazu zwinge, mir als Werkzeug zu dienen. Mit ihnen um Funktion ringe. Sie nicht wachsen und blühen lasse, ihnen keine Zartheit zugestehe, keine vorsichtigen Triebe. Keinen Hauch, nur Ruf.
Wie ich Sprache zum Rohstoff reduziere, den ich schnitze, meißle, feile, abschließend schmirgle. Sie so selten fließen lasse, glitzern und glucksen, selbst werden lasse.

Es ist schon gut so, dass ich in allererster Linie Leserin bin und nicht Autorin.

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Morgens nochmal mit den Eindrücken von Thomas Knüwer den Flausch der re:publica aufgebürstet, um für eine Welt ganz ohne gerüstet zu sein:
“re:publica 2017: Wir stadtplanenden Tiefseeforscher #rp17”.

Durch Frühlingsmorgen in die Arbeit spaziert. Mittags rote Paprika und ein Stück davonfließend reifer Käse. Nach einem heftigen Regenguss trocken heim gekommen.

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Die Wortschöpfung “Glückskeksfeminismus” von Miriam Meckel ist ausgesprochen großartig und sehr nützlich.
“Weil wir im Jahr 2017 leben”.

Journal Sonntag, 14. Mai 2017 – Elterntag

Montag, 15. Mai 2017

Mittagseinladung bei Schwiegers in Augsburg, die ich sehr gern annahm, zumal auch meine Eltern als Gäste angekündigt waren.

Ein Aperol Spritz auf leeren Magen machte Laune, dann gab es Spargel-Erdbeer-Salat, Kalbsragout mit Kartoffelgratin und zum Nachtisch Himbeercreme, später noch Erdbeertorte. Draußen war ein milder Maientag mit gelegentlichen Gewittern.

Wir tauschten Updates des Befindens, die Runde mussten sich lange und detaillierte Trump-Rants von mir anhören (die beste Überschrift stammt von Christian Stöcker: “Der Kaiser ist nackt, und es ist ihm egal.”).

Dazwischen neben Papa auf dem Sofa sitzend auf einen Fernsehbildschirm geguckt, der ein Formel-1-Rennen zeigte. Die Faszination blieb mir auch diesmal verschlossen.

Zurück daheim in die Arbeits-E-Mails geschaut, um in der Nacht zum ersten Arbeitstag nach Urlaub eventuell besser schlafen zu können. Zumindest wusste ich dadurch, dass ich Sport am Dienstagmorgen wegen eines Frühtermins schon mal knicken kann.

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Die Wahllondonerin Christiane vom Behindertenparkplatz hatte etwas bei der Bundesbank zu erledigen, was mal wieder erklärt, warum sie sich in England so viel leichter bewegen kann:
“Wer den Pfennig nicht ehrt…”

Während ich wartete, fiel mir ein, wie absurd das alles ist. Der Finanzminister Deutschlands käme in seinem eigenen Land nicht einmal in der Bundesbank klar.

Am anderen Ender der Spannbreite: Lillian Ikulumet vergleicht das Leben von Behinderten in Deutschland aus ihrer Außensicht mit dem in ihrem Geburtsland Uganda.
“Wo es kein Wort für ‘Barrierefreiheit’ gibt”.

(Und wer daraus das Argument zieht, dann müssten Behinderte in Deutschland ja wohl noch froh sein, kriegt Haue.)

Journal Samstag, 13. Mai 2017 – Meine Art Gemütlichkeit

Sonntag, 14. Mai 2017

Vormittags zum nächst gelegenen Sportstudio spaziert, um eine Runde mit Blick auf eine der vielen Hauptbahnhof-Baustellen Crosstrainer zu strampeln und an einer Stunde Gymnastik teilzunehmen (nein, Seitstütz mag meine LWS sowas von überhaupt nicht). Während dessen ging ein Wolkenbruch nieder, auf dem Heimweg wich ich in milder Luft und Sonnenschein Pfützen aus.

Obst- und Gemüseeinkäufe im Süpermarket, als mittägliches Frühstück gab es Radieserln aus Ernteanteil und eine große Schüssel Erdbeeren mit Sahne.

Da ich eine wohlige Müdigkeit spürte, schlief ich ausgiebig Siesta (interessanterweise kann ich dabei Schultern-schonend auf dem Rücken liegen, für Nachtschlaf nie). Bügeln des mittelgroßen Haufens Wäsche, den die Waschmaschine seit meiner Rückkehr aus Berlin produziert hat, Zeitunglesen auf dem Balkon – die Vögelchen, die den Meisenknödel und seine herabgefallenen Körner frequentieren, müssen sich erst noch daran gewöhnen, dass da noch jemand ist (beeindruckende 180-Grad-Wendemanöver von anfliegenden Meisen kurz vor Knödel).

Fürs Nachtmahl durfte mich endlich wieder Herr Kaltmamsell bekochen: Er bereitete einen Rinderbraten (Schorrippe) mit Wurzelgemüse aus Ernteanteil, dazu eine Meerrettichcreme, sehr köstlich.

Dazu gab es Film: Seit Tagen weist mich Herr Kaltmamsell darauf hin, dass wir unbedingt Die Abenteuer des Rabbi Jacob ansehen müssen, einen Louis de Funes-Film von 1973. Ich fürchtete grässliche Schmierenkomödie, doch Herr Kaltmamsell hatte mir da tatsächlich ein bemerkenswertes Fundstück serviert: So weit ich das als Außenstehende beurteilen kann, speisen sich der (brachiale, wie sind schließlich bei Louis de Funes) Slapstick und die Komik keineswegs aus Rassismus, im Gegenteil kann man sich gerade das Fehlen von hässlichen Juden- und Islam-Stereotypen heute gar nicht mehr vorstellen. Sogar das Jiddisch klang authentisch.
Hier gibt’s den ganzen Film.

Anschließend der Twitter-Software dabei zugesehen, wie sie knirschend und ruckelnd die zahllosen Tweets zum gestrigen Grand Prix de la Chanson ausfilterte und mir dennoch noch irgendwas anzeigte.

Journal Freitag, 12. Mai 2017 – #12von12

Samstag, 13. Mai 2017

Was 12 von 12 ist.

1 – Rollladen

Dieser Anblick beim Aufwachen ist ein Symptom für Nichtwinter: Das Morgenlicht setzt so früh ein, dass es mich wecken würde, wenn ich nicht auch den Rollladen der Balkontür herabließe.

2 – Schlumpfklamotten

Hauskleidung bis zum ernsthaften Angehen des Tages.

3 – Südfriedhof

Raus zum Isarlauf. Jede Durchquerung des Südfriedhofs zeigt mir neue Ansichten, Blickwinkel, neues Licht. (Und Düfte, zu diesem Bild müssen Sie sich Schwaden von Bärlauchgeruch vorstellen.)

4 – Südfriedhof

Der Flieder holt nach dem Schnee vor zwei Wochen die Blüte nach.

5 – Westermühlbach

Kehrwagenparade am Westermühlbach

6 – Isarlauf

Sonne und wundervolle Luft an der Isar

7 – Isarlauf

Die Großhesseloher Brücke, im hiesigen Volksmund auch Selbstmörderbrücke.

8 – Isarlauf

9 – Isarlauf

Unter der Brudermühlbrücke entdeckte ich neue Sprühkunst.

Zu Mittag machte ich dem daheim arbeitenden Herrn Kaltmamsell und mir eine Schüssel Salat aus Ernteanteil und eine Schüssel Erdbeeren mit Sahne.

10 – Jakobsplatz

11 – Jakobsplatz

Spontane Verabredung auf dem Jakobsplatz mit einer durchreisenden Bloggerin aus Dublin, große Freude über das persönliche Kennenlernen.

Ihre irische Uhr (oben im Bild) führte dazu, dass ich zur nächsten, lang vereinbarten Verabredung zu spät kam: Als Uhrlose linse ich ja immer auf anderer Leut’ Armbanduhren, so auch auf die des Besuchs. Und kalkulierte nicht ein, dass sie noch auf irische Zeit lautete. Als ich den Irrtum bemerkte, musste ich mich sehr beeilen.

12 – Marani

Um nämlich radelnd hierhin zu gelangen, zum georgischen Essen im Marani. Es gab sehr feine Speisen, gute Nachrichten und Einblicke in weitere fremde Welten.

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Großartige neue Welt: Im Techniktagebuch wird mit Australien telefoniert. Ohne Sorge um Kosten (die älteren erinnern sich).

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Einerseits passieren gute Geschichten ja nur Menschen, die sie auch erzählen können. Aber es gibt schon Leute, denen besonders viele gute Geschichten passieren. Und die haben eigentlich alle die Pflicht zu bloggen. Wie es vorbildlich novemberregen tut:
“Im Hotel”.

(Oh, wie sehr ich Lyssas Lounge vermisse. Zwar bekam ich am Mittwoch ein paar von diesen haarsträubenden Geschichten persönlich erzählt – z.B. was passieren kann, wenn man denselben Nachnamen trägt wie der Pilot des Flugzeugs, in dem man gerade sitzt – aber verbloggt sind sie halt nochmal so schön.)

Journal Donnerstag, 11. Mai 2017 – Anschwimmen

Freitag, 12. Mai 2017

Genuss eines weiteren Urlaubstags, und dann schien auch noch die Sonne.
Ich genoss, dass ich wieder wie gewohnt nach dem Aufstehen in weiche Schlumpfklamotten schlüpfen konnte und den ernsthaften Tagesanfang mit Duschen und Anziehen steifer Draußenkleidung auf nach Kaffee, Bloggen, Internetlesen verschieben. Auch das ein Argument gegen Hotelübernachtung und für Ferienwohnung.

Bei meiner Sportplanung ließ ich mich von der Wettervorhersage leiten: Gut 20 Grad Höchsttemperaturen kurz nach Mittag? Da konnte ich doch ins Schyrenbad zum ersten Draußenschwumm des Jahres antreten. Ich ließ mir also von Herrn Kaltmamsell vor seinem Aufbruch in die Arbeit den Rücken mit Sonnenmilch eincremen, entwickelte Pokémon (Level 34!) und zog meine Einkaufsrunde vor – um den Temperaturen genug Zeit zum Steigen zu geben.

Für meinem Spaziergang zum Schyrenbad waren mir dann tatsächlich kurze Ärmel warm genug.

Durch den Südfriedhof.

Ans glitzernde Schwimmbecken.
Es schwamm sich gut im fast leeren Becken, auf den dritten tausend Metern zickte allerdings wieder der Schultergürtel. Vielleicht doch nach einem Rückenkraulkurs recherchieren.

Sport macht schön.

Wacholderdrosselfamilie in den Isarauen, wo ich sie oft beim Laufen höre.

Auf dem Heimweg holte ich mir noch heimische Bioerdbeeren, mit Bananen, Sahnequark und Joghurt wurden sie mein Frühstück. Um halb vier.

Die Süddeutsche des Tages las ich auf dem Balkon, abends machte ich mir Spargel satt (Herr Kaltmamsell war aushäusig.)

Wie, “dazu”?

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Morgens schrieb mich die Stadt München an und fragte ob ich zur Bundestagswahl im September wieder als Wahlhelferin verfügbar sei. Bin ich, kann ich als Erlebnis sehr empfehlen.

Wenn Sie auch möchten: Hier können Sie sich anmelden.

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Wie werden Jungtiere im Zoo gewogen? Auf Twitter gibt es eine kleine Fotoreihe (die Eule! der Panda!).

Journal Mittwoch, 10. Mai 2017 – re:publica 2017 Tag 3

Donnerstag, 11. Mai 2017

Gleich um 10 Uhr gab es keine Session, die mich wirklich interessierte, also ließ ich mir Zeit mit Bloggen, Packen, Kaffeetrinken und Auschecken aus dem Hotel.

Dass ich eine zerschleißende Jeans im Hotel wegwerfen würde, war geplant gewesen (planen sie auch so gerne den letzten Einsatz eines Kleidungsstücks im Urlaub, um es dort wegzuwerfen?), dass sich meine weißen und völlig durchgelaufenen Schnürschuhe ebenfalls auflösen würden, machte auch sie zu Müll, den ich nicht wieder mit nach Hause nahm.

Ich rollkofferte über den Gleisdreieck-Park zur Station, sah unterwegs Kaninchen.

Ein wenig als Katze auf dem Schrank rumgeguckt, dabei das mitgebrachte riesige Schweineohr (mit Schokolade!) gefrühstückt. Mit anderen Katzen gekuschelt.

Mit den nächsten beiden Sessions hakte ich zwei Vorhaben auf einmal ab: Ich setzte mich zu einem Thema, das mich eigentlich überhaupt nicht interessierte (gehört zu meinen Pflichtpunkten auf er re:publica zwengs Horizonterweiterung), und ich hatte damit einen Sitz sicher für die anschließende Session mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière.

Und wie immer erwies sich das uninteressante Thema als höchst spannend: Drohnen. Der Begriff wurde nicht trennscharf verwendet. In ihrem Vortrag “From killing to healing: A tool called ‘Drone'” sprach Ingenieurin Samira Hayat von Quadrokoptern. Sie gab zu, dass sie selbst ihrem eigenen Vater die Ängste vor dieser Technik nicht nehmen kann, plädierte aber leidenschaftlich für optimistischen Umgang damit und für Forschung an der Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine.

Pratap Chatterjee und Lisa Ling stellten anschließend die Gefahr und Unzuverlässigkeit echter Drohnen dar: “DRONE, Inc.: Marketing the Illusion of Precision Warfare”. Eine ziemlich gruslige Innensicht.

Und dann füllte sich der riesige Saal 2 sehr und sehr schnell: Thomas de Maizière war zum netzpolitischen Dialog gekommen. Ich fand seine Ausführungen durchaus interessant, doch sie und auch die anschließende Diskussion mit Markus Beckedahl und Constanze Kurz (mit streng formalisierten Redezeiten) setzten viel Vorwissen darum voraus, was netzpolitisch in den vergangenen Jahren passiert ist und debattiert wurde; einige Schlagworte gingen völlig an mir vorbei. Bei Spiegel online steht eine gute Zusammenfassung. Ich fand bemerkenswert, dass sehr respektvoll und sachlich miteinander umgegangen wurde, dem Ausreißer in Gestalt des Vorsitzenden der Piratenpartei entzog man wie angekündigt (“nur wirkliche Fragen”) das Wort  und er wurde ausgebuht.

Es folgte mein Highlight des Tages: Zwei Stunden Gespräch und Kuscheln mit meinem Internet von vor 15 Jahren. Ich überzeugte mich davon, dass man in USA gut zu Lyssa ist und dass sie weiterhin das Web rockt. Und mir wurde klar, dass ich dringend ein Freiburgwochenende planen muss.

Danach schloss ich für mich das re:publica-Programm ab, weil ich wie Stage 8 over capacity war. Noch ein paar Internetmenschen getroffen, den Trupp des Techniktagebuchs zu seiner Session begleitet, ab zum Flughafen.

Im Flugzeug las ich so schnell wie möglich Krachts Faserland aus. Nach dieser grauenvoll peinlichen Lektüre musste ich mir schnell das Lesehirn auswaschen und griff sofort zum nächsten Roman – was ich sonst nie mache. Selbst die triviale Unterhaltung von Eduardo Mendozas Katzenkrieg mit etwas ungelenker Sprache und belehrender Informationsvermittlung war ein Erleichterung nach Generation GolfFaserland.

Sonstige re:publica-Schnipsel:

– Die Ausstellungsfläche gefiel mir: Mit wenigen Ausnahmen waren die Stände im Veranstaltungslook gestaltet und sahen in erster Linie nach re:publica aus, es gab nur wenige Firmenstände.

– Der Stil der Männerbärte entwickelt sich Richtung altassyrisch.

– PokémonGo spielte keine explizite Rolle: Zwar wiesen sowohl Sascha Lobo als auch Gunter Dück in ihren Präsentationen nebenbei darauf hin, dass sie spielen (ich teile mir mit Lobo ein Level), doch es gab keine Session zum Thema. (Die Station war auch nicht ergiebig.)

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Wie der Deutschlandfunk ein Zitat von Andrea Nahles auf der dienstäglichen re:publica ins Gegenteil verzerrte und damit einen Wutsturm auslöste:
“DLF entstellt Andrea Nahles’ Position zum Grundeinkommen”.

Ich bin leider sicher, dass das entstellte Zitat im Gedächtnis bleiben wird, nicht die tatsächliche Aussage. Allerdings hat Niggi recht mit seiner Beobachtung, dass Nahles’ Argumentation stellenweise wirr und schwer nachvollziehbar war. So sehr ich erleichtert darüber war, dass die Bundesarbeitsministerin nicht steril und unangreifbar sprach (wozu Politikerinnen und Politiker ja genau wegen des Risikos neigen, manipuliert zitiert zu werden), manches war halt bis zur Missverständlichkeit flapsig.