An Kalorien glaube ich nicht
Mittwoch, 7. Juni 2017 um 10:27Schon seit einiger Zeit spitze ich scherzhaft zu: Ich glaube nicht an Kalorien.
Die Überlegung dahinter: Um den Kaloriengehalt zu bestimmen, verbrennt man eine genau abgewogene Probe des Lebensmittels und misst die Wärmemenge, die dabei frei wird. Eine genauere Beschreibung, wie dieser buchstäbliche Brennwert ermittelt wird, findet sich zum Beispiel in diesem Artikel auf RP online.
Ernsthaft? Feuer in einem Metallgefäß soll irgendwas zu tun haben mit dem menschlichen Stoffwechsel?
Und dann erklärte mir einmal zu oft ein Diät-Neuling (Konvertiten sind bekanntlich die schlimmsten), Abnehmen sei doch ganz einfach auf der Basis der Rechnung:
Energie rein kleiner Energie raus
Damals wusste ich nämlich bereits genug über Motoren, dass ich mit dem Konzept Wirkungsgrad vertraut war. Der unterscheidet sich je nach Motorart massiv – und beim menschlichen Stoffwechsel, der deutlich komplexer ist als jeder Verbrennungsmotor, soll der bei jedem und jeder gleich sein?
Das wollte ich jetzt aber doch mal genauer wissen – ich fürchtete nämlich, dass ich dem für Laien typischen Denkfehler aufsitze, indem ich Wortbedeutung (BRENNwert) überschätze. Doch siehe da, mein Unglauben hat gute Gründe.
Ziehen wir erst mal die Begrifflichkeit gerade. Eigentlich wird schon seit 1948 in Joule gemessen (kJ, also Kilojoule ist das, was in Klammern hinter der Kilokalorienangabe auf Lebensmittelpackungen steht). Damit werden physiologischer und thermischer Brennwert gemessen, für Lebensmittel und Ernährung interessant könnte eh nur der physiologische Brennwert sein. Wie nützlich aber ist eine Größe, die durch das Verbrennen in einem Metallgefäß ermittelt wird, im Zusammenhang mit menschlicher Ernährung? Die ZEIT meinte 2014:
Spätestens seit den Sechzigern ist selbst Forschern klar, dass Kalorien sich nicht einfach zählen lassen wie Murmeln und dass es vermutlich eher auf die Art der Nahrung ankommt als auf die bloße Kalorienmenge.
Obwohl das Atwater-System im Lauf der Zeit weiterentwickelt wurde, kritisieren Wissenschaftler es zunehmend als ungenau. Sie sehen seinen entscheidenden Mangel darin, dass es den Energiegehalt eines Lebensmittels vor dem Verzehr beschreibt, also weitgehend unabhängig davon, was im Körper damit passiert, wenn man es gegessen hat. Folgerichtig plädieren die Experten dafür, stattdessen den Energiegehalt eines Lebensmittels immer im Zusammenhang damit auszudrücken, wie es der Körper verarbeitet.
Oder Spektrum der Wissenschaft in einer Buchbesprechung von 1995, die auf Erkenntnisse der pharmakologischen Wissenschaften verweist:
Minimale Änderungen in der Zusammensetzung von Arzneimitteln vermögen große Verschiebungen in der Resorption, Verteilung und Ausscheidung von Wirkstoffen hervorzurufen und deren physiologisch-klinische Wirkung maßgeblich zu beeinflussen. Das müßte auch für Inhaltsstoffe aus Lebensmitteln und ganzen Mahlzeiten gelten.
Der Wikipedia-Eintrag zu pysiologischem Brennwert fasst zusammen:
Schon der physikalische Brennwert für ein bestimmtes Lebensmittel fällt im Einzelfall höchst unterschiedlich aus, je nach Anbaubedingungen, Verarbeitung etc. Die nach dem Verzehr über die Verdauung ausgeschiedenen Anteile sind nur geschätzt und variieren stark von Person zu Person. Der Rest wird im Körper nicht verbrannt, sondern auf vielfältigste Weise (oft unter Energiefreigabe) abgebaut und umgekehrt (unter Energieeinsatz) wieder neu zusammengesetzt, teils auch mit dem Urin ausgeschieden. Erhebliche Teile der Nahrung werden überhaupt nicht energetisch verwertet, sondern als Bausteine im Körper verwendet.
Einordnung von Lebensmitteln nach Kalorien ist also ein mindestens so großer Blödsinn wie Gesundheitsprognosen nach BMI.
Aber nehmen wir uns doch einfach die Verbrauchsseite vor. Viel einfacher müsste es doch sein, den Energieverbrauch bei Bewegung zu berechnen. Wenn ein Joule die Energie ist, die man zum Beispiel braucht, “um einen Körper mit der Masse 0,102 (…) Kilogramm um einen Meter anzuheben (1 Newtonmeter) oder eine Sekunde lang die Leistung von einem Watt – das ist ungefähr die Leistung des menschlichen Herzens – zu erbringen (1 Wattsekunde)”, dürfte es doch keine Zauberei sein zu berechnen, wie viele Joule notwendig sind, 75 Kilo Mensch aufs Matterhorn zu bringen. Bewegungstracker sollten also ziemlich verlässlich sein in ihren Angaben des Energieverbrauchs.
Reingefallen: Die drei Tracker, die ich zeitweise parallel laufen hatte (Zähler an Crosstrainer/Rudergerät/Laufband, Mi Band, Move App), wichen in ihren Verbrauchsangaben bis zu 100 Prozent voneinander ab. Wenn schon diese Größe, die weit weniger vom ungeheuer komplexen menschlichen Stoffwechsel abhängt, nicht halbwegs sicher zu berechnen ist – wie wahrscheinlich ist es dann, dass die tatsächliche Energieausbeute messbar ist, die ein konkreter Körper aus einem Lebensmittel rausholt?
26 Kommentare zu „An Kalorien glaube ich nicht“
Sie möchten gerne einen Kommentar hinterlassen, scheuen aber die Mühe einer Formulierung? Dann nutzen Sie doch den KOMMENTAROMAT! Ein Klick auf einen der Buttons unten trägt automatisch die gewählte Reaktion in das Kommentarfeld ein, Sternchen darüber und darunter kennzeichnen den Text als KOMMENTAROMAT-generiert. Sie müssen nur noch die Pflichtfelder "Name" und "E-Mail" ausfüllen und den Kommentar abschicken.
7. Juni 2017 um 10:36
Kalorien sind m.M. individuell. ich habe mein gewicht zwar auch mal in einer anderthalb jahre langen hau-ruck-aktion um 18% gesenkt mit der formel weniger energie rein als raus, aber ich glaube trotzdem, dass ich mit dieser aktion nur schnell genug wieder am set-point war, als das mein körper zeit gehabt hätte, es sich in den höheren sphären bequem zu machen.
was sich mir viel eher erschließt, ist die vorbestimmtheit. ich könnte mir vorstellen, dass innerhalb von familien der brennwert von lebensmitteln vergleichbar ist. seit ich bilder aus den 20ern meiner großmutter kenne, weiß ich, dass ich bei der familienfigur angekommen bin. das einzige, was mir noch bleibt, ist das umwandeln von fettmasse in muskelmasse (und zum jahresende wieder zurück). aber nicht alles und nicht überall gleich.
bei der haardichte von männern wissen wir seit langem, dass das familiär bedingt ist. warum verstehen wir nicht auch, dass der oberschenkelumfang bei frauen ebenfalls in der familie liegt?
7. Juni 2017 um 10:40
******************KOMMENTAROMAT**********************
Genau!
*******************************************************
7. Juni 2017 um 11:03
Ich glaube auch, dass da sehr viel anlagebedingt ist – die “guten Futterverwerter” und die “schlechten Futterverwerter” halt – und viele guten Futterverwerter trifft jetzt die evolutionäre Harke, weil sie billig und ständig Zugang zu hochkalorischem Zeug haben, ohne dass sie das Zeug durch ausreichend Bewegung abbauen könnten, und ohne dass sie durch kulturelle Einflüsse darauf getrimmt wären, mit dem Überfluss sinnvoll umzugehen.
Ich war mal mit meiner besten Freundin auf Urlaub – wir aßen exakt das gleiche Zeug, wir bewegten uns gleich viel – am Ende der Woche war ich 1,5 kg schwerer, sie 1,5 kg leichter…)
Zu calories in/out – das ist mittlerweile ja doch Standardwissen, dass das ein bisschen unterkomplex ist…zu Gewicht(sproblemen) tragen u.a. bei
– Hormone (Insulin, Leptin, Ghrelin)
– Mikrobiom
– Schlafdauer
– Stress
– “Kultur” (wir haben als Kultur einfach noch keinen gedeihlichen Umgang mit dem Überfluss entwickelt – oder Regeln dazu sind verlorengegangen)
– Politik (es war z.B. eine politische Entscheidung in den 60er Jahren, Fett statt Zucker als “Bösewicht” zu brandmarken…Wissenschaftler selbst waren sich nicht so sicher…)
-Wirtschaft (Zucker ist halt billig, macht haltbar, verleitet zum Essen und ist deshalb überall vom Salatdressing bis zum Brot reichlich vorhanden)
…usw. usf.
Calories in/calories out lässt einfach außer acht, durch was für eine komplexe Welt sich jeder täglich bewegt, und was für ein komplexes System der eigene Körper ist.
7. Juni 2017 um 11:36
******************KOMMENTAROMAT**********************
Gerne gelesen
*******************************************************
7. Juni 2017 um 11:45
Der für Laien typische Fehler besteht eigentlich darin, sich an einer 1. Näherung aufzuhängen und dann nicht weiterzudenken.
Die Ermittlung des physiologischen Brennwerts mit dem Bombenkalorimeter ist zunächst ein sinnvoller Ansatz. Hier entstehen Wasser und Kohlendioxid, wie eben im Körper bei der Nahrungsverwertung auch.
Die hier ermittelten Brennwerte können als halbswegs vernünftige 1. Näherung betrachtet werden und sind die einzigen Werte, die tatsächlich zuverlässig reproduzierbar sind.
Die gewonnene Energie bei der Nahrungsverwertung dient dem Unterhalt der Stoffwechselvorgänge, der große Rest der Wärmeerzeugung.
Und an diesem Punkt gibt es eben massive individuelle Unterschiede:
Männer und Frauen unterscheiden sich grundlegend im Grundumsatz (Energiebedarf bezogen auf Masse Körpergewicht).
Dicke und Dünne unterscheiden sich stark.
Junge und alte Menschen unterscheiden sich.
Wer Stoffwechselkrankheiten hat, kann stark abweichende Grundumsätze aufweisen.
Medikamente können ebenfalls erheblichen Einfluss haben.
Und natürlich die individuelle Bewegungsfreundlichkeit.
Mein Schwager frisst wie blöde und nimmt nicht zu, ich aber schon.
Das sind sicher noch nicht alle Punkte.
Der Mangel an Verständnis der grundlegenden physiologischen Stoffwechselvorgänge und eben auch der sehr großen Bandbreite, in der sie sich abspielen, rechtfertigt nicht die Verdammung des ursprünglichen Konzepts – eben das der 1. Näherung.
“Einordnung von Lebensmitteln nach Kalorien ist also ein mindestens so großer Blödsinn wie Gesundheitsprognosen nach BMI.”
Hier gilt dasselbe Prinzip: Der BMI macht eine sehr grobe Aussage über Durchschnittsmenschen, mehr nicht. Das ist ein einfaches Verhältnis, das keinerlei individuelle Eigenschaften berücksichtigt. Eine 1. Näherung halt.
Die Physiologie der Ernährung ist doch etwas komplizierter, als es in der Tageszeitung steht.
7. Juni 2017 um 12:40
Bravo!
Das sind sehr konstruktive und intelligente Anmerkungen zu einem (einseitig) vieldiskutierten Phänomen.
7. Juni 2017 um 12:58
Ich schliesse mich vollumfänglich Kaltmamsell an.
Vielen Dank, wie Sie es wunderbarer Weise beschreiben und begründen.
7. Juni 2017 um 14:26
Ich weiss, es ist überspitzt gemeint, aber “an Kalorien glaube ich nicht” klingt für mich wie “an den Klimawandel glaube ich nicht”…
Für mich sind die (Kilo-)Kalorienangaben ein überraschend gut funktionierendes Hilfsmittel. Dass die Nährwertangaben für Lebensmittel lediglich Durchschnittswerte sind, ist ja bekannt. Eine gewisse Unschärfe gibt es hier also immer, auch wenn einen die so genau wirkenden Angaben zum Beispiel auf Lebensmittelpackungen vielleicht etwas anderes glauben lassen. Das gleiche gilt für Berechnungen des Kalorienverbrauchs bei Bewegung – und für den persönlichen “Grundumsatz” (wieviel Kalorien verbrauche ich, wenn ich komatös im Bett liege) sowieso.
Das ändert aber nichts an Tatsachen. Dass man zum Beispiel, wenn man ein Kilo Körperfett abbauen möchte (warum auch immer, darum soll es hier ja gar nicht gehen), 7000 kcal “einsparen” muss, konnte ich bei mir und auch bei anderen nachvollziehbar beobachten. Wenn das Ergebnis nicht passt, hat man vermutlich nicht sauber genug getrackt, oder der angenommene Grundumsatz stimmt nicht ganz. Die bereits erwähnte Unschärfe. Aber durch Protokollieren lassen sich solche Unschärfen ja auch nachjustieren. Und zum Tracken erwiesen sich die erwähnten Näherungs- bzw. Durchschnittswerte über einen längeren Zeitraum als überraschend präzise, selbst bei mir als insulinpflichtigen Diabetiker (abartig hohe Insulindosen, zumindest vor der Abnahme) mit behandelter Schilddrüsenunterfunktion. Faktoren wie Hormone, Medikamente o.ä. scheinen dem ersten Eindruck nach hier durchaus eine Rolle zu spielen, aber eine weitaus geringere als gerne vermutet wird.
7. Juni 2017 um 14:33
Tatsache bleibt aber, dass ein System, dem mehr zugeführt wird, als es verbraucht, diese Energie nicht einfach in Regenbögen verwandelt, sondern speichert.
Klar gibt es massenhaft Stellschrauben – vom Cortisollevel bis zum Körperfettanteil.
Ich zum Beispiel habe eigentlich die maximale “Zunahme-Arschkarte”: PCOS, sehr faule Schilddrüse und ich bin klein. Natürlich könnte ich mich jetzt darauf zurückziehen und es als schicksalsgegeben betrachten, in unserer Umgebung der maximalen Verfügbarkeit energiedichter Lebensmittel (verdammt leckerer energiedichter Lebensmittel!) eben aufzugehen. Ich wäre “ein Opfer der Umstände” (perfekter Name für einen Flugzeugträger, wie mein besseres Drittel immer sagt).
Und tatsächlich habe ich mich auf diesen Dingen ausgeruht. Und wurde – Wunder oh Wunder! – dick. Sehr, sehr dick.
Da ich aber keine Lust auf die damit einher gehende Insulinsensitivität (bekommt man schnell mit PCOS) hatte – Prädiabetes ist echt unschön – habe ich abgenommen.
Mit: Calories in < calories out.
Natürlich kann ich meinen Gesamtumsatz nicht mit absoluter Gewissheit bestimmen. Aber nur, weil ich nur eine Näherung habe (sagen wir mal: offenbar zu 80% korrekt, sonst hätte die Abnahme nicht funktioniert), gleich alles komplett in die Tonne treten? Das wäre doch das Kind sehr rigoros mit dem Bade ausgeschüttet.
Mittlerweile hält das Internet etliche Verbrauchsrechner bereit und man kann mit Tabellen auch selbst sehen, ab welcher Kalorienmenge man zunimmt. Mein Garmin-Fitnesstracker ist übrigens sehr, sehr korrekt. Der Verbrauchsrechner der Uni Hohenheim ist bizarr inkorrekt, außer man wäre gern kugelförmig.
Die Verteufelung von Kalorien kann ich also nicht nachvollziehen. Ich muss nicht alle Stoffwechselvorgänge durchschauen, um eine Tabelle zu erstellen, die mir nach ein, zwei Monaten sagt, wie viel ich zu mir nehmen kann, um zu- oder abzunehmen.
Und die Schwankungen durch Zyklus, Mikronährstoffe, Wassereinlagerungen, etc. rechnen sich mit einem längeren Messzeitraum immer weiter raus.
7. Juni 2017 um 14:43
Sie wissen aber schon, meine Damen und Herren, dass “Aber bei mir hat es funktioniert” kein Beweis ist?
(Das ist ja die Krux bei aller Ernährungsforschung: Wirklich wissenschaftliche Vorgehensweise lässt sich nicht mit den Menschenrechten vereinbaren.)
7. Juni 2017 um 15:03
Nunja, die persönliche Erfahrung mag anekdotisch sein, aber der Energieerhaltungssatz gilt, Unschärfen hin oder her, als einer der am Besten belegten Sätze in der Physik…
http://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2014/02/10/wunderdiaeten-co-die-physik-des-abnehmens/?all=1
https://www.youtube.com/watch?v=dyxov-oJuFo
7. Juni 2017 um 15:23
Der Grundfehler beim Messen des Kaloriengehalts von Lebensmitteln liegt doch einfach darin, daß überhaupt nicht berücksichtigt wird, ob das Zeug überhaupt vom Körper umgesetzt wird. Da werden thermische Kalorien gemessen und es wird dann daraus gefolgert, daß diese im Körper verfügbar sind. Dann kann ich mich recht sparsam ernähren, indem ich Heizöl trinke.
7. Juni 2017 um 15:30
Wollen wir ernsthaft bestreiten, dass 100g Karotten oder Salatgurke eine andere Energiedichte als 100g Lardo oder 100ml Olivenöl (natürlich bestes, natives, kalt gepresst) besitzen? Oder dass ein 100kg schwerer Mann mehr Energie verbraucht, wenn er genau so schnell wie eine 60kg schwere Frau einen Kilometer zurücklegt?
7. Juni 2017 um 15:37
Niemand muss Holz oder Heizöl konsumieren (hmmm… lecker Heizöl!) – aber Thermodynamik bleibt Thermodynamik. Und selbst wenn man um zehn oder zwanzig Prozent der Verfügbarkeit hin- oder herstreiten möchte (was bei einer Tafel Schokolade immerhin bis zu 120 Kalorien wären …), ist doch, wie Stefan schon sagte, Grundsätzliches auch ohne Blanketlabel für alle gültig.
Eine Pulle Kokosöl auf Ex ist für den Körper auch nicht ganz verwertbar, weil man davon garantiert den Durchfall aus der Hölle bekommen würde – in sinnvollen Dosen sind die Kalorien aber nunmal da.
Und natürlich ist das anekdotische Evidenz, wenn man an sich selbst beobachtet und aufschreibt. Aber ab da ist es dann auch für den eigenen Weg nutzbar. Vielleicht nicht für den Menschen direkt nebenan – aber den hindert ja keiner, sich selbst eine Tabelle zu bauen! :)
Ich glaube, mich stört einfach dieses postulierte “ausgeliefert fühlen”. Überall sonst nehmen die Leute ihr Schicksal in die eigene Hand, nur beim Essen ist man plötzlich “Opfer der Umstände” (siehe oben), “Opfer der verarbeiteten Nahrung”, “Opfer des Industriezuckers”, “Opfer der ständigen Verfügbarkeit hochkalorischer Lebensmittel”. Und das nur, weil einem die Kalorienangaben auf Packungen “zu ungenau” sind?
Ja, da sind sie halt ungenau. Aber die noch ungenaueren Lebensmittelampeln gibt´s ja hierzulande auch noch nicht. Und besser ungenau als gar nicht. Den Rest besorgt das Internet, das man ja heutzutage zum Glück in der Hosentasche hat. :)
7. Juni 2017 um 16:41
“Sie wissen aber schon, meine Damen und Herren, dass „Aber bei mir hat es funktioniert“ kein Beweis ist?”
Ich formuliere das mal andersherum:
Bei hat es NICHT funktioniert, deswegen ist es ein Beweis (der Hypothese, Kalorien wären Unsinn).
Das ist keine allzu evidente Aussage.
Fazit der Diskussion:
Die Kalorienangabe auf Lebensmitteln ist ein grober Anhaltspunkt für den physiologischen Brennwert. Es gibt keinen Anlass, das zu bezweifeln.
Im übrigen ist das keine Meinungsdiskussion (wie sie mittlerweile überall geführt wird), sondern eigentlich geht es um die Gewichtung der verschiedensten Einflüsse auf das Zu- oder Abnehmen. Etwas mehr Fachwissen (nein, nicht das aus der ZEIT) kann hilfreich sein.
Das individuelle Feintuning kann jeder selbst durchführen
Nochmal zum Mitschreiben:
Die Welt ist NICHT einfach und lässt sich NICHT in Zweizeilern erklären.
PS: Fitnesstracker sind halt einfach Müll, das würde ich jetzt unmittelbar aus den großen Abweichungen schließen.
7. Juni 2017 um 17:46
Die unterschiedliche Einschätzung der Relevanz von Kalorien für die Ernährung hier in der Diskussion scheint auf einer unterschiedlichen Einschätzung der Relevanz aller anderer Faktoren zu beruhen: Ich gewichte die Quellen stärker, die den individuellen Stoffwechsel im Vordergrund sehen (der noch dazu extrem anpassungsfähig ist und aus denselben Lebensmitteln unter verschiedenen Umständen verschieden viel Energie gewinnt), z.B. Udo Pollmer; andere hier gewichten anderen Quellen stärker, die den absoluten Brennwert als dominant sehen. Belastbare Fakten sind in der Ernährung rar – deshalb bekommt Ernährung sogar ein eigenes Kapitel im Neuen Lexikon des Unwissens.
7. Juni 2017 um 18:43
Ich, als Inschenöse scheitere trotz 20 Jahren Berufserfahrung daran, “Laien” die Grenzen von Modellen klar zu machen.
7. Juni 2017 um 19:02
Und sonst: ich esse soviel ich will von allem was lecker ist. Und hab seit 10 Jahren das gleiche Gewicht.
Und das bedeutet: Nix.
7. Juni 2017 um 20:23
******************KOMMENTAROMAT**********************
Genau!
*******************************************************
7. Juni 2017 um 20:52
Bei Sportlern wird der Energieumsatz am eingeatmeten Sauerstoff und am ausgeatmeten Kohledioxid berechnet. Denn das Kohlendioxid ommt aus den tatsächlichen Abbau der Nahrungsmittel, genauer gesagt von deren Oxidation. Die dabei entstandene Energiemenge kann jeder Körper anders verwenden, er macht Wärme draus, Glycogen in Leber und Muskeln, Baustoffe, oder eben Fett zur Lagerung.
Das sind sehr aufwändige Messungen und können meiner Meinung nicht einfach grob abgeschätzt werden.
Was wir nicht “veratmen”, zerlegen die Bakterien im Darm oder wird eben unverdaut ausgeschieden. Das kontrolliert keiner.
7. Juni 2017 um 21:12
Ich finde, die Diskussion nimmt schon wieder eine schräge Richtung – es geht doch nicht darum, sich als “Opfer der fiesen, fiesen Umstände” zu fühlen und der Natur ihren hässlichen Lauf zu lassen, sondern für sich die bestmöglichste Palette an Life Hacks zusammenzustellen, wenn man so wie ich zu denen zählt, an die die Kalorien mit bedingungsloser Anhänglichkeit glauben.
Und für viele funktioniert der Life Hack Kalorienzählen einfach nicht oder nicht besonders gut. Da muss ich doch dann tiefer gehen und mir all die anderen Stellschrauben meiner körperlichen Regelungsysteme ansehen, an denen zu drehen sich lohnen könnte.
Sorry, Kaltmamsell, ich hoffe, das gilt jetzt nicht als diet talk oder so. Aber nach mehreren Kommentarschlachten anderswo reagiere ich mittlerweile ein bisschen allergisch auf die “Kalorienzählen, nur du allein!”-Fraktion.
8. Juni 2017 um 8:24
@Susann
Dummerweise sind die anderen Stellschrauben (bis vielleicht auf Bewegung) noch gefährlicher als Kalorienzählen… Oder vielleicht ist es meine jahrzehntelange Gewöhnung an den Diätkult, die mich bei Ihrer Formulierung sofort an den Beipackzettel der Schilddrüsentabletten denken lässt. (Dort steht ein sehr großer Warnhinweis, das Zeug sei nicht zum Abnehmen geeignet.)
8. Juni 2017 um 10:55
Sehr guter Beitrag. Danke dafür
8. Juni 2017 um 12:20
@Neeva
Um Gottes Willen, Neeva, ich bin so unbeleckt vom Diätkult, dass ich nie und nimmer auf die Idee gekommen wäre, da medikamentös herumzupfuschen – das wäre, angesichts des Standes der Wissenschaft, mit Kanonen auf unsichtbare Spatzen schießen, die ständig in Bewegung sind. Ich meinte eher, seinen Körper gut zu beobachten: was passiert, wenn ich Zucker esse (spoiler alert: ich werde enorm heißhungrig und habe dann Schwierigkeiten, mich einzubremsen), was passiert, wenn ich größere Pausen zwischen dem Essen mache vs. wenn ich snacke, usw. usf. Und dann ein bisschen zu justieren.
8. Juni 2017 um 22:36
Wenn man nach der Logik ginge, der Brennwert an sich wäre aussagekräftig genug, dann dürfte heutzutage niemand mehr Benzin trinken, gar TNT verzehren. Aber alle machen das und nehmen auch noch keinen Gramm zu. Ich hoffe, dieser absurde Vergleich macht die Situation etwas deutlich.
15. Juni 2017 um 1:51
******************KOMMENTAROMAT**********************
Gerne gelesen
*******************************************************