Archiv für Januar 2018

Journal Dienstag, 2. Januar 2018 – Alter Alltag, neues Datum

Mittwoch, 3. Januar 2018

Nach unruhiger Nacht (ob das je aufhört vor ersten Arbeitstagen?) früh aufgestanden, um schwere Dinge auf Metallstangen zu schieben, aufzuheben und wieder hinzulegen. Ich war trotz der zwei Wochen Pause sehr gut in Form, es hob und legte sich leicht.

Arbeitstag in leeren Gängen, es war Einiges wegzuschaffen.

Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell Spinat mit roter Paprika, Erdnussbutter und Pinienkernen, ich verarbeitete restlichen Endiviensalat. Es bricht die zweite Woche ohne Ernteanteil an (wie jedes Jahr Weihnachtspause), wir sind es gar nicht mehr gewohnt, uns völlig selbst etwas einfallen zu lassen.

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Zwar bin ich sicher, dass auch zu diesem Jahresanfang die Gazetten voll sind von “Detox” (Tipp: gibt es nicht). Doch dieses Jahr setzen wir einen drauf: Wir hatten schon “lebendiges Wasser”, jetzt kommt “raw water”.
“‘Raw water’: The latest dangerous ‘natural health’ fad”.

Basically, the idea is that any treatment of water is bad, that you must drink the water untreated and unfiltered from the source, whatever that “natural” source might be.

Journal Montag, 1. Januar 2018 – Neujahrkonzert, Sonne an der Isar

Dienstag, 2. Januar 2018

Geht doch, das mit dem neuen Datum.

Nachts hatte es noch geregnet, das nahm vermutlich den ganzen Böllerrauch mit; der Tag begann bewölkt, wurde aber sonnig.

Den vielen Wünschen und Bildern auf instagram und Twitter entnahm ich, dass Silvester in unserem Kulturkreis dann doch das wichtigste Fest im Jahr ist.

Da ich nachts ausgesprochen unangenehme Kopfschmerzen bekommen hatte, die sich morgens mit Aspirin lediglich dämpfen ließen, knickte ich meinen Plan vom Schwimmen (die Bewegung am Sonntag hatte so viel Vergnügen bereitet, dass ich bereits Luft-Sportarenen gebaut hatte). Statt dessen Bloggen, Lieblingstweets schnippseln, Duschen fürs Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker. Nach Langem konnte ich die Übertragung mal wieder live und in voller Länge sehen, dachte dabei viel an meine polnische Großmutter selig, bei der ich das Konzert die ersten Male gesehen hatte.

Ich und später auch mein Bruder verbrachten Silvester als Kinder einige Male bei dieser Oma, weil meine Eltern ausgingen oder selbst eine Silvesterparty gaben. Um Mitternacht zündete sie ein paar Böller (keineswegs für uns, das tat sie ganz für sich) und wir tranken ein Schlückchen Erdbeersekt (damals gingen Kinder davon wohl nicht kaputt).

Am Neujahrstag dann: Meine kleine, runde Oma in Kittelschürze (“Kittlschirze”) und mit Haarklammern in der grauen Blumenkohlfrisur, wie sie beim Zubereiten des Mittagessens immer wieder im Türrahmen zwischen Küche und Wohnzimmer stand, leicht daneben mitsummte und mit sich selbst Walzer tanzte, aber nur Wiegeschritt, keine Drehung, und dabei mit einer mädchenhaft unbeholfenen Fröhlichkeit wippte, die ich erst an den Tanten in Arsenic and old lace wiedersah. Über die Dirigenten hatte sie entschiedene Meinungen: “De mog i net” oder “De g’follte mir”. Besonders gern sah sie die Einlagen des Balletts.

Andere haben ganz andere Kindheitserinnerungen an diese Konzerte.

Gestern statt Frühstück gleich Mittagessen aus Resten, danach wollte ich dringend raus in die Sonne. Ich dachte sogar daran, Erdnüsse für die Eichhörnchen in die Manteltasche zu stecken.

Das Draußen war deutlich kühler als am Silvestertag. Auf dem Südfriedhof sah ich einige Eichhörnchen, konnte aber keines bis zu meiner Hand mit der Erdnuss locken – eines überlegte lange und hoppelte bis auf einen halben Meter heran, um dann doch abzudrehen und lieber im Moos zu graben. Über den Südfriedhof ging ich an die Isar, dort Menschengewusel.

An der Wittelsbacherbrücke war der Müll der Silvesternacht bereits zusammengeräumt und wartete auf den Abtransport.

Zum Nachtmahl machte uns Herr Kaltmamsell Dampfnudeln, wie er sie von daheim kennt und schätzt: Mit Kruste. (Meine gehen ja so.)

Vorläufiges Ende der Weihnachtsferien vor aber nur zwei Tagen Arbeit, ich beschloss den Tag mit Vorbereitungen.

Lieblingstweets Dezember 2017

Montag, 1. Januar 2018

Journal Sonntag, 31. Dezember 2017 – Isarlauf in Frühlingswärme

Montag, 1. Januar 2018

Lang geschlafen – zwei Tage vor Ferienende bin ich endlich auf Urlaubstemperatur.

Draußen war es sonnig und wunderbar warm. Ich fühlte mich fit genug für einen Isarlauf, setzte aber brav eine Mütze auf. U-Bahn zum Odeonsplatz, Start durch die Menschenmengen im Hofgarten. Auch die Wege an der Isar waren bis zur Brücke St. Emmeran voll wie im Hochsommer. Die leichte Laufmütze hatte sich schon bald als viel zu warm erwiesen, ich stopfte sie in die Westentasche – verschloss diese allerdings nicht und stellte hinterm Föhringer Wehr fest, dass ich die Mütze verloren hatte.

Ich lief leicht und mit Genuss, sah Schwanzmeisen in den Bäumen und ließ mich von der Sonne bescheinen.

Daheim Körperpflege und Frühstück, Jahresrückblick fürs Blog geschrieben, eine Maschine Wäsche gewaschen – nach der ich endgültig eingestehen musste, dass wir ein Waschmaschinenproblem haben: Nach drei Jahren (gefühlt also immer noch eine neue Waschmaschine) leckt das Ding und lässt nach jedem Durchgang eine Pfütze unter sich. Wir werden also Frau Siemens für Untersuchung und Reparatur kontaktieren müssen.

Gemütliches Kochen, die Pastaschutta wurde sehr gut.

Den ersten einsamen Knaller hatte ich in unserer Wohngegend am 30. Dezember gehört, laut wurde es erst am 31. Dezember bei Einbruch der Dunkelheit. Soweit zu Glasscherbenviertel.

Datumswechsel auch dieses Jahr ignoriert.

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Der Weinstein-Skandal hat dazu geführt, dass der Sexismus in Hollywood gründlich beleuchtet wird. Aber wie sieht es in der zweiten riesigen Filmindustrie der Welt aus, in Indien?
Nisha Susan schreibt auf The Ladies Finger!:
“Reading What Harvey Weinstein Did to Salma Hayek During Frida Makes Me Never Want to Watch a Movie Again”.

Susan kommt aus dem indischen Filmgeschäft und kann erschöpfend von den Konsequenzen des male gaze berichten. Und brachte mich auf eine Erklärung für meine regelmäßige Verwunderung, wenn exzellente junge Schauspielerinnen plötzlich völlig von der Bildfläche verschwinden:

So when we ask, where did all those women we loved in the movies go? They went perhaps to a place where they were facing less rape threats, death threats and daily violence.

(…)

This year I heard on the grapevine about an actor’s experience in a south Indian movie playing the wife of a star who’s old enough to be her grandfather. The movie is full of male-gaze-south-Indian-edition absurdities like the young wife wanting desperately to comb her husband’s moustache. The hero dies in this movie and the actor had to be in a scene where she is wailing next to her dead husband’s corpse. In each take, the ‘dead’ man, cotton balls in his nostrils notwithstanding, copped a surreptitious feel of the heroine. The third time it happened she got up mid-wail and yelled at him, “stop doing that right now.” And yelled at, for the first time in his 40-year career, the man quietened down. This young woman actor has a cultivated or accidental air of ‘I can take this career or leave it,” that has protected her from backlash. Or maybe we will read about the backlash 40 years from now in her memoir.

(…)

So, no I don’t want any theoretical understanding of why male artists can’t help themselves, what with the weight of civilisation and all. What I want is a sign before every movie indicating that, “no women were harmed in the making of this movie.”