Journal Sonntag, 15. April 2018 – Von See zu See gewandert
Montag, 16. April 2018 um 5:39Gestern war wieder Wandern geplant. Zur Auswahl standen der Obst- und Kulturwanderweg Ratzinger Höhe im Chiemgau – wenn die Obstbäume blühten – und die Strecke zwischen Starnberger See (Tutzing) und Ammersee (Herrsching). Die Webcam Ratzinger Höhe zeigte, dass die Bäume noch nicht blühten. Also nahmen wir kurz vor Mittag einen Zug nach Tutzing (Frühstück auf der Fahrt) und gingen unter trübem Himmel und bei milden Temperaturen über Gut Kerschlach und Andechs nach Herrsching. Es war eine schöne Wanderung.
Die dominanten Blumen waren wie am Wochenende davor Buschwindröschen und Veilchen, aber schon viele Schlüsselblumen. Die Schlehen warfen immer wieder einen weißen Blütenhauch ins Zartgrün der Büsche.
Wir sahen ein Reh, viele Pferde und einen (mutmaßlichen) Storch im Flug – aber das beste waren die beiden Schwalben, die bei unserer Rast in Gut Kerschlach vorbeiflogen.
Bis Gut Kerschlach waren wir auf eher abseitigen Wegen unterwegs, aber dort erwartete uns die geballte Macht der Radausflügler: zu 90 Prozent auf eigens für Ausflüge hochgezüchteten Geräten von Renn- über Trekking- bis Mountainbikes, die letzten beiden Sorten mit und ohne Elektromotor. Nur etwa 10 Prozent der Fahrräder hätte auch meine Oma als solche erkannt. Und diese 90 Prozent Radlerinnen und Radler waren bis unter die Kiemen mit eigens dafür hochgezüchteter Funktionskleidung ausgestattet – ich weiß jetzt, dass Klickschuhe das Sommerpendant des lustigen Gangs in Skischuhen erzeugen. Und ich freue mich schon auch, dass die Motoren an den Rädern dafür sorgen, dass auch nicht so körpertüchtige Menschen in den Genuss des Radelns auf hügeligen Waldwegen kommen – doch die Folge ist halt eine noch höhere Radlerdichte auf diesen Waldwegen: Gemütliches und gedankenverlorenes Wandern mit Ausschau nach Blumen und Vögeln wird immer weniger möglich, weil jederzeit Radler angerauscht kommen können.
Ehemaliges Warnamt Kerschlach.
Bild: Herr Kaltmamsell
Wir sahen viel Windbruch, fast aller bereits geschnitten, gestapelt, sortiert. Dieser Nadelbaum nicht – morsch, wie ich beim Nachgucken feststellte – und er hatte ein riesiges Stück Waldboden mitgenommen. (Entstehen so Hobbithöhlen?)
Sumpfdotterblumen.
Einkehrschwung in Herrsching im legendären Seehof: Ochsenbackerl für den Mitwanderer, Saibling für mich – beides sehr gut. (Und trotz großer Lust auf ein Radler vorsichtshalber wieder kein Alkohol.)
Unterm Strich waren das dann 26 Kilometer und fünfeinhalb Stunden Wanderung. Danach waren wir ordentlich fertig, in München ließen wir uns vom Bahnhof mit der Tram heimbringen.
Die Heimfahrt dauert länger als geplant, da von Herrsching aus keine S-Bahn fuhr : 45 Minuten Schienenersatzverkehr nach Gilching und dann nochmal 45 Minuten S-Bahn nach Münchens Mitte. Schuld war das hier:
Derzeit wird am Bahnhof Gilching der Bahnsteig erneuert – kann mir jemand erklären, was diese Maschine dabei tut?
Daheim Räumen und Vorbereitung der Arbeitswoche; dem Wochenende hätte ein weiterer Tag gut getan.
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Diversität ist ein besonderes und interessantes Thema in einem Staat, der sich über Homogenität definiert: Japan. Mokoto Rich erklärt das anhand eines Beispiels:
“In Homogeneous Japan, an African-Born University President”.
via @ruhepuls
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Mode! Ein hier lang vernachlässigtes Thema. Charmantes Feature im New Yorker über den sehr alten römischen Hersteller “Gammarelli – Sartoria per ecclesiastici”.
“Where the Pope Gets His Socks”.
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Wenn ich als eines meiner Interessen Sport angebe, betone ich gerne überheblich: “Machen, nicht gucken.” Vielleicht stimmt das nicht ganz.
“The Dizzying Patterns of Movement at Athletic Events Captured in Composite Photographs by Pelle Cass”.
via @dtfdpr
9 Kommentare zu „Journal Sonntag, 15. April 2018 – Von See zu See gewandert“
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16. April 2018 um 10:29
Ja auf dem Gut Kerschlach war es früher ruhiger. Wochenende sind zu meiden, gut Frühstücken und Mittagessen kann man immer noch.
Kleiner Film s. Website.
16. April 2018 um 10:33
Ach seufz, Japan und die Ausländer. @Ruhepuls weiss da bestimmt viel mehr als ich, aber ich war ja grad erst da, und als Tourist ist das alles eigentlich ganz super (wenn man ein bisschen japanisch kann), aber doe Geschichten die ich von Leuten höre die da länger als Einwanderer wohnen schrecken mich schon etwas ab. Nicht dass die unfreundlich würden, aber man kommt halt nicht mal in die Nähe von “akzeptiert”. Deswegen möchte ich ja immer noch in die USA/nach Kanada auswandern, weil man da tatsächlich relativ schnell nicht nur akzeptiert wird sondern auch als Einheimischer zählt – das wäre für mich sonst nur in Skandinavien, Deutschland und Österreich machbar. Aber besuchen möchte ich Japan immer wieder.
Gammarelli habe ich jetzt schon das zweite mal bei einem Rom-Besuch verpasst, wenn ich das nächste mal zurück komme (mit großem Koffer um bei Eataly ordentlich einzukaufen) werde ich endlich auch ein paar Socken da besorgen. Entsprechend möchte ich auch Kerzen in der Cereria die Giorgio kaufen, die sowohl für den kirchlichen Verbrauch produzieren als auch Optionen für Privatbürger haben.
16. April 2018 um 14:06
Zum Maschinchen: Man sieht auf dem Foto leider nicht viel, aber es könnte eine Schotterplaniermaschine sein. (Beim nächsten Mal die Beschriftungen an den Seiten mitfotografieren, damit bekommt man eine Menge raus.)
16. April 2018 um 17:12
Ich denke, streckenweise hat Recht: https://www.google.de/search?q=usp+2000
16. April 2018 um 17:21
Vielleicht lese ich es falsch, aber warum denn diese negativ anmutende Kommentierung von Fahrrädern? (Hochgezüchtet)
Ich bin leidenschaftliche Rennradfahrerin, und natürlich ist ein Rennrad etwas anderes als mein Stadtrad (mit dem ich in meiner Stadt von A nach B fahre und Freunde besuche oder Besorgungen mache), und benötigt auch andere Ausrüstung. Ich habe gestern eine wunderbare Ausfahrt über 3h gemacht, das machen Sie schlicht nicht in Jeans und Flipflops auf einem Rennrad. Bzw, man kann rein technisch sicherlich, macht aber Aua :-)
Und sicher sieht ein Rennrad heute anders aus als vor 20 Jahren. Aber ist das denn was schlimmes? (Ich freue mich über die 8kg leichten Carbonrahmen aus vollstem Herzen, ha! In den 5. Stock schleppen macht plötzlich sogar Spaß.)
Und es ist doch toll, wenn Menschen draußen unterwegs sind – ob als Wanderer wie Sie beide, als hochgezüchteter Rennradler oder als Ebiker (großes JA hierzu! Ich finde es toll, dass hier wieder Menschen Lust am Radfahren entdecken, die sich das sonst nicht mehr zugetraut haben, meine Eltern beispielsweise).
Ich hoffe sehr, es kommt nicht falsch an. Aber warum so abschätzig? Biitte meine Kommentierung auch unter dem o.g. Gesichtspunkt sehen, dass ich Sie eventuell komplett falsch gelesen habe und Sie das nicht so negativ/abschätzig gemeint haben, wie es bei mir ankam. Aber ich möchte eine Lanze für die hochgezüchteten Radler brechen. :-)
16. April 2018 um 18:30
Der Trend sind E-Mountainbikes mit anständig Watt (750). In der Stadt darf man die nur Versicherungskennzeichen fahren, machen auch nicht richtig Sinn. Aber draußen, Waldwege, da guckt auch die Polizei nicht….
16. April 2018 um 21:35
Mich würde mal interessieren, wie viele wegen der Elektromotoren erneut aufs Rad steigen.
17. April 2018 um 5:27
Ich gebe zu, Julia, dass in meinen Augen bis an die Kiemen hochgerüstete Freizeitsportelnde etwas Lächerliches haben – auch Jogger und Schwimmerinnen. Es scheint mir dekadent, viele tausend Euro in so etwas Einfaches wie Laufen, Schwimmen oder Radfahren zu stecken, und ich unterstelle den Leuten, dass sie Opfer von Marketing-Gehirnwäsche geworden sind.
Was allerdings sehr viel mehr über mich verrät als über diese Leute.
Gerade die E-Radln, Norman, bringen erstaunlich viele Menschen in Bewegung. Während mein erster Impuls Herablassung war, kenne ich immer mehr, unter anderem Alte, die damit nach vielen Jahren überhaupt wieder radeln. Idealerweise nähmen aktuelle Wanderführer darauf Rücksicht und marktierten reine (weil schmale oder felsige) Fußpfade, auf denen Radwanderer wenig wahrscheinlich sind.
Vielen Dank für die Maschinenhinweise, streckeweise, Stephan!
2. Mai 2018 um 15:54
Letztes Wochenende müsste ich an euch denken, weil ich mit meinen Eltern im Kerschlacher Forst unterwegs war, um die Ende April obligate Pilgerfahrt zum Mesnerbichl zwischen Machtlfing und Erling zu tun. Dort blühen jetzt in Massen die Stengellosen Enziane im Duett mit den rosa Mehlprimeln und man trifft jede Menge botanisch bewanderter Menschen, die mit diesem Zehenspitzenblick umherschlendern. Eine Variation der See-zu-See-Tour lohnt sich, der Machtlfinger Biergarten ist auch sehr schön; in ein paar Wochen wartet der Mesnerbichl dann mit allerahand Orchideen und den narzissenblütigen Anemonen auf, wirklich eine Sehenswürdigkeit. Nur bitte auf den Wegen bleiben! An Pfingsten sind im Wald und auf den Trockenwiesen an der Kante zum Ammersee auch jede Menge Blumen zu bewundern, unter anderem die eleganten Waldvöglein.
Der Bäckerbichl nördlich der Straße nach Erling ist dafür Anfang bis Mitte April eine Pilgerstätte für die Freunde der Küchenschellen und Schusternagerl. Das ist dort eine Pracht wie sonst nur in der Garchinger Heide. Aber dass mir bloß keiner sich da dumm anstellt, herumtrampelt oder gar den Hund frei laufen lässt!
Die Radler – die ja an den Pflanzenschätzen nur so vorbeirasen – haben inzwischen auch den lauschigen Pfad von Andechs über Widdersberg nach Seefeld (gute Wirtschaft im Schloss) entdeckt, aber an einem Wochentag ist der besonders empfehlenswert als Alternative zum Kiental.