Journal Samstag, 12. Mai 2018 – #12von12 und Frau Emcke irrt
Sonntag, 13. Mai 2018 um 8:23Ein freier Samstag: Ich kann am Projekt #12von12 teilnehmen.
1 – Nach Bloggen und Morgenkaffee: Ein bisschen Handspülen. Sonniges Wetter, angekündigt waren sommerliche 26 Grad Höchsttemperatur, ich hatte von der Schwimmrunde am Donnerstag keinerlei Muskelkater: Also packte ich nochmal mein Schwimmzeug.
2 – Mein neuer Schwimmbikini (Schwimmtauglichkeit durch guten Sitz und Nackenverschluss gesichert).
3 – Aufbruch zum Schwimmbad.
4 – Über den Alten Südfriedhof.
5 – Gut 3.000 Meter durchs glitzernde Becken – mit Genuss und ohne Beschwerden.
6 – Ein halbes Stündchen Aufwärmen in der Sonne.
7 – Auf dem Heimweg umduftet von Robinien.
8 – Nach Früchstück und Dusche las ich auf dem Balkon weiter in The Yiddish Policemen’s Union.
9 – Mein Bügelplatz.
10 – Unter anderem gebügelt: Der neue Rock, hier ein Detail.
11 – Deutsches Abendbrot wie Freitag, es war noch eine Menge da.
12 – Im Bett – schau an, die Arme haben dann doch einen Tick zu viel Sonne abbekommen (eingecremt waren nur Rücken und Schultern).
§
Carolin Emcke schreibt für die Wochenend-SZ:
“Diesel-Skandal
Die Politik hat das Vertrauen der Bürger verspielt”.
Was das Verhalten der Automobilhersteller so fatal macht, ist die sie unterfütternde Gewissheit, damit als Branche durchkommen zu können. Was diesen Skandal zum Skandal macht, ist das Vertrauen, das die Automobilbranche in die Regierung setzen kann, die sie zu nichts drängen, von ihr nichts fordern, sie nicht haftbar machen wird. Was vielfach als Arroganz der Mächtigen gedeutet wurde, war nicht einmal Arroganz, sondern schlicht berechtigtes Vertrauen in eine Regierung, die ihren sakrosankten Status nie gefährden würde.
Zum ersten Mal bin ich überzeugt, dass Carolin Emcke irrt. Nicht etwa in ihrer Beschreibung oben: Auf diese Haltung der Automobilindustrie weise ich schon seit vielen Jahren hin. Doch sie irrt in ihrer Prämisse, dass die deutsche Politik und die deutsche Bevölkerung sich in ihrer Sicht darauf unterscheiden.
Nicht nur die deutsche Politik fühlt sich deckungsgleich mit der Automobilindustrie, sondern die gesamte Bevölkerung. Deshalb ist das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler auch nicht erschüttert. Emcke gehört wie ich zu einer kleinen Minderheit, die die Rolle der Automobilindustrie skeptisch und kritisch sehen. (Tatsächlich schreibt Ehmke auch, bei ihr selbst sei das Vertrauen aufgebracht.) Die große, große Mehrheit steht völlig hinter dem Axiom, dass Autos zum Erstrebenswertesten im Leben gehören, dass ihr Besitz in unserer Gesellschaft ein Symbol des Dazugehörens ist, dass das konkrete Modell mehr über den Besitzer und die Besitzerin aussagt als Elternhaus oder Partnerwahl. Dass nur durch den absoluten Schutz der Automobilindustrie gesellschaftliche Stabilität und Wohlstand in Deutschland möglich sind. Dass deshalb selbstverständlich alle Infrastruktur- und Städteplanung das Autofahren priorisieren muss. Dass das Wohl der Automobilindustrie gleichzeitig das Wohl aller ist.
Belegt wird diese Deckungsgleichheit von Automobilindustrie, Bundesregierung und Bevölkerung meiner Meinung nach unter anderem durch zwei Erscheiungen:
– Automobilhersteller blieben auch nach Veröffentlichung ihrer Vergehen in den Top 10 der beliebtesten Arbeitgeber Deutschlands (Beispielrankings: Focus Award, Trendence, Glasdoor).
– Nicht mal die AfD nutzt das Thema, die sonst nach jedem Strohhalm greift, um das Vertrauen in unseren Staat zu unterminieren – diese Strohhalme notfalls selbst konstruiert.
10 Kommentare zu „Journal Samstag, 12. Mai 2018 – #12von12 und Frau Emcke irrt“
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13. Mai 2018 um 9:28
Oh ja! Je prinz-protziger das Auto desto mehr hat “man” vermeintlich erreicht. Vorfahrt dauerhaft eingebaut, nur das teuerste Öl für das Automobil, beim Menschen dagegen wird gespart. Kein Geld für faire Preise und gute Lebensmittel.
13. Mai 2018 um 9:59
ich denke nicht, dass man die große gesamtgesellschaftliche bedeutung des autos in deutschland daran festmachen kann, dass autokonzerne beliebte arbeitgeber sind. das liegt imo eher daran, dass das stabile großkonzerne sind, die ihren arbeitnehmern sehr gutes geld (z.b. verdienen mechatroniker bei bmw ungleich mehr als in gewöhnlichen werkstätten, zahlen aus eigenem umfeld, eine stelle bei bmw gilt dort als äquivalent zur planstelle in lehrerkreisen) und unbefristete verträge mit aufstiegsmöglichkeiten bieten. da muss der durchschnittsbürger wenig autobegeistert sein, um etwa bmw als erstrebenswerten arbeitgeber zu betrachten. ich kenne sogar eine promovierte wissenschaftsmanagerin, die dort arbeitet, privat aber konsequent noch nie ein auto besaß, aus grundsätzlichen erwägungen. frei nach kästner: entweder man ist konsequent, oder man lebt. es ist halt, wie immer, komplex und grau, nicht schwarz und weiß.
13. Mai 2018 um 12:48
Das sieht nach einem fantastischen Rock aus!
Und: Gerne gelesen.
13. Mai 2018 um 15:55
Wie kecks schreibt: Es ist kompliziert und die Welt ist nicht schwarz-weiß.
Auch Sie, liebe Kaltmamsell, arbeiten indirekt für die Autoindustrie. Einige der Institute des Dachverbandes für den Sie arbeiten pflegen da sehr intensive Kontakte. Allein schon wegen der Themenfelder, die dort bearbeitet werden.
Wenn man gerne im technisch-naturwisschenschaftlichen Bereich arbeiten möchte, man aber keine Lust auf innovative Start-Ups oder die eigene Selbstständigkeit hat, kann man praktisch nicht vermeiden für die Autoindustrie zu arbeiten. Gerade bei großen Firmen ist immer irgendwo eine Abteilung, die enge Kontakte hat. Erst recht wenn man im Umfeld von Industrie 4.0 arbeitet.
Und man schmeißt nicht unbedingt 20 Jahre Firmenzugehörigkeit über Bord nur weil die Firma für die man arbeitet plötzlich meint ins Fracking-Geschäft einsteigen zu müssen, obwohl man das selbst strickt ablehnt.
Ich selbst arbeite schon knapp 20 Jahre in einer Abteilung, die Software macht, die zum größten Teil von der Autoindustrie genutzt wird. Trotzdem sehe ich den Autohype mit Skepsis. Hatte sogar bis vor 2 Jahren selbst nie ein Auto. Und das hab ich nur angeschafft, weil mich der öffentliche Nahverkehr in meiner kleinen Großstadt untragbar viele Nerven gekostet hat. Autofahren kann mich nie so nerven wie mich volle Busse, verpasste Anschlüsse und Verspätungen im ÖPNV nerven.
13. Mai 2018 um 19:31
Bezüglich der Autoindustrie gehöre ich auch nicht zur Gesamtbevölkerung. Immer wieder bin ich erstaunt wenn die neuen Manager der Autofirmen verlautbaren lassen dass die Krise jetzt doch ganz gut überwunden ist, für mich fühlt es sich aber so an als wären die Probleme noch gar nicht richtig angepackt worden.
Heute im Westend fragt mich (als Fußgängerin) ein Autofahrer wo er denn einen Parkplatz finden könnte. Ich habe ihm dann gleich mal den Ratschlag gegeben doch lieber mit dem ÖPNV zu fahren anstatt selbstverständlich so viel vom öffentlichen Raum einzunehmen zu wollen.
13. Mai 2018 um 19:54
Sie haben Recht, kecks, Karin. Ich unterschätze regelmäßig den Hang des Menschen zu kognitiver Dissonanz.
14. Mai 2018 um 10:49
Das hört sich so ideologisch an. Aber es ist real. Die Autoindustrie hat in keiner anderen Volkswirtschaft der Welt einen so großen Anteil an der heimischen Wertschöpfung wie in Deutschland. Umsatz 400 Milliarden Euro. Damit wurde im produzierenden Gewerbe jeder vierte Euro mit einem automobilen Produkt umgesetzt. Rund 7,7 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung Deutschlands gehen direkt oder indirekt auf die Autoproduktion zurück. Und das seit Jahrzehnten. Kein Wunder, dass die Politik die Autoinsustrie umhegt und pflegt.
Das ist aber in kleinerem Masstab überall so, wo bestimmte Wirtschaftbereiche einen sehr relevanten Einfluss auf die Wirtschaftskraft eines Bundeslandes, Region oder Stadt haben. In Berlin wird von der Politik alles getan, um die Tourismusindusrie zu füttern. Auch auf Kosten der Bewohner.
14. Mai 2018 um 18:31
Wie peinlich! Ganz bestimmt haben Sie ihn bekehrt (nicht.). Wenigstens hatte er so eine lustige Geschichte zu erzählen. Oder meinen Sie ernsthaft, er hat sein Auto schon verkauft?
14. Mai 2018 um 22:09
@Auto: Wie recht Sie haben!
Was das Auto und das Verhalten der Menschen zu ihm betrifft, wird voll zugestimmt, obwohl selbst Autobesitzer. H.s Auto nimmt kaum öffentliche Plätze ein, es steht auf dem Grundstück und wurde angeschafft wegen Holz- und Obsttransporten.
In den 70ern dachte er mal – wie illusionär – es könnte das Rad zugunsten von Fußgehern und Radlern zurückgedreht werden. Statt dessen hängen zunehmend mehr riesige Teile der Wirtschaft am motorisierten Verkehr, Zulieferer, Werkstätten, die saudumme Reklame u.v.m. Die Betriebe in der näheren Umgebung haben vor 20 Jahren ihre gut funktionierenden Bahnanschlüsse abgeschafft.
Ganz furchtbar ist der Anblick der Straßen. Ein Fahrzeug reiht sich ans andere. Für die Inanspruchnahme öffentlichen Raums sollten monatlich mindestens soviel wie eine Monatskarte des MVV kassiert werden.
Hauptschulblues wohnt in einer Straße mit 8 Hausnummern. Es gibt 16 Autos, davon 4 SUVs. 3 Menschen über 18 Jahren haben kein Auto. Heute war das Sackgäßchen so zugeparkt, auch von Umliegern, dass die Müllabfuhr nicht mehr hereinkam.
Hauptschulbluesens machen alle Gänge und Fahrten mit dem Rad. H. fuhr in 2 Jahren 5.500 km, ohne Radtour, nur am Stadtrand und in der Stadt.
Nur nach Venedig ging es heuer seit 35 Jahren das erste Mal mit dem Auto, aus Gründen, die nicht erläutert werden.
Dazu kommt die steigende Gefahr für Tiere, Fußgänger und Radler. Erst vor ein paar Tagen wurde wieder ein Schulkind totgefahren, weil die Spediteure das Geld für eine Rundumsicht nicht investieren wollen.
Zudem werden die Autofahrer immer älter und unberechenbarer (aber auch die E-Bikelenker höheren Alters sind eine Gefahr; H. fuhr vielen Kollisionen aus dem Weg). Stur beharren sie auf ihrer Vorfahrt, ob sie sie nun haben oder nicht, klammern sich am Lenkrad fest, zwingen Radfahrer in Lücken oder auf das Trottoir.
14. Mai 2018 um 23:26
Auch Radfahrer nehmen sich oftmals die Vorfahrt. Die Regel ist, bei Rot zu fahren und dabei auch mal Fußgänger zu gefährden, die gerade die Fußgängerampel überqueren. Und solche Nachrichten häufen sich leider auch, weshalb ich eine Weste mit Kennzeichen such für Radler so langsam mal für sinnvoll hielte: https://www.hessenschau.de/panorama/radfahrer-faehrt-in-marburg-fussgaengerin-an,kurz-fussgaengerin-verletzt-marburg-100.html
Dazu kommt überholen von rechts, bspw. beim Einfahren in Kreisel. Radfahrer sind auch nicht die besseren Verkehrsteilnehmer. Gegenseitige Rücksichtnahme und defensives Fahren für alle ist der Schlüssel.