Journal Donnerstag, 24. Mai 2018 – Wicklow Way 5: Glendalough – Glenmalure
Freitag, 25. Mai 2018Wasserfälle, sagenhafte Ausblicke, ordentlich Steigung: Nicht der schlechteste aller Wandertage. Das Wetter entwickelte sich von gemischt wolkig zu Tröpfelregen, auch damit konnte ich sehr gut leben. Die Wegbeschreibung ließ uns den Wicklow Way für einen schöneren Teilabschnitt verlassen, und zum ersten Mal erwischte ich eine falsche Abzweigung: Auf dieser Wanderung bin ich die Navigatorin, es war allerdings Herr Kaltmamsell, der anhand der Karte auf seinem Handy draufkam, dass irgendwas nicht stimmen konnte. Zum Glück.
Und so machten wir eine Extrarunde – ohne die wir aber keine Rehe gesehen hätten. Das beste Tierfeature gab es allerdings kurz nach dem Start unseres Tagesabschnitts: Kaninchensichtung im Glendalough-Tal. Mitgezählt waren es gestern gut 20 Kilometer Wanderung, die wir mit zwei gemütlichen Pausen in sechs Stunden gingen.
Vielleicht hätte ich am Vorabend nach der übersichtlichen Portion Cannelloni nicht auf den Nachtisch verzichten sollen (Furcht vor Überfressung): Ich wachte mit Magenknurren auf und verschlang beim Frühstück erst mal zwei Schüsseln Müesli. Vor dem Rührei mit Lachs, das ich wieder am Vorabend bestellt hatte. Wieder wurde stolz homemade soda bread serviert.
Ungesüßter Vollkorn-Rührkuchen. Sicher nicht mein Lieblingsbrot.
Laut dieser Quelle waren die Iren nicht etwa zu doof für Hefe: soft wheat sei das einzige Mehl gewesen, das im irischen Klima wuchs, und das habe zu wenig Gluten für einen ordentlichen Hefeteig enthalten. Mit Natron (und einem Säuerungsmittel wie Buttermilch) habe es allerdings funktioniert.
Unsere Tagesetappe führte uns am Glendalough Hotel vorbei, in dem ich bei vorherigen Besuchen eine ernsthafte italienische Gastro-Espressomaschine gesehen hatte. Nach ein paar Tagen ohne (in den B&Bs wird zum Frühstück Filterkaffee serviert, dem ich sehr Tee vorziehe) hatte ich doch mal wieder Lust auf einen Cappuccino. Gelernt: Man kann auch mit einer hochwertigen Gastro-Espressomaschine REACH-pflichtige Flüssigkeiten herstellen (blärch).
Die Strecke begann mit einem superidyllischen Weg entlang von Seen, der erste Aufstieg führte am Poulanass-Wasserfall vorbei. Doch dann standen wir vor riesigen Umleitungsschildern: Wegen forestry works waren sowohl unser Sonderweg als auch der Wicklow Way gesperrt.
Nur 1: Laut mehrfach überklebtem Schild waren diese Forstarbeiten seit Januar dieses Jahrs im Gange.
Nur 2: Ich hörte nichts außer Vogelzwitschern – und Forstarbeiten hört man.
Was dazu führte, dass ich, die größte Regelbefolgerin vor und nach dem Herrn (“Rules are good! Rules help control the fun!”), beschloss, trotzdem unserer Wegbeschreibung zu folgen. Ging dann auch problemlos. Beim Anblick der abgeholzten Fläche verstand ich allerdings, dass man während des Abholzens wirklich keine Wanderer direkt daneben haben will.
Apropos Abholzen: Wir passierten gestern so riesige komplett abgeholzte Flächen (ein verstörender Anblick), dass zum einen einige Angaben der Wanderbeschreibung nicht mehr passten, ich zum anderen den Verdacht hatte, dass Fortwirtschaft hierzulande fundamental anders funktioniert als in Bayern. Denn die Nachfrage bei unserem Zimmerwirt ergab: Nein, es hatte nicht etwa gestürmt, diese Flächen seien halt “harvested” worden, abgeerntet. Erst jetzt ging mir auf, dass die bebaumten Flächen auf den Hügeln eigentlich kein Wald waren, sondern Plantagen: Alle Bäume von einer Sorte (meist Fichten) und in einem Alter.
Nach etwa der Hälfte unserer Wanderung begann es zu tröpfeln, ich schlüpfte in meine Turbo-Wanderjacke. Und schon war das Wetter kein Problem mehr.
Auch gestern gingen wir große Abschnitte auf Holzbohlen. Ich fragte mich wieder, wer die wohl hier herauf geschleppt hatte – wie ich ohnehin sehr beeindruckt bin über die Qualität des Wanderwegs: Es ist ja nicht mit dem ohnehin enormen Aufwand getan, solch einen Weg zu legen, gangbar und sicher zu machen, auszuschildern; er muss auch gepflegt, ausgebessert, freigeholzt werden. Tiefe Dankbarkeit für die Menschen, die sich darum kümmern und dass ich ihn einfach so und kostenlos nutzen kann.
Da diesmal unsere Unterkunft wieder sehr abgelegen war und kein Abendbrot anbot, aßen wir unterwegs nichts bei unseren Pausen, so dass wir am Endpunkt der Etappe gegen vier hungrig im Pub einkehrten. Wir erklärten die Mahlzeit dort zum spanischen Mittagessen (um uns aßen noch einige andere): Traditionelle irische Lasagne mit Pommes und Salat für ihn, Lammbraten mit Minzsoße, Kartoffelpü und nur in Wasser gekochtem Gemüse für mich, dazu Bier, einmal Nachtisch Sticky Toffee Pudding. Dann ließen wir uns anweisungsgemäß von unserem Zimmerwirt abholen, die sechs Kilometer bis zu seinem B&B wären auch nicht schön gewesen.
Hier hätten wir eigentlich nicht durchgesollt – während des Baumfällens sicher auch zu gefährlich für eine Wanderung.
Blick zurück auf den eben gegangenen Bohlenweg.
Nur eine der vielen riesigen abgeholzten Flächen, an denen wir vorbeikamen.
Glenmalure Lodge.