Ein weiterer Sankt Brück! Es war schlechtes Wetter angesagt, zu meinen Wochenplänen passte ein sportfreier Tag, also hatte ich vor:
– Wäsche waschen
– Brotbacken
– Kleidung zur Reinigung bringen
– Schusterbesuch
– Radlschrauber
– Abendessen einkaufen
– Suche nach roten Sandalen und einer blauen Bikinihose
– Bügeln
– Zeitung und Leserundenbuch lesen.
(Status des gebadeten Telefons: Das Lautsprechersymbol taucht manchmal unwegschaltbar auf dem Bildschirm auf, der Lautsprecherstärke- und -ein-/-ausknopf tut auch sonst von selbst Dinge.)
Nach Bloggen und Morgenkaffee brachte ich mein Fahrrad zum Schrauber in der Hans-Sachs-Straße: Da ich weiterhin mit der Wahl eines neuen Fahrrads überfordert bin (Geld dafür hatte ich bereits vergangenes Jahr zum Geburtstag bekommen), hatte ich beschlossen, das alte nochmal für eine Saison warten und reparieren zu lassen und erst dann ein neues zu kaufen – und zwar möglichst genau das alte, bloß in Neu. Mit weniger Gängen. Und einem ca. 5cm, höheren Lenker.
Genau so sagte ich das meinem langjährigen und geschätzten Radlschrauber. Geschätzt unter anderem, weil er bei unserem ersten Kontakt meinen abfälligen Bemerkungen über mein Klapperrad fast schon verletzt widersprach: Das sei kein schlechtes Radl, a guads Radl sei das. Als mir meine Eltern vor ein paar zu Weihnachten Geld für ein neues Fahrrad schenkten, obwohl ich eigentlich nur ein Nabendynamo haben wollte, hatte ich ihn um Rat gebeten. “San’S denn mit Ihrem Radl z’friedn?” hatte er gefragt. “Eigentlich schon.” “Dann brauchen’S kein neues Radl.” Und so hatte ich mir von ihm lediglich ein neues Vorderrad mit Nabendynamo einbauen lassen.
Doch jetzt kündigte ich wirklich einen Neuradlkauf an. Herr Schrauber nahm mein altes Rad in seine Obhut, und dann fingen sein Kollege und er freundlich und langsam an, mir die Details von möglichen neuen Fahrrädern wie meinem zu erklären. Unter anderem könne er mir einfach eines nach meinen Anforderungen zusammenbauen. Na gut, wenn ich schon mal da war, befasste ich mich halt damit. Unter anderem fuhr ich zwei Modelle Probe, an denen ich sehr gut erklären konnte, warum sie ganz bestimmt nicht die richtigen für mich waren.
Doch zu aller Überraschung drängte sich mittlerweile die Kundschaft für Reparaturen und Neuerwerb in dem winzigen (alteingesessenen und komplett unverhipsterten) Laden. Ich vereinbarte ein Wiederkommen an einem Feierabend nächster Woche (ich hatte eigentlich eh nur kurzes Abgeben meines alten Fahrrads eingeplant): Dann werde ich so viele Rahmen-Modelle wie möglich probefahren, bis ich mein ideales gefunden habe; Details wie Lenker, Gangschaltung, Sattel, Reifenbreite, Ständer, Schutzbleche bestimme ich danach.
Ich weiß: So zahle ich sicher nicht den niedrigstmöglichen Preis für mein neues Fahrrad. Aber ich zahle gerne für die Unterstützung eines Ladens, der mir schon aus mancher Patsche geholfen hat und um den ich mich bei der steigenden Anzahl von schicken und trendy “Bike-Manufakturen” im Glockenbachviertel ein bisschen sorge. (Gegenfinanzierung durch Autolosigkeit.)
Auf dem Heimweg ließ ich Schuhe zum vorsorglichen Besohlen bei der Schusterin (die Sohle der teuren Zeha-Schuhe ist anscheinend nicht zum Gehen gemacht und war an der Spitze schon nach wenigen Einsätzen weggeschubbert) und machte eine erste Runde Lebensmitteleinkäufe beim Basitsch. Das Wetter war strahlend sonnig mit wenigen Wolken geworden.
In dieses Frühsommergrün möchte ich geradezu reinbeißen. Auf der Tonspur Mauersegler.
Zu Hause machte ich Kartoffelbrot. Zwischen den Arbeitsschritten gab es zum Frühstück einen Laugenzopf und Bananenjoghurt, dazu eine große Tasse Darjeeling, Internetlesen.
Das Brot gelang sehr gut (Anschnitt natürlich erst abends nach dem Abkühlen).
In der Wohnung war mir mit nackten Füßen sehr kalt geworden, ich machte mich auf eine weitere Einkaufsrunde und ging zum Aufwärmen immer in der Sonne – funktionierte sehr gut. Die Einkaufsstraßen waren sehr voll, ich ließ mich langsam an Schuhgeschäftschaufenster und in Kleidungskaufhäuser treiben. Nein, auch dieses Jahr hat man keine roten Sandalen. In zwei Billigkleidungshäusern suchte ich nach einer blauen Bikinihose, da ich die zu meinem bisherigen Schwimmbikini verschlampt habe. Auch hier kein Glück, dafür sprang mich in einem davon ein sensationeller gelber Rock mit Kellerfalten an. Ich wusste ohne Anprobieren, dass er mir passen würde, Made in Turkey kann ich vertreten, für 40 Euro nahm ich ihn mit.
Als Nachtmahl war zum frischen Brot traditionelles deutsches Abendbrot geplant, Wurst und Käse dafür besorgte ich im Kaufhof. Auf dem Heimweg Stopps im Drogeriemarkt und am Erdbeerstandl.
Zu Hause las ich auf dem Balkon im Leserundenbuch: The Yiddish Policemen’s Union von Michael Chabon habe ich zwar schon vor Jahren gelesen, lese es für die Besprechung nächste Woche aber gerne wieder – es ist so dicht erfunden und geschrieben, dass Vieles für mich nochmal neu war. Bügeln verschob ich aufs Wochenende.
Als Herr Kaltmamsell von Arbeit und Musizieren mit Freunden heimkam, richtete ich Abendbrot an.
Ich hatte versucht zu rekonstruieren, was auf dem Abendbrottisch meiner Kindheit so angeboten wurde, getauscht mit und ergänzt um aktuelle Vorlieben:
– Ahle Blutwurst
– Ahle Leberwurst
– Fränkischer Roter Pressack
– Zwiebelmettwurst
– Pastrami
– Ochsenzunge
– Fleischsalat
– Camembert
– Romadour
– Tomaten
– Essiggurken
– Meerettich
– Butter
– Frischkäse
– Brot
Weggelassen hatte ich Kräuterfrischkäse, der bei uns in Form von einzeln eingepackten Portionen auftauchte und etwas besonders Feines und Teures war. Es fehlen für meine Erinnerung gekochte Eier und Radieserln, Senf hatte ich vergessen. Das Getränk, Aperol Spritz, ist natürlich ganz falsch, aber auf Bier hatte ich überhaupt keine Lust. Falsch sind auch Teller (richtig: Brotzeitbrettl) und Besteck (richtig: Brotzeitmesser). Ich fürchte, ich kann deutsches Abendbrot gar nicht richtig – wenn jetzt bloß nicht meine Einbürgerung von 1979 auf dem Spiel steht!