Am 5. jeden Monats fragt Frau Brüllen: “Was machst du eigentlich den ganzen Tag?”
Das darf ich vom gestrigen 5. mal wieder erzählen.
Beim ersten Aufwachen bekam ich mit, wie Herr Kaltmamsell mein Bett verließ, Weckercheck: 5:15 Uhr. Selbst schlief ich zum Glück bis dreiviertel sieben weiter. Tat sehr gut.
Kaffeekochen, Bloggen. Im Maschinenraum bastelt das Blogheinzelmännchen seit vielen Tagen an der Umsetzung der unseligen neuen EU-Datenschutzverordnung in allen von ihm betreuten Blogs. An manchen Stellen gibt’s Schluckauf, so konnte man gestern wohl nicht kommentieren. Bitte entschuldigen Sie, das sollte jetzt behoben sein.
Anders als angekündigt, war das Wetter trübe. Ich bereitete mich dennoch auf einen Isarlauf vor (Katzenwäsche, leichte Laufkleidung) und ging über den Alten Südfriedhof zum Westermühlbach, wo ich loslief. Die Wege waren erschreckend trocken, es hat hier seit Wochen nicht mehr richtig geregnet.
Herr Spitzweg (Nachkriegs-Grabstein, das Original ist verschwunden) hat’s gerade sehr bunt.
Am Jugendzentrum KUBU gibt’s jetzt Jugendbänke: Hier haben sich die Leute ja eh immer auf die Rückenlehnen gesetzt.
Das Laufen ging gut, ich bin stolz, dass ich dennoch nicht die Maximalrunde lief: Diese Woche könnte das mit dem Sport sonst zu viel werden.
Kurz vor daheim bog ich noch in einen Bäcker Zöttel und kaufte Semmeln.
Nach der Dusche ersetzte ich den Britta-Wasserfilter und freute mich über die erste Tasse Darjeeling mit jetzt wieder so entkalktem Wasser wie möglich.
Nach dem Frühstück (Tomatenkringel mit Frischkäse, ein großer Apfel, eine große Orange) machte ich mich auf eine Einkaufsrunde. In der Lebensmittelabteilung des Kaufhofs am Marienplatz (alles für den abendlichen Spargel mit Kräuterkartoffeln, dazu Gemüse fürs Sonntagessen) begrüßte mich Herr Kassierer wieder so herzlich, als kennte er mich – ich kaufe da nur alle paar Monate ein, er muss mich verwechseln -, wir plauderten ein wenig, er verabschiedete mich mit Handschlag. Beim dm in der Hofstatt besorgte ich noch Waschmittel und Taschentücher.
Mittlerweile war es warm geworden, zu Hause setzte ich mich auf den Balkon: Ich verbrachte den Nachmittag mit der Lektüre des SZ-Magazins vom Vortag und der Wochenenend-Süddeutschen, dazwischen guckte ich viel in Bäume und zum Himmel, ließ mich vom Revierchef-Amslerich ansingen.
Dem SZ-Magazin fehlte der Untertitel “Ein Männerheft”: Es war praktisch frauenfrei, mal wieder. Es gibt Wichtigeres im Feminismus? Ja. Aber stellen Sie sich bitte mal eine Ausgabe des SZ-Magazins vor, in dem von “Sagen Sie jetzt nichts” über Zitatgeber in Artikeln und Interviews (das Gespräch zwischen Andreas Altmann und Oskar Roehler dampfte geradezu vor Testosteron) bis zum Rezept der Woche und Besinnungsartikeln nur Frauen vorkommen, mit Ausnahme von zwei Herren in einer Bildergeschichte. Geben Sie zu: Sie würden davon ausgehen, dass es sich um eine Sonderausgabe Frauen handelt.
Schön fand ich Florian Zinneckers Abschiedstext über München:
“Die Traumstadt”.
In der SZ-Wochenendausgabe besonders lesenswert: Der Artikel über den beliebten Internet-Apokalyptiker Manfred Spitzer:
“Über einen, der aus Ängsten Geld macht”.
Abendessen machte ausnahmsweise ich, vorher für den hart arbeitenden Herrn Kaltmamsell und die Köchin Gin Tonic: Spargel schälen, Kartoffeln aufsetzen, Kräuter (Schnittlauch, Petersilie, Dill) und Zwiebel hacken, Kartoffeln abgießen und warm stellen, Spargel ins kochende Wasser, Zwiebeln in viel Butter anbraten, Kräuter und Kartoffeln damit vermengen, Spargel auf Teller, alles servieren.
Schmeckte sehr gut, allerdings passte der spanische Viura, den ich als Wein dazu ausgesucht hatte, gar nicht.
Abendunterhaltung war erst ein sehr interessantes Youtube-Essay über “Mel Brooks, The Producers and the Ethics of Satire about N@zis”, dann entdeckte ich, dass ZDFneo Flashdance zeigte. Ich habe den Film sehr wahrscheinlich nur einmal gesehen, nämlich 1983 im Kino, doch er legte den Grundstock für meine Aerobics-Affinität und meine Schwäche für Frauen mit schwerem Gerät. (An sowas wie Handlung erinnerte ich mich überhaupt nicht.) Leider hielt ich ihn wegen Müdigkeit nicht ganz durch.
Im Bett noch einige Seiten Cider House Rules in der mit verschiedenen Farben annotierten Ausgabe, die ich für meine Magisterarbeit mehrfach durchgearbeitet hatte. Licht aus gegen 23 Uhr (das ist für mich sehr spät).
§
Weil es in den vergangenen Tagen durch die von mir gelesenen Blogs geisterte, klickte auch ich mich durch den Fragebogen “16 Personalities”.
Take our Personality Test and get a ‘freakishly accurate’ description of who you are and why you do things the way you do.
via Anke Gröner
Beim Ausfüllen war mir sehr klar, wie anders ich diesen Fragebogen vor zehn Jahren angeklickt hätte. Allerdings erinnere ich mich noch gut an den ersten solchen Test zu genau diesem Persönlichkeitsstruktursystem, den ich vor 18 Jahren für meinen damaligen Arbeitgeber ausfüllte. Ich wurde unter anderem gefragt:
Sind Sie gerne mal in Gesellschaft von Menschen? – Meine Antwort: Ja.
Brauchen Sie oft Zeit allein? – Ja.
In der Auswertung stand dann: Sie genießen es durchaus, manchmal unter Menschen zu sein, sind aber gerne auch allein.
NO SHIT SHERLOCK!
Seither nehme ich solche Tests so ernst wie die Psycho-Fragebögen in Frauenzeitschriften.
Das gestrige Ergebnis meiner Klickerei: Ich bin
“Defender Personality (ISFJ, -A/-T)”
The Defender personality type is quite unique, as many of their qualities defy the definition of their individual traits.
Wenn ich die Introduction dieses Typus’ zusammenfassen darf: You don’t make any sense. At all.
Aber dann wurde es so richtig lustig: Die Symbolfigur für diesen Typus ist im Test eine Krankenschwester. Das reichte mir eigentlich für die Vermutung, dass das Ergebnis komplett an meiner Persönlichkeit vorbei schießt, denn: Um Himmels Willen! Eine berufliche Tätigkeit, die per Definition aus Umgang mit immer neuen Menschen besteht, ist mein ganz persönlicher Albtraum.
Von da an ging’s bergab. Aus den Ausführungen könnte ich mir die wenigen Stellen picken, die ich noch irgendwie als passend für mich empfinde, aber diese Technik macht mehr Spaß beim Horoskop der Gala.
Mache ich’s doch umgekehrt: Ich zitiere die Passagen aus dem Profil, die mich am meisten zum Lachen brachten – sehr wahrscheinlich amüsieren sie Sie als Leserinnen und Leser meines Blogs ebenfalls.
Die Zusammenfassung meines Charakters wäre demnach:
dedication and humbleness
Zentrum meines Lebens:
the joy they experience in using those connections to maintain a supportive, happy family
Kaltmamsell in der Arbeit:
they refuse to make their thoughts known, or to take any duly earned credit for their contributions
Romantic relationships:
– Defenders’ shyness and sensitivity shield what are, beneath the surface, incredibly strong feelings.
– the more pervasive issue in Defenders’ relationships is that it can be too easy for their altruism and kindness to be taken advantage of
– Defenders’ true passions lie in taking care of their families, from playing with their children to the mundane needs of the household, efforts Defenders are only too happy to contribute
Elternschaft:
Many people with this personality type feel like parenting is the task they were born for
Berufswege:
– Altruistic and well-rounded, no other personality type is so well-suited to be of service of others.
– Defenders struggle is in generating new ideas and in grasping abstract concepts
Im Gegensatz dazu die Wirklichkeit:
Ich kann Vieles ausgesprochen Markt- und Gesellschafts-kompatibel, also für ziemliches Geld verkaufbar, und war darauf geeicht, Aufgaben nur auf “Kann ich das?” abzuklopfen, worauf die Antwort sehr oft “Ja, kann ich” war. Daraus folgerte ich, dass ich die Aufgabe eben übernehme. Innere Widerstände unterdrückte ich so routiniert mit “Stell dich nicht so an!”, dass ich sie gar nicht mehr wahrnahm. Bis ich irgendwann vor gar nicht allzu langer Zeit auf die Idee kam, die Frage könnte auch sein: “Will ich das?” Bis dahin hatte ich aber auf der Basis von Begeisterungsfähigkeit, Naivität und Pflichtbewusstsein schon viel zu oft Aufgaben übernommen, die ich zwar gut bis sehr gut konnte, aber eigentlich nicht wollte. Das Ergebnis (meine Affekte neigen zu Schwarz/Weiß, Null/Eins – halt zum Digitalen): Komplettblockade.
Heute stehe ich vor dem Scherbenhaufen, dass ich praktisch keine der beruflichen Aufgaben, mit denen ich Geld verdienen kann, auch will (Management, Führung, Konzeption, Projektleitung). Und umgekehrt nichts, was ich gerne mache, dem Markt unterwerfen möchte. So habe ich mir einen Gelderwerb gesucht, der mich möglichst wenig belastet und mein eigentliches Leben finanziert. Diese Arbeitshaltung hätte ich als 25-Jährige entsetzlich gefunden, es ist aber alles halb so schlimm: Die 15 Jahre bis Rente bringe ich schon noch rum.
Nachtrag: Auf Twitter ergänzte @FrauZeitlos diese Entlarvung des Myers-Briggs-Tests: