Journal Sonntag, 8. Juli 2018 – Klagenfurt-München
Montag, 9. Juli 2018 um 6:54Zu früh aufgewacht, dennoch keine Lust auf eine Laufrunde.
In Ruhe Kaffee getrunken (aus mitgebrachter Cafetera und mitgebrachtem Espressopulver), Internet gelesen, Ferienwohnung geräumt, Koffer gepackt.
Im Garten des ORF-Studios verfolgte ich die Abstimmung zu und Verleihung der Preise mit. Den Bachmannpreis bekam die klassisch erzählte, aber doch eher schlichte Geschichte mit aktuellem Setting: Tanja Maljartschuks “Frösche im Meer”. Ich bin weiterhin überzeugt, dass Bovs Bjergs Text um Klassen besser war – und konstruiere mir einfach zurecht, dass die Jury davon motiviert war, ein arrivierter Autor habe weniger vom Preis. Bov bekam dann den Preis des Deutschlandfunks. Hier alle gestern ausgezeichneten Texte und Autorinnen.
Abschied von anderen Bachmannpreis-Schlachtenbummlerinnen, durch die warme Sonne zum Bahnhof gerollkoffert. Brotzeit musste ich mir nicht kaufen, ich hatte noch Joghurt, Brot, Tomaten und Käse übrig, die ich mir für die Wohnung besorgt hatte.
Ich sah viel aus dem Fenster, las auch das irische Literaturmagazin The Stinging Fly – und wusste sehr schnell, warum ich englischsprachige Literatur so schätze und bei deutschsprachiger schon froh bin, wenn ich über keine groben handwerklichen Schnitzer stolpere: Adrian Duncan schreibt mit “Prosinečki” eine Fußball-Kurzgeschichte, die mich richtig fesselte – und Sie wissen, wie verschwindend gering mein Interesse an Fußball ist. Duncan schafft es, mit der Schilderung von Spielzügen aus der Sicht eines Spielers und der Geschichte seiner Karriere unangestrengt über grundsätzlich Menschliches zu erzählen. Gut, das eigentümliche Format der Bachmannpreisgeschichten, kürzer als übliche Romanauszüge, länger als eigentliche Kurzgeschichten (immer wieder wirken die Texte gestreckt), ist eine besondere Formalie, aber genau solche Überraschungen wie eine elegante Welterklärung durch Fußball erhoffe ich mir jedesmal, wenn ich nach Klagenfurt fahre. In der englischsprachigen Literaturwelt muss ich nur das nächstbeste Magazin aufschlagen.
Umsteigen in Salzburg, der Regionalzug von dort nach München füllte sich von Halt zu Halt mit immer mehr Radlerinnen und Wanderern. Im warmen, sonnigen München überraschte mich Herr Kaltmamsell mit Abholung am Bahnhof. Ich freute mich sehr, ihn in die Arme zu schließen.
die Kaltmamsell6 Kommentare zu „Journal Sonntag, 8. Juli 2018 – Klagenfurt-München“
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9. Juli 2018 um 8:25
Liebe Frau Kaltmamsell, vielen Dank für die ausführlichen Berichte aus Klagenfurt. Dazu noch große Freude heute Morgen, als ich Sie auf Seite 1 des Feuilletons der SZ abgebildet sah. Einen guten Start in die Woche!
9. Juli 2018 um 11:31
Vielen Dank für den Hinweis, Annette, konnte ich den Kolleginnen gleich mal ein Urlaubsbild zeigen.
9. Juli 2018 um 12:43
Habe Sie auch am gelben Rock in der SZ erkannt.
9. Juli 2018 um 13:03
Nachdem ich die Bachmann-Texte mit Ihren Zusammenfassungen verfolgt hatte, war ich gestern sehr überrascht, als ich in den Radio-Texten des BR die Bachmann-Sendung hörte: Flexen in Miami wurde groß hervorgehoben (auch, weil der Autor aus dem Sendegebiet stammt), während Bjergs Leistung als von einem Erfolgsschriftsteller zu erwarten gewesen sei. So unterschiedlich wirken Worte … Und großes Lob für die beiden anderen Preisträgerinnen – bei den Fröschen im Meer erzählte mir das Radio, die Autorin hätte erst vor sieben Jahren deutsch gelernt, mit 28.
9. Juli 2018 um 17:21
H. hat die Lesungen und Diskussionen zum Teil online verfolgt – da waren Sie oft in Großaufnahme zu sehen.
“…und konstruiere mir einfach zurecht, dass die Jury davon motiviert war, ein arrivierter Autor habe weniger vom Preis….”
Das glaubt H. weniger, er denkt, dass Zaimoglus Rede und die aktuellen Auseinandersetzungen in D und A die Jury motiviert haben, einem Text, in dem Migration und Demenz eine Rolle spielen, den ersten Platz zuzuweisen.
Erfrischend fand H. die Beiträge von Frau Gomringer, die sich nicht auf germanistische Deuteleien einließ. Ob sie im nächsten Jahr noch dabei ist?
9. Juli 2018 um 20:22
Vielen Dank, für Ihre Überblicke! Durch Sie wurde ich auf die Ausstrahlung der Lesungen aufmerksam und habe mir einiges mit großem Vergnügen angehört und gesehen.