Archiv für Juli 2018

Journal Dienstag, 24. Juli 2018 – Wenn das Internet Flügel bekommt

Mittwoch, 25. Juli 2018

Derzeit drücken meine vorgefallenen LWS-Bandscheiben wieder besonders unangenehm auf die Nerven und lösen Schmerzüberfälle aus. Umso mehr drängte es mich nach einer Kraftsportrunde, ich stellte den Wecker 45 Minuten früher.

Während des Aufwärmens zu Musik lief wie immer der Fernseher bereits (auf stumm geschaltet), damit er schon mal das Internet finden konnte, auf dem ich über Chromecast das YouTube-Trainingsvideo ablaufen lassen würde.

Ich blieb sofort stehen, als ich aus dem Augenwinkel dieses sah:

Der von @MlleReadOn initiierte Twitter-Schabernack #KunstGeschichteAlsBrotbelag hatte es ins öffentlich-rechliche Fernsehen geschafft. Es lohnt sich übrigens auch aktuell, den Hashtag zu verfolgen: Es sind unglaublich kreative Versionen dazugekommen.

Vor Fortsetzung des Trainings (Core) fotografierte ich den Fernsehbildschirm und twitterte das Foto – der Tag startete so mit leichtem Herzen.

Schon auf dem wohltemperierten Weg in die Arbeit sah ich das bleiche Licht eines sehr heißen Sommertags.

Im Büro ließ es sich bei geschlossenen Fenstern und ausgesperrter Sonne gut aushalten. Ich umging das Betriebsfest, machte recht pünktlich Feierabend und spazierte in der Hitze angemessenem Tempo heim in die kühle Wohnung.

Lindwurmstraße oben (ich wohne in der perfekten Wohnung – fast; zur Pefektion fehlen ihr Pappeln in Hörweite).

Lindwurmstraße unten (Versehensfoto beim Verriegeln des Smartphones, das mir besser gefällt als die absichtliche Version vom Samstag).

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Das hermetische Café verlinke ich eh viel zu selten. Und jetzt war kid37 auch noch in New York! Das Ergebnis ist ein Reisebericht, wie ihn nur kid37 schreibt, hier die ersten beiden Folgen:
“NYC #1 – You Said Something”.
“NYC #2 – Good Fortune”.

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Merve Kayikci bekennt in Zeit Campus:
“Mesut Özil: Wir undankbaren Deutschtürken”.

Vielleicht kann mir jemand ja erklären, warum wir undankbaren Deutschtürkinnen nicht richtig dazugehören. Wir wollen ja. Aber etwas gewaltsam zu erzwingen, ist nur der verzweifelte Versuch, mit Willenskraft ein gewisses momentanes Unvermögen zu überdecken. Ich kann nämlich nicht einfach hierher gehören, nur weil ich das will. Denn ich entscheide das nicht selber. Mein Gegenüber entscheidet, wann und ob ich deutsch sein darf. Wann ich eine gute Deutsche bin. Wann nicht. Was ich dafür tun muss, um eine Deutsche sein zu können. Wann ich deutsch sein wollen soll.

Ich muss mich jedes Mal aufs Neue dem Urteil anderer unterwerfen. Je nachdem, wer mein Gegenüber ist, reicht es, mal einen Test zu bestehen, mal die Sprache gut zu können. Dann soll man Erdoğan kritisieren oder am besten gleich die ganze Türkei. Auf der anderen Seite soll man trotzdem gastfreundlich sein und das türkische Gebäck mit den Nachbarn teilen. Denn ein bisschen türkisch darf man schon sein – aber bloß nicht zu viel. Kopftuch darf man nicht tragen. Auf keinen Fall. Aber manchmal ist es dann doch okay. Wenn man ein Interview geben soll, darf man ruhig sagen, dass man Deutsche ist – obwohl man Kopftuch trägt. Das kommt nämlich ganz gut. Und Weihnachten soll man auf jeden Fall mitfeiern.

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Margarete Stokowski fragt nachvollziehbar:
“Gespaltene Gesellschaft: Integrieren – in was?”

1000 Fragen 121-140

Dienstag, 24. Juli 2018

121. Gibst du der Arbeit manchmal Vorrang vor der Liebe?
Sehr wahrscheinlich. Dass Arbeit absolute Prio 1 zu haben hat, steckt sehr tief in mir. Symptom: Ich kann mich recht genau erinnern, wenn ich dem zuwider gehandelt habe.

122. Wofür bist du deinen Eltern dankbar?
Dass sie mich verkraftet haben. Ich war sehr wahrscheinlich überhaupt nicht, was sie erwartet haben, und auch kein angenehmes Kind. Doch sie sind bei so Vielem mitgegangen und haben mich in vieler Hinsicht gefördert.

123. Sagst du immer, was du denkst?
Nein, das hielte ich für ausgesprochen dumm.

124. Läuft dein Fernsehgerät häufig, obwohl du gar nicht schaust?
Sogar meistens. Wenn es läuft, bin ich meist konzentriert auf den Rechner vor mir.

125. Welchen Schmerz hast du nicht überwunden?
Den sehr weiten Wegzug meines einst besten Freundes, er beutelt mich immer wieder bis heute. Es wird seltener, ist aber nie ganz weg.

126. Was kaufst du für deine letzten zehn Euro?
Lokalrunde.

127. Verliebst du dich schnell?
Nein. Manchmal gegen enormen inneren Widerstand (oh nein, bitte nicht in den!), im Fall von Herrn Kaltmamsell überraschend (oh, ich bin ja verliebt!).

128. Woran denkst du, bevor du einschläfst?
Wunschszenarien und -orte, sehr häufig bin ich in Brighton.

129. Welcher Tag der Woche ist dein Lieblingstag?
Jeder freie.

130. Was würdest du als deinen größten Erfolg bezeichnen?
Dass ich durchhalte.

131. Mit welcher berühmten Person würdest du gerne einmal einen Tag verbringen?
Einen ganzen Tag! Mary Beard, während sie mit etwas anderem beschäftigt ist.

132. Warst du schon einmal in eine (unerreichbare) berühmte Person verliebt?
Nein.

133. Was ist dein Traumberuf?
Professorin für Englische Literaturwissenschaft.

134. Fällt es dir leicht, um Hilfe zu bitten?
Nein: Es fällt mir meist sehr bis zu spät ein, dass das überhaupt eine Option ist.

135. Was kannst du nicht wegwerfen?
Lebensmittel.

136. Welche Seite im Internet besuchst du täglich?
Mein Blog-CMS.

137. Sind die besten Dinge im Leben gratis?
Meistens, aber die entspannte Grundbefindlichkeit dafür wird durch genügend Geld ungemein erleichtert.

138. Hast du schon mal was gestohlen?
Ja. Eine Café au lait-Schale aus Plastik in einer französischen Jugendherberge, ein Cortado-Glas aus einem spanischen Bar. (Beides noch in meinem Besitz.)

139. Was kochst du, wenn du Gäste hast?
Kommt auf die Gäste an. Am liebsten koche ich für Gäste mehrgängig und aufwendig, suche mit Hingabe passende Getränke aus. Aber ich habe gelernt, dass manche Gäste durch großen Aufwand eingeschüchtert werden und sich unwohl fühlen – für die staple ich mit Raffinesse tief.
Spontane Essensgäste hatte ich schon sehr lange nicht mehr. Zu Studienzeiten waren sie häufig, und für diese Fälle hatte ich immer für vier Personen die Zutaten für Spaghetti amatriciana sowie Saft und Wein im Haus.

140. In welchem Laden möchtest du am liebsten einmal eine Minute lang gratis einkaufen?
Ich habe sofort den Süßigkeitenladen aus Pippi Langstrumpf vor Augen. Obwohl ich mir inzwischen leisten könnte, so viel in einem Süßigkeitenladen einzukaufen, wie ich will, träume ich immer noch davon.

Quelle: Flow-Magazin.

Zu den Fragen 101-120.
Zu den Fragen 141-160.

Journal Montag, 23. Juli 2018 – Kühle vor Hochsommer

Dienstag, 24. Juli 2018

Bewölkt und eher kühl (noch unter Jacke), aber es regnete nicht.

Auf dem Heimweg ein paar Einkäufe beim Edeka Theresienhöhe, zu Hause verifizierte ich mein flan de queso-Rezept – weil ich Lust auf das Dessert hatte und weil ich bei Erfolg mein Rezept weitergebe.

Herr Kaltmamsell hatte sich für den Abend abgemeldet, ich briet mir zum Nachtmahl Mangold aus Ernteanteil mit zwei kleinen Chillis und Knoblauch und vermischte das mit frisch gekochten Nudeln (Penne). Während ich noch kochte, kam Herr Kaltmamsell doch schon heim, wir teilten das Abendessen inklusive Ben&Jerry’s-Eis zum Nachtisch (der Flan ist erst am nächsten Tag servierbar).

Es regnete nochmal, ab Dienstag ist Hochsommerhitze angekündigt.

Beim Herablassen des Rolladens in meinem Schlafzimmers löste sich plötzlich der Widerstand im unteren Kästchen, das das Ende des Riemens aufrollt: Es rauchte sogar ein wenig aus dem Kästchen, die Riemenränder waren schwarz – und es wickelte nicht mehr.

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Könnte Megans ein Haarschnitt für mich sein?

Journal Sonntag, 22. Juli 2018 – Demo #ausgehetzt

Montag, 23. Juli 2018

Die CSU klärte in der Nacht auf Sonntag und am Sonntagvormittag, warum man wirklich, wirklich an der Demo #ausgehetzt teilnehmen sollte:

Welche Flachzange in der PR-Abteilung bloß darauf gekommen sein mag? Die CSU hätte durch Ignorieren kommunizieren können, dass die Demo sich nicht auf sie bezieht. Oder sich vor längerer Zeit schon mit der Sache gemein machen: “Genau! Böse, böse AfD!” Einer friedlichen und ordentlichen Demo Anstand abzusprechen und sie selbst als Hetzerei zu attackieren, stellt niemanden in gutes Licht.

Es regnete seit der Nacht wechselnd kräftig und gegen Mittag (Start der Demo war 13 Uhr am Goetheplatz) in den sprichwörtlichen Strömen. Herr Kaltmamsell und ich entschieden uns für die Ausstattung, die wir eigens für den Fall haben, dass bei solchem Wetter Drinbleiben keine Option ist: Wanderstiefel und superduperscheißteure Wanderjacken. Wenn Irland sie schon nicht auf die Probe stellte, dann sollte München das halt machen.

Auf dem Goetheplatz war die Lage für uns Demonstrantinnen und Demonstranten unübersichtlich. Von oben sah sie aber klasse aus.

Die nächste Stunde meinte der Regen alle fünf Minuten so: “Ihr dachtet, das war strömender Regen? DAS ist strömender Regen!” Eine Mitdemonstrantin vermutete Söders Hand am Regenregler. Aber Jacken und Schuhe hielten super, der Rest wurde halt nass – es war ja nicht kalt. Nach einer Stunde beruhigte sich das Wetter und warf nur noch hin und wieder mit ein paar Tropfen und Nieslern um sich.

Wir spazierten die Demostrecke entlang, ich sah sehr gemischte Bevölkerung um mich: Alte, Junge, Sonntagsstaat, zerlöcherte Kleidung um tätowierte Haut, Familien. Wie viele davon ähnlich wie ich sonst nicht auf Demonstrationen gehen, kann ich nicht beurteilen – weil ich ja zu wenige Vergleichsdemos kenne.

Die Polizei war ausgesprochen angenehm: Am Anfang dirigierte sie noch ein wenig, um die Menschen auf dem Goetheplatz außer Gefahr zu bringen, dann war sie immer mehr im Hintergrund, bei der Abschlusskundgebung auf dem Königsplatz so gut wie unsichtbar: Vielen Dank, super Job.

Auf der Kundgebung blieb ich nur, bis der Platz ordentlich voll war.

Dann ging ich heim und war sehr froh, meine nasse Jeans ausziehen zu können (die Jacke hatte super funktioniert).

Mehr Bilder hat die Süddeutsche Zeitung, auch eine Reportage.

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Um bei konstruktiver Kritik zu bleiben (so geht das übrigens): Dass gut integrierte Flüchtende abgeschoben werden, ist natürlich haarsträubend – doch es ist kein böser Wille der Behörden oder gar einzelner Politiker, sondern ein Fehler im System. Eva Horn erklärt:
“Warum wir ein Einwanderungsgesetz brauchen”.

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Um bei Behörden zu bleiben (“Die Übergänge sind immer das Schwerste.” Hüsch): Katrin Scheib erzählt
“Fliegen zwei Wellensittiche von Moskau nach München”.

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Der größte Lacher des Tages: Die Techniktagebuch-Redaktion hat die Mobilfunklöcher der Republik regionsspezifisch benamst.
“Seit dem 21.12.2017
Edgingen in Edgeland”.

Am meisten freute ich mich über “Edgingen (Sieg)”, weil ich den ja erst seit Samstag kapiere.

Journal Samstag, 21. Juli 2018 – Ausflug in den Westerwald

Sonntag, 22. Juli 2018

Gestern reiste ich mit Herrn Kaltmamsell zu einem lange geplanten Besuch in den Westerwald. Auch dort, müssen Sie nämlich wissen, leben Menschen, und manche davon schreiben ins Internet fesselnde Dinge. Diese konkreten Menschen hatte ich zuvor schon in München und Mallorca getroffen, nun wollte ich sie aber auch mal in ihrem heimischen Habitat sehen.

München war bei der Abfahrt düster, nach Norden hin wurde der Himmel immer heller.

In Frankfurt wurde gesegelt.

Beine vertreten beim Umsteigen in Köln Deutz.

Angekommen im westerwälder Mexiko.

Kurzes Sightseeing: Ach, da ist der!

Schöne Stunden mit Köstlichkeiten in fester und flüssiger Form, Latifundien-Besichtigung und Verabredung für nächste Treffen. Gelernt: Es gibt den Westerwaldsteig, der sich für meine diesjährige Oktoberfestflucht anbietet.

Große Bahnhofsliebe.

In München begann es bei unserer nächtlichen Heimkehr gerade zu regnen.

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Der Knaller der Freitagnacht: Beim Kraftwerk-Konzert in Stuttgart wurde live zur Raumstation ISS geschaltet – und Astronaut @Astro_Alex musizierte beim Stück “Spacelab” mit.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/rCQEzgtWv-E

What a time to be alive!
(Merken Sie, wie das Publikum auf diesen Knaller live reagiert? Eben nicht wie im Film mit spontanem Ausrasten, denn Verblüffung und Erstaunen führen beim Menschen erst mal zu Stille. Der frenetische Jubel ertönt erst später.) (Und Gerst trägt ein Captain-Future-Shirt! *KRAHAISCH*)

Mehr Infos zu diesem Auftritt.

Zur Musik von Kraftwerk habe ich eine besonders innige Bindung (ich habe vorsichtshalber überprüft, ob ich das nicht schon mal erzählt habe: habe ich nicht). Ich entdeckte sie mit etwa 12 Jahren in einem Italienurlaub in der Gegend von Terracina bei meiner Tante Barbara. Mein Onkel Roberto hatte von einem Montageeinsatz1 in den arabischen Emiraten diese Kassette mitgebracht (sehr wahrscheinlich eine Raubkopie, aber das Konzept kannte ich damals noch nicht):

Bei Tante Barbara lief immer Musik, ich steuerte unter anderem meine Hitparaden-Mitschnitte bei. Doch so etwas wie Kraftwerk hatte ich noch nie gehört, die Musik packte mich sofort. Da die weiteren Familienmitglieder meine Begeisterung nicht recht teilten, konnte ich die Kassette allerdings lange nicht so oft anhören, wie ich wollte. Zu meinem großen Glück ließ sich die Tante bei unserer Abreise auf einen Deal ein: Eine von meinen Kassetten mit lateinamerikanischem Crooning der 50er (fragen Sie mich nicht, woher ich dieses Faible hatte) gegen ihre Kraftwerk-Kassette.

Auch die B-Seite gefiel mir sehr gut, erst jetzt habe ich den Hintergrund des Albums Star Peace – Droids recherchiert. Der Guardian schreibt in seiner Serie “The 101 strangest records on Spotify”:
“Inspired by Star Wars, a young label manager decided that what the world needed was an album set in space”.

  1. Macht man das heute überhaupt noch: “auf Montage gehen”? []

Journal Freitag, 20. Juni 2018 – Inspiration aus Kolleginnengespräch

Samstag, 21. Juli 2018

Deutlich vor Wecker aufgewacht, mehr Zeit für Trödeln.

Zu Mittag die ersten Tomaten aus eigenem Anbau, dazu Gurken und Manouri – köstlich.
Der Arbeitstag endete sehr anders als geplant. Eine Folge: Ich kam auf einer Art Heimweg hier vorbei.

Freude beim Passieren der Baustelle hinterm Rathaus: Ich hörte Spatzentschilpen, die dortige einzige Population in der Münchner Innenstadt hält durch.

Zum Nachtmahl gab es Nizzanersalat, die meisten Bestandteile aus unserem Kartoffelkombinat.

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Aus gegebenem Anlass: Ich träume von einer Neuauflage der Fernsehserie Upstairs, downstairs (deutsch: Das Haus am Eaton Place) – aber mit Hintergrundpersonal eines Bürogebäudes: Wareneingang, Reinigung, Facility Management, Casino, Cafeteria, Empfang. IT? Doch, auch IT – denn dann haben wir die Möglichkeit für einen Konflikt zwischen der Abteilungsleitung IT und der Abteilungsleitung “der ganze Rest”, der aus historischen Gründen zusammenfgefasst ist. Diese beiden sind dann auch Ansprechpartner für Zebigboss und den sonstigen Adel des Gebäudes. Außerdem brauchen wir die IT-ler für die Szenen, in denen sie unterm Schreibtisch irgendwas schrauben, während Anzug- und Kostüm-Tragende Unternehmenskritisches besprechen.

Wir bekämen Familiengeschichten aus aller Welt, alltäglichen Rassismus, gute Zeiten, schlechte Zeiten. Star wäre die superfähige Barista in der Cafeteria (eine Mischung aus Guinan und Mary Poppins), die alle kennt, der alle vertrauen, die aber keinerlei Karriere-Ambitionen hat, weil sie zu böse aus ihrer Managerinnen-Position in Zagreb gemobbt wurde. Sie dirigiert in Wirklichkeit aus dem Hintergrund alles, sorgt aber dafür, dass sich Gruppenleiterinnen und Abteilungsleiter weiterhin für die Chefs halten. Ihr Sorgenkind ist der Sohn einer entfernten Tante, den sie in der Firma untergebracht hat.

Wir hätten die tattrige Wareneingangs-Mitarbeiterin, die ständig etwas verschusselt (sie weiß nicht, dass das, was alle für Alter halten, Symptome einer Multiplen Sklerose sind), die aber alle decken. Die vietnamesische Putzfrau, bei der alle wissen, wann im Jahr die Todestagsfeier ihres Vaters ist, und dann immer besonders fürsorglich zu ihr sind. Das faule Stück, das eine Ausbildung zum Elektriker macht und die Ausbilderinnen und Ausbilder in den Wahnsinn treibt.

Zum Erzschurken machen wir die ostdeutsche Referentin von Zebigboss, die nach der Wiedervereinigung ihren Namen so geändert hat, dass die Adelsherkunft zumindest für Eingeweihte wieder erkennbar ist. Hat eine verheimlichte Stasi- und Treuhand-Vergangenheit im Nacken, die zur gegenseitigen Abhängigkeit mit dem Büroleiter von Unterzebigbossin mit Securitate-Vergangenheit führt: Die beiden kennen jeweils das Geheimnis der anderen.

Und wenn dann die Zombie-Attacke kommt, verschanzen sich alle in der Kantinenküche: Es stellt sich heraus, dass die Hälfte der Truppe dort seit Jahren genau für diesen Fall trainiert und dafür gesorgt hat, dass die Küchenausstattung und alle Werkzeuge ideal zur Zombieabwehr sind. In zweiter Reihe kämpfen die durch das Spiel Zombies Run geschulten Büromenschen.
Na gut, anderer Film.

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“Adrian Cronauer, ‘Good Morning, Vietnam’ D.J., Dies at 79”.

via @Cynx

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Mein rosenduftendes und friedliches Internet ist ja voller Spinner. Ganz besondere derzeit auf Twitter zu finden unter #KunstGeschichteAlsBrotbelag.

(Übrigens: Danke auch – wusste ich eh schon, dass ich gestalterisch eine komplette Niete bin, reiben mir das Leute das mit mal eben gestalteten BROTZEITBROTEN unter die Nase.)

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Lebensziele: Mir von Kate Winslett Pfeifen auf Fingern beibringen lassen.

Journal Donnerstag, 19. Juli 2018 – Pizzaabend

Freitag, 20. Juli 2018

Diesmal wieder zu Fuß in die Arbeit, durch einen Sommertag, der ganz schön heiß wurde.

Eingang eines Wohnhauses auf der Theresienhöhe.

Abends hatte ich mir Pizzaessen gewünscht, wir versuchten es nochmal im viel gerühmten Kettenableger L’Osteria im Künstlerhaus (vorheriger Versuch an Überfüllung gescheitert – nach der telefonischen Weigerung, für zwei Personen zu reservieren). Tatsächlich bekamen wir im großen Raum drinnen einen Tisch, weil die meisten Gäste (viele Familien, Touristen, junges Volk) draußen in der prallen Sonne saßen.

Franchise-Getrubel wie beim Burger-Brater Hans im Glück, Nebenerwebsbedienungen; die fünf Menschen hinter der Theke (ich saß mit Blick dorthin) waren mit den Getränkebestellungen der Massen so überfordert, dass mindestens drei von ihnen meist tatenlos herumstanden. (Jajaja, ich weiß wie schwierig es für die Münchner Gastronomie ist, gutes Personal zu bekommen.)

Die riesige Pizza (ich schaffte drei Viertel) war wirklich in Ordnung, aber den nervenaufreibenden Trubel der Ess-Halle nicht wert.

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Sehen wir uns am Sonntag auf der Demo “Ausgehetzt – Gemeinsam gegen die Politik der Angst”? Selbst mir als Nicht-Demogängerin wird immer klarer, dass wir uns sichtbar machen müssen, wir, denen Hass und Hetze kein geeignetes Mittel für die Lösung gesellschaftlicher Probleme erscheint, die wir für eine zukunftsfähige Gesellschaft ganz andere Arbeitsfelder definieren als die derzeitige bayerische Staatsregierung.

§

1997 (das ist gerade mal 20 Jahre her) zeigte der Fotograf Chris Leslie in Sarajevo Kindern aus dem Waisenhaus Bjelave, wie man mit Fotoapparaten umgeht, und schickte sie hinaus in die vom Krieg zerstörte Stadt. Heuer kehrte er zurück um herauszufinden, was aus den Kindern geworden ist – und zeigt im Guardian das Ergebnis sowie die Bilder, die sie damals aufgenommen haben.
“War-torn Sarajevo’s camera kids, then and now – a photo essay”.

via @jk_rowling

Sehr berührend. Ich frage mich, wie Kinderfotografen München 1945 abgebildet hätten oder Madrid 1939.
Was mir aber auch zeigt, welche Bedeutung Autor/Autorin bei dokumentarischer Fotografie für mich haben – die mir bei Fotokunst egal sind. Wer berichtet, berichtet sich selbst immer mit – das sollte transparent sein.

Puh, der jugoslawische Bürgerkrieg ist auch so eine europäische Bürde, die noch Jahrzehnte der Aufarbeitung brauchen wird.

§

Sascha Lobo macht sich Gedanken über die Wirkung von Berichterstattung über Donald Trump, die ihn wie einen gewöhnlichen Politiker behandelt:
“Berichterstattung und Haltung kann man nicht trennen”.

Meine Wahrnehmung ist: Trump erbricht sich und das Gros der Berichterstattung tut, als könne man das Ergebnis in Form einer Restaurantkritik besprechen.

(…)

Trump hackt die Nachrichten, und die Nachrichten lassen sich hacken. Noch immer. Von der mäßigenden Sprache bürgerlicher Medien bis zur hyperritualisierten Form der Meinungspräsentation – alles in klassischen Nachrichten, vor allem im bildgewaltigen Fernsehen, schreit: “Es folgt eine legitime normale politische Äußerung”. Auch, wenn genau das nicht der Fall ist.

Mir ist aufgefallen, dass die Süddeutsche inzwischen die reine Sachlichkeit aufgegeben hat, mit der sie anfangs Trumps Äußerungen und Handlungen berichtete, im Tonfall, als sei das alles völlig normal – und was mich damals mit Respekt erfüllte, denn dafür musste die Redaktion ganz offensichtlich jede Sachkenntnis und menschliche Reaktion zur Seite schieben. Jetzt ist das anders, vor allem die Überschriften verraten, wie wenig normal oder auch nur anständig das Verhalten Trumps ist.

Das mag auf den ersten Blick der immer wieder geforderten Neutralität von Berichterstattung widersprechen. Doch:

Man kann also Trumps Äußerungen zitieren, aber als SZ drüberschreiben:
“Wie Trump die Nachkriegsordnung auf den Kopf stellt”.