Archiv für Juli 2018

Journal Montag, 2. Juli 2018 – Heimatwanderurlaub

Dienstag, 3. Juli 2018

Der freie Montag sollte Wandertag werden: Um den Putzmann seine Arbeit in Ruhe machen zu lassen, wollte ich nicht zu Hause sein, Sport hatte ich aber bereits in den Tagen davor recht ausführlich getrieben. Zunächst dachte ich Richtung Starnberger oder Ammersee, doch beim Laufen am Sonntag kam ich auf die Idee, eben diese Laufstrecke mal zu wandern: Eine andere Gangart würde sicher zu anderen Perspektiven führen, außerdem konnte ich am menschenarmen Montag auch Wege nehmen, die ich wochenends wegen Übervölkerung oder Radlern mied.

Ich stand früh auf, um meinen Morgenkaffee mit Herrn Kaltmamsell teilen zu können, der um 6:45 Uhr das Haus verlassen musste. Mit der gurgelnden und fauchenden Cafetera im Hintergrund holte ich die Zeitung herein.

Wieder mal schaffte es die Süddeutsche, echte Neuigkeiten zu servieren, da waren ein paar Leute draußen am Leuchtenbergring für die Stadtausgabe ganz schön lang aufgeblieben.

Nach Bloggen, Duschen, Altglaswegbringen cremte ich mich dem wolkenlosen Sonnentag angemessen mit Sonnenmilch ein.

Wanderfertig!
Ja, in kurzen Hosen. Auch auf dem Fahrrad zum Start. Auch anschließend beim Einkaufen. Und ob sie’s glauben oder nicht: Niemand hat auf die Textur meiner Oberschenkel geachtet, die exakt die einer normalen 51-jährigen Frau ist. MUHAHAHAHA!

Das Wandern selbst war durchmischt. Mir war leider schwindelig, auch nach der Brotzeit und auch im Schatten, manchmal glaubte ich zu torkeln und hatte arge Probleme, einen klaren Gedanken zu fassen. Doch die Ausblicke waren schön, das Licht strahlte verzaubert, ich begegnete nur wenigen Menschen.

Auch an anderen Stellen der Luitpoldbrücke waren Zettel in dieser Formation angebracht, alle mit beruhigenden Worten.

Am Isarkanal, der am Föhringer Wehr beginnt, kam mir ein Dutzend halbwüchsiger Enten auf dem Wasser entgegengerannt, als sei der Teufel hinter ihnen her.

Es war dann aber nicht der Teufel, sondern ein Boot der Feuerwehr, die mit ein paar Wagen dastand und übte (im weitesten Sinn).

Ich ließ mich am Ufer nieder zu einem Frühstück (Laugenzopf, Nektarinen) mit Aussicht.

Am Poschinger Weiher (so weit bin ich erst zwei oder drei Mal gejoggt, zuletzt vor Jahren) kreuzte ich die Isar und ging auf der anderen Seite zurück.

Übrigens habe ich hiermit für mich das Sandalenwandern entdeckt. Warum das Wandern und kein Spaziergang war?
– Vier Stunden und 19 Kilometer sind kein Spaziergang.
– Ich hatte Brotzeit dabei.

Die vergangenes Jahr gekauften Langstreckensandalen haben sich hiermit in dieser Funkion bewährt: Nicht mal der Hauch einer Blase oder reibenden Stelle. (Was ich beim Zu-Bett-Gehen allerdings entdeckte: Sandalenwandern macht sehr schmutzige Füße.)

Vom Friedensengel aus radelte ich in die Maxvorstadt und holte mir nach Langem mal wieder ein Eis bei Ballabeni: Schoko-Ingwer war sehr gut, Pistazie angemessen, das Kokos-Probiererl definitiv eines der besseren seiner Art.

Auf dem Heimweg Einkaufsabstecher.

Herr Kaltmamsell kam abends nach einem heftigen Arbeitstag heim, es gab Reste. Schrödingers Innenministerium hatte sich bis zum Schlafengehen immer noch nicht geklärt.

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Mehr als ich je über Klapperschlangenbisse wissen wollte. Ungefähr 200 Prozent mehr. Aufgeschrieben von einem Überlebenden eines Klapperschlangenbisses.
“A Rattle with Death in Yosemite”.

aus den instagram-Kommentaren zu einer Wanderbegegnung

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Kulturwissenschaftlerin Asal Dardan schreibt in der Zeit:
“Die Politisierung der Tränendrüse”.

Darum geht es ihr:

Wir alle sind verletzlich, aber wir sind nicht alle gleich: Wer in Opferdiskursen nicht differenziert, handelt politisch verantwortungslos.

Wie so oft hilft eine historische Perspektive:

Emanzipatorische Bewegungen lösen Gegenbewegungen aus, weil manche Menschen sich schon dadurch in ihrer Freiheit bedroht sehen, das sie auf andere ausgeweitet werden soll.

(…)

Wie der Politiktheoretiker Corey Robin in seiner Analyse konservativen Denkens The Reactionary Mind ausführt, sind solche Formen der Viktimisierung oder Selbstviktimisierung keine Folgeerscheinung der so oft diffamierten politischen Korrektheit. Im Gegenteil sind sie ein wesentlicher Bestandteil rechter Narrative. Seit der Französischen Revolution waren Konterrevolutionäre, Monarchisten und Konservative von der Angst geplagt, sie könnten von Linken gegängelt und unterworfen werden. Wie die politischen Machtverhältnisse wirklich waren, hatte auf diese Wahrnehmung kaum Einfluss.

Bezogen auf die aktuellen Debatten heißt das:

Strukturelle Gewalt bedarf keiner Täter im Sinne von einzelnen handelnden Personen, um Menschen in ihrem Leben zu beeinträchtigen und ihnen unnötige Opfer abzuverlangen. (…) Im Kontext struktureller Gewalt bedeutet Schuld nicht, Privilegien innezuhaben, sondern diese nicht zu reflektieren. Ein weißer Mann, wie er auch von Neft angeführt wird, ist selbstverständlich nicht sofort Täter oder Mittäter, nur weil er ein weißer Mann ist. Hört er aber jenen, die keine weißen Männer sind, nicht zu, und denkt nicht darüber nach, was es wohl gesellschaftlich bedeutet, ein weißer Mann zu sein, stabilisiert er ein System, das anderen schadet. Kein einzelner Mensch trägt kausale Schuld an systemischem und strukturellem Unrecht. Wer sich aber weigert, sich als Teil einer historisch gewachsenen gesellschaftlichen Struktur zu sehen, die eben nicht von Gott oder der Natur gegeben ist, der trägt die moralische Schuld, Unrecht nicht anerkannt und nichts dagegen getan zu haben.

(…)

“Das geht zu weit” ist neben “Es muss auch mal gut sein” der Slogan der Nicht-Betroffenen, die außer ein bisschen Ungestörtsein nichts verloren haben.

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Im März 2017 gab es bei der Münchner Müllabfuhr fünf Frauen. In Berlin gibt es keine. Jutta Allmendinger (ja, genau die) ist Aufsichtsrätin der Berliner Stadtreinigung und wehrt sich gegen die Behauptung, der Job sei für Frauen zu schwer – unter anderem, indem sie einen Tag mitarbeitete. Hier ihr Bericht im Tagesspiegel:
“Eine Frau geht unter die Müllmänner”.

Journal Sonntag, 1. Juli 2018 – Beerensonntag

Montag, 2. Juli 2018

Nach guter Nacht früh augewacht und aufgestanden. Am Vorabend hatte ich Joghurt angesetzt, gestern Morgen stellte ich fest, dass er misslungen war: Ich sah nur flockige Suppe. Nachdem ich sie durch ein Tuch abtropfen ließ, hatte ich eine Hand voll eher Quark, das war zumindest essbar.

Wolkenlose Sonne, doch für Morgenkaffe auf dem Balkon war es definitiv zu kühl. Ich plante einen Isarlauf, doch erst, wenn es ein wenig wärmer geworden war.

Die Waschmaschine lief mit meiner Bettwäsche, ich nahm mich der geschenkten Beeren der Nachbarin an. Johannisbeeren mögen sowohl Herr Kaltmamsell als auch ich nur als Gelee (vielleicht noch als Sirup). Da ich gestern fürs Entsaften keine Zeit hatte, streifte ich die Beeren nur von den Rispen und fror sie ein.

Dabei entdeckte ich einen blinden Passagier.

Auch um halb elf war es noch deutlich unter 20 Grad kühl, aber jetzt wollte ich los: Mit dem Rad zum Friedensengel, Rad abgestellt, isarabwärts gelaufen. Ging gut, die Sommerfarben blau und grün machten mich ganz trunken.

Der Friedensengel (!) unterm Europaplatz (!) schien mir gestern bereits genervt vom Maximilianeum weg zu schaun.

Zum Frühstück gab’s Quiche vom Vorabend, dann kümmerte ich mich um die Stachelbeeren.

Stachelbeeren hatte ich schon so lange nicht mehr gegessen, dass ich mich nicht mehr an das letzte Mal erinnern konnte. In meiner Kindheit gab es sie im Garten von Elternfreunden, ich aß sie direkt vom Busch, genauer: Ich zuzelte die Schale aus, die ich wegwarf, weil sie mir zu sauer war.

Den größten Teil der Beeren verarbeitete ich zu einem English Gooseberry Cobbler aus dem Sommerkochbuch von Delia Smith.

Der Teig war nicht ganz durchgebacken, obwohl oben bereits sehr braun – beim nächsten Mal würde ich an Temperatur (niedriger), Backort (nicht wie angewiesen oben im Ofen), Backzeit (länger) schrauben. Nur dass es sehr wahrscheinlich kein nächstes Mal gibt, denn, wie soll ich sagen: Vielleicht mag ich Stachelbeeren dann doch nicht. Es hatte gute Gründe, dass ich sie als Kind auszuzelte, sie sind mir zu sauer, dagegen kommt keine Menge Zucker an.

Die restlichen Stachelbeeren kochte ich zu Kompott, mit Zucker, Vanilleschote und einem Schuss Brandy, ein wenig mit Stärke angedickt. Zu meiner Überraschung schmeckte mir das sehr gut. Ich weiß also, was ich mit weiteren geschenkten Stachelbeeren machen würde.

Herr Kaltmamsell musste heftigst arbeiten, er entschuldigte sich mehrfach, dass er mich mit den Beeren allein ließ. No na, das kommt ja wirklich selten vor, noch dazu kochte er unser Abendessen: Ich hatte ihm diesen Link geschickt mit der Bitte “Kochst du das für mich?”. Und das machte er. Köstlich, die Zitronenpolenta ist eine ganz ausgezeichnete Idee.

Abends klärten sich noch Details meiner Übernachtungen in Klagenfurt, jetzt kann ich mich unbelastet freuen. (Allerdings muss mir noch einfallen, was ich drei Stunden lang mit Koffer zwischen Ankunft und Wohnungsbezug in Klagenfurt anstelle.)

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Die New York Times erklärt Bayern zum Texas Deutschlands. Danke CSU.
“Bavaria: Affluent, Picturesque — and Angry”.

Bavaria may seem an unlikely home for populism. Nearly a third of Germany’s blue-chip listed companies are based here, unemployment is below 3 percent and economic growth has exceeded that of other German regions for the past eight years.

A melting pot of Slavic and southern European influences for centuries, Bavaria has also been more successful than many other German regions at integrating newcomers. Munich, for example, is far more multicultural than Berlin.

As Wolfgang Jirschik, mayor of Baierbrunn, a small village in the Isar valley near Munich put it: “There is no need to make Bavaria great again. It is already pretty great.”

(…)

“This is not about economics,” said Gerald Knaus, the director of the European Stability Initiative, a Berlin-based think tank. “It is about identity and a very successful populist P.R. machine that is rewriting recent history.”

In the fall of 2015, Bavaria was on the front line of Germany’s migrant crisis, processing tens of thousands of newcomers a day along its 500-mile border with Austria and earning worldwide praise for the humanity and efficiency with which bureaucracy and volunteers worked hand in hand to meet the challenge.

Refugees were welcomed with applause at train stations. Sport halls were transformed into makeshift camps. Soup kitchens were manned by local residents.

But three years later, the mood has shifted, particularly in areas close to the border where the far-right Alternative for Germany, or AfD, has made the most of its gains.

(…)

“Bavarian nationalism has been a tolerated form of nationalism since 1945,” said Klaus Reichhold, who runs a cultural institute in Munich and has written about Bavarian folklore. “You could always bypass the German taboo on nationalism by being Bavarian.”

Letzteres finde ich eine besonders interessante Beobachtung.
Allerdings lässt dieser NYT-Artikel die jüngsten Umfragergebnisse unerwähnt, nach denen 39% der befragten Wählerinnen und Wähler in Bayern die CSU als derzeit größtes Problem ansehen.

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Ein Twitterfaden erzählt ein Kapitel englischer gay history. Es beginnt mit einem Dachbodenfund.

via @spreeblick

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Diversity-Coach Robin DiAngelo erzählt von ihren Erlebnissen:
“How White People Handle Diversity Training in the Workplace”.

Confronted with their own shortcomings, white employees often shut down the dialogue—or frame themselves as victims.

Sie nennt einige Beispiele und folgert:

White fragility functions as a form of bullying: “I am going to make it so miserable for you to confront me — no matter how diplomatically you try to do so — that you will simply back off, give up, and never raise the issue again.” White fragility keeps people of color in line and “in their place.” In this way, it is a powerful form of white racial control.

Ich musste fast lachen, weil ich diese Mechanismen bei jedem der wenigen Male erlebt habe, wenn ich mich traute, jemanden auf rassistische Aussagen oder auf rassistisches Verhalten hinzuweisen – ohne dabei auch nur einmal das Wort selbst zu verwenden: Heftigstes Verteidigungsgefuchtel mit teilweise superrassistischen Argumenten, warum er/sie auf keinen Fall jemals rassistisch sein könne – von der Behauptung, Andersfarbigkeit gar nicht wahrzunehmen, bis zu Kompliment-Absicht.

Journal Samstag, 30. Juni 2018 – Sommerfreibadsamstag und Beifang aus dem Internetz

Sonntag, 1. Juli 2018

Jajaja: Alkohol wieder mit Migräne bezahlt. Sie schlug erst um 5 Uhr morgens zu, Triptan half schnell und ließ mich schlafen.

Nachdem der erste Balkonkaffee schon im April passiert war, dauerte es zwei Monate bis gestern zum zweiten: Morgens war es dafür einfach immer zu kühl gewesen.

Eigentlich hatte ich ordentlich Muskelkater in Bizeps, Trizeps und Brustmuskulatur von Freitagmorgen. Aber ich hatte mich halt schon so aufs Schwimmen gefreut und das Wetter war mild und sonnig – also ging ich auch zum Schwimmen (Rücken eingecremt von Herrn Kaltmamsell).

Ich spazierte durchs Glockenbachviertel Richtung Schyrenbad und stellte fest, dass Tag der Hofflohmärkte war, schon um halb elf sehr gut besucht.

Im Freibad selbst war’s eher ruhig, ich zog meine Bahnen bis 3.000 Meter im Sonnenschein gemütlich (nur einmal verschluckt wegen eines Langstreckenertrinkers auf der Nebenbahn, nur einmal Fußtritt in den Oberarm von der Nebenbahn, nur einmal kurz Krampf in der linken Wade).

In der Umkleide trocknete und sonnencremte ich mich, wechselte den Bikini. Das Wärmen und Sonnen mit Musik in den Ohren auf der Liegewiese funktionierte allerdings nicht ganz, da immer wieder große Wolken die Sonne verschatteten.

Auf dem Rückweg (Hofflohmärkte in vollem Schwung) kehrte ich in einen Supermarkt ein, um die Zutaten fürs Abendessen zu besorgen: Herr Kaltmamsell verbrachte den Samstag auf Geschäftsreise, endlich durfte ich mal wieder kochen: Ich plante eine bewährte Ricotta-Tomaten-Quiche mit grünem Salat.

Daheim erst mal Frühstück, dazu Lektüre des freitäglichen SZ-Magazins (übrigens schon wieder ein Männerheft – vielleicht sollte es einfach parallel ein SZ-Frauenmagazin geben?). Sehr berührt hat mich das Portrait von Michael Mronz (€), des Witwers von Guido Westerwelle.

Duschen, körperpflegen, anziehen, Quicheteig zubereiten, dann noch eine Runde Lebensmitteleinkäufe.

Während ich in der Küche werkelte, klingelte es an der Tür: Die Nachbarin fragte, ob wir Beeren aus ihrem Schrebergarten brauchen könnten, sie verreise für ein paar Tage und könne sie nicht verwerten. Aber gerne! Und so kamen wir zu je einer großen Schüssel rote Johanninbeeren und Stachelbeeren. Mal sehen, was aus ihnen wird.

(Jaha, Glasteller.) Das Abendessen wurde gut, wenn auch die Quiche-Füllung stabiler hätte sein können. Den passenden Weißwein dazu verkniff ich mir.

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Nochmal zurück zu belegbaren Problemen in unserer Gesellschaft, diesmal Wohnungsbau. Christian Holl schreibt fürs Stadtbaumagazin Marlowes:
“Neues vom Herz, der miesen Gegend”.

via @MaikNovotny

Langfristige Stabilität heißt aber nicht nur, Boden zu sichern, es hieße auch, sich nach Bauherren und Anbietern umzusehen, die mit höherer Wahrscheinlichkeit die Gemeinwohlorientierung, die das Baugesetzbuch vorsieht, auch einlösen. Dort heißt es im ersten Paragrafen unter anderem: „Die Bauleitpläne sollen (…) eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten.“ Die Kommunen müssen gestärkt werden, Genossenschaften, Stiftungen, Vereine, Akteure wie das Mietshäusersyndikat sind mehr zu fördern, neben der Konzeptvergabe gilt es, Instrumente so zu nutzen, dass die Gemeinwohlorientierung auch überprüft werden kann. Eine auf viele kleinere Eigentümer gestützte Struktur ist zudem weniger anfällig gegenüber Marktschwankungen und den unkalkulierbaren Unternehmensentscheidungen – den Markt entsprechend zu diversifizieren hieße auch, die Praxis der Kreditvergabe anzupassen. Die Realität ist freilich die, dass Großinvestoren steuerlich bevorzugt werden – warum eigentlich, Herr Seehofer?

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Antje Schrupp notiert:
“Zehn Fragen und Antworten über Frauen und Politik”.

Ich picke mir daraus diese Antwort auf eine Frage, die auch ich immer noch und ständig höre – selbst von Frauen, die selbst Opfer dieses Systemfehlers sind.

Halten Sie in dem Zusammenhang eine Frauenquote für sinnvoll? Oder sollte nicht in erster Linie die Kompetenz eine Rolle spielen? Ist so eine Quote in der Wirtschaft anders zu beurteilen?

Die Gegenüberstellung von „Kompetenz“ versus „Quote“ ist falsch, weil ohne Quote ja systematisch weniger kompetente Männer bevorzugt werden, allein weil sie Männer sind und besser zum „System“ passen. Eine Quote würde also meiner Ansicht nach eher mehr als weniger Kompetenz in die Parlamente bringen. Trotzdem glaube ich nicht, dass dadurch das grundsätzliche Problem gelöst würde, weil eine Quote dazu tendiert, diejenigen Frauen in Ämter zu bringen, die am wenigsten verändern wollen. Manchmal fordere ich deshalb halb im Scherz eine „Feministinnenquote“.

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Das US-amerikanische Frauenfitness-Magazin Self erscheint mit dem sehr dicken Modell Tess Holliday als Cover, begleitet von der Schlagzeile: “Tess Holliday’s Health Is None of Your Business.” Body positivity-Aktivistin Lesley Kinzel schreibt auf, warum das wirklich ein großer Schritt ist:

“In A World Of Watered-Down ‘Body Positivity,’ The Tess Holliday Self Cover Is A Radical Choice”.

Fat bodies are, after all, still perceived as public property ― reach a certain stage of fatness and you will rapidly learn that people feel entitled if not compelled to tell you what you are doing wrong, even if you are total strangers, because being that fat evidently means you cannot be trusted with your own body and are in need of outsiders to instruct you on the finer points of body-having.

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Gut formulierte Loblieder auf den Lokaljournalismus möchte ich immer mitsingen und verlinken. Doch nach dem Mord an fünf Angestellten der Lokalzeitung Capital Gazette im US-amerikanischen Annapolis haben sie ein ganz neues Gewicht:
“The Capital Gazette Shooting and the True Value of Local Newspapers”.

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Schöne Bilderserie des Blog-Urgesteins Camp Catatonia:
“Über Zwei- und Dreiräder in Beijing”.