Journal Montag, 27. August 2018 – Morgenkälte, Abendschwüle und Beifang aus dem Internetz
Dienstag, 28. August 2018 um 5:44Endlich mal wieder richtig gut geschlafen (hochdosiert Ibu vorm Zu-Bett-Gehen gegen Mentruationskrämpfe), hätte ruhig länger sein dürfen.
Zum Morgenkaffee musste ich inzwischen wieder das Licht anschalten, wenn auch nur für die ersten 15 Minuten. Dennoch mit nackten Beinen und ohne Jacke aus dem Haus gegangen: Laut Wettervorhersagen wird in den nächsten Tagen nochmal ein bisschen Sommer nachgeschoben, der Gedanke musste zum Wärmen reichen.
Auf dem Heimweg war es dann auch überraschend schwülwarm. Ein wenig Lebensmitteleinkäufe, ein wenig Bank.
8 – 9 – 10
Abend allein daheim, Herr Kaltmamsell besuchte einen Freund. Ich machte mir Ernteanteilsalat sowie Nudeln mit Ernteanteil-Zucchini und Karottengrün-Pesto, das Herr Kaltmamsell im Kühlschrank hinterlassen hatte. Alles sehr köstlich, ich freute mich über die Idee eines Tahini-Dressings.
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Mir wird ganz kalt:
“Studien zeigen: Schon Mädchen glauben, dass sexuelle Belästigung ganz normal ist”.
Es macht etwas mit dem eigenen Selbstbewusstsein, wenn du immer und immer wieder über Jahre und von allen möglichen Personen – seien es Fremde oder Menschen, die dir näher stehen – auf deine Sexualität und deinen Körper reduziert wirst. Man vergisst, dass man ja so viel mehr ist als diese äußere Hülle. Unsere sexualisierte und herablassende Kultur gegenüber Frauen verursacht kollektive Schäden am Selbstwertgefühl von Frauen und Mädchen – und das hat Folgen für das, was sie für sich selbst und gesellschaftlich erreichen können. Denn wenn ich mich wieder einmal darüber ärgere, dass ich als Schlampe bezeichnet wurde, wenn ich jemanden in der S-Bahn wegschubsen muss, weil er zu nah kam, wenn ich beim Joggen im Park Angst habe, dann kann ich mich in diesem Moment nicht auf das einlassen, was mir wichtig ist: einen schönen Gedanken, eine kluge Idee, einen Traum. Sexuelle Belästigung raubt Lebenszeit.
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Eine Studie der American Association of University Women (AAUW) hat aber gezeigt, dass schon Kinder beginnen die frauenfeindlichen Mythen unserer Kultur zu verinnerlichen. Sie geben sich selbst die Schuld oder den Mädchen, die belästigt werden.
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Hinzu kommt, dass die Kinder und Teenager nur selten mit erwachsenen Vertrauenspersonen darüber reden. Nur 12 Prozent der Mädchen und 5 Prozent der Jungen wandten sich an Lehrerin oder Lehrer, 27 Prozent sprachen mit Familienmitgliedern (Eltern oder Geschwister) und 23 Prozent mit Freundinnen oder Freunden darüber. 50 Prozent der Befragten sagten jedoch, dass sie nach dem Vorfall überhaupt nichts unternommen haben.
Ich wiederhole: Redet nicht nur mit den Mädchen, wie sie sich schützen können – erzieht vor allem eure Buben! Denn, nein: Die Welt ist nicht halt so.
Sexuelle Beleästigung wird nie davon weggehen, dass Mädchen und Frauen nicht allein auf die Straße gehen, nachts daheim bleiben, sich verhüllen, brav und folgsam sind oder Selbstverteidigungskurse besuchen.
Sexuelle Belästigung hört erst auf, wenn Buben und Männer nicht mehr belästigen!
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Wir Fußvolk sammeln Lieblingstweets, Katrin Scheib sammelt Lieblingsthreads.
“Die besten Threads aus dem August”.
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Sprachforschung! Bitte helfen Sie, regionale Rede zu erforschen und nehmen Sie an dieser Umfrage der Uni Marburg teil.
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Die Zeit schreibt über Siegmund Jähn, den ersten Deutschen im All:
“Warum ist dieser Mann kein Held?”
Es geht ziemlich ans Eingemachte der deutschen Wiedervereinigungsgeschichte.
die Kaltmamsell6 Kommentare zu „Journal Montag, 27. August 2018 – Morgenkälte, Abendschwüle und Beifang aus dem Internetz“
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28. August 2018 um 8:08
Danke für den Link zur Regionalsprachen-Survey!
Dialekte gehen so schnell verloren … als ich in der Schule war, hat ein Lehrer ein Projekt gestartet bei dem er Schüler aus den unterschiedlichen Dörfern Sätze in Dialekt hat lesen lassen, um zu zeigen, wie sehr sich die Sprache schon innerhalb von zehn Kilometern unterscheiden kann. Da ich an der Rheinfränkisch/Alemannisch-Sprachgrenze aufgewachsen bin, war das zum Teil wirklich erheblich!
28. August 2018 um 13:00
Danke fuer den Hinweis auf Sigmund Jaehn. Im Zusammenhang mit ost— und westdeutscher Erinnerungskultur erlaube ich mir, den neuen Film von Andreas Dresen ueber Gundermann zu empfehlen. Vermutlich kennen ihn auch die meisten Ostdeutschen, aber niemand im Westen.Ach, die Liste ist endlos, vor kurzen gab es auf twitter eine Sammlung ostdeutscher KinderbuchautorInnen…
28. August 2018 um 16:10
Danke für den Link zur Sprachstudie, das hat gerade viel Spaß gemacht. Unter anderem, weil: wenn Anna schon kocht, soll doch bitte Otto das Fleisch selbst einkaufen und Bruno soll sich nicht so haben, dass sein Sohn (noch) nicht ans Heiraten denkt;-).
Der Link zum Thema sexuelle Belästigung hat mich mal wieder sehr nachdenklich gemacht: warum solidarisieren wir Frauen uns nicht mehr? Warum habe ich im 21. Jahrhundert noch männliche Kollegen, die sich sorgen, weil ihr nächstes Kind ein Mädchen ist, “weil man auf die ja mehr aufpassen muss”?. Still a long way to go…
28. August 2018 um 18:09
Ja ich hätte gerne dass Mädchen nicht ermuntert werden sich mit einem Kopftuch zu verhüllen sondern sich ganz normal wie hier üblich kleiden. Der konservative Teil der zugewanderten Männerwelt wollen die Frauen von ihrer Erziehung her in gut (Kopftuchträgerin) und böse (die darf Mann ja belästigen) einteilen. Da ist eine Umerziehng notwendig.
28. August 2018 um 19:45
Die konservativen Zuwanderer, Defne, sind ja nur ein kleiner Bruchteil der Belästiger – die haben sicher nicht diese Kultur geschaffen, in der schon Kinder die Schuld für sexuelle Belästigung bei den Mädchen sehen.
Das eigentliche Problem ist unsere ureigene Kultur hierzulande, in der Frauen auf vielfältigste Weise gedemütigt werden (siehe Kommentar von Elisabeth). Die meisten Übergriffe finden im engsten Umfeld statt: Schule, Arbeitsplatz, Familie. Das muss aufhören.
28. August 2018 um 21:14
So seh ich das auch, Frau Kaltmamsell. Mir wird immer ganz übel, wenn ich daran denke, dass statistisch gesehen in jeder Schulklasse ein Missbrauchsopfer sitzt, aber die alltägliche Abwertung von Mädchen passiert viel beiläufiger, das erlebe ich gerade als Ethiklehrerin leider immer noch oft. Defne, Ihre Meinung zum Kopftuch teile ich zwar nicht (weil wir damit wieder die Frauen in eine Opferrolle drängen und ich kenne SEHR emanzipierte Frauen mit Kopftuch), aber in stimme schon zu, dass Jungs mit Migrationshintergrund eher zu traditionellen Rollenbildern neigen, weil ihnen diese daheim vorgelebt werden. Der Spagat zwischen zwei sehr unterschiedlichen Rollenmodellen ist wirklich nicht einfach, das ist eine unserer großen gesellschaftlichen Herausforderungen.
Da fällt mir ein: hat jemand der geneigten LeserInnenschaft Lektüreempfehlungen bezüglich der Entstehung des Patriarchats? Die Frage beschäftigt mich schon länger und mit den bekannten Theorien (Sesshaftwerdung der Menschen, Absicherung, dass der eigene Nachwuchs wirklich von einem bestimmten Mann stammt etc.) bin ich leider nur vage vertraut, daher wäre ich sehr dankbar für Lesetips. Liebe Grüße:-)