Archiv für August 2018

Journal Sonntag, 19. August 2018 – Das angebliche Unsichtbarwerden alternder Frauen / Sugo eingekocht

Montag, 20. August 2018

Im aktuellen SZ-Magazin der gefühlt (und genau in diesem Bereich befinden wir uns ja: gefühlte Wahrheit) achtausendunddritte Artikel darüber, wie eine Frau wahrnimmt, durchs Altern unsichtbar zu werden (€):
“Von der Bildfläche verschwunden”.

Und ich kann das immer noch nicht bestätigen, mit 51 Jahren, mit meinen Falten, meinen grauen Haaren und meiner Matronenfigur keinen Tag jünger aussehend. Nun weiß ich, dass ich sehr vorsichtig mit diesem Reflex sein muss: Nur weil ich bestimmte Erlebnisse von Menschen aus meiner Bevölkerungsgruppe nicht kenne, heißt das noch lange nicht, dass etwas mit deren Wahrnehmung nicht stimmt. Denn möglicherweise bin ich die eine rare Ausnahme, möglicherweise habe ich einfach Glück.

Doch dann lese ich bei Autorin Susanne Schneider eine Passage, die ich auch aus allen anderen Artikleln mit diesem Tenor kenne:

Ich war, das darf ich wohl so sagen, früher sehr hübsch.

(…)

Ich mag Mitte vierzig gewesen sein, als ich in der S-Bahn saß und dachte: Irgendwas ist anders als früher. Es dauerte, bis ich dieses wabernde Gefühl bennenen konnte. Dann wusste ich es. Männer schauen mich nicht mehr an. Ich hatte ihre Attraktivitätszone verlassen.

In dieser Zone befand ich mich nie.

Da wir uns hier im reinen Feuilletonisieren ohne Evidenz befinden, behaupte ich hiermit einfach mal: Es sind die hübschen, gesellschaftlich akzeptiert attraktiven Frauen, die sich mit dem Altern unsichtbar werden fühlen – nicht etwa alle Frauen. Munter erkläre ich mir das herbei: Hübsche Frauen haben gelernt, auf ihrem Attraktivitätsticket durchs Leben zu kommen – und das funktioniert jetzt nicht mehr. Wir anderen Frauen, die dieses Ticket nie besaßen, bewegen uns mit Methoden und Techniken in der Gesellschaft, die nicht durch Falten und graue Haare unwirksam werden. Und so lachte am Freitag der zuvor mufflige Fischverkäufer beim Herüberreichen meiner Doraden doch noch zurück und wünschte ein schönes Wochenende. So lud mich die Barista am Tag vor ihrem Jahresurlaub auf den eben bestellten Capuccino ein. So habe ich bis heute keine Schwierigkeiten, von Kellnern und Kellnerinnen bemerkt zu werden.

Dennoch ist es natürlich unfair, dass hübsche Frauen nach ihrem Marktwert behandelt werden. Ich stoße mich aber daran, dass sie glauben, für alle Frauen zu sprechen. Im Abbinder erwähnt Susanne Schneider ein Abiturtreffen. Meine Idee: Sie könnte beim nächsten gezielt die ehemaligen besonders unhübschen Mitschülerinnen fragen, ob sie das mit dem Unsichtbarwerden so empfinden wie sie.
(Nachtrag: Der vorhergehende Absatz war missverständlich formuliert, ich habe “Meine Idee:” ergänzt.)

§

Auch gestern traute ich mich wegen meiner Nerven drückenden Bandscheiben nicht, Schwimmen oder Laufen zu gehen. Ich lebte meinen Bewegungsdrang statt dessen gelenkschonend auf dem Crosstrainer aus – fühlte mich aber auch auf diesem ungewohnt unfit und schloss das Strampeln mit hochrotem Kopf.

Während meiner Trainigseinheit war die Waschmaschine gelaufen. Als ich im Wohnzimmer die Wäsche aufhängen wollte, entdeckte ich ein Rotkehlchen, das durch die offene Balkontür hereingeflogen war. Ich rief Herrn Kaltmamsell, und ganz vorsichtig schlossen wir die Zimmertür, öffneten alle Fenster, näherten uns langsam und gezielt dem Vögelchen. Nach wenigen Versuchen bewegten wir es zum Rausfliegen. Es hatte auch nur ein bisschen vor Angst aufs Fensterbrett geschissen.

Nach einem schnellen Mittagessen nahm ich mit Herrn Kaltmamsell eine U-Bahn nach Obergiesing:

Wir vom Kartoffelkombinat kochten in einer Schulkantinenküche wieder Sugo ein. Sie erinnern sich vielleicht: Um zum einen die Ernteflut im Hochsommer zu verarbeiten, zum anderen für die dunklen, Frischgemüse-armen Wintermonate vorzusorgen, kochen wir nun schon im fünften Jahr an einigen Wochenenden gemeinschaftlich Tomatensugo – pur, mit Kräutern oder mit anderem Gemüse drin. Vergangenes Jahr hatte ich ja erstmals beim Kochen selbst und beim Abfüllen mitgeholfen, dieses Jahr gesellte ich mich lieber wieder zu den Schnipplerinnen. Und so zerteilte ich dreieinhalb Stunden lang Tomaten und zupfte anderthalb Stunden lang Oregano- und Thymianblättchen. Ich lernte wieder äußerst sympathische und interessante Kombinatlerinnen kennen und freute mich an der Kibbuz-Atmosphäre (nicht dass ich jemals in einem Kibbuz gewesen wäre).

Als die Abendschicht eintraf, bat die Organisatorin der Einkochaktion Herrn Kaltmamsell (der diesmal für Beschaffen, Sterilisieren und Anreichen der Schraubgläser zuständig war), die Neuen einzuweisen und herumzuführen. Und bekam den Mund vor Verblüffung nicht mehr zu, als sich der stille, unauffällige Mann, der mit der Farbe der Wand hinter ihm verschmolzen war, von einem Moment auf den anderen in den greatest showman verwandelte und mit ausladenden Gesten sowie tragender Stimme den Trupp durch die einzelnen Stationen führte – er hatte halt auf Lehrer-Ich umgeschaltet.

Danach spazierte ich mit Herrn Kaltmamsell nach Thalkirchen und zum Flaucher-Biergarten. Es war überraschend heiß geworden.

(Aus der Reihe Versehensbilder meiner Füße.)

Einen Wurstsalat, ein halbes Hendl, eine Riesenbreze und zwei Radlermass später spazierten wir in der Abenddämmerung nach Hause.

§

Herr Buddenbohm beobachtet Menschen beim Herumlungern.
“27, 52”.

Auch ich freue mich immer, wenn ich Herumlungern beobachte, allerdings ausschließlich in Wohnblockgegenden, also bei Besuchen bei den Schwiegers. Ganz besonders freue ich mich, wenn ein Mofa Teil der herumlungernden Gruppe ist, dann sieht es wirklich ganz so aus wie in meiner Jugend. Nur dass ich selbst nie Teil einer Herumlungergruppe war, die bestanden in der Wohnblockgegend meiner Kindheit und Jugend aus Menschen, mit denen ich nicht nur nichts zu tun hatte, sondern die ich aktiv mied (u.a. weil da schon mal ein Messer aufblitzte). Statt dessen war ich bei den Pfadfinderinnen, im Jugendchor, bei Spielenachmittagen, ratschte strickend und Tee trinkend viele Stunden mit Freundinnen durch. Meine Abgründe musste ich ganz allein graben.

§

Hintergründe zum US-amerikanischen Wahlsystem:
“Zehn Gründe, warum die US-Demokratie in größter Gefahr ist”.

Journal Samstag, 18. August 2018 – Samstägliche Tüchtigkeit

Sonntag, 19. August 2018

Gut und ausgeschlafen (nur vereinzelt Aufwachen durch Schmerzen beim Umdrehen), es war spät und damit warm genug für Morgenkaffee auf dem Balkon. Doch es bewölkte, und so beschloss ich, dass es vernünftig sei, das geplante Schwimmen zu lassen und nur ein bisschen Rumpfgymnastik zu machen. So geschah es, und ich hatte dadurch Zeit, Einkaufen zu gehen: Käse und Eier auf dem Klenzemarkt, Milchprodukte und Wein im Biosupermarkt.

Ich hatte vage mit dem Gedanken an eine Siesta gespielt, doch nach dem späten Frühstück blieb ich dann doch daran hängen, nach vielen Jahren mal wieder meine Blogroll zu aktualisieren. Die stärksten Verluste gab es natürlich unter den alten Antville-Blogs – manche ließ ich trotzdem stehen, vielleicht wachen sie ja wieder auf. Und unter den Foodblogs, deren Zahl auf die Hälfte schrumpfte: Weil sie PR-Blogs geworden sind, nach Pinterest oder Facebook abgewandert, eingeschlafen oder ganz geschlossen.

Und weil ich mich dann eh schon wie Erledigrrrrl fühlte :
– Wanderschuhe gereinigt und gefettet – auf der Wanderung an Mariä Himmelfahrt hatte ich gemerkt, dass das Leder nach dem Vollbad auf der Demo ganz hart war.
– Pflanzen umgetopft/mit frischer Erde versorgt. Alle paar Jahre sehe selbst ich die Notwendigkeit ein. Vorher meist deshalb nicht, weil alles (also die vier bis fünf Zimmerpflanzen der Wohnung) zufriedenstellend grünt und wächst.
– Bei dieser Gelegenheit den Küchenbalkon samt Kommode dort sauber gemacht. Zumindest größtenteils, auf Bodenputzen hatte ich keine Lust. Das reichte allerdings, um mich zu verdrecken und nass zu schwitzen.

Es war doch wieder sommerlich geworden, ich setzte mich zum Lesen auf den Balkon (den nicht gereinigtem Hauptbalkon). Hin und wieder beobachtete ich die Eichhörnchen (ich sehe bis zu drei gleichzeitig), die derzeit von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang emsig sind. Ganz erstaunlich, wie viele Laute Eichhörnchen von sich geben: Glucksen, Keckern, Knacken – ich wüsste gerne, was sie bedeuten.

Zum Abendbrot servierte ich Kaiserschmarrn mit (von Herrn Kaltmamsell aus Fallobst gekochtem) Apfelmus.

§

Eine Apothekerin in Weilheim hat sich entschieden, homöopathische Produkte aus der sogenannten Sichtwahl zu nehmen, es gibt sie also nur noch “nach einer leitliniengerechten Beratung”.
“Apothekerin wirft Homöopathie aus der Sichtwahl”.

Ihre Erklärung:

“Im Kern geht es mir darum, evidenzbasiert, leitliniengerecht und ehrlich zu beraten. Es ist nicht richtig, dass an die Beratung von schulmedizinischen Arzneimitteln und Homöopathika unterschiedliche Anforderungen gestellt werden. Da unbestritten keine wissenschaftliche Evidenz für die Wirksamkeit von Homöopathika vorliegt, ist es meine Aufgabe als Apothekerin das in meine Beratung einfließen zu lassen. Ich trage mit dem Abschluss meines Studiums einen ethischen Kodex in mir und möchte meinen Beruf nach bestem Wissen und Gewissen ausüben. Denn ich glaube, dass sich Ehrlichkeit langfristig gesehen mehr auszahlt als der Eindruck, der Apotheker wolle nur verkaufen.”

Respekt.

§

Die EU-DSGVO hat ja viele groteske Auswirkungen, aber diese ist schon besonders:
Die Website einer Firma hat Schwierigkeiten, weil sie keine Cookies setzt.

Journal Freitag, 17. August 2018 – Bandscheibenspaß und Beifang aus dem Internetz

Samstag, 18. August 2018

Ein frische Sommermorgen mit Bandscheibenspaß: Der Fußweg in die Arbeit wieder höchst interessant. Im Büro bestand der Vormittag hauptsächlich aus Kampf – nämlich um eine Sitzposition ohne grenzwertige Schmerzen in Kreuz und Bein. Aber wie wunderbar, als ich diesen Kampf gewonnen hatte! Auf dem Heimweg aber derselbe Schmerzspaß wie morgens, ich war mit Veratmen beschäftigt.

Daheim machte ich die ersten Handgriffe am Nachtmahl und legte mich dann in Stufenlage auf den Boden. Doch zum ersten Mal verschaffte mir das keine Linderung, sondern verstärkte die Schmerzen – ich hielt nicht mal 15 Minuten durch. Also verlegte ich mich auf Alkohol (Aperol Spritz) und Ibu, was tatsächlich wirkte. Und ich werde zefix dann doch mal wieder zur Hausärztin gehen, vieleicht hat die medizinische Forschung ja eine Sprunginnovation gegen die Auswirkungen von Bandscheibenvorfällen hervorgebracht, die ich noch nicht kenne.

Zum Nachtmahl servierte ich Dorade mit Bulgursalat, schmeckte sehr gut.

Nachtisch war die Panna Cotta vom Vortag – nach Langem war es mir mal wieder passiert, dass sich die Gelatine abgesetzt hatte (zu heiß in die Förmchen gefüllt?). Die rote Sauce dazu ist das Johannisbeergelee aus Nachbarinnenfrüchten: Herr Kaltmamsell hatte sich ums Entsaften und Einkochen gekümmert, nur war das Gelee nicht richtig fest geworden.

§

Aus gegebenem Anlass: Früher (TM) kam es schon mal vor, dass man beim Einkaufen etwas im Wagen hatte, das man dann doch nicht haben wollte. Dann ging man damit zurück zum Regal und stellte es dort hin, woher man es genommen hatte. Wann wurde dieses naheliegende Verhalten dadurch ersetzt, dass man diese Ware beim Anstehen an der Kasse ins nächstbeste Regal oder direkt zwischen die Quengelware am Kassenband schob? Das beobachte ich mittlerweile bei jedem zweiten Einkauf. (Einmal schmuggelte ich im Drogeriemarkt einer Frau das Fläschchen Handdesinfektion, das sie ihre Begleitung während des Anstehens extra aus einem entfernteren Regal hatte holen lassen und dann doch in die Quengelware schob, unter ihre sonstige Ware auf dem Kassenband.)

Apropos:
“Shoppers are buying clothes just for the Instagram pic, and then returning them”.
via @tknuewer

§

Die historische Bedeutung von Aretha Franklins Biografie:
“Aretha Franklin’s Revolution”.

Franklin’s 76 years on Earth bookended a grand arc of tumult, letdowns, progress, setbacks, terror, and hope in American history. That in itself might not be a remarkable feat so much as a reminder that all black people older than 53 have seen and lived through hell.

§

Wie eine Elfjährige in Kanada mit einem science project Lokalpolitik machte:
“How One Kid Stopped the Contamination of a River”.

To halt the illegal flow of raw sewage into Nova Scotia’s LaHave River, it took a determined 11-year-old with water samples and a Facebook page.

via @MaikNovotny

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Wenn wir schon mal bei folgenreichen Schulprojekten sind (die Übergänge sind immer das schwerste): Bei einer Recherche für den Geschichtsunterricht fand ein 14-Jähriger in Dänemark das Wrack eines deutschen Kampfflugzeugs aus dem Zweiten Weltkrieg. Inklusive Pilot.
“Boy finds WWII plane with pilot’s remains in cockpit”.

§

Die Tätigkeit des Grabens und die Geschichtswissenschaft führen uns zu folgendem Artikel:
“Kaum Gepinsel, keine Dinos: Grundkurs Archäologie für Journalisten”.

Darin unter anderem das wundervolle Wort Truffel (Archäologenkelle).

§

Und wieder etwas Großartiges, was bislang komplett an mir vorbei gegangen ist: Crosswalk Musical. James Corben, der auf großartigste Weise einen an der Waffel hat, führt berühmte Musicals auf der Straße auf. In den Grünphasen von Fußgängerampeln.
Zum Einstieg empfehle ich:

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/Mmmw4FmDl-s

Und jüngst wirkte Andrew Lloyd Webber höchstselbst mit.

Journal Donnerstag, 16. August 2018 – Wanderurlaubsvorbereitung

Freitag, 17. August 2018

Ein sonniger Tag mit kühlem Morgen (= kein Balkonkaffee).

In der Mittagspause Wanderurlaub weitergeplant. Die Website zum Westerwaldsteig hatte mir alles Nötige zur Verfügung gestellt, ein Büchl dazu habe ich auch schon besorgt. Nur zwei Punkte waren für mich noch offen:
1) Würde ein bestimmter Zug zu einer bestimmten Zeit fahren? (Meine Leib- und Magenwesterwälderin hatte gewarnt.)
2) Am Ende einer Etappe hatte ich keine Unterkunft gefunden, sondern lediglich den Hinweis auf Taxidienste, die zur nächsten Ortschaft mit Unterkunft fahren würden. Gab es da wirklich keine Pension, kein Hotel?
Beides klärte ich in einem Telefonat mit dem ganz zauberhaften Westerwald Touristik-Service:
1) Ja, zu diesem Zeitpunkt sind alle Bauarbeiten auf der Strecke abgeschlossen.
2) Es gibt eine Unterkunft.
Die Wartemusik beim Durchstellen zur Wanderspezialistin: “Ich bin aus’m Westerwald.” (Die überhaupt nicht nach dem einen Westerwälder klingt, den ich mal sehr gut kannte. Aber der ist ja auch ausgewandert.)

Wenn die Unterkünfte stehen, muss ich mich noch nach einem Gepäcktransport umsehen.

Abends auf dem Heimweg ein paar Einkäufe, unter anderem für die Panna Cotta, die ich gestern für Freitagabend zubereitete.

Das Abendessensbild heute für Fleischphobiker: Gemischter Salat aus Ernteanteil.

Zum Nachtisch Schokolade. Ich hatte vergangene Woche im Lindt-Laden am Stachus verschiedenste Sorten Lindor lose gekauft – und stelle seither fest, dass es dafür die falsche Jahreszeit ist: Bei einr Zimmertemperatur von 23/24 Grad sind sie zu weich, aus dem Kühlschrank sind die gefüllten Kugeln zu kalt und hart. Vielleicht sollte Lindt es Ferrero gleichtun und eine Sommerpause für bestimmte Produkte einlegen.

Als Abendvergnügen holte ich eine ZDF-Sendung nach:
“Terra X
Der große Bluff
Meisterbetrüger der Geschichte”.

Die Hauptattraktion: Im dritten Teil spielt die Grande Dame der deutschen Bloggeria mit – Gaga Nielsen! Aber am besten lesen Sie bei ihr selbst.

§

Aretha Franklin ist gestorben. Da ich schon immer eine Musikidiotin war, lernte ich sie erst mit 15 durch ihre Nummer in Blues Brothers kennen. Die Songs des Films konnte ich mitsingen, bevor ich den Film zum ersten Mal sah – der Soundtrack lief Anfang und Mitte der 80er auf allen Partys. Von Aretha Franklin lernte ich aus diesem Film zudem, dass man mit genug Stil sogar Hauspantoffel rocken kann.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/cGXU7268Z50

(Zudem hatte sie eine klare Meinung darüber, wer über ihr Aussehen urteilen durfte und wer nicht.)

Journal Mittwoch, 15. August 2018 – Mariä-Himmelfahrts-Wandern von Kirchseeon nach Aying

Donnerstag, 16. August 2018

Ausgeschlafen bis halb acht, dennoch müde.
Vormittags verschickten wir den ersten Termineinmerker für das große Fest nächstes Jahr an die E-Mail-Kontakte – ich freute mich, wie wenig Bounces dabei waren.

Beim Wimmer holte ich Semmeln für ein mittägliches Frühstück, bevor wir den lange geplanten Wandertag antraten – das Wetter war mit gemischten Wolken und mit Temperaturen in den mittleren Zwanzigern genau richtig dafür.

Wir fuhren mit der S-Bahn nach Kirchseeon, um nach Aying zu gehen (haben wir schon einige Male gemacht).

Aufregendes beim Warten auf die U-Bahn am Sendlinger Tor; der Bahnhof wird ja derzeit und noch eine ganze Weile renoviert: Markierungen der Risse und Löcher auf der Wand gegenüber dem Bahnsteig.

Doch zurück zur eigentlichen Wanderung. Neu war diesmal, dass auf dem einstigen Wanderweg sehr viele Radler unterwegs waren, die Beschilderung ist inzwischen sogar ausschließlich auf Radler ausgelegt. Etwa die Hälfte der Fahrzeuge war motorisiert. Hoffentlich gibt es irgendwann überhaupt noch echte Wanderwege.

Besondere Vorkommnisse: In einem Waldstück blieb Herr Kaltmamsell vor mir abrupt stehen und deutete vor sich: “Die bewegt sich noch!” Eine Kröte lag da auf dem matschigen, moorigen Weg in einer Fahrradspur auf dem Rücken: Wir drehten sie mit einem Stecken um, gossen Wasser dabenen. Sie bewegte sich ein wenig, sah aber immer noch seltsam verknotet aus. Ich hob sie auf die Seite neben dem Weg, damit sie nicht überfahren wurde – und war erstaunt, wie weich sie sich anfühlte.

Besonders fit waren auch wir gestern nicht. Meine Schmerzen hielten sich zwar in Grenzen, doch meine Beine waren sehr schwer und ich atmete nicht so leicht wie sonst.

Unser Ziel nach fast fünf Stunden: Aying.

Der Biergarten in Aying ist von einer so entwaffnenden Idyllizität, dass ihr auch noch so viele Radlwanderer in voller Kunststoffmontur nichts anhaben können.

Das Bier war hervorragend und stand auf Bierfilzln für Geisteswissenschaftlerinnen.

Herr Kaltmamsell bestellte nur ein wenig Leberkäs mit Spiegelei und Kartoffelsalat (gilt in Bayern als Snack), um mir bei meinem Brotzeitbrettl helfen zu können (geht in Bayern mit all dem Käse und Gemüse als vegetarische Mahlzeit durch).

Ich teilte allerdings nicht nur mit ihm, sondern auch mit einer besonders emsigen Wespe.

An einem Nebentisch größere Kinder, die mir aus dem Augenwinkel auffielen, weil sie nicht mit Messer und Gabel umgehen konnten, sondern beides geradezu körperverletzlich mit der Faust bedienten. Ganz im Gegensatz zu dem ziemlich kleinen Kind an einem anderen Nachbartisch, das vergnügt und manierlich seinen Kaiserschmarrn mit Apfelmus gabelte. (Keine Zivilisationsuntergangszenarien hier: Auch in meiner Kindheit gab es Kinder, die nicht mit Besteck essen konnten.)

Auf dem Weg zum Ayinger Bahnhof entdeckten wir noch ein Marterl – ich liebe diese bayerischen Totengedenken mit Geschichte.

Zurück in München am heimischen U-Bahnhof noch schnell einen Pokémon-Raid mitgenommen, am nächtlichen Vergnügen im Nussbaumpark vorbeispaziert: Es gab gerade sehr schöne Live-Musik.

Das wildesten Erlebnis des Tages hatten wir dann direkt vor unserer Haustür: Ein Sperber kam unter einem parkenden Auto hervor, wo er gerade eine Maus geschlagen hatte. Er flog damit auf eine Brüstung um einen der Bauarbeitercontainer der benachbarten Baustelle und begann zu fressen.

§

George Monbiot schreibt im Guardian darüber, wie er ein Foto vom Strand in Brighton aus dem Jahr 1976 sah und höchst verblüfft bemerkte, wie wenige Menschen darauf dick waren. Er macht sich auf die Suche nach den Gründen – und widerlegt die meisten bisherigen Erklärungen.
“We’re in a new age of obesity. How did it happen? You’d be surprised”.

via @vinoroma

Journal Dienstag, 14. August 2018 – Reise an einen vergangenen Balkan

Mittwoch, 15. August 2018

Frischer Morgen, doch der Regen hatte aufgehört.

Da der Mittwoch einer der abwegigen bayerischen katholischen Feiertage ist, hatte ich mich für den Abend davor mit Herrn Kaltmamsell zum aushäusigen Essen verabredet.

Seit ich ihn kenne, schwärmt er mir von einem damals noch jugoslawischen Lokal seiner Jugend vor, der Sternklause in Augsburg. Dort habe es eine Balkan-Platte von legendärem Umfang gegeben, mit der er und seine Rollenspielfreunde sich ins Fresskoma gefuttert hätten. Jugoslawien versank in einem entsetzlichen Bürgerkrieg, damit verschwand nach und nach auch der klassische “Jugo”, der zur gastronomischen Ausstattung jeder deutschsprachigen Stadt gehört hatte.

Doch es bleiben Spuren. Eine in München entdeckte ich auf den instagram-Bildern von @sammykuffour: Den Damatinergrill beim Prinzregentenplatz. Dorthin führte ich Herrn Kaltmamsell gestern Abend aus.

Die Balkanplatte hieß Dalmatiner-Platte und war eigentlich das langweiligste auf der Speisenkarte. Aber dafür waren wir nunmal gekommen, also bestellten wir sie.

Wir saßen wie alle Gäste des Abends auf der Terasse hinterm Haus, dafür war es warm genug, und tafelten die Platte nieder (bis auf den Tomatenreisbrei “Djuvec-Reis”).

Das Lokal ist komplett aus der Zeit gefallen (wie die Süddeutsche schon 2014 konstatierte) und sieht noch exakt so aus wie die Jugos der 70er und 80er, fast alle Gäste wirkten ähnlich anachronistisch: Als wir eintrafen, herrschten Rentner Marke Kegelklub vor (dass man die in München überhaupt sieht!), erst später kamen jüngere Leute der Generation Undercut plus langer Vollbart. Herrlich.

Fleisch und Ajvar waren sehr gut, die Deko etwas vorgestrig angetrocknet. Am Nebentisch wurde Mokka serviert, vom launigen (freundlichen und flinken) Kellner mit tagespolitischen Kommentaren zur türkischen Lira und Trump begleitet. Den bestellten auch wir.

Auf dem Weg zurück zur U-Bahn bemerkte ich, dass ich diesen sehr hübschen Teil Münchens (und im Grunde ganz Bogenhausen) überhaupt nicht kenne; da werde ich wohl mal gezielt spazieren gehen.

§

Richard C. Schneider erlebt den Nahen Osten in Berlin:
“So kann ein Tag beginnen”.

§

Doch nochmal das leidige Thema Brexit – es geht ja nicht weg vom Beschweigen. Diesmal im Economist:
“No deal is often better than a bad deal. Not with Brexit”.

Even with extensive (and expensive) planning, leaving the EU without a deal would have been difficult. As things stand, almost no work has been done to prepare for such an eventuality. Lately, Britain has taken to outlining desperate-sounding plans to stockpile medicine and set up electricity generators. Chaos would be hard to avoid.

via @Christiane

1000 Fragen 181-200

Dienstag, 14. August 2018

181. Würdest du gern in eine frühere Zeit zurückversetzt werden?
Nur unter ganz bestimmten Vorgaben: Ich würde mich gerne mit heutigen Augen in einigen Situationen als Kind und Jugendliche beobachten können.

182. Wie egozentrisch bist du?
Ungewollt sehr. Ich würde mich gerne vergessen können.

183. Wie entspannst du dich am liebsten?
Beim Wandern.

184. Fühlst du dich manchmal ausgeschlossen?
Nein.

185. Worüber grübelst du häufig?
Über unerledigte nichtige Pflichten.

186. Wie siehst du die Zukunft?
Zu lang.

187. Wann bist du deinem Partner zuerst aufgefallen?
September 1992.

188. Welchem Familienmitglied ähnelst du am meisten?
Wahrscheinlich meiner Mutter (ich kenne nicht viele Familienmitglieder).

189. Wie verbringst du am liebsten deinen Abend?
Mit gutem Essen, guten Getränken und in anregender Gesellschaft.

190. Wie unabhängig bist du in deinem Leben?
Das weiß ich nicht.

191. Ergreifst du häufig die Initiative?
Nein.

192. An welches Haustier hast du gute Erinnerungen?
Das einzige, das ich näher kannte, war der Hund Lulu meiner Oma, eine weiße Spitz-Mischung. Dafür, dass ich ihn nur als Kleinkind erlebte, erinnere ich mich erstaunlich lebhaft an ihn und daran, dass ich ihn sehr mochte.

193. Hast du genug finanzielle Ressourcen?
Ja.

194. Willst du für immer dort wohnen bleiben, wo du nun wohnst?
Solange die Alternative nicht Brighton ist: Ja.

195. Reagierst du empfindlich auf Kritik?
Innerlich ja – aber ich strenge mich sehr an, dass man das äußerlich nicht merkt und ich professionell reagiere.

196. Hast du Angst vor jemandem, den du kennst?
Ja. Vor einigen.

197. Nimmst du dir oft Zeit für dich selbst?
Ja.

198. Worüber hast du dich zuletzt kaputtgelacht?
Wahrscheinlich über etwas, was mein Bruder erzählte – ich liebe seine Geschichten und wie er sie erzählt.

199. Glaubst du alles, was du denkst?
Nein!

200. Welches legendäre Fest wird dir in Erinnerung bleiben?
Annes 50. Geburtstag – ich fühlte mich so leicht und unbefangen wie seit Jahrzehnten nicht.

Quelle: Flow-Magazin.

Zu den Fragen 161-180.
Zu den Fragen 201-220.