Journal Montag, 24. September 2018 – Urlaubstag mit Schwumm, Bogenhausen und E-Book-Kampf
Dienstag, 25. September 2018Gute Laune und Freude über den ersten Urlaubstag. Auch wenn der Tag sich anstrengte, daran zu kratzen.
Wochenlang hatte ich mich auf den ersten Schwumm in der renovierten großen Halle des Olympiabads gefreut – um beim Öffnungszeitencheck festzustellen:
… in unserem Sanierungsprojekt Olympia-Schwimmhalle gab es zeitliche Verzögerungen beim Wechsel von Bauabschnitt 1 in Bauabschnitt 2. Wir gehen dennoch davon aus, dass die Olympia-Schwimmhalle Ende 2018 wieder in vollem Umfang…
Hmpf. Also doch nur fensterloses Trainingsbecken und erst ab 10 Uhr.1
Draußen war es schlagartig kalt gworden: Die App, die am Sonntag noch 25 Grad gemeldet hatte, zeigte 9 Grad an. Nachdem ich am Vorabend gezögert hatte die Fenster zu öffnen, weil es von draußen so schwülwarm reinwehte, schloss ich jetzt auch die gekippten, weil ich trotz Wollsocken eiskalte Füße hatte.
Das beeinflusste auch die Kleidungswahl: Mit Aussicht auf Radlfahren kam ich um dicke, unbequeme Jeans nicht rum – die ich in den Sommermonaten überhaupt nicht vermisst hatte. Die Wettervorhersage war zumindest regenfrei, ich verbrachte den Tag unter gemischtwolkigem Himmel mit ein wenig Sonne.
Die Schwimmrunde verlief ereignislos, es ziepte lediglich ein wenig in der Nackenmuskulatur – irgendeine aktuelle Verschiebung lässt mich derzeit den Kopf schwer drehen.
Sie sehen hier meine neuen Lieblingsbadetücher: Grubenhandtücher, die in den Webereien aus Farbresten gefertigt wurden und noch werden, deshalb besonders bunt und besonders günstig sind. (Dass sie mich so ansprechen, liegt wahrscheinlich an meiner Empfänglichkeit für Manufactum-Ästhetik, ist mir ein bisschen peinlich.)
Mein Urlaubsprogrammpunkt des Tages war Bogenhausen. Nachdem ich anlässlich eines Restaurantbesuchs den Eindruck eines reizvollen Stadtteils gewonnen hatte, wollte ich dort frühstücken und mich dann ein wenig umsehen.
Schönes Radeln durch Schwabing und den Englischen Garten (lebenserhaltend: immer davon ausgehen, dass man unsichtbar für Autos ist und dass andere Radlerinnen und Radler die Straßenverkehrsordnung nicht auf sich beziehen) auf die andere Isarseite. Doch schon das mit dem Frühstück wurde schwierig: Die beiden Lokale, die ich mir empfehlen hatte lassen, waren knallvoll (an einem Arbeitsmontag) inklusive Warteschlange, der nächstbeste Google-Tipp war eine kleine Snackbar, die bereits kein Frühstück mehr servierte. Dort ließ ich mich dennoch nieder und stillte den mittlerweile heftigen Hunger mit einem belegten Brot, las Zeitung.
Wirklich schön war der anschließende Spaziergang über den Bogenhausener Friedhof. Mitten in München schlenderte ich scheinbar über einen kleinen Dorffriedhof mit volkstümlich schmiedeeisernen Grabkreuzen. Der Unterschied: Die berühmten Verstorbenen. (Wobei mich die kunstvollen und vielfältigen Eisenkreuze mindestens genauso faszinierten.)
Daheim nasses Schwimmzeug ausgepackt und eine Maschine Wäsche gestartet, dann zu einer kleinen Einkaufsrunde aufgebrochen: Ich durfte Abendessen kochen.
Es wurde eine Coca de verdura, allerdings verwendete ich statt Frühlingszwiebeln frischen Fenchel, was natürlich etwas ganz Anderes ist, aber Ernteanteil. Wurde sehr gut.
Während der Arbeitsschritte wollte ich ein Buch bei Amazon herunterladen. Ich lese nicht ungern auf Reader (und habe den Verdacht, dass die Schnittmenge zwischen Zwangsleserinnen wie mir, die sich notfalls an den Buchstaben des Müeslikartons oder an der Beschriftung der Klopapierpackung vor ihnen festhalten, und den “hach, ich mag viel lieber Papierbücher wegen der Haptik”-Reader-Gegnerinnen nicht allzu groß ist), diesmal das nächste Lesekreis-Buch, Michael Ondaatjes Warlight.
Ich hätte mich ja zu gerne dadurch verblüffen lassen, dass dieses Herunterladen EIN! MAL! ohne Komplikationen geht. Doch nein: Die Website meldete auch diesmal “erfolgreich geliefert”, der Kindle meldete auch diesmal: Nichts. Mehrfach. Auch nach Fluchen und Toben und den armen Herrn Kaltmamsell aus der Arbeit Reißen und zu Hilfeversuchen Zwingen. Er fand durch Internetrecherche lediglich heraus, dass mein Problem sehr, sehr verbreitet ist. (Die letzten Male hatte der Download am nächsten Tag funktioniert).
Um das hier nicht unnötig spannend zu machen: Am nächsten Morgen lud immer noch nichts, doch ich löste das Problem – das Geheimnis lag in einem Betriebsystem-Update. Das wurde auf der Amazon-Hilfeseite als eine mögliche Fehlerursache aufgelistet, ich musste lediglich
– herausfinden, welches Gerät ich genau besitzte (geradezu lächerlich kompliziert, auf der Hilfeseite werden zur Identifikation alle Typen genau beschrieben – nennen Sie mich ein schlichtes Gemüt, aber wie wär’s mit… Draufschreiben?)
– das Update auf den Rechner laden
– den Kindle an den Rechner anschließen und die Software rüberziehen
– den Kindle sicher abkoppeln und das Update installieren
Jetzt wurde die Buchdatei nach einer erneuten Lieferanforderung tatsächlich angezeigt.
Der Hauptgrund für meinen Ärger: Keine Fehlermeldung. Wenn es irgendein Problem mit dem Download meiner bezahlten Ware gibt, will ich bitte einen Hinweis, am liebsten als Fehlermeldung – und nicht einfach das Ausbleiben des Downloads.
Bislang hat noch nichts meinen Verdacht entkräftet, dass E-Book-Systeme von Menschen erstellt werden, deren Hauptinteresse darin besteht, das Lesen auf Papier dominant bleiben zu lassen. Von Anfang an dachte ich bei praktischen jedem Schritt der E-Bookerei: Das muss doch einfacher und User-freundlicher gehen. Bis heute.
§
Seit zweieinhalb Jahren wird das Techniktagebuch vom Deutschen Literaturarchiv Marbach archiviert. Jetzt nicht mehr, Grund: Technik. Was, wir hören das Klappern der Metaebenen, einen Eintrag ins Techniktagebuch wert ist.
“20. September 2018
Jetzt wird zurückarchiviert”
- Am Dienstagmorgen war die Information aktualisiert: Ich werde sogar noch bis März 2019 auf lichtdurchflutetes Schwimmen warten müssen. [↩]