Seit einigen Jahren schminke ich nur noch Augen und Lippen, nämlich seit ich festgestellt habe, dass auf meiner Haut nicht nur Make-up, sondern oder auch nur Puder die Falten betonen – wenn nicht sofort, dann nach der einen oder anderen Stunde. Rouge hat sich erübrigt, ich finde meinen Teint auch so frisch genug.
Dieses Augenschminken folgte etwa 20 Jahre lang demselben Ablauf: Flüssigen Lidstrich aufpinseln (ich habe zahlreiche neumodische Auftragsysteme für Lidstrichflüssigkeit probiert, für alle bin ich zu doof), trocknen lassen. Während dessen creme ich mich, föhne die Haare, ziehe mich an. Dann farbigen Kajal ins untere Lid, Wimpern mit Wimpernzange biegen, Wimpern tuschen. Der Lidstrich musste erst trocknen, weil ich ihn sonst mit der Wimpernzange verwischte oder löschte.
Vergangene Woche war ich eines Morgens gerade vollständig angezogen beim Schritt Wimperzange, als mir mein Anblick im Spiegel seltsam vorkam: Ich hatte den Lidstrich vergessen. Also schminkte ich erst die Wimpern fertig und holte den Lidstrich nach. Da fiel mir auf, dass ich mit dieser Abfolge die Pause fürs Trocknenlassen vermeiden konnte.
An den Folgetagen blieb ich bei der Versehensreihenfolge Kajal, Winpernzange, Tuschen, Lidstrich und habe möglicherweise meine Morgentoilette dauerhaft optimiert.
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Der gestrige Tag war in München deutlich milder als angekündigt, weit entfernt von Handschuh-Temperaturen.
Heimweg in goldener Abendsonne.
Zum Abendessen führte ich Herrn Kaltmamsell vom VG-Wort-Geld aus (Belohung für seine Dienste als Blogheinzelmännchen), ich hatte einen Tisch im Landersdorfer und Innerhofer reserviert. Wir spazierten zu Fuß hin, liegt ja praktisch ums Eck.
Im Landersdorfer und Innerhofer gibt es nur ein Menü: Abgefragt wird vorher lediglich, was man nicht isst, unterwegs kann man Gänge auslassen oder dazu wählen. Unter anderem wegen des Überraschungscharakters ließen wir uns mit Weinen begleiten (die fast durchwegs wunderbar passten, zu denen es allerdings wenige Informationen gab, und im vollbesetzten Lokal wollte ich die – freundliche und aufmerksame – Bedienung nicht durch Fragen aufhalten).
Das Kürbisschaumsüppchen als Gruß aus der Küche schmeckte großartig: Herr Kaltmamsell vermutete, dass es neben Safran und Steinpilzen Zitronengras (oder Limonenblätter?) aromatisierte.
Das Lachssashimi war uns zusätzlich zum Menü als Vorspeise angeboten worden. Es war hervorragend, der gereifte Grüne Veltliner aus der Wachau verstand sich prächtig mit dem Ingwer, zudem merkte ich mir die Kombination scharfer Kresse mit Avocado.
Die Wachtel auf Kürbisragout fand ich den am wenigsten interessanten Gang, den Kürbis hätte ich nicht mal erkannt. Im Glas wieder ein Veltliner, deutlich frischer.
Der Kabeljau mit Paprika wiederum schmeckte hervorragend und passte schön mit dem Chardonnay im Glas zusammen.
Dann wurde uns ein weiterer Zwischengang angeboten: Pasta mit Trüffel. Herr Kaltmamsell war mein Gast und durfte entscheiden: Ja, bitte.
Dazu ein weiterer österreichischer Chardonnay. Die Pasta allerings erinnerte mich lediglich von Fern an die besten Linguine mit Trüffel meine Lebens, die ich in Butter schwimmend bei der inzwischen geschlossenen Marietta bekommen habe.
Lende mit Kartoffelpüree und Bohnen, ganz klassisch. Dazu eine Cuvée (Cabernet Sauvignon, Sangiovese, Merlot) aus der Toskana.
Als Nachtisch entschied sich mein (schon sehr müde werdender) Gast für Süßes (Alternative wäre Käse gewesen).
Grießflammerie und Mangoeis, sehr gut. Dazu gab es einen Riesling-Süßwein, der sehr wenig süß war, aber deutlich gealtert: Das war schon keine Petrol-Note mehr, sondern eine ausgewachsene Tankstelle in der Nase. Inklusive Windschutzscheibenreiniger.
Nun musste ich den Herrn nur noch nach Hause bringen. Und er mich.
Die zehn Minuten vom Hinweg waren deutlich länger geworden.
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Am Donnerstag gab’s diese Pressemeldung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt DLR:
“DLR-Billigfliegerreport
Billigflieger mit breitem Wachstum und leicht steigenden Preisen im Sommer 2018”.
Da war ich noch gespannt, ob die Presse bei der Verwendung des Materials eine Brücke zum Klimawandel schlagen würde.
Doch dann passte diese Meldung des manager magazins viel besser dazu:
“Ryanair beschäftigt Flugbegleiter offenbar illegal”.
via @flueke
Ich kenne vor allem das Misstrauen von Käuferinnen und Käufern bei Preisen, die ihnen zu hoch erscheinen: Sie fühlen sich betrogen und ausgenommen. Man sollte sich viel öfter bei scheinbaren Schnäppchenpreisen fragen: Wer zahlt hier drauf, damit das so billig sein kann?
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Eine konstruktive Folge von #Metoo:
“How HBO Is Changing Sex Scenes Forever.”
In the wake of #MeToo, the network hired an intimacy coordinator to make the filming of sex scenes on ‘The Deuce’ safe for all. Now, they’re doing it for every show and movie they produce.
Falls Sie sich fragen, wozu’s sowas braucht:
“With intimate moments, from kissing to intense sex scenes, it’s been the practice [for directors] to just say ‘Whatever you’re comfortable with, just go for it,’” Rodis says. “But if you’re not giving someone a map or an exit or a voice, just asking actors to roll around and get off on each other, are you asking your actors to do sex work? Or tell a story with their movements?” She adds, “If your set doesn’t have an intimacy coordinator, at best, you might not be able to tell the story you wanted to tell. At worst, you have actors who are being physically assaulted.”
via @ankegroener
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Seit vergangener Woche gibt ein neues Online-Portal zum Thema E-Mobilität, emobly. Aktuell empfehle ich einen Kommentar, der (mit deutlich mehr Fachkenntnis) meinen Wutausbruch von April 2017 über die deutsche Automobilindustrie aktualisiert.
“Kommentar: Im Nebel ruhet noch die alte Auto-Welt”.
Ceterum censo (das ist allerdings nicht das Thema des Portals), dass die Zukunft der Mobilität nicht ohne grundsätzliches Hinterfragen des individuellen Autobesitzes funktionieren wird.
Und bitte sagen Sie mir, dass die Taktik der Automobilindustrie “Wer mehr neue Autos kauft, macht die Luft besser!” mittlerweile überall nur auf Kopfschütteln bis Gelächter stößt. (Schöner Faktencheck des Umweltbundesamts.)
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Netter Schwank:
“Why the NSA Called Me After Midnight and Requested My Source Code”.
via @hatr
Bei dieser Gelegenheit warne ich Sie besser gleich mal: Wenn Sie ein Telefonat mit mir mit “Please listen carefully and don’t hang up” eröffnen, müssen Sie sich erst mal ein paar Takte Musik vorsingen lassen. Dann kann ich zuhören.
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Über die Show Queer Eye habe ich schon viel gehört. (Auch das reicht nicht, dass ich mir Netflix zulege: Ich weiß einfach, dass ich nicht fernsehe, live oder aufgezeichnet.) Zumindest einen kleinen Einblick konnte ich hier bekommen: Hasan Minhaj, der Host der neuen Show Patriot Act wird von Tan France aus der Show Queer Eye eingekleidet. Interessantes Nebenthema: Zwei TV-Stars, die sich als brown definieren, treffen aufeinander.