Journal Mittwoch, 17. Oktober 2018 – Neue Pokémon, Schneiderin, Pizza
Donnerstag, 18. Oktober 2018 um 5:41Gestern wiederum wäre die Möglichkeit zum Ausschlafen recht gewesen: Der Wecker riss mich aus tiefsten Tiefen, ich war erstmal desorientiert.
Auf dem Weg in die Arbeit gab es neue Pokémon zu fangen, das war nett.
Goldenes Leuchten während des Arbeitstags.
Auf dem Heimweg brachte ich eine neue Manomama-Jeans zur Änderungsschneiderin, damit sie diese in mein Hohlkreuz schneidert.
Zum Abendessen hatten wir frei: Der Ernteanteil ist restlos aufgebraucht. Es gab Pizza bei Viva Maria. Offensichtlich hat der Pächter gewechselt (neue Karte, neue Musik, neues Personal), doch auch die neue Käsepizza schmeckte mir gut.
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Margarete Stokowski beim Spiegel:
“Männliche Paranoia
Gruselige Zeiten – für wen?”
Es ist zynisch. Ich bekomme die meisten Gewalt- oder Morddrohungen, wenn ich über Gewalt gegen Frauen schreibe. Es reicht, die Kriminalstatistik zu zitieren, laut der in Deutschland jeden dritten Tag eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet wird, oder darauf hinzuweisen, dass auch deutsche Männer gelegentlich Frauen belästigen, und schon schreibt irgendeine verlorene Seele: “Ihr Zecken werdet bald brennen. Du Hure. Du verdammtes Stück Dreck bist bald fällig”, und: “Du Schlampe gehörst erschossen. Kriegst du nicht genug Schwänze oder was ist los?”
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Es sitzen so viele inkompetente Männer auf irgendwelchen Posten – wenn es ein wirksames Mittel wäre, ihnen wahllos Belästigung vorzuwerfen, um sie loszuwerden, hätte sich das unter Frauen längst rumgesprochen. Trotzdem hält sich der Mythos der Bedrohung für Männer beharrlich – egal, wie viele Statistiken dagegensprechen. Die “Süddeutsche” hat gerade wieder erklärt, “dass es für Männer wahrscheinlicher ist, selbst Opfer einer Vergewaltigung zu werden als fälschlicherweise einer Vergewaltigung beschuldigt zu werden”.
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Es soll ja Ausbilderinnen geben, die ihre Auszubildenden darauf hinweisen, in Wirklichkeit seien sie dazu da, damit die Ausbilderin etwas lernt. Und ich bitte Herrn Kaltmamsell hin und wieder, sich zu bestimmten Themen etwas von seinen Schülerinnen und Schülern beibringen zu lassen. Deshalb las ich besonders interessiert:
“Dozenten und Professoren erzählen, was sie von ihren Studierenden gelernt haben”.
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Seyda Kurt schreibt über
“Vertragsarbeiter*innen in der DDR: ‘Heute können sie keine Kinder mehr kriegen, weil sie kaputt sind'”.
Isolation, rassistische Gewalt, Abtreibungszwang − das erlebten Vertragsarbeiter*innen in der DDR. Rund 60.000 von ihnen kamen aus Vietnam. Drei Zeitzeug*innen erzählen uns ihre Geschichte.
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Am Tag nach der Maueröffnung sei Tuans Mutter zur Arbeit gegangen, am Eingang der Fabrik habe ihr ein Schild mitgeteilt: geschlossen. „Wir Vietnamesen wurden nie aufgeklärt, was überhaupt passiert war. Wir haben die Wende nicht mitbekommen“, sagt er. Die meisten Verträge waren nun ungültig, knapp 80 Prozent der Vertragsarbeiter*innen standen ohne Arbeit auf der Straße. Bis zur Klärung des Aufenthaltes 1997 war Berlin für sie noch eine geteilte Stadt, im Pass stand: „Gewerbe und Erwerbstätigkeit nicht gestattet, außer im Beitrittsgebiet.“
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Den Anthropologie-Professor David Graeber habe ich schon mal mit seiner Beobachtung zitiert, dass der Kapitalismus immer mehr überflüssige Jobs produziert. Das hat er mittlerweile in einem Buch ausgeführt, hier ein Interview darüber:
“Imagining a world with no bullshit jobs”.
You make a distinction between bullshit jobs and shit jobs in your book. Can you talk a little bit about the distinction between the two?
Well it’s fairly straightforward: shit jobs are just bad jobs. Ones you’d never want to have. Back-breaking, underpaid, unappreciated, people who are treated without dignity and respect… The thing is for the most part, shit jobs aren’t bullshit, in the sense of pointless, nonsensical, because actually they usually involve doing something that genuinely needs to be done: driving people around, building things, taking care of people, cleaning up after them…
Bullshit jobs are most often paid quite well, involve nice benefit packages, you’re treated like you’re important and actually are doing something that needs to be done — but in fact, you know you’re not. So in that way they’re typically opposites.
How many of these bullshit jobs do you think could be eliminated and what kind of impact could that have on society?
Well pretty much all of them — that’s kind of the whole point. Bullshit jobs are ones where the person doing them secretly believes that if the job (or even sometimes the entire industry) were to disappear, it would make no difference — or perhaps, as in the case of say telemarketers, lobbyists, or many corporate law firms, the world would be a better place.
And that’s not all: think of all the people doing real work in support of bullshit jobs, cleaning their office buildings, doing security or pest control for them, looking after the psychological and social damage done to human beings by people all working too hard on nothing. I’m sure we could easily eliminate half the work we’re doing and that would have major positive effects on everything from art and culture to climate change.
(…)
die KaltmamsellNowadays the vast majority of corporate profits don’t come from making or selling things but from “finance”, which is a euphemism for other peoples’ debts — charging rents and fees and interest and whatnot. It’s feudalism in the classic definition, “direct juro-political extraction” as they sometimes put it.
This also means the role of government is very different: in classic capitalism it just protects your property and maybe polices the labor force so they don’t get too difficult, but in financial capitalism, you’re extracting your profits through the legal system, so the rules and regulations are absolutely crucial, you basically need the government to back you up as you shake people down for their debts.
6 Kommentare zu „Journal Mittwoch, 17. Oktober 2018 – Neue Pokémon, Schneiderin, Pizza“
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18. Oktober 2018 um 9:09
Ich bin immer wieder begeistert, welches Spektrum an interessanten Themen Sie an einem durchschnittlichen Morgen uns Leser/innen offerieren. Danke dafür! Wie schaffen Sie das nur?
Jeder einzelne Link verdient beachtet und vertieft zu werden.
18. Oktober 2018 um 9:39
Schließe mich voll und ganz Trulla an: Alles super interessant!
18. Oktober 2018 um 12:43
Das Buch von David Graeber fand ich sehr spannend. Bei Interesse:
https://bingereader.org/2018/10/03/bullshit-jobs-david-graeber/
18. Oktober 2018 um 13:49
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Genau!
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18. Oktober 2018 um 14:38
Wunderbares Foto!
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Gerne gelesen
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18. Oktober 2018 um 15:41
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Gerne gelesen
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