Journal Mittwoch, 3. Oktober 2018 – Westerwaldsteig 6: Weyerbusch-Flammersfeld
Donnerstag, 4. Oktober 2018 um 8:19Die kürzeste Etappe meiner Tour: 14,5 Kilometer dehnte ich mit einer Pause und viel Gucken auf vier Stunden aus, fühlte mich aber wie nach einem längeren Spaziergang.
Das Wetter hatte sich wieder eingekriegt, mischte Sonne und Wolken, und schon beim Verlassen des Hauses merkte ich deutlich mildere Temperaturen. Das Frühstück war luxuriös, am Buffet gab es neben warmen Frühstückereien, heimischer Wurst und Käse auch Joghurt, Quark, Obst, Körner. Ich aß reichlich und lernte hellgrüne Glaskirschenmarmelade kennen.
Gesellschaft hatte ich im Frühstücksraum von weiteren Menschen in Wanderkleidung, einer sehr laut fröhlichen Vierergruppe davon begegnete ich auf meiner gestrigen Etappe mehrfach.
Meinen Koffer übergab ich einem Taxi, das ich letzte Woche dafür bestellt hatte: Das einzige ausgewiesene Wanderhotel meiner Reise war auch das einzige, das sich außer Stande sah, einen Koffertransport zu organisieren.
Ich trödelte noch ein wenig lesend in meinem schönen Zimmer herum, um nicht zu früh aufzubrechen und anzukommen. Und dann sah ich mir draußen erst mal gründlich das Raiffeisen-Denkmal an: Als Genossenschaftlerin kann sich ja schon mal mit dem Vater des Genossenschaftsgedankens befassen.
Die Wanderung selbst war hübsch, wegen Feiertag auch recht lebhaft: Hundegassiführerinnen und -führer, Wanderer, einige Reiterinnen (es gibt ohnehin auf den Weiden deutlich mehr Pferde als Kühe).
Kurz nach zwei traf ich an meinem Zielort ein, wurde herzlich begrüßt, bekam mein Zimmer gezeigt – und informiert, dass die Gaststube wegen Personalmangels abends nicht öffnen würde. Also ein weiterer Abend bei Nüssen, Äpfeln und Eiweißriegeln, ich sah mir schon mal sehnsüchtig die Speisekarte des am Donnerstag angewanderten Landgasthofs an (wehe auch die tun bloß so!).
Endlich mal Siesta gemacht, irgendwie musste ich den Resttag ja rumbringen.
Aber ich habe künftig sowas von einen Tipp, wenn jemand Urlaub machen will, “wo’s nicht so touristisch ist”!
Raiffeisendenkmal in Wyerbusch.
(Serie versehentliche Fußfotos.)
Mehren fand ich besonders hübsch:
Ahlbach.
§
Zum gestrigen deutschen NationalfeiertagTag der deutschen Einheit beim Deutschlandfunk ein Artikel vom Historiker Karsten Krampitz, der sich den gesamtdeutschen Umgang mit der DDR-Geschichte ansieht:
“Erinnerungspolitik
DDR neu erzählen”.
via @kittykoma
„Obwohl kein Historiker des Westens versuchen würde, die Sozialgeschichte einer westlichen Gesellschaft allein im Hinblick auf politische Maßnahmen des Regimes und den Widerstand des Volkes dagegen darzustellen, ist die Sozialgeschichte der DDR weitgehend so aufgefasst worden […]“
Niemand würde die Geschichte Westdeutschlands allein über Polizei, Richter und Regierung erzählen. An dunklen Kapiteln gäbe es sicher genug: die Verfolgung Homosexueller zum Beispiel, die Berufsverbote, die Zwangserziehungsheime oder einfach nur das fortgesetzte Wirken der NS-Eliten. Sofort würde der Einwand kommen: Das mag ja stimmen, aber die Geschichte der Bundesrepublik in der Nachkriegszeit war mehr: Wiederaufbau, Heimkehr der Kriegsgefangenen, satt zu essen und zwar richtig satt zu essen, eine bessere Wohnung, der erste Italienurlaub, Bill Haley und so weiter. – Warum wird nun bei der Geschichte der DDR so gänzlich anders verfahren? Muss Geschichte nicht als Ganzes angenommen werden?
die Kaltmamsell
3 Kommentare zu „Journal Mittwoch, 3. Oktober 2018 – Westerwaldsteig 6: Weyerbusch-Flammersfeld“
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4. Oktober 2018 um 10:05
Und das hier ist doch ein Serviceblog! Danke fürs Mitnehmen. Und seien Sie bloß froh, nicht hier zu sein! “Die Oktoberfestleute” (O-Ton mein fünfjähriger Neffe) sind außer Rand und Band ….
4. Oktober 2018 um 20:34
Das sind sie, in der Tat! Nur noch 3 Tage, dann kann H. wieder S-Bahn fahren.
7. Oktober 2018 um 5:37
Meine Erfahrung zu ‘nicht so touristisch’ ist vor allem:
Es gibt nirgends was zu essen, tagsüber nirgends Leute und vor allem nirgends was zu trinken. So erlebt auf einer langen Rucksack-Wanderung auf Kreta, wo wir dann noch einen halben Tag höchst durstig weiter marschieren mussten, bis wir an einer vielbefahrenen Küstenstraße auf eine Tankstelle trafen.
Ich mag ‘touristisch’, man kann den meisten Leuten ja trotzdem aus dem Weg gehen.