Journal Samstag, 24. November 2018 – Chinesisches Schwiegerfamilienessen
Sonntag, 25. November 2018 um 8:45Ausgeschlafen, zu Nieselregen und mit bösem Kopfweh aufgewacht. Ibu half nur temporär.
Für gestern Mittag hatte Herr Kaltmamsell seine Eltern und Tante/Onkel zum Essen eingeladen, Chinesisches mit Soja, ich übernahm die Besorgung von begleitendem Wein und ein paar Kleinigkeiten.
Den Wein (ich hatte mir zum Chinesischen einen Riesling vorgestellt) bekam ich nicht beim kleinen Weinhändler an belebter Innenstadtstraße, den ich angesteuert hatte – weil der erst um 11 Uhr aufmachte. Also weißt’, München: Ja, ich bin als Frühhaufsteherin eher die Minderheit. Und ja, du bildest dir etwas auf dein bissl Italienischsein ein, das zu Arbeitszeiten eher ab 9 Uhr denn ab 8 Uhr führt. Und kleine Läden dürfen in der Innenstadt meinetwegen am Samstag etwas später öffnen, deshalb hatte ich ja 10 Uhr einkalkuliert – ABER ELF? ERNSTHAFT?
Auf dem Viktualienmarkt ließ ich mir eine reife Mango aussuchen, den Wein suchte ich im Biosupermarkt eigenmächtig aus: rheinhessischen Riesling Spätlese vom vertrauten Weingut Keth, der sollte auch Szechuanpfeffer etwas entgegenzusetzen haben.
Ich kaufe zwar nur ein- bis zweimal im Jahr bei ihr Blumen, doch die Blumenstandlerin am Sendlinger Tor gab vor, mich wiederzuerkennen. Beim Einwickeln der Amaryllis (zack, Ohrwurm) meinte sie nur kurz: “Wasser wissn’S ja.” Ich riet: “Wenig, richtig?” und traf. Nur so viel – die Standlerin hielt Daumen und Zeigefinger etwa sieben Zentimeter weit auseinander – in die Vase, wenn’s mit der Zeit weniger wird, macht’s auch nichts.
Während meiner Einkaufsrunde war der Niesel zu größeren Tropfen angewachsen, die ein paar Stunden blieben – immer noch viel zu wenig.
Daheim wirblete Herr Kaltmamsell in der Küche, ich baute und deckte den Tisch, räumte die Wohnung auf (Einsatz der uralten Kulturtechniken Bügelwäscheverstecken und Krams-in-Schubladen-stecken).
Tischdeko kann ich nicht.
Herr Kaltmamsell hatte sich als Motto des Menüs Variationen von Soja gesetzt. Es gab also eine selbst erfundene Udon-Suppe, die neben viel Gemüse und etwas Rind auch gepressten, gebratenen Seidentofu (köstlich!) enthielt. Zum Hauptgang servierte er Auberginen mit Sojahack (auf der Basis von fish fragant aubergine) sowie Soja in würziger Soße (“pock-marked old woman’s tofu, vegetarian version” aus Fuchsia Dunlop, Every Grain of Rice).
Als Nachtisch hatte Herr Kaltmamsell den bewährten Kokospudding mit Mango gekocht, allerdings mit braunem Zucker (keine gute Idee, macht eine unangenehme Farbe) und deutlich weniger Tapioka – selbst dann wurde der Pudding fester als gewünscht.
Dazu angenehmste Geselligkeit. Den weiteren Nachmittag und Abend verbrachten wir mit Aufräumen, Abspülen, Internetlesen (ich), Lehrerarbeit (er) und abschließendem Resteessen. Erst am späten Nachmittag war ich die blöden Kopfschmerzen los.
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Erschütternde Nachrichten aus Spanien:
Der Gemeinderat des spanischen Orts Betanzos, der Tortilla-Hauptstadt, hat für den alljährlichen Tortilla-Wettbewerb die Verwendung von Zwiebeln untersagt.
Tortilla ohne Zwiebeln? Untergang der Zivilisation!
Werde ich also in künftigen Onlineprofilen “cebollista” hinterlegen. (Gnihi, auf Spanisch klingt das immer gleich nach politischem Aktivismus – ich grinse noch heute über das spanische Wort für Surfer, “surfista”.)
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Carolin Emcke für die Süddeutsche:
“Das Brexit-Chaos liefert die besten Argumente für Europa”.
Kaum jemand hat in der jüngeren Geschichte mehr für Europa geleistet als diejenigen, die Europa für überflüssig erklären wollten. All die Nationalisten, die gegen multilaterale Vereinbarungen zu Felde zogen, haben eindrücklich vorgeführt, dass es den autonomen Nationalstaat längst nicht mehr gibt. Es gibt ein Europa, das so eng miteinander verflochten ist, dass es nur transnational denken und handeln kann. Kontrolle gibt es im Zeitalter der Globalisierung nicht allein, sondern nur mit anderen Staaten zusammen.
(Wäre ich nicht eh schon ein Emcke-Fangirl gewesen, hätte mich der Einstieg dieses Artikels dazu gemacht: Sie kennt Gilbert & Sullivan-Operetten!)
die Kaltmamsell4 Kommentare zu „Journal Samstag, 24. November 2018 – Chinesisches Schwiegerfamilienessen“
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26. November 2018 um 11:40
Wer soooo eine wunderschöne grüne Tischdecke hat, braucht weiter keine Deko. Wir wollen doch keinen Overkill, oder? (P.S:: Und diese Vorhänge …… hach!)
26. November 2018 um 16:45
Sie haben ein Fenster in der Küche zum Wohnraum! Wie bei “Monaco Franze” (immer im Blick, wenn Erni Singerl dem Helmut Fischer mal wieder was Herzhaftes machen muss). Was hab ich immer den Schnitt dieser alten Münchner Wohnung beneidet. Und SIE HABEN EIN FENSTER IN DER KÜCHE!! Hach!
26. November 2018 um 17:16
Leider nicht ganz, Julia: Das Fenster geht in eine Art Wintergarten, den wir nur zum Abstellen nutzen (und für den Crosstrainer), weil’s im Wohnzimmer zwei Zimmer weiter viel schöner ist.
Aber ich hatte schon mal solch ein Küchenfenster zum Wohnraum, nämlich in meiner Augsburger Studentinnenwohnung: Die Küche war dort eine ehemalige Räucherkammer, die halbrunde Befeuerungsluke war ein Fenster zum Wohnzimmer. So war ich beim Kochen immer in Kontakt mit meinen Gästen – ganz wunderbar.
26. November 2018 um 20:14
In Berlin ist es inzwischen (leider) auch üblich, dass viele Läden erst um 11 aufmachen. Da sind wir Frühaufsteher leider immer die Verlierer.