Archiv für November 2018

Journal Samstag, 10. November 2018 – Erholungssamstag in Technicolor

Sonntag, 11. November 2018

Ein Ausruhtag mit Hoffnung auf Entspannung.

Herr Kaltmamsell musste früh raus, Geschäftsreise. Ich schlief bis halb acht, bekämpfte Kopfweh mit Ibu. Nach dem Bloggen riss der Hochnebel auf – perfekt für meine Laufpläne. Ich überlegte noch, ob mir Nichtlaufen vielleicht besser tun würde (ich wollte ja auch noch einkaufen und lesen), doch die Aussicht auf Technicolor-Herbst freute mich wirklich.

Also nahm ich eine U-Bahn zum Odeonsplatz und lief über den Hofgarten, Chinesischen Turm, Tivoli an die Isar. Der Lauf war wirklich schön in der Sonne, aber auch überraschend anstrengend.

Zurück vom Tivoli nahm ich wegen Tram-Umleitungen den Bus zur Giselastraße und dort die U-Bahn heim.

Duschen, Frühstück (Toast), doch dann musste meine Einkaufsrunde ein wenig warten, weil mich wieder Darmkrämpfe plagten (jetzt ist aber mal gut!). Als ich endlich los kam, genoss ich das goldene Nachmittagslicht und baute Umwege zwischen meinen Besorgungen ein.

Daheim setzte ich Joghurt an (habe mir zur Müllvermeidung wieder Selbstmachen vorgenommen), kochte Vanillepudding mit Tonkabohne für den Abend. Internetlesen, Anrufe der Familie (Abstimmungen, weil wir am Sonntag bei meinen Eltern zur Martinsgans eingeladen sind), dann machte ich mich ans Kochen: Selbst erfundene Wirsingpfanne mit Speck, Zwiebeln, Karotten, Champignons, Nudeln, Sahne, Thymian.

Um halb acht traf sehr erschöpft Herr Kaltmamsell ein, bekam Weißwein und bald auch Essen. Frühes Zu-Bett-Gehen.

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Die Rolle des Web für die Geschichtswissenschaft wird noch genauer zu untersuchen sein, hier ein aktuelles Beispiel: Twitterin @ElishaveAvital findet im Nachlass ihres Großvaters erschütternde Fotos von der Zerstörung einer Synagoge und von Geschäften durch Nazis in der Reichspogromnacht und postet sie. Schnell melden sich Fachleute, die sie einordnen können, und jetzt ist Elisheva Avital in Kontakt mit spezialisierten Gedenkstätten, die das Material auswerten werden.
Hier der ursprüngliche Faden.

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“A Space of Their Own, a New Online Database, Will Feature Works by 600+ Overlooked Female Artists from the 15th-19th Centuries”.

via @Hystri_cidae

Many of the artists in the database were self-taught, barred from seeking formal training or studying anatomy on account of their gender. They could not hope to make a living from their talents when women were forbidden from issuing invoices. And then, of course, there are the demands of marriage and motherhood.

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Bloggerin Casino beschreibt einen Anfall zunächst unerklärlicher Wut in einer Umgebung, die doch eigentlich friedlich ist.

Journal Freitag, 9. November 2018 – Ein fleischiges Kochbuch vorgekocht

Samstag, 10. November 2018

So viel beschäftigt und unterwegs war ich doch eigentlich nicht, und so wenig Schlaf war das wirklich nicht (halt die eine oder andere Nacht mit sieben statt knapp acht Stunden) – aber gestern fühlte mich derart bis in Knochen erschöpft, als hätte ich eine brutale Arbeitswoche plus durchfeierte Nächte hinter mir, mein Kopf war migränoid schmerzhaft und benommen. Wahrscheinlich dann doch irgendein Infekt, der weiterhin bekämpft wird. Auf dem Heimweg machte dann auch der Kreislauf Sperenzchen mit Schwindel und Schweißausbruch inklusive Frösteln, ich war sehr froh, dass ich mich vor dem Abendtermin noch ein halbes Stündchen hinlegen konnte – und auch sofort einschlief.

Den Abend hatte ich bereits vor vielen Wochen gebucht, denn:
Bei einem meiner seltenen Facebook-Besuche sah ich, dass Foodbloggerin Petra Hammerstein (Blog: Der Mut anderer) endlich ein Kochbuch veröffentlicht, und zwar zu ihrer Kernkompetenz Fleisch. Es heißt Zart und saftig, und darin schreibt Petra über die heutzutage selten verwendeten Fleischschnitte, inspiriert von den alten Kochbüchern ihres Antiquariats und der eigenen Familientradition. Es ist nach Tierarten aufgeteilt und enthält neben Rezepten Warenkunde und Einkaufstipps.

Nachdem Herr Kaltmamsell in den vergangenen Monaten vermehrt mit ausgefallenen Fleischstücken experimentiert hatte (sogar irgendwann fallen ließ, Teile wie Entrecôte finde er mittlerweile langweilig – mein entgeisterter Blick ließ ihn aber versichern, mir brate er selbstverständlich auch weiterhin eines), dachte ich bei dem Buch sofort an ihn. Und als ich entdeckte, dass Petra einige Rezepte daraus an einem Supper-Club-Abend servieren würde, buchte ich umgehend.

Die Location kannte ich bislang nicht, den Meatingraum im Westend. Und ich hatte mich durchaus gefragt, wo das denn sein soll, denn die Gollierstraße gehe ich auf meinem Heimweg von der Arbeit regelmäßig entlang. Doch der Raum ist mit seinen sicher sieben Metern Fensterfront abends durchaus sichtbar, nämlich wenn er erleuchtet ist.

Gestern Abend waren alle 22 Plätze besetzt, und es gab neben dem Menü, das Petra mit dem Meatingraum-Chef Marc Christian gekocht hatte, interessante Weinbegleitung: Kathrin Kohl vom Weinladen 225 Liter hatte Raritäten zusammengestellt, die sie beim Einschenken ausführlich erklärte.

Und so gab es gestern neben neuen Bekanntschaften am Tisch samt interessanten Gesprächen:

Als Aperitif einen PetNat “Ungezogen” vom Weingut Schnitt nach méthode ancestrale, der mir dann doch ein bissl zu bittersauermostig schmeckte.

VitelloNoTonnato: Sous-vide-Tafelspitz mit einer Soße aus bayrischem Räucherfisch, frittierte Kapernäpfel mit Limettenmayo und Habanerohauch – eine sehr schöne, leichtere Variante des Klassikers. Im Glas einen fränkischen Auxerrois, der mit etwas Wärme schön vielfältig passte.

Tryptichon von Ox und Alk: Consommé als Shot mit Sherry, Ragout mit Madeira auf Röstbrot, Portwein-Sülze – der Ochsenschwanz schmeckte so schön aromatisch, dass ich mir sofort Wiederkochen vornahm. Die Weinbegleitung war meine Entdeckung des Abends: Ein Winzerwermuth vom Silvaner, Vogel, Franken. Eher auf der süßen Seite passte er nicht nur hervorragend, sondern war die Variante, die mir in der neuen Wermuth-Bewegung bislang am besten schmeckte, weil am ungewöhnlichsten. (Vielleicht sollte ich erklären, dass ich aus einer Wermuth-Familie komme: Der spanische Einfluss durch meinen Madrider Vater machte bei uns daheim Wermuth zum Standard-Aperitiv.)

Versaut von Kopf bis Bauch: Bäckchen in Safran, Schmorzwiebeln, Graupenrisotto, Sous-vide-Bauch mit Orange und Miso – die Orangennote machte sich ganz ausgezeichnet. Im Glas ein Württemberger Lemberger, der wieder ganz schön rass war, den ich mir mit seiner starken Säure gut zu einem Rote-Bete-Gericht vorstellen konnte.

Hello China: Geschmorte Rinderwade aus Shanghai mit verprügelten Szechuan-Gurken, Koriander-Eier-Reis, Röstsesam – umgehender Nachkoch-Auftrag für das Fleisch an Herrn Kaltmamsell, die geprügelten Gurken kannte ich bereits vom Uiguren und genoss sie sehr, der Reisbrei war eine schöne Beilage. Beim Wein kam ich ganz auf meine Kosten: ein sardischer Musso, Vignaioli Contrà Soarda erinnerte mich daran, dass ich sardische Weine mit ihrer Kraft und der vulkanischen Note besonders mag.

Dessert: BEIDES!! Käse und WasSüßes, harmonisch vereint – Milder Ziegenkäse mit Thymian-Honig und Mandel-Chili-Krokant, Feigen-Apfel-Tarte mit Roquefort und Pflaumen-Zwiebel-Marmelade. Passte alles wunderbar zusammen, der süße Blaufränkisch Syss vom Neusiedler See war die Wucht.

Während mein Organismus wie immer auch bei Erschöpfung in abendlicher Gesellschaft nochmal alles zusammenkratzte, kämpfte Herr Kaltmamsell schon sehr mit seiner nicht minder großen Erschöpfung. Nach dem Essen plauderte ich noch ein wenig mit Petra, ließ mir ein Exemplar ihres Buches signieren, dann gingen wir eher schneller nach Hause.

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Weiteres Nachdenken über die Bürgerversammlung: Mir war aufgefallen, wie verschieden die Anliegen formuliert und präsentiert wurden, viele davon naturgemäß ganz unprofessionell, es handelte sich ja um ganz normale Mitbürger. Zum Beispiel mit offensichtlicher Leidenschaft – aber genau deshalb mit komplett irrelevanten Argumenten, die vom eigentlichen Anliegen nicht nur ablenkten, sondern manchmal sogar abschreckten. Oder weitschweifend in Klagestimme. Oder mit Nachtarock bei der Rückkehr zum Stuhl: “Oh, das habe ich noch vergessen!” Genau so muss das.

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9. November – man weiß gar nicht wohin vor lauter Gedenken. Für mich werden im Vordergrund immer die anti-jüdischen Pogrome von 1938 stehen. Zumal bis heute wir, die Täterseite, darauf beharren zu bestimmen, wie das Gedenken auszusehen hat.

Wie weit das geht, wurde mir erst kürzlich klarer, als ich nämlich im Blog von Richard C. Schneider las, dass die neue Synagoge in München, über die ich mich so gefreut hatte, keineswegs der Wunsch der jüdischen Gemeinde gewesen war: Sie hatte ein Gemeindezentrum gebraucht, das bekam sie nur in Kombination mit einer Synagoge. Und musste dafür den Gedenkstein am Platz der 1938 zerstörten Synagoge aufgeben:
“Die Funktion der Juden in Deutschland / Teil 2”.

Es lohnt sich anzusehen, wie die Opferseite der Shoah gedenkt, alljährlich:
In Israel heulen am Jom haScho’a im gesamten Land um 10 Uhr für zwei Minuten die Sirenen.

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Nach all der Erschöpfung und Aufregung ein wenig Soothing Eye Candy: Nach der Kür des sexiest man alive (Idris Elba, keine Einsprüche) suchte ein Twitter-Faden den
Sexiest Man Dead.

via @isabo_, eingeführt mit: “Gute Güte, was für ein Thread. Mein Riechsalz!”

Journal Donnerstag, 8. November 2018 – Bürgerversammlung Stadtbezirk 2 und ein Buch wird geboren

Freitag, 9. November 2018

Frühsport vor der Arbeit: 45 Minuten Bauchtraining mit vielen Halteübungen.

Nach meinem Arbeitstag gab es ein schnelles Abendessen (Ernteanteilsalat und Marmeladensandwich), weil ich rechtzeitig zur Bürgerversammlung loskommen wollte. Bei diesem dritten Mal kannte ich ja die Örtlichkeit (Turnhalle der Grundschule am Gärtnerplatz) und Modalitäten (nur wer mit Ausweis belegen kann, dass er oder sie hier wohnt, bekommt eine Stimmkarte).

Die Teilnahme war wieder rege, es gab eine Menge Anträge und Anfragen. Deren Thema war zum allergrößten Teil die Verkehrssituation (die Menschen im Bezirk wollen mehr Raum für Räder, Autoverkehr wird fast ausschließlich als Belästigung angesehen), am zweitöftesten wurde Lärm oder potenzieller Lärm durch Feiervolk angesprochen, dazu kamen Meldungen zur bedrängten Situation des Kleingewerbes im Glockenbachviertel und am Gärtnerplatz, zum Schulzustand, zum Silvesterfeuerwerk.

Der Überblick mit Zahlen zur Stadt München fiel aus: Versammlungsleiter Hans Theiss, einer der ehrenamtlichen CSU-Stadträte Münchens, verwies auf die vielen Anträge, denen er Vorrang einräumte. Wichtiger war ja auch der Bericht, den Bezirksausschussvorsitzender Alexander Miklósy über unsere Stadtteile und die Arbeit des Bezirksausschusses erstattete: Unter anderem Stand der Baustelle am früheren Viehmarkt, Probleme mit der Weideninsel in der Isar, steigende Hoteldichte im Bahnhofsviertel (eigentlich soll hier laut Stadtratsbeschluss das Wohnen gestärkt werden), Radparkplätze, dass verhindert wurde, die Auf- und Abbauzeiten des Oktoberfest zu erweitern (das wäre ja noch schöner, die vergangenen beiden Jahre hatten wir Anwohnerinnen die Blockade der Theresienwiese für die jetzt schon vier Monate beklagt).

Miklósy schloss mit dem Appell, sich bei offiziellen Quellen (Bezirksausschussprotokolle) und den Profis von den Medien zu informieren, riet davon ab, sich ein Bild basierend auf Gerüchten im Internet zu bilden. Bei dieser Gelegenheit: Bitte lesen Sie meinen Bericht mit genau dieser Vorsicht. Ich war da und habe mitgeschrieben, doch hier gibt es keine Redakteurin, die meine Sicht hinterfragt, ich habe meine Mitschrift nicht durch Nachfragen bei offiziellen Stellen abgesichert – was Qualität sicherndes Standardvorgehen bei einer seriösen Zeitung ist. Lesen Sie mich bitte also lediglich als einzelne und subjektive Zeitzeugin.

Nächster Standardpunkt auf der Tagesordnung: der Sicherheitsbericht der Polizei. Referent war diesmal der junge neue stellvertretende Leiter der Polizeiinspektion 14.1 Er berichtete vom Rückgang der Kriminalität (Zahlen 2017 im Vergleich zu 2016), dieses Jahr sei die Tendenz allerdings steigend wegen systematischer Einsätze am Hauptbahnhof. Die markanteste Zahl war für mich: Nur 25 Wohnungseinbrüche im Jahr 2017. In einer wirklich dicht bewohnten und stark frequentierten Gegend (vielleicht gerade deshalb?).

Bis zum Ende des Sicherheitsberichts konnten Anwohnerinnen und Anwohner schriftlich auf einem Formblatt ihre Anträge und Anfragen einreichen, die sie dann selbst am Mikrophon vortrugen oder Versammlungsleiter Theiss vortragen ließen.

Der aus meiner Sicht abgefahrenste Antrag: Vorübergehend in der Kapuzinerstraße alle Verkehrsregeln aufheben und sie als Shared Space nutzen (von einem Herrn, der auf einen siebenmonatigen Aufenthalt “in Argentinien” verwies und wie viel besser der Verkehr dort laufe).

Die seltsamste Anfrage kam zur Migrationsberatung Wohnungsloser Schiller 25. Die anfragende Dame war vor einem Jahr in die Schillerstraße gezogen, fühlte sich durch die Menschen belästigt, die man im Umfeld einer solchen Einrichtung antrifft, und wollte wissen, warum man das Zentrum ausgerechnet dort angesiedelt habe, ob man es nicht nach außerhalb verlegen könne. Die freundliche Erklärung einer offiziellen Dame von der Stadt (nach der Antragsrunde): Im Umfeld des Hauptbahnhofs treffe man zum einen die betroffene Bevölkerungsgruppe hauptsächlich an, zum anderen sei es sehr schwierig, für dieses Thema Räume zu finden, so sei es ein absoluter Glücksfall, dass dem betreuenden Evangelischen Hilfswerk genau dieses Haus gehöre und seit acht Jahren zur Beratung und Betreuung zur Verfügung stehe.

Ich verweise auf die Freundlichkeit der Auskunft, weil ich mich im Gegensatz zu ihr schon sehr laut innerlich fragte, wie jemand ins Bahnhofsviertel und neben das Schiller 25 zieht und dann offensichtlich Meister-Eder-Altstadtidyll erwartet.

Alle Anträge/Anfragen (nicht alle wurden beim Vortragen eindeutig zugeordnet) mit Thema, jeder Punkt eine Person:

  • Schutz von Fußgängern durch Zebrastreifen / Fahrradoffensive / Pilotprojekt mit schrittweise weniger Parkplätzen
  • Besserer Radweg an konkreter Stelle
  • Bessere Kennzeichnung einer Einbahnregelung
  • Umwandlung von Autoparkplätzen in Fahrradabstellplätze an konkreter Stelle
  • Ablehnung einer entstehenden Petition zur Umwandlung des Gärtnerplatzes in Fußgängerzone
  • Unterstützung dieser Ablehnung
  • Weitere Unterstützung dieser Ablehnung explizit zugunsten des Autoverkehrs
  • Verbesserung des Radverkehrs an zwei konkreten Stellen
  • Umwandlung eines Straßenzugs in Einbahnstraße
  • Kapuzinerstraße testweise zu Shared Space / Umsetzung Dieselfahrverbot
  • Lärmproblem beim Aufbau des Oktoberfests und durch Reisebusse am Bavariaring
  • Durchfahrverbot für ein Viertel, nur noch Anlieger / Bepflanzung einer konkreten Stelle
  • Lärm durch Kneipen an konkreter Stelle
  • Braunauer Eisenbahnbrücke als Fuß- und Radweg nützen / Verbesserung Radweg an konkreter Stelle / Beseitigung diffamierender Graffiti / Begrünung eines umgebauten Platzes / überfüllter Glascontainer
  • Bebauungsplan von 1981 / höhere Besteuerung von Zweit- und Drittwohnungen
  • Dringende Renovierung der Toiletten einer konkreten Grundschule
  • Lärmschutz für einen konkreten Spielplatz
  • Privates Silvesterfeuerwerk verbieten
  • Schaffung einer Dialogplattform zur Stadtgestaltung
  • Gewerbeflächenentwicklungsplanung zur Bewahrung von Handwerk und Kleingewerbe
  • Verschönerung Goetheplatz
  • Vorübergehendes Belebungsprojekt eines Platzes verstetigen
  • Störung durch Migrationsberatung Wohnungsloser Schiller 25
  • Vandalismus an einem konkreten Platz
  • Erinnerung an Anfragen zu Missständen Gärtnerplatz aus dem Jahr 2016
  • Verbesserung der Straßenführung am Gärtnerplatz
  • Probleme mit Verstellen eines Fußwegs an konkreter Stelle durch private Baumaßnahmen und Anlieferungen

Der weit überwiegende Teil der Anträge wurde von Männern gestellt (19 von 28), zwei Anträge von Frauen wurden auf Bitte der Antragstellerinnen vorgelesen, von Männern – das führte zu einem etwas einseitigen Bild.

Anschließend nahmen ein paar der anwesenden Fachleute von der Stadt Stellung, Alexander Miklósy ordnete das eine oder andere Thema in größere Zusammenhänge ein, dann stimmten wir über alle Anträge ab (meist positiv).

Durch diesen langen Antragsteil dauerte die Versammlung deutlich länger als in den vergangenen beiden Jahren. Ich war noch zu einer Geburtstagsfeier in einer Wirtschaft eingeladen und radelte nach Untersendling, aber um Viertel nach zehn waren schon alle (wie ich später feststellte: eben gerade) gegangen.

§

Es rührt mich schon immer wieder an, wenn Menschen, die ich kenne, ein Buch veröffentlichen. In diesem Fall ist es auch noch ganz selbst gemacht – und brauchte zehn Jahre von Idee bis Existenz.

Immer wieder las ich bei Anke Tröder Geschichten aus ihren Präsentationstrainings, vor allem über junge Frauen: Sie verrieten deutlich mehr über das Selbstbild von Frauen in unserer Gesellschaft als es je ein Feuilletonartikel hätte zeigen können.

Als Anke laut darüber nachdachte, aus diesen Geschichten ein Buch zu machen, war ich begeistert – ich sah sofort, wie viel man daraus auf so vielen Ebenen lernen könnte. Da ich zudem seit vielen Jahren weiß, wie wichtig ihr Ästhetik und Gestaltung sind, die Verbindung von Form und Inhalten, konnte ich das Buch kaum erwarten. Und jetzt wird es wirklich, wirklich wahr: Begrüßen Sie mit einem enthusiastischen und doch vornehmen Applaus (wir wollen ja niemanden erschrecken):
13 Near Misses.

§

Wir müssen weiter über den Klimawandel reden.

“Die Sintflut kommt
Über den Klimawandel reden wir noch immer, als sei er ferne Fiktion. Dabei ist längst ein Klimakrieg im Gange. Er wird um CO2 geführt, aber auch um Wahrheit und Schuld.”

In seinem Buch Kampf um Gaia fasst der französische Soziologe Bruno Latour diese Lähmung des reichsten, von den Folgen des Klimawandels am wenigsten betroffenen Teils der Menschheit im Vorsorgeparadox zusammen: Ihr Kind hat einen Schnupfen oder Ihr Auto macht ein verdächtiges Geräusch. Aus Erfahrung wissen Sie, dass es so schlimm nicht werden wird, zum Arzt oder Automechaniker gehen Sie aber doch.

Einem unwahrscheinlichen Schaden vorzubeugen ist das Wesen der Vorsorge. Beim Klimawandel verhält es sich genau andersherum: Jahr für Jahr verwandeln sich Prognosen in Tatsachen. Wenn es noch einen neuen Spin zur Erderwärmung gibt, dann immer nur den, dass alles noch schneller abläuft als befürchtet. Die Eisflächen schwinden dramatischer, der Meeresspiegel steigt früher als angenommen. Des Schadens können wir uns sicher sein – die Maßnahmen, ihn zu begrenzen, treffen wir nicht.

Jeder habituelle Ansatz, der den Klimawandel mit einem Wandel individueller Verhaltensweisen bekämpfen will, trifft auf das Skalierungsproblem: Den Sonnenschein genießen kann jeder für sich allein, ein Verzicht auf Fleisch hätte aber erst dann die erhoffte klimatische Wirkung, wenn er sich zur Massenbewegung entwickelte. Und weil der Fleischkonsum weltweit weiter steigt, empfinden viele es nicht nur als moralisch anmaßend, dass ausgerechnet sie des Klimas wegen auf Fleisch verzichten sollen. Sie finden das Kalkül dahinter auch nicht schlüssig.

Dass eine anspruchsvolle Klimapolitik nicht realistisch ist, behauptet auch die Regierung der USA. Donald Trump – oder der Teil seines Stabs, der sich um Klimapolitik kümmert – leugnet die menschengemachte Erderwärmung neuerdings gar nicht mehr. Er behauptet nur noch, amerikanische Maßnahmen könnten dagegen sowieso nichts tun.

Mir scheint, die beschriebene Haltung der USA ist die der Mehrheit unserer Gesellschaft. Na gut: Fliegen Sie weiter Flugzeug, fahren Sie alle einzeln Ihr Auto – es sind Ihre Kinder und Enkel, die mit den Folgen zurecht kommen müssen, nicht meine. (Und ich bilde mir keineswegs ein, selbst wirklich alles zur Verlangsamung des Klimawandels zu tun.)

Wenn die Menschheit die Erderwärmung auf ein erträgliches Maß reduzieren wollte, müsste der industrialisierte Norden sich so konsequent verhalten, als befände er sich im Krieg. Die EU dürfte dann nicht wie kürzlich darüber streiten, ob sie den CO2-Ausstoß europäischer Autos während der 2020er-Jahre um 30, 35 oder 40 Prozent senken will. Sie müsste Verbrennungsmotoren schnellstmöglich verbieten. Sie müsste auch den Fleischkonsum und die Flugreisen rationieren, sämtliche Altbauten in Styropor verpacken und die Leute dazu zwingen, ihre Smartphones gegen alte Nokias mit einwöchiger Batterielaufzeit einzutauschen.

§

Geschichten erzählen als Twitter-Faden: In den Händen einer Meisterin eine tödliche Waffe.
„Gather round, Gentle Readers. It is time I tell the story of the worst decision I ever made in an office. Some of you have heard this. Some have not. Whatever you do in your office today, this week, the rest of this year, you can console yourself by recalling this tale.“

via @MlleReadOn

Unbedingt auch die Replies lesen.

  1. Sehen Sie: Beim Namen bin ich mit nicht mehr sicher, ein Anruf ist mir zu viel Aufwand. []

1000 Fragen 381-400

Donnerstag, 8. November 2018

381. Wen hast du zu Unrecht kritisiert?
Dolly Parton für ihr Styling, bevor ich wusste, dass eine solch außergewöhliche Persönlichkeit eh alles darf.

382. Machst du manchmal Späße, die du von anderen abgeschaut hast?
Ja! Das sind die besten!

383. Bestellst du im Restaurant immer das Gleiche?
Nein. (Dazu müsste es doch erst mal ein Gericht geben, dass alle Restaurants anbieten.)

384. Gibt es etwas, du insgeheim anstrebst?
Im Sinne von: auf etwas hin arbeiten? Nein. Und ich erinnere mich mit Grauen daran, als mir zuletzt eine hidden agenda unterstellt wurde.

385. Wie würdest du deine Zeit verbringen, wenn du alles tun dürftest, was du willst?
Wie jetzt meine freien Tage: Lesen, Sport treiben, essen, Zeit mit Herrn Kaltmamsell und mit Freunden verbringen – vielleicht mehr reisen.

386. Was begeistert dich immer wieder?
Aussichten beim Wandern.

387. Welche Sachen kannst du genießen?
Die gut schmecken.

388. Findest du es schön, etwas Neues zu tun?
Mittlerweile: Wenn genug Vertrautes dran ist, reizt mich auch das Neue. Es gab aber auch Zeiten, in denen es mir gar nicht Unvertraut genug sein konnte.

389. Stellst du lieber Fragen oder erzählst du lieber?
Kommt aufs Gegenüber an.

390. Was war dein letzter kreativer Gedankenblitz?
Die Wohnidee. (Mist, ich muss den Brief noch abschicken.)

391. Bei welchem Song drehst du im Auto das Radio lauter?
Bei keinem: Kein Auto, kein Autoradio. Zum Glück.

392. Wann hast du zuletzt enorm viel Spass gehabt?
In der jüngsten Leserunde.

393. Ist dein Partner auch dein bester Freund oder deine beste Freundin?
Ja.

394. Welchen Akzent findest du charmant?
Den von HS (schwedisch), den von SH (französisch), den von ER (niederländisch), den von KO (wenn sie als Britin deutsche Wörter ausspricht und dabei russisch klingt).

395. In welchen Momenten des Lebens scheint die Zeit wie im Flug zu vergehen?
Beim Umsetzen von Schreibideen.

396. Wann hast du zuletzt deine Frisur geändert?
Frisieren tue ich mich eigentlich immer gleich; was sich ändert, ist der Schnitt.

397. Ist an der Redensart „Aus den Augen, aus dem Sinn“ etwas dran?
Nein.

398. Wie nimmst du Tempo aus deinem Alltag?
Gar nicht. Mein Alltag ist so selten temporeich, dass ich diese Zeiten einfach durchstehe.

399. Machst du jeden Tag etwas Neues?
Ja, schon mal automatisch. Zwei Augenblicke sind nie identisch.

400. Bei welchen Gelegenheiten stellst du dich taub?
In der Gegenwart von Gesprächen, die ich offensichtlich mithören soll, obwohl sie nicht für mich bestimmt sind.

Quelle: Flow-Magazin.

Zu den Fragen 361-380.
Zu den Fragen 401-420.

Journal Mittwoch, 7. November 2018 – Beifang aus dem Internetz

Donnerstag, 8. November 2018

Vor Wecker müde aufgewacht, halt einen früheren Start in den Tag draus gemacht.
Sonnig und mild.

Zum Abendessen Sushi bestellt (und Spinatsalat und Edamame) und mit Herrn Kaltmamsell genossen.

4,5. Tag der #Buchchallenge (7 Tage, 7 Cover, 7 Namen, keine Begründungen): Ray Bradbury, Dandelion Wine.

§

Der Marburger Soziologe Martin Schröder hat in einer umfangreichen empirischen Studie nachgewiesen, dass die Einordnung der Gesellschaft nach Generationen nicht haltbar ist. Einschließlich Shell-Jugendstudie und Managementliteratur.
“Der Generationenmythos”.

via @Hystri_cidae

Zusammenfassung:

Dieser Artikel zeigt, dass deutsche Nachkriegskohorten sich kaum in ihren Einstellungen unterscheiden, weder in Bezug auf Lebensziele noch in Bezug auf Sorgen oder gesellschaftliches und politisches Engagement. Diese Kohorteneffekte werden unter Kontrolle von Alters- und Periodeneffekten mit bis zu 551.664 Beobachtungen von bis zu 76.161 Individuen des Sozio-oekonomischen Panels berechnet. Die Ergebnisse zeigen, dass von der Literatur postulierte Generationsunterschiede zwischen der sogenannten Generation Y, X, den Babyboomern, den ’68ern sowie der sogenannten Skeptischen Nachkriegsgeneration in Wirklichkeit kaum existieren. Weithin verbreitete Vorstellungen, wie Generationen sich in ihren Einstellungen unterscheiden, finden sich somit empirisch nicht bestätigt. Angesichts dessen sind Umfragen wie die Shell Jugendstudie wenig sinnvoll, ebenso wie eine Managementliteratur, die Ratschläge zum Umgang mit Generationenunterschieden gibt, welche empirisch nicht feststellbar sind.

Sie erinnern sich an das Gefühl als Jugendliche, mit der Shell-Studie ganz sicher nicht gemeint zu sein? Auch das eint vermutlich alle Jugendlichen aller Generationen.

§

Novemberregen tagebuchbloggt im November wieder, hurra!
Zum Beispiel über ihre
“Zahnfee”.
Ich weiß umso mehr, was ich an meiner Zahnärztin habe – die u.a. Implantologie unterrichtet und sehr präzise arbeitet.

§

Interessante Außensicht auf Angela Merkls CDU-Führung und ihren Rückzug:
“Merkel and the revenge of the old white boys’ club”.

Journal Dienstag, 6. November 2018 – Mittägliches Radlvergnügen

Mittwoch, 7. November 2018

Früher Wecker, um vor der Arbeit noch Sport zu treiben. Stellte sich als viel zu früh heraus, der Wecker riss mich aus Tiefschlaf. Aber wo ich schon mal stand…

Krafttraining zu heller werdendem Himmel und aufgehender Sonne bei gekippten Fenstern – anstrengend, aber schön. In die Arbeit nahm ich das Rad, weil ich in der Mittagspause bei meiner Hausärztin ein Rezept abholen wollte. Das tat ich dann auch, der kleine Radausflug in warmer Sonne war herrlich. Als ich aus dem Altbau, in dem die Praxis der Ärztin liegt, hinaus auf die Straße trat, war die Luft draußen wärmer als drinnen.

Nach Feierabend auf dem Heimweg kurze Einkaufstopps (Apotheke, Obst im Biosupermarkt), Radeln wieder ein Genuss. Daheim wartete ein Brief von Oberbürgermeister Dieter Reiter und Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle auf mich: Eine Erklärung und Entschuldigung für die Komplikationen beim Wahlhilfeeinsatz.
– Die Wahlbeteiligung sei unerwartet hoch gewesen (10 Prozentpunkte über der Landtagswahl davor), dadurch habe sich das Wählen bis in die eigentliche Auszählzeit verschoben.
– Für die Auszählung der vielen Briefwahlunterlagen habe nicht wie sonst die Messe genutzt werden können, Schulturnhallen hätten herangezogen werden müssen. (Das war mir neu, das muss wirklich sehr umständlich gewesen sein.)
– IT-Probleme mit dem zentralen Server, der über die Eingabe an den Wahlkoffern die Auszählungsergebnisse zusammenfasste, hätten zu langen Wartezeiten geführt und zur Überlastung der IT-Hotline.
Der Brief schloss mit der Versicherung, dass das System verbessert wird.
Eine sehr professionelle und anständige Geste, finde ich.

Abendessen: Restlicher Kürbis und restliche Kartoffeln des Ernteanteils aus dem Ofen mit Käse und Butter, Süßigkeiten.

4. Tag der #Buchchallenge (7 Tage, 7 Cover, 7 Namen, keine Begründungen): Zadie Smith, White Teeth.

§

David Hugendick schreibt in der Zeit über den Autor von tausenden John-Sinclair-Groschenromanen, Helmut Rellergerd:
“Dämonendauerdienst”.

via @Cynx

64 Seiten in der Woche sind 256 Seiten im Monat sind 3.072 Seiten im Jahr. Sinclair, Sohn des Lichts mit dem ausgeglichenen Gemüt. Er erinnert ein wenig an James Bond und ein wenig an den Kontaktpolizisten, den man jederzeit anrufen kann. Sinclair hat Liebeskummer, Sinclair auch mal einen Kater. Der Oberinspektor ist immer zur Stelle, wenn sich ein sachgrundlos mordender Todesfürst ausgerechnet in eine Wohnzimmerstanduhr verirrt hat oder Killerpuppen das Urlaubshotel stürmen. Wenn der städtische Vergnügungspark leider über einem Tor zur Verdammnis errichtet worden ist und forthin Kapuzenskelette in der Achterbahn sitzen.

Wie er auf all das komme, kann man Rellergerd natürlich fragen. Er sagt: “Ach, das fällt mir eben ein.” Das sei halt sein Beruf. Beamter der Fantasie. Nach dem Zombie ist vor dem Dämonenzwerg.

1000 Fragen 341-360

Dienstag, 6. November 2018

341. Worüber kannst du dich immer wieder aufregen?
Über Unvernunft. Auch über meine eigene. Und meine Unfähigkeit zu verinnerlichen, dass Menschen nunmal nicht vernunftgesteuert sind.

342. Kann jede Beziehung gerettet werden?
Nein.

343. Mit welchem Körperteil bist du total zufrieden?
Mit meinen Knöcheln, sowohl der Hände als auch der Beine.

344. Womit hältst du dein Leben spannend?
Schauen.

345. Kannst du unter Druck gute Leistungen erbringen?
Kommt auf die Art des Drucks an: Wenn er inhaltlich ist oder andere Menschen davon abhängen, ja. (Wenn auch gerne gefolgt von einer Migräneattacke.) Wenn mich jemand persönlich oder gar gemein unter Druck setzt, werde ich panisch und verwirrt – keine gute Leistung möglich.

346. Welche Lebensphase hast du als besonders angenehm empfunden?
Das Studium.

347. Findest du andere Menschen genauso wertvoll wie dich selbst?
Ja, selbstverständlich. (Vielleicht verstehe ich die Frage nicht.)

348. Hast du immer eine Wahl?
Nein.

349. Welche Jahreszeit magst du am liebsten?
Nicht-Winter.

350. Wie hättest du heißen wollen, wenn du deinen Namen selbst hättest aussuchen dürfen?
Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht, ich fand meinen Namen immer in Ordnung.

351. Wie eitel bist du?
Mittel.
(Oder wie nennt man es, dass ich gezielt unvorteilhafte Fotos von mir veröffentliche, damit Menschen bei der ersten persönlichen Begegnung mit mir möglichst positiv überrascht sind?)

352. Folgst du eher deinem Herzen oder deinem Verstand?
Mein scharfer Verstand ist prima darin, auch noch so impulsive Entscheidungen zu rationalisieren. Ich könnte also für jede Entscheidung das eine oder das andere anzuführen.

353. Welches Risiko bist du zuletzt eingegangen?
Mir von zu viel Wein Migräne zu holen.

354. Übernimmst du häufig die Gesprächsführung?
Ja, aber immer weniger häufig.

355. Welchem fiktiven Charakter aus einer Fernsehserie ähnelst du?
Oh je, ich kenne so wenige Fernsehserien. Carol Hathaway aus ER?

356. Was darf bei einem guten Fest nicht fehlen?
Speisen und Getränke.

357. Fällt es dir leicht, Komplimente anzunehmen?
Ja, seit ich mir mühsam und konsequent beigebracht habe, dass es nicht um mich geht, sondern um den Komplimentgeber / die Komplimentgeberin.

358. Wie gut achtest du auf deine Gesundheit?
Sehr wenig. Ich vermeide Unwohlsein und Schmerzen.

359. Welchen Stellenwert nimmt Sex in deinem Leben ein?
Mittelhoch.

360. Wie verbringst du am liebsten deinen Urlaub?
Wandern, Wohnen, Essen.

Quelle: Flow-Magazin.

Zu den Fragen 321-340.
Zu den Fragen 361-380.