Journal Donnerstag, 28. März 2019 – Tortentag und Kickstarter für Buch über Olympia ’72
Freitag, 29. März 2019 um 6:21Im Büro gab es Abschiede mit Butterbrezen, von einem anderen Ereignis waren noch Großteile einer enormen Erdbeerbuttercremetorte da. Und was soll ich sagen: Nach nur zwei Butterbrezen und einem sehr erwachsenen Stück Torte war mir bereits schlecht. Ist das am Ende auch das Alter? Positive Wirkung: Gestern brauchte ich am Nachmittag keinen Snack.
Der Tag war freundlich, ganz langsam stiegen die Temperaturen. Ich machte früh Schluss, weil ich nochmal in der Hochschule für Film und Fernsehen verabredet war, diesmal einschließlich Herrn Kaltmamsell.
Von dort spazierten wir nach Hause. Zum Abendessen verarbeitete Herr Kaltmamsell Ernteanteilgemüse zu einer Suppe (Lauch, Karotten, Kartoffeln), ich machte den Babyspinat als Salat an (mit verdünnter Granatapfelmelasse, Tahini und Olivenöl, sehr gut).
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Mein Geschmack in Gestaltung, Design, Einrichtung, Kleidung ist ausgesprochen konventionell: Ich schwamm zeitlebens im Mainstream. Mein Jungmädchenzimmer leuchtete 80er-typisch in Signalfarben, ich schwärmte für das Rosenthalgeschirr Flash. In den 90ern trug ich englische Haarschnitte, hatten Bäder für mich weiß zu sein, im neuen Jahrtausend gefielen mir Shaker-Möbel, erfasste mich vor ein paar Jahren die Anziehungskraft der Bauhaus-Schule, und auch sonst saß ich mit meinen Vorlieben mitten im Zeitgeist des deutschen Bildungsbürgertums. Daraus kann ich umgekehrt schließen, dass wir in einer Wiederkehr klassischen 70er-Designs leben, ich bin nämlich ganz begeistert von der Aussicht auf dieses Buch – das allerdings erst per Kickstarter finanziert werden muss:
“Munich ’72. The Visual Output of Otl Aicher’s Dept. XI”.
There have been a number of books on designer Otl Aicher but to date none have provided a detailed account of the 1972 Munich Olympics and Aicher’s design team, Dept. XI, or the full and breathtaking scope of their outputs; not just print and the sports and info pictograms, but apparel, signage, stadium decoration, cityscapes, the official mascot Waldi, and the souvenirs.
In diesem Buch (hinter dem Link oben kann man sich durch einige Seiten blättern) soll es also um das Team um Otl Aicher gehen und um die gesamte Breite der Entwürfe für die Olympischem Spiele 1972 – die nicht nur Sportdesign bis heute prägen (siehe Piktogramme der Sportarten). Ich bilde mir ein, mich bis heute lebhaft zu erinnern, dass ich als Fünfjährige den ersehnten Schlüsselanhänger mit Dackel Waldi nicht bekam, weil viel zu teuer und “a Schmarrn”. (Was natürlich völlig richtig ist, und selbst wenn, wäre er längst verloren.)
Aber wenn Sie sich auch für das Design dieser so zwiespältigen Olympischen Spiele interessieren (einerseits: Westdeutschland will unbedingt beweisen, dass es das Dritte Reich hinter sich gelassen hat, andererseits: der Terroranschlag auf die israelische Mannschaft), könnten Sie mir durch Beteiligung an der Finanzierung das Buch ermöglichen. Wo ich doch als Fünfjährige keinen Waldi-Anhänger bekommen habeeeeeeeee!
die Kaltmamsell9 Kommentare zu „Journal Donnerstag, 28. März 2019 – Tortentag und Kickstarter für Buch über Olympia ’72“
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29. März 2019 um 7:10
Einen Waldi hatte ich damals in groß. Dem hing bald der Rücken durch, weil oft draufgesessen. Ich glaube, ich habe ihn erst vor ein paar Jahren “entsorgt”.
29. März 2019 um 8:04
Boah, Frau Klugscheisser, voll die privilegierte Kindheit!
29. März 2019 um 13:16
Schlüsselanhänger
?Die Accessoires sind doch das Tüpfelchen auf dem i im Leben!
Nun ist der Design-Recycling-Zyklus also beim ollen Otl angekommen?
Dass Sie hier jetzt aber nicht anfangen, Beiträge in der Rotis abzusetzen!
29. März 2019 um 13:50
Ich mag ihr Journal so gern!
Gönnen Sie sich einen netten Schlüsselanhängerdackel statt zu glauben was man Ihnen eingebläut hat. (Wir hatten sowohl den Schlüsselanhänger als auch den Kuscheldackel. Unser Opa hat uns sogar unseren ersten Farbfernseher geschenkt, damit wir Olympia in Farbe sehen konnten.)
29. März 2019 um 14:06
Diese Olympiade hat mich auch sehr geprägt.
Die Piktogramme fand ich toll. Und die Farben so leicht und sommerig.
Damals trug ich gelbe Pullunder und liebte Mark Spitz.
Dass die Palästinenser uns die Spiele so versaut haben, nehme ich ihnen heute noch übel. Ich sehe sie auf den Balkon des Dorfes und dann den Hubschrauber auf dem Flugplatz. Die Fotos der getöteten israelischen Sportler werde mir auch bleiben.
Danke für‘s Erinnern.
29. März 2019 um 14:14
@Crocodylus wie alt warst du damals? Ich 5 und trotz Farbfernseher überhaupt keine Erinnerung an das Attentat. Sehr wohl aber dass ich bei einer der Sportveranstaltungen ein Trinkpäckchen in der Hand hatte und dann nicht wusste wie ich klatschen soll. Ich habs dann zwischen die Knie geklemmt.
30. März 2019 um 7:52
Vor zwei Wochen haben wir das Musée Olympique in Lausanne besichtigt. Waldi thront dort in einer eigenen Vitrine, die anderen Maskottchen in der Sammelvitrine sehen dagegen eher wie eine Herde verrückter Pokémons aus. Aichers Design wird extra gewürdigt – aber das Attentat mit keinem Wort erwähnt?! Das gehört offenbar zum Wohlfühlkonzept: Die Spiele von 1936 werden mit “L’anbondance avant l’horreur de la guerre / comfort before the horrors of war” beschrieben und die Essensmengen aufgezählt – “For the French, Bordeaux wine was on all the tables!”.
Natürlich ist das Museum eine Selbstdarstellung des IOC direkt neben seinem Hauptquartier, doch eine so unkrische FriedeFreudeFairplay-Inszenierung hatte ich nicht erwartet.
30. März 2019 um 16:45
Der beste Weg zu Waldi scheint mir der zur Galerie Brandt/Reiber in der Kapuzinerstraße 14, was keine Werbung sein sollte, weil den Laden nur mit “Souvenirs und Memorabila von Olympia 72”, also mit Original-Dingen aus der Hand Otl Aichers (bis hin zum Stadionsitz) gibt’s nur einmal. Es gibt auch einen informativen Link zu einer Münchner TagesZeitung, sogar mit Waldi im Bild, da bin ich nur vorsichtig hier.
30. März 2019 um 16:47
Bei “Bares für Rares”, Sebastian, wurde sogar mal ein Hostessen-Dirndl verkauft. Ich fürchte, der Augenblick ist rum, der Wunsch versiegt. Vielleicht ist es doch irgendwann zu spät für eine glückliche Kindheit.