Archiv für Mai 2019

Journal Sonntag, 5. Mai 2019 – Berlin zur re:publica 2019: Vorbereitungen und Freundinnenfrühstück

Montag, 6. Mai 2019

Mit Kopfweh aufgewacht, das in den Stunden darauf immer migränoider wurde. Nach dem Bloggen ging’s mir eigentlich richtig schlecht, ich hoffte, dass mir der Spaziergang zu meiner Frühstücksverabredung gut tun würde.

Herrlich waren auf jeden Fall wieder die Farben in der fast eisig kalten, aber strahlenden Sonne.

Das Frühstück im schwedisch geprägten Café war sehr gut, die Gespräche dazu intensiv und bereichernd – ich war wunderbar abgelenkt von meinen Körperlichkeiten. Und freue mich mit großer Aufregung noch viel mehr auf einen entstehenden Roman, der in geschätzt zwei Jahren veröffentlicht wird.

Migräneschwindliger Spaziergang zurück zum Hotel, zum Bewundern einiger Mauersegler am Himmel blieb ich lieber stehen.

Im Hotelzimmer arbeitete ich noch ein paar Stunden an der Dienstabendshow auf der re:publica, bevor ich mich dann doch zu einer Runde Schlaf ins Bett legte.

Telefonat mit Herrn Kaltmamsell, Vermissensgeständnisse (die der Herr mit ausführlichen Details seiner Verwahrlosung ohne mich unterstrich). Zum Abendessen ging ich in einen vertrauten Italiener ums Eck, der sich mit rot-weiß-karierten Tischdecken in eine belastbare Tradition von Exiltrattorien stellt. Lieber kein Wein zu Salat und etwas arg neutralen Sacchettini (die angekündigte Lammfüllung konnte ich beim besten Willen nicht erschmecken).

Ich spazierte weiter zur Station und nutzte das Angebot, mir schon am Vorabend der re:publica mein Zugangsbändel abzuholen. Rundgang über den Hof, erster Schwatz mit einer Internetbekanntschaft.


Blick von der Anhalter Brücke.

Für den Rückweg wählte ich Umwege durch die Anlage am Gleisdreieck.

Zurück im Hotelzimmer stellte sich heraus, dass weitere Arbeit an der Show anstand, also nochmal ein paar Stunden. Um elf hatte ich keine Lust mehr (ich bin so spät wirklich nicht leistungsfähig, wenig überraschend unterscheidet sich da unbezahlte Arbeit nicht von beruflicher), las noch eine Runde.

Journal Samstag, 4. Mai 2019 – Berlin zur re:publica 2019: Die Anfahrt

Sonntag, 5. Mai 2019

Obwohl ich mit ein wenig Zackigkeit vor dem Aufbruch nach Berlin eine Runde Crosstrainern hätte unterbringen können, ließ ich das zugunsten von Ruhe und Muße. Das war eine gute Idee.

Vor der mittäglichen Abfahrt kaufte ich mir noch eine Brotzeit und warf einen letzten Blick in die vertraute Bahnhofshalle: Am Montag wird sie für den Abbruch gesperrt, München bekommt einen neuen Bahnhof.

Der Zugchef schlug gleich mal einen Stein ins Brett, als er uns mit “Meine Damen und Herren, liebe Kinder” begrüßte; das behielt er bei allen Durchsagen bei.

Vor dem Zugfenster jahreszeitliche bayerische Landschaft.

In Thüringen dagegen ein für Mai eher ungewöhnlicher Anblick.

Von meiner Wohnungstür zur Hoteltür am Mehringdamm dauerte die Reise 4 Stunden 35 Minuten (zum einen: ICE pünktlich, zum anderen dachte ich endlich mal daran, schon am Südkreuz auszusteigen). Ein Flug hätte keinerlei Vorteile gehabt, auch den Preis von 91,30 Euro hin und zurück inklusive Reservierung finde ich angemessen. Sogar das WLAN funktionierte, vor Beigeisterung füllte ich das per QR-Code verlinkte Online-Formular aus: Man soll ja nicht immer nur meckern, sondern auch positiv verstärken.

In Berlin kurzes Ausruhen im kleinen Hotelzimmer (ich hatte mich entschieden, diesmal am Zimmer zu sparen und das Ersparte in Essen zu stecken), dann brach ich auf zu einer Verabredung am Wannsee. Wetter: Strahlend sonnig (die Farben!) und knackig kalt. Ich genoss die S-Bahnfahrt durch den alten Westen Berlins sehr.

Schöne Stunden mit Blogbekanntschaften der ersten Stunde, gemeinsames Nachdenken über die eigenartige Rolle, die wir Erwerbstätigkeit in unserem Leben spielen lassen.

§

Hannah Gadsby hält einen TED-Talk, den sie während des Vortrags analysiert – als Teil des Vortrags, nicht als zusätzliche Ebene. Sie ist eine große Meisterin. Hier die Filmaufnahme:
“Three ideas. Three contradictions. Or not.”

Journal Freitag, 3. Mai 2019 – Regen, Abschied, neue Technik

Samstag, 4. Mai 2019

Sportwünsche habe ich für diese Woche komplett gestrichen, vielleicht kann ich das Überforderungsgefühl so ein wenig eindämmen.

Düsterer Himmel, ich benötigte auf dem Weg in die Arbeit einen Schirm.

Heftiger Arbeitstag mit Hochkonzentrationsjobs unterbrochen von telefonischen Querschüssen, ich bekam wegen der vielen Störungen mittags nicht mal meine Zeitung durch. Zum Glück schaffte ich zumindest die großartige Seite 3, auf der Evelyn Roll die Dirigentin Joana Mallwitz porträtierte.

Online leider nur für 1,99 Euro zu lesen.1

Vormittags eine Hand voll Trockenpflaumen, mittags Sahnequark mit Joghurt (musste beides weg), nachmittags eine Hand voll Nüsse.

Die paar re:publica-Termine, die ich unbedingt wahrnehmen wollte, schrieb ich mir schnell raus – und vergaß den Zettel in der Arbeit. Auf Sonntagnachmittag im Berliner Hotelzimmer verschoben.

Pünktlicher Feierabend, weil ich daheim verabredet war. Bei Verlassen der Bürogebäudes noch traurige Nachrichten und Abschiede. Auch auf dem Heimweg brauchte ich meinen Schirm.

Zuhause zwei Stunden neue Technikabenteuer für das große Fest, die Aufregung möchte manchmal in Panik umschlagen.

Herr Kaltmamsell hatte für das passende Nachtmahl zum kalten Wetter gesorgt: Suppe mit ein wenig Rinder-Hochrippe und viel Gemüse aus Ernteanteil (Karotten, Kartoffeln, Kohlrabi incl. Grün, Petersilie, Gerstengraupen).

Ich wagte dazu ein Glas Rotwein (Blaufränkisch vom Heinrich).

Völlig erschlagenes Zu-Bett-Gehen. Herrn Kaltmamsell musste ich bald in sein Zimmer bitten, denn die Bandscheibe suchte sich diesen Moment aus, wieder Stufenlage nötig zu machen.

  1. Aber sicher finde ich es in Ordnung, für solchen aufwändigen und guten Journalismus zu zahlen, aber zwei Euro für eine Geschichte finde ich weiterhin viel zu viel. Wann werden deutsche Print-Abo-Medien endlich aufhören, auch online nur in Abos und Print-Abo-Preisen zu denken? Die sieben Euro im Monat für meinen New York Times-Zugang finde ich nämlich ok. []

1000 Fragen 801-820

Freitag, 3. Mai 2019

801. Wie sieht deine Traumküche aus?
Ich träume nicht von Küchen. Vielleicht erkenne ich sie, wenn ich sie sehe.
Schön wäre ein Fenster nach draußen über der Arbeitsfläche. Zumindest ein Stück Arbeitsfläche aus kühlem Stein für empfindliche Teige. Ein Tisch, an dem Menschen sitzen können, die beim Kochen Gesellschaft leisten. Ein Computerbildschirm auf Augenhöhe für Rezepte. Ausreichend Regale für Kochbücher.

802. Was ist deine früheste Erinnerung?
Ich bilde mir immer noch ein mich zu erinnern, wie ich neben dem Bett meines sterbenden Opas stand, Blick auf Kleinkinderhöhe, vor der Nase das weiße Federbett, unter dem er erlag. Da müsste ich drei gewesen sein. Doch meine Mutter bestreitet, dass das geschehen ist.

803. Bei welchen Gelegenheiten steht dir dein Ego im Weg?
Fast ununterbrochen.

804. Hast du eine gute Menschenkenntnis?
Nein. (Tatsächlich bilde ich mir ein, dass schon, weiß aber inzwischen, dass alle Menschen das von sich denken. Da ich mich belegbar schon ziemlich in Menschen verschätzt habe, sieht die Beweislage schlecht für mich aus.)

805. Wie wird die Welt in 100 Jahren aussehen?
Noch ziemlich so wie jetzt. Die Erde hingegen mag sich ein wenig verändert haben.

806. In welcher Beziehung sind Kinder angenehmer als Erwachsene?
Sie haben Eltern, an die ich sie verweisen kann.

807. Würdest du an einem Talentwettbewerb teilnehmen?
Buahaha, nein.

808. Gibt es Tage, an denen du überhaupt nicht sprichst?
Ja.

809. Was sagen die Falten in deinem Gesicht?
Dieser Mensch ist schon lange nicht mehr jung, hat eine durchschnittliche Veranlagung und sich zu wenig vor Sonnenlicht geschützt.

810. Was bedeutet Ausschlafen für dich?
Erholung.

811. Wie hätte dein Liebesleben auch aussehen können?
Abwesend.

812. Hast du mal eine Kerze für jemanden angezündet?
Nein.

813. Wie viel mal pro Woche isst du deinen Lieblingssnack?
Obst, Nüsse? Fast täglich.

814. Freust du dich für andere immer aufrichtig?
Nein, unter anderem wenn sie mir egal sind.

815. Hat schon einmal jemand gesagt, dass du großartig bist?
Ja.

816. Wofür stehst du jeden Tag wieder auf?
Fürs Aufgestandensein. Ich liege ungern wach im Bett.

817. Würdest du gern in einem anderen Land leben?
Ich hatte mir lange gewünscht, in England zu leben. Seit dem Brexit-Referendum nicht mehr.

818. Wie verhältst du dich, wenn du nervös bist?
Allein: innere und äußere Erstarrung. Unter Menschen: innere Erstarrung, noch strahlenderes Lächeln.

819. Weichst du auf deinem Arbeitsweg manchmal von der üblichen Route ab?
Auf dem Hinweg fast nie, auf dem Rückweg sehr oft.

820. Welche Garantien hast du in deinem Leben?
Dass es endlich ist?

Quelle: Flow-Magazin.

Zu den Fragen 781-800.
Zu den Fragen 821-840.

Journal Donnerstag, 2. Mai 2019 – Frühlingsbunte Emsigkeit

Freitag, 3. Mai 2019

Nochmal ein sonniger Frühlingstag.

Auf dem Weg in die Arbeit sah ich am Himmel über dem Kaiser-Ludwig-Platz die ersten Mauersegler des Jahres: Zu viert flitzten sie nach Süden.

Auf der Theresienwiese hingegen die vertrauten Krähen.

Emsiger Arbeitstag.

Dazwischen die erfreuliche Nachricht, dass es jetzt offiziell ist: Das Techniktagebuch ist für den Grimme Online Award nominiert!

Auf dem Heimweg Abstecher in den Supermarkt, um Altbatterien und ein wenig Pfandflaschen loszuwerden (letztere haben keinen unauffälligen Platz in der Küche und nerven mich ab Stückzahl 1) und Äpfel für die Berlinreise einzukaufen. Weiterhin heftiger innerer Kampf mit dem Gefühl des Überfordertseins.

Daheim kümmerte ich mich um zahlreiche kleinere Erledigungen und machte mir aus Ernteanteil eine große Schüssel Blattsalat mit zwei gekochten Eiern (Herr Kaltmamsell hatte einen beruflichen Termin). Tagesschau mit Schokoladenostereiern, dann war schon Zeit für das abendliche Google Hangout mit den anderen Beteiligten der Twitterlesung für die re:publica. Diesmal ging es zum Glück nur bis gut nach zehn.

Journal Mittwoch, 1. Mai 2019 – Beifang aus dem Internetz mit Benimm in Spanien

Donnerstag, 2. Mai 2019

Nach einer Pause um 5 Uhr doch noch ausgeschlafen.

Draußen ein überraschend schöner Tag. Ich genoss, wie beim Bloggen die Sonnenreflexion am Haus gegenüber durch die Kastanienblätter blinzelte.

Kühl war es immer noch. Ich radelte ins Olympiabad und schwamm meine 3000 Meter in überraschend vollem Becken. Wer hätte gedacht, dass die Einmal-im-Jahr-Schwimmer das ausgerechnet am 1. Mai tun?

Semmelkauf auf dem Heimweg, Frühstück.

Den Nachmittag mit Vorbereitungen des re:publica-Auftritts verbracht, dazwischen Zeitungen von Dienstag und Mittwoch aufgelesen, das Sonnenlicht bewundert.

Zum Abendessen gab’s aufgetautes Gulasch mit Böhmischen Knödeln.

§

Die Besprechung von Avengers: Endgame aus der Süddeutschen hatte ich mir für nach dem Film aufgehoben (gute Idee: voller Spoiler), jetzt amüsierte ich mich laut lachend über die Rezension von Juliane Liebert (sie mochte den Film!):
“Superhelden sind die neuen Socken”.

§

Einer der bescheuertsten Stammtischsprüche mit wechselnder Quellenangabe lautet: “Glaube keiner Studie, die du nicht selbst gefälscht hast.” Bescheuert, denn die Fälschung von Studien ist extrem selten, unter anderem weil sehr aufwändig (zu viele Menschen beteiligt, Prüfungsmechanismen). Was allerdings erschreckend häufig ist: Unsauberes Studiendesign, Fehlinterpretationen von Studiendaten, falsche und manipulative Vermittlung von Studienergebnissen.

Juliane Wiedemeier beschreibt in Übermedien, wie all diese Fehler bei der Studie „Verlorene Mitte“ der Friedrich-Ebert-Stiftung passiert sind:
“Darf’s ein bisschen rechtsextremer sein?”

1. Fragwürdige Indikatorfragen.
2. Einseitige Interpretation durch die Projekt-Verantwortliche.
3. Reißerische Medienberichte.
4. Manipulative Berichterstattung über kritische Überprüfung.

§

Niemals vergessen:

Danzig, 1930: ein Mädchen auf dem Weg zur Einschulung. Mira Ryczke-Kimmelman wird dieses Foto immer bei sich tragen, im Warschauer Getto, in den Konzentrationslagern Majdanek, Auschwitz, Bergen-Belsen. Jetzt ist sie gestorben, mit 95 Jahren.

Katja Petrowskaja schreibt über
“Das Mädchen und ihr Foto”.

§

Nettes Filmchen für Einwanderer: Was man in Spanien besser mal nicht macht. (Für mich interessant, weil: Mein Vater kommt aus Spanien, ich habe die meisten meiner Kindheitsurlaube in Spanien verbracht.)

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/aoG8Iqq802U

11. Das mit der Seltenheit von “gracias” und “por favor” war mir nicht so klar – habe ich möglicherweise automatisch richtig gemacht.

10. Brotstück auf dem Tisch, nicht auf dem Teller – hat man mir früh beigebracht.

9. Beim Essen Hände immer überm Tisch ist für uns Deutsche einfach, das ist auch hier gutes Benehmen.

8. Kein Bier um fünf anbieten – na ja, spätere Essenszeiten. Aber in einer Bar würde man schon eines bestellen.

7. Nach Einladungen als Gast nicht anbieten, beim Aufräumen zu helfen. Das kommt mir entgegen, ist mir auch fremd.

6. Im Smalltalk nicht zuerst nach dem Job fragen – in diese Situation bin ich wohl nie gekommen, war mir bislang nicht aufgefallen.

5. Nicht erschrecken, wenn alle sehr laut sprechen – das klingt nur wie Streit, ist aber keiner. Sofort denke ich an die Nachbarin meiner Eltern, die am Tag nach dem Frühschoppen meines Vaters mit seinen drei besten spanischen Freunden fragte, ob sie sich wieder vertragen. Allerdings glaube ich nicht, dass das mit der erhobenen Stimme für alle Regionen Spaniens gilt (Galicien?).

4. Keine Verallgemeinerungen über Spanien. Hihi, siehe meinen Schlusssatz zu 5. Spanien ist sehr regional strukturiert und stolz auf die Unterschiede. (Wie alle anderen europäischen Staaten auch? Aber vielleicht muss man das dem Neuseeländer im Filmchen erklären?)

3. Catalán nicht als Dialekt bezeichnen, sondern als Sprache. Ahem. Überlasssen wir die fachliche Unterscheidung den Linguistinnen, halten wir fest, dass es unhöflich wäre.

2. Vorsicht beim Siezen mit “usted” – mein Endgegner im sozialen Umgang in Spanien. Die Handhabung macht mich völlig wahnsinnig, u.a. weil nicht reziprok. Zum Beispiel kann Alter Status schlagen, also kann es sein, dass eine ältere Verkäuferin eine deutlich jüngere Kundin duzt, aber erwartet, dass sie von ihr gesiezt wird.

1. Don’t mention the war. Hochinteressant, dass eine Spanierin Fragen nach dem Bürgerkrieg für den schlimmsten Fauxpas hält. Ihre Erklärung ist genau die, mit der auch ich auf die Besonderheit hinweise: Ein Bürgerkrieg spaltet ein Land von innen, es gibt keinen vereinenden äußeren Feind. In meiner spanischen Familie wurde der Bürgerkrieg in all den Jahren nicht mal erwähnt.

Eine Ergänzung von mir, bei der ich allerdings nicht einschätzen kann, wie schwer die Verletzung wahrgenommen wird: Wenn einem etwas zu essen oder trinken angeboten wird, erst mal ablehnen, bei der dritten Wiederholung annehmen. Das lernte ich erst über die Umkehrung, als eine spanische Freundin in Deutschland fast hungrig und durstig geblieben wäre, weil sie jedes Angebot ablehnte – sie bekam dann auch nichts. Irgendwann erklärte sie mir, dass sie das halt aus Spanien so gewohnt sei. Schlagartig fielen mir mit hochrotem Kopf all die Unerzogenheiten ein, die ich also seit Kindertagen begangen hatte. Als ich meinen spanischen Vater fragte, warum er mir das nie beigebracht hatte (wo er doch sonst meinen Bruder und mich vor allem bei Tisch auf Manieren gedrillt hatte), meinte er nur achselzuckend, er habe das halt schon immer blöd gefunden. (Der alte Lausbub <3).

Journal Dienstag, 30. April 2019 – Sakura und Beifang aus dem Internetz

Mittwoch, 1. Mai 2019

Es fühlte sich wieder nach nicht genug Schlaf an. Bin mal gespannt, wann ich wirklich runterkomme – ich fange an, die Reha im Juli als Ruhekarotte vor der Hochtourennase anzusehen.

Was ich morgens sehr genoss: Das Gehen ging viel, viel besser, ich fühlte mich nur wenig unter Normalnull (was ja inzwischen gelegentliche Aussetzer des Beins einrechnet).

Es regnete immer noch und war kalt geblieben, ich machte mich mit einem Schirm auf den Weg in die Arbeit. In einer Bäckerei holte ich mir zur Brotzeit ein Laugenzöpferl – und glitt bei Verlassen des Ladens auf einem nassen Metallgitter aus. Ich scheine bereits den Umgang mit Regenfolgen verlernt zu haben. Zum Glück ging der Fall nicht auf die Bandscheibe, doch nach 200 Metern schmerzte mich die rechte untere Wade wie nach einem heftigen Krampf – ich humpelt also den Tag über wieder, nur anders.

Zum Zöpferl gab es mittags Bergkäse und Birne, Nachmittagssnack war eine Banane und dunkle Schokolade.

Auf dem trockenen Heimweg holte ich mir zum Abendessen Rahmspinat (Herr Kaltmamsell war bis spät in Besprechungen).

Es erschien mir naheliegend, dass in der japanischen Kunst Sakura eine besonders starke Allegorie ist.

Nach einem ausführlichen Telefonat mit dem Projektmanagement des großen Festes (es ging um den Aspekt Deko, darin bin ich ja am allerunbrauchbarsten) machte ich mir Spinatsuppe mit verlorenen Eiern. Zum Nachtisch gab’s restlichen Flan vom Sonntag, mittlerweile war Herr Kaltmamsell heimgekommen (unter anderem mit der Info, dass im gestern geschriebenen Deutschabitur ein Text von Sascha Lobo verwendet wurde) (und auf der re:publica spricht der Bundespräsident – wann bitte sind wir people aus dem Internet da hingeraten?).

§

Sicher keine Empfehlung (als ich den Artikel gestern auf Twitter teilte, folgten detaillierte Hinweise auf die gefährliche Unzuverlässigkeit der Methode), doch eine interessante Beschreibung einer Hackkultur individuellen Medizingeräts:
“People Are Clamoring to Buy Old Insulin Pumps”.

§

Hedwig Richter vom Hamburger Institut für Sozialforschung räumt in der Süddeutschen mit ein paar Irrtümern über Demokratie auf:
“Auch mal mühsam”.

Es wäre ein Missverständnis, Demokratie als die Regierungsform zu verstehen, die den Mehrheits- und Volkswillen möglichst direkt zum Ausdruck bringt. Solche Ideen hatten nicht zuletzt die Nazis mit ihrem “gesunden Volksempfinden”. Tatsächlich ist die Geschichte der liberalen Demokratie zugleich die Geschichte ihrer Einhegung. Die Verfassung weist im Rechtsstaat nicht nur den Regierenden klare Schranken, sondern auch den Regierten: Keine Mehrheit, kein Volkszorn darf die Würde des Menschen antasten. Der Minderheitenschutz ist fundamental für die eingehegten Demokratien, ebenso die Gewaltenteilung. Besonders stark beschränkt das Repräsentationsprinzip den Mehrheitswillen. Das Volk wählt alle paar Jahre, und das ist gut so. Nicht das Volk regiert, sondern die gewählten Profis. Sie beraten sich in langen Prozeduren, ziehen Experten hinzu und finden Kompromisse.

§

Kathrin Passig hat drei Vorlesungen als Büchlein veröffentlicht. Stephan Porombka nutzt seine Besprechung im Freitag dazu, Kathrins selbstkritische Grundhaltung zur Gegenwart und zu Veränderungen zu rühmen:
“Das Jetzt ist super”.