Nach einer Pause um 5 Uhr doch noch ausgeschlafen.
Draußen ein überraschend schöner Tag. Ich genoss, wie beim Bloggen die Sonnenreflexion am Haus gegenüber durch die Kastanienblätter blinzelte.
Kühl war es immer noch. Ich radelte ins Olympiabad und schwamm meine 3000 Meter in überraschend vollem Becken. Wer hätte gedacht, dass die Einmal-im-Jahr-Schwimmer das ausgerechnet am 1. Mai tun?
Semmelkauf auf dem Heimweg, Frühstück.
Den Nachmittag mit Vorbereitungen des re:publica-Auftritts verbracht, dazwischen Zeitungen von Dienstag und Mittwoch aufgelesen, das Sonnenlicht bewundert.
Zum Abendessen gab’s aufgetautes Gulasch mit Böhmischen Knödeln.
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Die Besprechung von Avengers: Endgame aus der Süddeutschen hatte ich mir für nach dem Film aufgehoben (gute Idee: voller Spoiler), jetzt amüsierte ich mich laut lachend über die Rezension von Juliane Liebert (sie mochte den Film!):
“Superhelden sind die neuen Socken”.
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Einer der bescheuertsten Stammtischsprüche mit wechselnder Quellenangabe lautet: “Glaube keiner Studie, die du nicht selbst gefälscht hast.” Bescheuert, denn die Fälschung von Studien ist extrem selten, unter anderem weil sehr aufwändig (zu viele Menschen beteiligt, Prüfungsmechanismen). Was allerdings erschreckend häufig ist: Unsauberes Studiendesign, Fehlinterpretationen von Studiendaten, falsche und manipulative Vermittlung von Studienergebnissen.
Juliane Wiedemeier beschreibt in Übermedien, wie all diese Fehler bei der Studie „Verlorene Mitte“ der Friedrich-Ebert-Stiftung passiert sind:
“Darf’s ein bisschen rechtsextremer sein?”
1. Fragwürdige Indikatorfragen.
2. Einseitige Interpretation durch die Projekt-Verantwortliche.
3. Reißerische Medienberichte.
4. Manipulative Berichterstattung über kritische Überprüfung.
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Niemals vergessen:
Danzig, 1930: ein Mädchen auf dem Weg zur Einschulung. Mira Ryczke-Kimmelman wird dieses Foto immer bei sich tragen, im Warschauer Getto, in den Konzentrationslagern Majdanek, Auschwitz, Bergen-Belsen. Jetzt ist sie gestorben, mit 95 Jahren.
Katja Petrowskaja schreibt über
“Das Mädchen und ihr Foto”.
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Nettes Filmchen für Einwanderer: Was man in Spanien besser mal nicht macht. (Für mich interessant, weil: Mein Vater kommt aus Spanien, ich habe die meisten meiner Kindheitsurlaube in Spanien verbracht.)
11. Das mit der Seltenheit von “gracias” und “por favor” war mir nicht so klar – habe ich möglicherweise automatisch richtig gemacht.
10. Brotstück auf dem Tisch, nicht auf dem Teller – hat man mir früh beigebracht.
9. Beim Essen Hände immer überm Tisch ist für uns Deutsche einfach, das ist auch hier gutes Benehmen.
8. Kein Bier um fünf anbieten – na ja, spätere Essenszeiten. Aber in einer Bar würde man schon eines bestellen.
7. Nach Einladungen als Gast nicht anbieten, beim Aufräumen zu helfen. Das kommt mir entgegen, ist mir auch fremd.
6. Im Smalltalk nicht zuerst nach dem Job fragen – in diese Situation bin ich wohl nie gekommen, war mir bislang nicht aufgefallen.
5. Nicht erschrecken, wenn alle sehr laut sprechen – das klingt nur wie Streit, ist aber keiner. Sofort denke ich an die Nachbarin meiner Eltern, die am Tag nach dem Frühschoppen meines Vaters mit seinen drei besten spanischen Freunden fragte, ob sie sich wieder vertragen. Allerdings glaube ich nicht, dass das mit der erhobenen Stimme für alle Regionen Spaniens gilt (Galicien?).
4. Keine Verallgemeinerungen über Spanien. Hihi, siehe meinen Schlusssatz zu 5. Spanien ist sehr regional strukturiert und stolz auf die Unterschiede. (Wie alle anderen europäischen Staaten auch? Aber vielleicht muss man das dem Neuseeländer im Filmchen erklären?)
3. Catalán nicht als Dialekt bezeichnen, sondern als Sprache. Ahem. Überlasssen wir die fachliche Unterscheidung den Linguistinnen, halten wir fest, dass es unhöflich wäre.
2. Vorsicht beim Siezen mit “usted” – mein Endgegner im sozialen Umgang in Spanien. Die Handhabung macht mich völlig wahnsinnig, u.a. weil nicht reziprok. Zum Beispiel kann Alter Status schlagen, also kann es sein, dass eine ältere Verkäuferin eine deutlich jüngere Kundin duzt, aber erwartet, dass sie von ihr gesiezt wird.
1. Don’t mention the war. Hochinteressant, dass eine Spanierin Fragen nach dem Bürgerkrieg für den schlimmsten Fauxpas hält. Ihre Erklärung ist genau die, mit der auch ich auf die Besonderheit hinweise: Ein Bürgerkrieg spaltet ein Land von innen, es gibt keinen vereinenden äußeren Feind. In meiner spanischen Familie wurde der Bürgerkrieg in all den Jahren nicht mal erwähnt.
Eine Ergänzung von mir, bei der ich allerdings nicht einschätzen kann, wie schwer die Verletzung wahrgenommen wird: Wenn einem etwas zu essen oder trinken angeboten wird, erst mal ablehnen, bei der dritten Wiederholung annehmen. Das lernte ich erst über die Umkehrung, als eine spanische Freundin in Deutschland fast hungrig und durstig geblieben wäre, weil sie jedes Angebot ablehnte – sie bekam dann auch nichts. Irgendwann erklärte sie mir, dass sie das halt aus Spanien so gewohnt sei. Schlagartig fielen mir mit hochrotem Kopf all die Unerzogenheiten ein, die ich also seit Kindertagen begangen hatte. Als ich meinen spanischen Vater fragte, warum er mir das nie beigebracht hatte (wo er doch sonst meinen Bruder und mich vor allem bei Tisch auf Manieren gedrillt hatte), meinte er nur achselzuckend, er habe das halt schon immer blöd gefunden. (Der alte Lausbub <3).