Archiv für Juli 2019

Journal Sonntag, 30. Juni 2019 – Heiße Generalversammlung Kartoffelkombinat

Montag, 1. Juli 2019

Vor dem Wecker aufgewacht, den ich gestellt hatte, um morgens vor der diesjährigen Generalversammlung des Kartoffelkombinats noch Dinge tun zu können. Erst mal den Rahmkartoffelsalat fürs zugehörige Buffet fertiggestellt.

Morgenkaffee auf dem Balkon, bevor die große Hitze kam. Und die kam: Nachdem wir wieder alle Fenster der Wohnung geschlossen und die Rollläden heruntergelassen hatten, radelten wir zum Leonrodplatz, auf jedem unbeschatteten Abschnitt erschlagen von der Sonne.

Die diesjährige Generalversammlung war ein Einschnitt in der Geschichte des Kartoffelkombinats: Sowohl an der Spitze des Aufsichtsrats als auch im Vorstand gab es den ersten Wechsel. Während der erstere lange angekündigt war, ergab sich der zweite aus einigen Entscheidungen, die mit vielen Diskussionen und grundsätzlichen Überlegungen verbunden waren. Diesmal führte durch die Versammlung also der neue Aufsichtsratsvorsitzende Rauno Fuchs (schon immer Mitglied des Aufsichtsrats), und im Vorstand war dem Gründungsvorstand Simon Scholl Vorständin Teresa Lukaschik gefolgt. Teresa kommt von außerhalb der Genossenschaft und ist die erste studierte Landwirtin in der Führung des Kartoffelkombinats. Sie stellte sich mit dem Statusbericht zu Genossenschaft und Gärtnerei vor – und beeindruckte mich gleich mal sehr: Nicht nur war ihr Bericht sehr sorgfältig vorbereitet und sprachlich ausgearbeitet; Teresa äußerte viel Bewunderung fürs Projekt, spendete detailliertes und herzliches Lob für den Weg, den wir bislang gegangen sind. Sehr kompetent gab sie aber auch vorsichtige Hinweise, dass nach dem schnellen Wachstum auf heute 1600 Ernteanteile das eine oder andere an Prozessen und Abläufen überdacht und verbessert werden muss – auch zum Besten des mittlerweile beachtlich angewachsenen fest angestellten Teams. Unter anderem erklärte sie so, warum der Bau der neuen Lagerhalle, deren Planung wir 2018 beschlossen hatten, besser auf nächstes Jahr verschoben werden sollte. (Das war die beste Antrittsansprache eines neuen Vorstandsmitglieds, die ich bislang – sonst ja immer beruflich – erlebt habe.)

Was wir auch aus dem Lagebericht 2018 und dem Statusbericht erfuhren: Der Gärtnerei geht es gut, wir blieben bislang von Unglücken verschont (der Hagel im Mai hätte unsere gesamte Einrichtung und Ernte zerstören können – wie es einer befreundeten Gärtnerei passierte). Wir lernen immer mehr über den Boden, der ja bis zu unserem Kauf eine konventionelle Baumschule war, das Team freut sich über das neue Gewächshaus, das mit Folien statt Glas sehr gut funktioniert. Auch über Bewässerung wird dazugelernt, Teresa deutete an, dass hier grundsätzlich und langfristig an einem System gearbeitet wird.

Weitere übliche Tagesordnungspunkte: Feststellung des Jahresabschlusses, Beschlussfassung über die Ergebnisverwendung, Entlastung des Vorstands, Entlastung des Aufsichtsrates, zwei Anträge. Alles wurde sehr ausführlich diskutiert. Ich hatte den Verdacht, dass so manche unerwartet bohrende Nachfrage einer Unkenntnis von Grundbegriffen entsprang (z.B. “Jahresabschluss”, der eine rein finanzielle Sache bezeichnet). Deshalb werde ich vorschlagen, der nächsten Einladung zur Generalversammlung ein Glossar beizulegen – ich erinnere mich noch gut, wie in meiner ersten Generalversammlung des Kartoffelkombinats manche sogar über den Begriff “Entlastung” stolperten.

Sehr spannend fand ich auch den Bericht zum Kartoffelkombinat-Verein. Nachdem ich lange nicht so recht fassen konnte, worin Sinn und Zweck bestanden, richtet ihn jetzt der vormalige Genossenschaftsvorstand Simon aus: Der Verein soll die Grundideen des Kartoffelkombinats und die bisherigen Erfahrungen weitertragen und nutzbar machen, als Open-Source-Projekt.

Die Teilnahme an der Generalversammlung schien mir ein wenig reger als vergangenes Jahr, aber ich kann das nicht durch Zahlen belegen. In der Mittagspause viele vegetarische Salate, Gebäck, Kuchen – alle wurden zufrieden satt.

Als Herr Kaltmamsell und ich um halb vier aus der – ohnehin warmen – Versammlungshalle traten, wurden wir auch im Schatten von der Hitze erschlagen. Wie betäubt radelten wir heim. Die Verdunklung hatte gewirkt, in der kühlen Wohnung kam ich langsam wieder zu mir. Doch eigentlich war ich für den Nachmittag zum Eisessen verabredet: Ich fasste mir ein Herz und sagte ab, in diese Hitze wolle ich nicht nochmal raus – wie sich herausstellte, ging es meiner Verabredung auch so. Zudem stresste mich die nahende Abreise zur Reha. Jetzt hatte ich Zeit, im verdunkelten Wohnzimmer die Aufnahmeformulare der Reha-Klinik auszufüllen und einen Schwung Kleidung zu bügeln.

Nach sieben traute ich mich mit Herr Kaltmamsell doch nochmal vor die Tür und spazierte zum Flaucher-Biergarten. Hier war es deutlich angenehmer als in der Stadt, und da man an diesen Biergarten halt nicht mit dem Auto kommt, gab es weder an Essens- noch an Getränkeausgabe Schlangen.

Nach Wurstsalaten, Brezen und Radlermaßen spazierten wir zurück durch Flanierende, Badende, Radelnde, Ruhende.

Heimweg in der Dämmerung. Je näher wir den Häusern kamen, desto wärmer wurde es. Noch ein Ballabeni-Eis beim Jessas in der Baumstraße (Joghurt-Heidelbeer fand ich ganz ausgezeichnet), daheim räumen und machen in Vorbereitung der Reha-Reise.