Journal Mittwoch, 27. November 2019 – Schlafmangel

Donnerstag, 28. November 2019 um 6:29

Üble Schmerzensnacht, der längste Schlaf am Stück dauerte knapp drei Stunden. Im Moment setze ich meine Hoffnung auf den Termin nächste Woche bei einem anderen Orthopäden, der laut einer Kollegin nicht nur Bilder anschaut, ich bin wirklich erschöpft.

Arbeitstag mit Kopfweh aus Angst und Ärger. In Kombination mit der beschissenen Nacht hätte ich mich nachmittags sehr gerne eine Runde unter den Schreibtisch gelegt. Aber auch das ging vorbei.

Mittags grüne Spitzpaprika, ein Laugenzöpferl, Quark mit eingekochten roten Johannisbeeren.

In der Abenddämmerung den Krähenschwärmen mit besonders großer Sehnsucht hinterher geschaut. Auf dem Heimweg kurzer Abstecher zum Edeka Theresienhöhe, unter anderem Granatäpfel für Brotzeit mitgenommen.

Zum Abendessen zerteilte Herr Kaltmamsell das letzte Stück Ernteanteil, nämlich einen Hokaido, in Spalten und buk ihn im Ofen. Wir aßen ihn mit Käse und Butter, danach reichlich Süßigkeiten.

Ich nahm ein Erkältungsbad, dehnte, legte mich dann sofort ins Bett und las Kent Haruf, Plainsong – gefiel mir gleich wieder so gut wie Eventide, ist dennoch ein bisschen anders als der zweite Band der Trilogie.

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Blicke über den Tellerrand mögen wir ja, gell? Wie wäre es mit einem Blick auf Gemälde von Herrschern außerhalb Europas? Zum Beispiel in Persien?
“Peek Into The Court: Stunning Qajar Portraits”.

via @Hystri_cidae

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Web-Urgestein Anne Roth bloggt über ihren Online-Aktivismus in der Vergangenheit:
“20 Jahre Indymedia – Ein anderes Internet schien möglich”.

Open Publishing, die Möglichkeit, eigene Beobachtungen, Berichte, Meinungen einfach per Formular online zu veröffentlichen, hat die Welt der Medien auf den Kopf gestellt. Heute ist nichts selbstverständlicher, als spontan Bilder, Texte, Videoclips bei Facebook, YouTube, TikTok zu posten und per Twitter weit zu verteilen. Wer Ende der 90er etwas mitzuteilen hatte, brauchte dazu gute Beziehungen zur AStA- oder Lokalzeitung, sonst blieb nur der Leserbrief. Das war mit einem Schlag anders.

(…)

Überhaupt, die Kommentarfunktion.

Genau genommen ist sie ein einziges Missverständnis. Erfunden wurde die Kommentarfunktion, damit unter den veröffentlichten Inhalten von anderen ergänzt werden konnte, was fehlte oder anders gesehen wurde. Tatsächlich war sie auch bei Indymedia mehr oder weniger von Anfang an eine bunte Trollwiese: Beschimpfungen, Verleumdungen, rechte Hetze und persönliche Angriffe beschäftigten die (immer unbezahlt in der Freizeit aktiven) Moderationsteams weit mehr, als sich irgendwer ausgemalt hatte. Ein Versuch, das zu korrigieren, war die Umbenennung der Kommentare in «Ergänzungen», um deutlicher zu machen, dass hier zusätzliche Fakten gefragt waren, und weniger Meinung. Im nächsten Schritt wurden eingehende Kommentare unterteilt in inhaltliche Ergänzungen zum Text und andererseits – alles andere. Erstere wurden gut sichtbar zuerst dargestellt, alles andere blasser, kleiner und mit eingeklapptem Text darunter. Eine Lösung, die sich bedauerlicherweise sonst nirgends durchgesetzt hat, ich halte sie weiterhin für einen sehr sinnvollen Beitrag zu einer konstruktiven Diskussionskultur im Netz.

die Kaltmamsell

8 Kommentare zu „Journal Mittwoch, 27. November 2019 – Schlafmangel“

  1. Sonni meint:

    Indymedia, mein Reizwort. Ein Familienmitglied (keine Person öff. Interesses) wurde dort (auf .linksunten) verleumdet und private Details veröffentlicht, der angerichtete Schaden war groß. Das ist kein freiheitliches Medium.

    Zitat: “Plötzlich war es nicht mehr nötig, die wenigen wohlwollenden Journalist*innen zu finden, mit Infos zu füttern und zu hoffen, dass irgendwas davon tatsächlich in der Zeitung landete. Aktivist*innen wurden zu Medienaktivist*innen, trugen Bilder und Texte zusammen und veröffentlichten sie einfach selbst.”

    Genau, der Aktivismus steht dort im Vordergrund, journalistische Grundprinzipien müssen hinten anstehen. Verantwortungsvoller Journalismus ist auch nicht “wohlwollend”, sondern prüft kritisch. Ich hoffe, dass es den wirklich freiheitlichen und demokratischen Journalismus noch lange geben wird und er nicht irgedwann von solchen Medien verdrängt wird, die “einfach veröffentlichen”.

  2. Micha meint:

    Zwei interessante Links – Danke!
    Ansonsten: gute Besserung!

  3. Joe meint:

    Blogger.com ging im August 1999 ans Netz. Auch in Deutschland gab es ab 1996 blogs und eine blogger-szene. Als Indimedia Deutschland an den Start ging, gab es mit antville sogar schon das erste freie blog.hosting system aus Deutschland.

    Da wird die Indemedia Geschichte ziemlich herorisiert.

  4. Sabine Kerschbaumer meint:

    Ich selbst bin auch seit 1998 mit Blogs bzw. dem, was man damals auf einer eigenen HP in Blogform veröffentlichen konnte, im Netz unterwegs. Es gab ja einigen Anbieter neben blogger.com, die zu dieser Zeit Plattformen anboten.

    Und auch ich stehe Indymedia äußerst kritisch gegenüber. Lese ich ein privates Blog weiß ich, es repräsentiert stets die Meinung des oder der Schreiber/in. Selbst bei Twitter ist das so – die Tweets eines gewissen Herren aus den USA nehmen viele ja genau aus diesem Grund nicht wirklich ernst und er hat sich wundervoll enttarnt durch diese.

    Indymedia ist auf den ersten Blick journalistisch. Ordentliche Recherche, abwägen dessen was veröffentlicht wird und wenigstens relative Neutralität finde ich dort so gut wie nie.

    Ich gehöre allerdings auch zu denen die der Meinung sind, das Internet ist ein klein wenig “besser” geworden. Zwar wird nach wie vor diffamiert und beschimpft, auch Cybermobbing gibt es nach wie vor. Zwischenzeitlich kann man sich aber etwas besser schützen (mehr Wissen) und Nettigkeiten wie Mailbomben fangen gute Virenprogramme meistens ab. Die Netzwerke sind zumindest aufmerksam geworden, auch wenn nicht immer etwas passiert. Da ist noch viel Luft nach oben.

    Letztlich ist halt auch das WWW nur ein Spiegel der Gesellschaft….

    (War das nun eine Ergänzung oder alles andere ;-) ? )

  5. Helga meint:

    Ich kenne ja diese wegen Hüftschmerzen nicht schlafen können Nächte zu gut. Letztlich wurde es eine neue Matratze. Das war eine lange Suche und hat mich sehr geärgert, weil die andere sehr neu war. Hat sich aber gelohnt.

  6. kelef meint:

    @joe: antville war und ist österreichisch, und nicht deutsch. soviel ordnung muss sein …

  7. Uta meint:

    Vielen Dank für die Kent-Haruf-Empfehlung, ganz wunderbar!

  8. Vered meint:

    Um die drei Stunden Schlaf am Stück beneidet Sie innig Vered

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