Journal Freitag, 20. Dezember 2019 – Vollbremsung
Samstag, 21. Dezember 2019 um 9:14Nun, ich hatte wirklich lange Pause, deshalb eine gewissen Ergebenheit: Migräne. Sie meldete sich morgens um fünf, ließ mich um halb sieben noch Morgenkaffee machen und trinken, schickte mich dann aber energisch wieder ins Bett. Alle Pläne hinfällig: Vollbremsung.
Da die Migräne nur aus starken Kopfschmerzen und lediglich mittelgroßem Elend bestand, ließ ich den Triptanhammer weg und versuchte es mit Ibu und Schlaf. Zwischenaufstehen um elf für ein Glas Wasser, Fertigbloggen und Zähneputzen (mit geputzten Zähnen fühle ich mich immer gleich nur noch halb so krank), dann zurück ins Bett. Als Herr Kaltmamsell um halb eins aus der Arbeit kam (FERIEN!), war ich halbwegs wieder ok und hatte Lust auf Aufstehen. Gleichzeitig meldeten sich erste Symptome einer Erkältung. Mehr Ergebenheit.
Geduscht und gekleidet machte ich mich auf zu Lebensmitteinkäufen fürs Wochenende im Basitsch. Die Münchner Luft war immer noch mild, aber der Himmel, den ich vormittags noch sonnig gesehen hatte, zog zu.
Daheim großes Frühtstück: Rest Topinambursuppe vom Vorabend, eine mächtige Scheibe selbst gebackenes Brot mit Krustenschinken.
Im Ernteanteil dieser und der vorhergehenden Woche waren Äpfel gewesen, zusammen genug für einen Apfelkuchen mit Streuselkruste. Also buk ich einen. Beim Schälen der Äpfel dufteten mich vor allem die an, deren rote Schale auch die oberste Schicht des Fruchtfleischs färbte.
Zeitunglesen, ich spüre Ermüdungserscheinungen bei immer noch einer Analyse des Wandels von politischer Kultur und schlichtem menschlichen Anstand in den USA – mittlerweile müsste Bürger-Bigotterie olympisch geworden sein. Die immer neuen Analyse des Brexitschlamassels überblättere ich inzwischen: Die Mehrheit der Briten hat uns EU-Bürgern vier Mal die Türe ins Gesicht geworfen, beim Brexit-Referendum 2016, bei den Parlamentswahlen 2017, bei der Europawahl 2019 und jetzt noch heftiger und lauter bei den erneuten Parlamentswahlen. You are on your own now, mates. (Wobei mein Mitgefühl weiterhin den vielen Leidtragenden dort gehört.)
Besonders interessiert las ich den Artikel im SZ-Magazin, in dem Christina Fleischmann ihren Weg zur Entscheidung über einen Kirchenaustritt (katholisch) beschreibt. Sie spricht mit Kirchenvertretern, Expertinnen und Experten, erzählt von ihrer religiösen Vergangenheit und macht es sich wirklich nicht leicht (€).
“Zwischen Himmel und Erde”.
Bei mir war der Prozess ganz anders verlaufen. Ich hatte mich erst mal durch Austritt von einem Verein losgesagt, dessen Politik und Handeln ich in allermeister Hinsicht nicht vertreten konnte. Dann hatte ich mich mit dem Kern von Religiosität beschäftigt, dem Glauben – und festgestellt, dass er mir abhanden gekommen war (habe ich hier mal beschrieben). Damit war das Thema für mich beendet.
Abends war ich mit Herrn Kaltmamsell zu einer Weihnachtsfeier im Freundeskreis verabredet. Ein Tablett mit Almendrados in der Hand, Käse und ein halbes selbst gebackenes Brot im Rucksack nahmen wir einen Bus nach Untergiesing. Dort Menschen kennengelernt, von denen ich schon viel gehört hatte, manchmal seit Jahren, mich sehr darüber gefreut, den Tagesablauf eines teuren hiesigen Elitegymnasiums erfahren (Zusammenfassung: “Gefängnis”), Katzen gestreichelt. Einer Freundin von meinen Hüftbeschwerden erzählt, erst durch ihre Erschütterung wurde mir wieder bewusst, wie massiv die Beeinträchtigung meines Alltags und meiner Lebensqualität derzeit ist.
Als wir kurz vor Mitternacht heim fuhren, regnete es heftig.
die Kaltmamsell1 Kommentar zu „Journal Freitag, 20. Dezember 2019 – Vollbremsung“
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23. Dezember 2019 um 20:37
Grad kürzlich habe ich mich bei einem Netzzufallsfund* gewundert, ob die Migräne der Hüfte den Schmerzvortritt gelassen hat (à la entweder-oder), weil sie nicht mehr davon schrieben – und nun das!
Vielleicht haben Sie am Vortag die grüne Brille nicht aufgesetzt? :-) *https://hms.harvard.edu/news/green-light-migraine-relief