Archiv für Dezember 2019

Journal Donnerstag, 19. Dezember 2019 – Baiser und Brot

Freitag, 20. Dezember 2019

Erst um halb acht war die erste Ahnung von Hell am Himmel zu erkennen. Jetzt kommen die allerkürzesten Tage des Jahres – ich bin sehr dankbar, dass sie hier gerade durch sonniges Wetter mit Licht verlängert werden.

Wieder eine Runde Crosstrainerstrampeln mit Blick auf Eichhörnchen-Umtriebigkeit, gestern fiel sie mir aber schwer und war mühsam. Trotzdem zwang ich mich zu Dehnen und Bauchkräftigung (alles, damit ich meine Beschwerden anblaffen kann: “An MIR liegt’s nicht”).

Frisch geduscht und gekleidet machte ich mich an die nächsten Schritte des Brots: Leserwunsch-Bauernbrot von Lutz Geißler, allerdings in doppelter Menge, denn bei zu wenig Teig greift der Haken meiner Maschine nicht recht und verteilt ihn lediglich an den Wänden der Schüssel. (Außerdem lohnt sich so die Energie für die Backofenhitze mehr.)

Während der beiden Gärphasen nutzte ich den Backofen für die Almendrados, die ganz wunderbar gelangen. Ich habe das Rezept aufgeschrieben.

Allerdings nutze ich nächstes Mal vielleicht kleinere Förmchen: Mit den vielen Mandeln ist bereits ein einzelner großer Almendrado ganz schön mächtig.

Frühstück: Porridge mit Quitten in Sirup und ein eben abgekühlter Almendrado.

Dann kam das Brot dran, während des Backens las ich weiter in Saša Stanišić, Herkunft. Ich lese es gern und mag allein schon die Sprache: Scheinbare Leichtigkeit, immer wieder überraschend treffsicher. Zum Beispiel: “Seine Lieblingsband hieß Fury in the Slaughterhouse, die Musik klang sehr höflich.” Mir sagt zwar der Name der Band etwas, ich habe aber noch nie Musik von ihr gehört. Jetzt kann ich sie mir vorstellen. Und ich mag, dass die Erzählstimme nach einem sehr freundlichen Menschen klingt.

Schon in Mantel und Schuhen holte ich das Brot aus dem Ofen:

Anschnitt natürlich erst abends nach vollständigen Abkühlen. Ich war nicht ganz zufrieden, die Krume war mir zu feucht und es schmeckte nicht ganz durchgebacken (längere Stückgare?).

Ich brach zu einer weitere Einkaufsrunde auf. Am Sonntag hatte ich in Haidhausen in einem Schaufenster ein Kleid gesehen, das ich gerne probieren wollte und nahm die S-Bahn (Wochenkarte!) zum Ostbahnhof. Das Kleid war bereits weg, doch die freundliche Boutiquen-Verkäuferin gab mir Tipps, wo ich es online finden könne.

Am Christkindlmarkt Weißenburger Platz holte ich mir eine kross gebratene Käsekrainer und genoss sie sehr. S-Bahn zum Isartor, von dort ging ich in den Laden der Hofbräuhausmühle und kaufte eine große Tüte Roggenmehl. Jetzt noch die letzten Geschenkeinkäufe und Geschenkpapier, dann war ich für dieses Jahr durch. Auf die einzige Lieferung aus einer Online-Bestellung warte ich allerdings noch.

Daheim kurzes Ausruhen, ich fühlte mich sehr erschöpft. Abendessenabsprachen mit Herrn Kaltmamsell, der eben den letzten Ernteanteil des Jahres geholt hatte.

Letzte Runde Reha-Sport des Jahres, ich nahm die U-Bahn ins Westend und hatte sehr keine Lust. Progressive Muskelenstpannung, deutlich einfacher ohne vorherigen Arbeitstag. Die Geräterunde absolvierte ich diesmal mit Musik auf den Ohren, das erleicherte einiges.

Zurück zu Hause hatte Herr Kaltmamsell vereinbarungsgemäß aus dem Topinambur eine Suppe gekocht, die ausgesprochen köstlich geraten war (er führte das auf die große Menge Butter darin zurück), dann für jeden eine Hand voll Posteleinsalat sowie Käse und Brot. Dazu machten wir eine Flasche Riesling Terra Rossa vom Weingut Hirschhof auf, der uns sehr gut schmeckte.

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Auch dieses Jahr ist es in meinen Augen eine Behörde, die den Weihnachtsengel abgeschossen hat:1 Die Kantonspolizei Bern.

https://youtu.be/bOIFvNzd8Kg

  1. Jaja, ich arbeite weiter an meinen Metaphern. []

Journal Mittwoch, 18. Dezember 2019 – Mediterraner Dezembertag

Donnerstag, 19. Dezember 2019

Ein wunderbarer mediterraner Dezembertag, ich fühlte mich an die Dezember erinnert, die ich in Rom und Tel Aviv erlebte: Viel Sonne, offene Jacken, entspannte Gesichter sogar in der belebten Fußgängerzone, draußen in den verbliebenen Straßencafés viele Stühle besetzt.

Ich stellte den Wecker nur auf eine halbe Stunde mehr Schlaf, damit ich Herrn Kaltmamsell Morgenkaffee bringen konnte. Es war wieder eine unruhige Nacht gewesen. An sich hatte ich eine Runde Schwimmen im fast fertigen Olympiabad geplant, doch als ich den Sportrucksack dafür packte, wollte ich doch nicht so viel Zeit für Sport aufwenden: Ich schwenkte um auf 30 Minuten Crosstrainer mit Musik auf den Ohren. Dort sonniger Ausblick inlusive Kohlmeisen, Kleiber, Amsel, Rotschwanz, Eichhörnchen. Ein wenig Gymnastik und Dehnen hinterher.

U-Bahn nach Schwabing, dort holte ich bei Dr. Orth 1 diesmal den Ausdruck der richtigen Röntgenaufnahme ab. In der herrlichen Sonne wäre ich gerne zu Fuß die ganze Leopoldstraße spaziert, doch ich wusste, dass mir gestern noch einige Fußwege bevorstanden, also ging ich schonend nur ein kleines Stück und fuhr nochmal U-Bahn. Nämlich zum Frühstück ins Café Puck.

Cappuccino und Apfelschorle mit Käsefrühstück, das ich gestern nicht ganz schaffte (dafür muss ich halt doch vorher 3000 Meter geschwommen sein).

Nach gründlichem Lesen der gestrigen Süddeutschen ging ich von dort langsam zu einem weiteren Weihnachtsgeschenkkauf, nahm dann die U-Bahn zum Marienplatz. Mehr Weihnachtsgeschenke.

Daheim setzte ich Vorteig fürs donnerstägliche Brotbacken an und fragte meine Mutter telefonisch nach ihrem Rezept für Almendrados – die will ich zu einer Weihnachtsparty am Freitagabend mitbringen. (Typisch spanisches Rezept: Vier Zutaten, simple Zubereitung – wenn’s wie gewünscht klappt, verblogge ich es gleich.)

Weitere Einkaufsrunde für Weihnachtsgeschenke, dieses Jahre bekomme ich fast alles offline. Unterwegs traf mich eine Schabernack-Idee zur Begleitung eines der Geschenke – mal sehen, ob ich die Zeit und Mühe aufbringe.

Daheim ein Kilo Mandeln geschlält, zum Trocknen und Rösten in den Ofen geschoben. Währenddessen die heurigen Quitten in Earl-Grey-Sirup gekocht – es kann ja wohl nicht angehen, dass ich kein Kompott zu meinem Porridge habe. Sie werden allerdings viel zu Beißen bieten: Ich habe selten derart holzige Quitten erlebt.

Herr Kaltmamsell war zum Abendessen aushäusig verabredet, ich brauchte ein Resterl gefrorene Erbsen für eine Frittata auf, dazu ein Resterl gefrorenen Blattspinat. Nachtisch: Schokolade und Plätzchen. Auf arte lief Das brandneue Testament – Anklänge an die episodische Erzählstruktur, naive Mädchenniedlichkeit und Groteske der Fabelhaften Welt der Amélie unübersehbar, dennoch amüsant.

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Der Bestatter Grieneisen hat den Berliner Inklusionspreis bekommen:
“Beim Bestatter lebt die Inklusion”.

via @Christiane

Man muss es ernsthaft versuchen, dann ist es ganz leicht“, sagt Gerhard Bajzek von Grieneisen.

(Sagt er als Tipp für die berichterstattende taz.)

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Gary Larson ist zurück!
“Far Side creator Gary Larson launches website with promise of new work”.

Das hier ist die Website, The far side.

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Ist ja nicht so, als nähme sich Margarete Stokowski in ihren Kolumnen nur Sexismus und Frauenfeindlichkeit vor. Sie kümmert sich auch um die richtig schlimmen Dinge, zum Beispiel Spargelliebe oder jetzt die eigentümlichen Schwerpunkte deutschen Weihnachsliedguts.
“O du schmerzliche”.

Die polnische Version endet damit, dass dem Baby gesagt wird: Schlaf gut, du wunderschönste Rose, lieblichste Lilie, du sanftes Sternchen, du schönste Sonne! Die deutsche Version enthält kein einziges Kosewort und endet mit: “Wir hüten deinen Schlaf und sind ganz leise.” Elternliebe, so herzlich wie eine Hausordnung.

Genau das war mir schon als Kind aufgefallen, und zwar im Abgleich mit spanischen Weihnachtsliedern. Elternliebe kommt darin nicht so richtig vor, höchstens Mutterliebe, aber ein deutsches Pendant zu diesem ist nirgendwo in Sicht: „Canta, ríe, bebe – que hoy es Nochebuena“, also “Sing, lach und trink, weil heute Heilige Nacht ist”.

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https://youtu.be/Y84-hxPXy1c

Journal Dienstag, 17. Dezember 2019 – Ferien!

Mittwoch, 18. Dezember 2019

Trotz Ibu eine schlechte Nacht, immer wieder von Schmerzen geweckt (die, nur zur Sicherheit, nicht schrecklich stark sind, nur halt stark genug für Schlafstörung). Derzeit wieder innerer Durchhänger, weil ich mir nicht vorstellen kann, das könnte jemals besser werden. (Ich weiß, ich weiß: Ich bin ja selbst schuld, müsste schließlich nur all Ihre weiterhin eintreffenden hundertprozentigen Tipps befolgen.)

Föhnmorgenhimmel über dem Sendlinger-Tor-Platz. Es war den ganzen Tag bacherlwarm, zu meinem Ledermantel hätte es nicht mal den Schal gebraucht.

Bedrückt mit Tram und U-Bahn in die Arbeit, dort aber schnelle Entspannung: Ein Arbeitsproblem löste sich, bei Dr. Orth 1 ging sofort jemand ran (und entschuldigte sich), jetzt konnte ich mich darüber freuen, dass es nur noch ein halber Arbeitstag bis Weihnachtsferien war.

Mittags eine Breze, Hüttenkäse, Kerne eines großen Granatapfels.

Kurz nach zwei fuhr ich den Rechner runter und machte mich auf den Weg zu Frau Physio.

Diese fand den Schmerzknoten wieder an ganz anderer Stelle der Hüfte wie die vorherigen Male – die vielfältige Hüftmuskulatur bietet ja auch eine große Auswahl. Wir waren beide ratlos, warum die Muskulatur ums rechte Hüftgelenk derart blockt. Diesmal blieb sogar die momentane Linderung gleich nach den kräftigen Anfassen aus, ich humpelte unverändert davon.

Bis zum abendlichen Rehasport hatte ich noch ein wenig Zeit und mit dem Gedanken gespielt, zu einem bestimmten Laden beim Ostbahnhof zu fahren. Doch die S-Bahn verspätete sich um 15 Minuten, das wäre mir zu knapp geworden.

Ich stieg an der Donnersberger Brücke aus und ging langsam zum Heimeranplatz, startete meinen Reha-Sport-Runde im Geräteraum einfach schon vor dem Gruppengymnastiktermin (Peziball, meine vom Fahrradsturz beleidigten Rippen behinderten mich).

Daheim machte uns Herr Kaltmamsell schnelle Nudeln mit Tomatensoße aus dem Glas (Geschenk), zur Feier der Ferien gab es Gimlets.

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Auf Twitter die rührende Geschichte der Ansagestimme am Londoner U-Bahnhof Embankment.

(Und weil auch ich vorsichtig mit rührenden Geschichten geworden bin und weiß, dass Geschichten, die zu gut sind um wahr zu sein, eben oft nicht stimmen – habe ich die Kommentare unter dem Thread gelesen, bis ich auf den Fact Check stieß: Sie stimmt, es gibt mehrere seriöse Quellen.)

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Parkour zur Musik von Aladdin – in Uzbekistan! Dessen wunderschöne Städte Bukhara und Khiva man bei dieser Gelegenheit kennenlernt.

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https://youtu.be/JPQNm2d3QIQ

via @kscheib

Journal Montag, 16. Dezember 2019 – Überflüssige und neue Beschwerde

Dienstag, 17. Dezember 2019

Früher Wecker für eine Runde Crosstrainer und Übungen.

Dann doch erstaunlich viel Räumerei, so dass ich sogar später als sonst das Haus verließ. Und beim Verlassen des Hauses sah ich: Die Treppen waren geputzt! Denn irgendwann war mir dann doch aufgefallen, dass die Außentreppe zum Hauseingang seit Monaten nicht geputzt worden war: Die klebrigen und großen Flecken vom Oktoberfest wurden immer dunkler (dafür weniger klebrig, na gut). Und auf der Treppe im Haus, die sich um den kreisrunden kleinen Aufzug schmiegt, sammelten sich immer mehr Papierfetzen, Herbstblätter, Zigarettenstummel – auch sie wurde offensichtlich nicht geputzt. Gleichzeitig hing an der Wand neben der Haustür ein Blatt mit Unterschriftentabelle für den wöchentlichen Reinigungsdienst der beauftragten Hausverwaltung: vollständig mit Datum und Unterschrift für jede Woche ausgefüllt. Ich hatte bereits die Kontaktdaten auf diesem Blatt notiert (also: fotografiert), um Bescheid zu geben, dass hier was nicht stimmte – schweren Herzens, denn ich beschwere mich ausgesprochen ungern. Die Welt soll bitte von Vornherein nicht so sein, dass man sich beschweren muss. Wie erleichternd, dass mir das erspart blieb.

Mit Tram und U-Bahn in die Arbeit, dabei auf meinem Smartphone Herkunft von Saša Stanišić gelesen. Dass ich mal Romane auf einem so kleinen Bildschirm lesen würde – aber Buchstaben gehen eben immer, wer wie ich ohne sonstiges Angebot die Auschrift auf der Cornflakes-Packung liest, liest dann halt auch ihre Lektüre auf jedem verfügbaren Weg.

In der Arbeit nur mittel Unangenehmes, ich konnte mich lange in eine manuelle Tätigkeit flüchten (die noch dazu ein befriedigend sichtbares Ergebnis hatte). Mittags Käse und Birnen, nachmittags Hüttenkäse, eine Hand voll Nüsse.

Nach der Arbeit fuhr ich zu Dr. Orth 1, um die jüngste Röntgenaufnahme meiner schmerzenden Hüfte für Dr. Orth 2 abzuholen. Ich steckte den Ausdruck unbesehen ein. Daheim stellte ich fest, dass man mir eine Röntgenaufnahme vom April 2011 ausgedruckt hatte, und zwar von der anderen Hüftseite. Zum einen ärgerte ich mich über mich selbst, weil ich nicht nachgeguckt hatte. Andererseits kam ich ins Grübeln, wie jemand wohl auf die Idee gekommen war, dass mich diese Aufnahme mehr als die vom September dieses Jahres interessieren könnte – und nicht mal nachfragte. Mir blüht also das Ganze von vorne, neuer Anruf, neue Fahrt nach der Arbeit in die Praxis.

In der Gegend des Arztpraxis hatte ich weitere Weihnachtsgeschenke besorgt, für mich dann noch im Kaufhaus Strumpfhosen. In der langen Schlange vor der Kasse stand ich im eigenen Saft: Es war ohnehin draußen mild, und ich hatte die Kaufhausheizung unterschätzt.

Daheim servierte Herr Kaltmamsell die restliche Rinderzunge vom Sonntag mit Wirsinggemüse aus Ernteanteil – ein Genuss.

Journal Sonntag, 15. Dezember 2019 – Freundinnenkaffee

Montag, 16. Dezember 2019

Lang geschlafen, dennoch müde aufgestanden.

Draußen weiterhin milder Sturm, am Himmel wechselten sich Sonne und Wolken ab.

Nochmal eine Runde Crosstrainer mit vorher Faszienrolle und danach Bankstütz.

Zum Frühstück kochte ich den ersten Porridge der Saison. Mangels Kompott aß ich ihn mit Kirschmarmelade und Joghurt. Zweiter Gang: Ein Tellerchen Plätzchen, Herr Kaltmamsell hatte am Vortag eine große Dose voll von seiner Mutter mitgebracht.

Nachmittags war ich mit einer Freundin auf einen Kaffee in Haidhausen verabredet. Ich beschloss, langsam zu Fuß hinzugehen, um mal wieder nach der Isar zu sehen: Da ich sie nicht mehr entlangjoggen kann, weiß ich gar nicht mehr, wie’s ihr so geht.

Niedriger Stand, an der Reichenbachbrücke wird ein barrierefreier Zugang gebaut. Für die 45-Minuten-Strecke zum Pariser Platz in Haidhausen brauchte ich eine Stunde, kam aber zumindest nicht Ganzkörper-verspannt an.

Schönes Gespräch mit der Freundin, allerdings mit traurigen Nachrichten.
Als wir das Café verließen, umwehte uns milder Wind: Ich war mir mit der Freundin einig, dass uns die Kälte überhaupt nicht fehlt. Nach Hause nahm ich S- und U-Bahn.

Zum Nachtmahl bereitete Herr Kaltmamsell die Rinderzunge zu. Sie stellte sich als nicht ganz durchgepökelt heraus (macht nichts), schmeckte hervorragend.

Serviert wurde die Zunge nach Kaltmamsell’scher Familienart: Mit Lauchsoße und Kartoffelpü.

Wettervorhersage: Föhn, bis zu 17 Grad. Das ist dann selbst mir für Dezember zu warm, aber immer noch besser als minus 17 Grad.

Journal Samstag, 14. Dezember 2019 – Freundinnentreffen spontan und geplant

Sonntag, 15. Dezember 2019

Nicht so lange geschlafen, wie ich gekonnt hätte. Nach Bloggen und Twitterlesen machte ich mich fertig für eine Runde Sport, während Herr Kaltmamsell für einen Besuch bei seinen Eltern packte.

Faszienrolle und Igelball, dann für ein halbes Stündchen mit geschenkter Musik auf den Ohren auf den Crosstrainer. Dehnen Wade, Adduktoren, Hüftbeuger, dann noch eine Runde Liegestütz, Trizepstraining am Stuhl, Bankstütz. Gegen gerade oder seitliche Crunches protestierten die vom Fahrradsturz beleidigten Rippen, also ließ ich das.

Nach dem Duschen eine kleine Einkaufsrunde um den Block, dann nahm ich eine U-Bahn in die Maxvorstadt für Geschenkeeinkauf. Ich hatte mir ausgerechnet, dass ich in der nächsten, zum größen Teil freien Woche (\o/) mindestens zwei Tageskarten brauchen werden, am Wochenende weitere Fahrten anfallen würden: Eine Wochenkarte lohnte sich. Auch wenn es sich für normale Wege nach Kapitulation anfühlt, nicht einfach zu gehen oder zu radeln.

Milder (das Apothekentermometer zeigte über 10 Grad an), stürmischer Tag, immer wieder sah ich bedrohliche Wolkenwände am Horizont, doch keine entlud sich.

Im U-Bahnhof am Josefsplatz dachte ich daran, mal wieder Automatenfotos zu machen.

Zum Frühstück gab es zwei Semmeln und Granatapfelkerne mit Joghurt.
Nach dem Spülmaschinenausräumen hatte ich eigentlich den Nachmittag frei – dennoch zwickte mich das Gefühl, irgendeine Pflicht vergessen zu haben. Hatte ich aber nicht.

Der freie Nachtmittag war sehr nützlich, denn mich erreichte die Nachricht einer Freundin aus Berlin: Sie sei beruflich in München, ob ich jetzt im Moment sofort Zeit für ein Treffen hätte. Hatte ich! Sie kam zu mir, wir tranken Tee und brachten einander auf den neuesten Stand – Eltern, Kinder, Geschwister und familiäre Verknotungen.

Zum Abendessen war ich verabredet; es gab Dim Sum im LeDu in der Klenzestraße, dazu den abgefahrensten Mule, den ich auf der Karte finden konnte, nämlich einen Maki Mule: Gin, Wasabi, Jogurth, Ginger Beer, Gurke, Zitronensaft, Schwarz Pfeffer. Konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen, schmeckte hervorragend, vor allem die Wasabi-Note. Anregende Gespräche über Kunst und Hochschulbetrieb, Film und Theater, nach einem Wechsel ins Fraunhofer (wir hatten den Tisch nur für zwei Stunden) über Gastronomie und die Arbeit darin.

Journal Freitag, 13. Dezember 2019 – Innereiengespräche und Stollentausch

Samstag, 14. Dezember 2019

Die Nacht verlief überraschend schmerzarm: Das sind halt einfach blaue Flecken an Rippen und Knie. Wach haltende Unruhe wurde eher von ein paar offenen Arbeitsdingen erzeugt, die mich entweder große Überwindung kosteten oder im Grunde unlösbar waren. Um halb sechs gab ich auf und verließ das Bett. Crosstrainer-Pläne hatte ich bereits gestrichen – sogar mir dämmerte, dass sportliche Bewegung bescheuert gewesen wäre. Ich genoss die zusätzliche Zeit vor der Arbeit, hängte Wäsche auf, bloggte gemütlich, genoss meinen Morgenkaffee.

Das Fahrrad ließ ich (wegen offensichtlich bescheuert) stehen, mit Tram und U-Bahn in die Arbeit.

Angstarbeiten. Ich scherze ja gerne bei Arbeitsproblemen, deren Lösung ich nicht in der Hand habe, meine Unterstützung liege im Anzünden von Kerzen vor Wallfahrtsaltären. Meinte ich das ernst, hätte ich derzeit einen klimaschädlichen Kerzenverbrauch.
(Und wie groß die Erleichterung ist, wenn ich Unvorhergesehenes schnell lösen kann – weil es ja bloß an mir liegt!)

Die Fahrradsturzbeschwerden machten die umgekehrte Entwicklung vom Vortag: Sie ließen immer weiter nach, bis ich nur noch wie vorher hüfthumpelte. Super für meine wochenendlichen Sportpläne!

Eine Gruppe Krähen am Himmel beobachtet, die sich von den starken Böen tragen ließ, ganz hoch, zur Seite, im Kreis – es sah nach einer Menge Spaß aus.

Früher Feierabend, ich war fürs Abendessen zuständig (Herr Kaltmamsell besuchte nach der Arbeit erst noch einen Freund). Geplant waren spanische Knoblauchnierchen. Also nahm ich eine S-Bahn zum Marienplatz und spazierte durch viele, viele Christkindlmarktbesucher zum Metzger Eisenreich auf dem Viktualienmarkt, der auf Innereien spezialisiert ist. Die Schweinenieren bekam ich problemlos, dann fragte ich fürs Wochenendessen nach Rinderzunge: Ja, auch die gab es, und zwar gepökelt. Herr Metzger fürchtete zwar, das Exemplare, das er mir hinhielt, könnte zu groß sein, aber ich versicherte ihm, dass wir die über ein paar Tage schon wegessen würden. Austausch von Zubereitungspräferenzen.

Auf dem Heimweg über die Sendlinger Straße besorgte ich noch Schuhcreme (meine edlen weinroten Schnürstiefel sollen möglichst lange halten und dabei möglichst lange edel aussehen), dann ein paar Dinge von der Einkaufsliste im Biosupermarkt (Petersilie, Käse, Joghurt, Rapsöl), das Weißbrot zu den Nierchen bekam ich kurz vor sechs erst bei der dritten Bäckerei (ein gutes Zeichen – wären um diese Zeit die Bäckereiregale noch voll, müsste wenig später alles weggeworfen werde).

Daheim kurzes Umpacken, dann spazierte ich mit einem halben selbst gebackenen Stollen zu einem Freund, mit dem ich Stollentausch vereinbart hatte: Er bäckt nach einem interessant klingenden Rezept.

Herr Kaltmamsell kam heim, es gab die Nierchen.

Als Wein dazu einen, auf den ich Lust hatte (im Gegensatz zur Abstimmung aufs Essen): Weißen Auxerrois hatte ich in Luxemburg kennengelernt und sehr gemocht, dieser stammte aus Baden vom Weingut Wöhrle – ein feiner Jasminhauch, im Mund mineralisch und frisch, sehr gut!

Schon am Vorabend hatte ich Granta 149: Europe: Strangers in the Land ausgelesen. Endlich wieder eine richtig gute Ausgabe Granta (nicht dass die anderen schlecht gewesen wären, aber das Niveau dieses Literaturmagazins ist halt so hoch, dass ich verwöhnt bin): Das Thema Europa wird mit Familienerinnerungen an den Holocaust bearbeitet und wie viele Generationen die Shoa prägt, mit Geschichten, die sich ganz selbstverständlich über mehrere Länder Europas erstrecken, mit journalistischen Langstrecken in Foto oder Text zum aktuellen Thema Einwanderung und Flucht. Weniger ergiebig war für mich das Sonderformat der verstreuten Kurzstatements über Europa von verschiedenen, teils sehr namhaften Autorinnen und Autoren.