Journal Freitag, 24. April 2020 – Feines Restaurantessen daheim

Samstag, 25. April 2020 um 8:57

In den frühen Morgenstunden von bösen Kopfschmerzen geweckt worden, die ein paar Migränesymptome dabei hatten. Wecker vorgestellt in der Hoffnung, dass etwas mehr Schlaf hilft. Das in Kombination mit Ibu nach dem Aufstehen wirkte tatsächlich. Spätestens die raketenartige Euphorie nach Verschwinden der Kopfschmerzen bewies, dass das eine Migräne gewesen war. Also gestern halt mal kein Sport, nur ein bisschen Dehnen – ICH KANN DAS ICH BIN NÄMLICH NICHT ZWANGHAFT!!EINSELF!!

Ein weiterer sonniger, milder Tag, diesmal gab es sogar ein paar Wolkenfelder.

Im Büro sehr aufgebracht gewesen, mich diesmal aber an zuständiger Stelle beschwert. Obwohl ich mich wie ein Kindergartenkind fühlte, das zur Erzieherin rennt. Mal sehen, ob es was gebracht hat.

Mittags selbstgebackenes Sauerteigbrot (aus der Gefriere) und original hessische Ahle Wurscht, die mir ein sehr freundlicher und großzügiger Leser zukommen hatte lassen – schmeckte tatsächlich ganz hervorragend und vielschichtig.

Nach Feierabend direkt heim geradelt. Ich fange an, menschenarme Routen auszuknobeln, um nicht zu waghalsigen Manövern fürs Abstandhalten greifen zu müssen. Meine wehe Hüfte war in den vergangenen Tagen besonders kooperativ: Ich konnte immer wieder fast symmetrisch gehen, in den Nächten schlief ich schmerzfrei. Wie herrlich wäre es, wenn es so bliebe, bis die Zeiten eine OP erlauben.

Die Hasenglöckchen im Grün bei St. Matthäus waren bereits in vollem Schwung:

Fürs Nachtmahl hatten wir uns umgesehen, ob auch die feinen Restaurants der Innenstadt Mitnehm-Essen anbieten, durch dessen Abnahme wir sie unterstützen können. Fündig war ich bei Landersdorfer und Innerhofer geworden: Dort gibt es derzeit Donnerstag bis Samstag Speisen, die man daheim nur noch erhitzen muss.

Ich hatte für uns beide ein dreigängigen Menü bestellt und um eine passende Flasche Wein gebeten, um halb sieben radelte ich zum Abholen hin.

Beim Plaudern mit Robert Innerhofer erfuhr ich, dass sein Lokal dieses Jahr eigentlich 20-jähriges Bestehen feiert – vielleicht klappt das mit der Feier noch. Er äußerte sich zuverlässig, dass sie die momentane Krise durchstehen.

Daheim gab es zur Vorspeise Terrine vom Perlhuhn mit Apfel:

Als Hauptgang Rinderroulade mit Topfenspätzle und Gemüse (das Fleisch in Soße kam in einem Plastikbeutel, den wir im Wasserbad erhitzten, Spätzle und Gemüse in der Pfanne – ich nehme an, es wird von der Verfügbarkeit einer Mikrowelle ausgegangen, die wir halt nicht haben):

Als Wein hatten wir uns auf einen Morey Saint Denis – Domaine Pierre Amiot et Fils geeinigt, einen schönen Burgunder, elegant und vielschichtig.

Dessert war ein getränkter Savarin, der ganz hervorragend schmeckte:

Ein Festmahl – aber einen Restaurantbesuch ersetzte es halt nicht.

§

Norbert Blüm ist gestorben, der bewies, dass sich erfolgreicher politischer Streit mit Integrität und Moral verbinden lassen. Die Tagesschau machte die Nachricht zum gestrigen Aufmacher.

Auf Twitter verlinkte @habichthorn ein wunderschönes Porträt von Norbert Blüm, das Britta Stuff 2015 schrieb:
“Nostalgie
‘Hallo, hier ist Norbert'”.

“Guten Tag, Blüm hier, könnte ich den Herrn Ministerpräsidenten Seehofer sprechen?”

“Tut mir leid, Herr Blüm, der Herr Ministerpräsident ist im Urlaub, kann ich was ausrichten?”

“Wenn er Lust hat, soll er mich mal anrufen.”

“Gerne. Haben Sie denn ein spezielles Thema?”

“Joa, das Wetter wär schön.”

die Kaltmamsell

7 Kommentare zu „Journal Freitag, 24. April 2020 – Feines Restaurantessen daheim“

  1. Sabine meint:

    Ist es ganz schlimm, wenn ich darauf hinweise, dass das keine Englischen Hasenglöckchen, Hispanoides non-scripta, sondern die derberen Hispanoides hispanica sind, die hierzulande im Gegensatz zu den begehrten englischen Bluebelss auch ganz gut gedeihen, die ich aber aus einem Beet bei mir wieder loswerden will, weil sie sehr wuchern und mit ihrem lange häßlich welken Laub die Wirkung der Pfingstrosen daneben empfindlich schmälert. Auf diesen Irrtum, den viele Gärtnereien schamlos propagieren, sind hierzulande schon viele Gärtner*innen reingefallen, die sehnsuchtsvoll auf Bilder von Wisley gestarrt haben. Aber sie blühen zugegebenermaßen auch sehr hübsch, halt nur zu kurz für den Raum, den sie beanspruchen.

    Schlimmes Nerd-Tum, ich weiß. Ich werde nervös, wenn im Film mittelalterliche Liebespaare Edelrosen austauschen oder in the King‘s Speech an Verbena bonariensis vorbeispaziert wird; bei Thomas Cromwell mit der blühenden Wisteria im Hintergrund bin ich schier in Ohnmacht gefallen. Berühmt auch die Rose Gertrude Jekyll an Mr Collins Häuschen im 1995 P&P. Mich regt sogar Denethors schmatzendes Tomatenverzehren in Herr der Ringe auf, obwohl das absurd ist, weil Sam ja auch Kartoffeln anbaut.

  2. Croco meint:

    „Warum haben wir das alles gemacht, Herr Blüm?”

    “Warum, fanden Sie’s nicht gut?”

    Er sieht besorgt aus.

    “Doch, aber warum?”

    “Ist doch auch gut, dass man einander noch mal sagt: Du warst wichtig. Oder?”

    Wie schön! Danke sehr

  3. Die M. meint:

    @Sabine: Faszinierend. Woher wissen Sie das alles? (Kartoffel und Tomaten und Edelrosen — für mich noch nachvollziehbar, dass man das weiß. Aber beim Rest?)

  4. die Kaltmamsell meint:

    Ja, Sabine, dass das keine atlantischen Hasenglöckchen sind, musste ich bereits herausfinden. Aber der lustigste Namensbestandteil bleibt.
    Das mit den historischen Details: Ich mag’s inzwischen am liebsten, wenn die Abbildung betont frei ist (schönes Beispiel Marie Antoinette mit Kirsten Dunst), dann fällt der Filter für mich gleich mal weg. Undich bin milder geworden, seit mir klar wurde, dass ich historisch authentische Sprache vermutlich gar nicht verstehen würde – wenn ich da Abstriche mache, kann ich das auch bei anderem.

  5. Margarete meint:

    Abstriche werden ja in dieser Zeit ganz viele gemacht…

  6. Angela meint:

    Sabine ich würde die ‘Hasenohren’ in meinem Garten nicht missen wollen. Das hässliche Laub schneid oder reiss ich nach der Blüte kurzerhand ab. Die haben sich im Jahr darauf noch nie beschwert.

    Eine Freundin hat sie in die Wiese gepflanzt. Sehr schön. Wird dann abgemäht.

  7. Madame Graphisme meint:

    @Sabine: Ich liebe Nischen-Nerdereien!
    Mir fallen in Historienfilmen/serien immer die völlig bizarren Pferderassen (warum so oft auf Karrossieren? Diese Pferderassen wurden doch gar nicht zum Reiten gezüchtet, so unbequem zu sitzen mit dem kurzen Radstand …), das falsche Lederzeug (dabei haben experimentelle Archäologen da doch so viel interessante und nachvollziehbare Arbeit geleistet!) und einiges an seltsamen Schutzwaffen auf. Dem fröhlichen Geek neben mir auf dem Sofa geht’s mit jeder Form von Militärtechnik so und deshalb haben wir gelernt, uns punktuell über Schönes zu freuen. Also einfach die Lichtblicke schätzen. So schlimm z.B. die ganze Azincourt-Filmhälfte des Netflix-Henry 5th war, so hübsch dann stellenweise Inneneinrichtungsdetails. :)

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