Journal Sonntag, 19. April 2020 – Ein Arm Abstand

Montag, 20. April 2020 um 6:01

Kurz nach sechs ausgeschlafen in einen wundervollen Morgen mit köstlichen Düften aufgewacht – allerdings war ganz offensichtlich der nächtliche Regen ausgeblieben, auf den die Wettervorhersage hatte hoffen lassen. Es ist viel, viel zu trocken.

Vormittags Staubwischen (die Überleitungen sind immer das schwerste), im Buchregal mit Nebenwirkungen: Zum einen fand ich Bücher zum Weggeben (wie kommt das bloß hierher?), zum anderen stieß ich auf gern gelesene Autorinnen, die ich vergessen hatte, und recherchierte gleich mal, was es Neues von ihnen gibt (Astrid Paprotta, die seinerzeit auch interessant bloggte, hat leider tatsächlich nach dem großartigen Feuertod von 2007, nach vier Bänden um ihre Kommissarin Ina Henkel, keinen weiteren Roman veröffentlicht).

Und sollte ich nochmal umziehen, gibt’s Bücherregale mit Glastüren. (Außer natürlich ich ziehe aus Armutsgründen um, dann fliegen halt alle Bücher außer den ideell kostbaren raus.)

Sporteinheit: Nachdem ich mir ohne Schwimmöglichkeit Sorgen um meine Gesamtmuskulatur mache, nahm ich mir ein bewährtes Rundumtraining mit Hanteln von Fitnessblender vor. Bis auf Ausfallschritte links (vor und zur Seite) ging alles, strengte mich auch ziemlich an. Versuche ich künftig wöchentlich einzuschieben, ich muss mir irgendwie bis zur weiterhin nicht planbaren OP so viel wie möglich Muskulatur erhalten, auch um die kaputte Hüfte.

Highlight beim Semmelholen: Wie ich auf die Straße ausweichen musste, um zur vierköpfigen Familie Abstand zu wahren, die auf dem Gehweg radelte. Das gab mir den Mut, beim nächsten entgegenkommenden und raumgreifen Paar einen Arm auszustrecken, um es zum Abstand zu zwingen, dabei heiter fragend: “Na? Schaffen wir das?” (Auch anstrengend.)

Ich machte wieder einen Schlenker über den Alten Südfriedhof.

Wer hätte gedacht, dass die derzeit dominierende Blume auf dem Südfriedhof, die ich so gut kenne, eine Münchner Spezialität ist? Ranunculus monacensis, Goldhahnenfuß.

Semmeln mit Käse zum Frühstück (da war es noch nicht mal zwei!).

Auf dem Balkon Internet und Zeitung gelesen. Es war kühler geworden, ich brauchte Socken und Jacke. Nachmittagssnack Apfelkuchen vom Vortag.

Gefühlt überwiegen in den Medien bereits die Corona-Artikel im Futur II: Wie es gewesen sein wird. Mir ist schon klar, dass damit die Sehnsucht befriedigt wird, auf das weiterhin unabsehbare Geschehen zurückzublicken, doch ich bin sicher, dass die Stehsätze der Zeitungen (und wie auch immer das beim Fernsehen heißt) Interessanteres bieten.

Das Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell auf den selbstgeriebenen Meerrettich von meinem Bruder abgestimmt: Gekochter Tafelspitz mit Meerrettichsoße und Kartoffeln – köstlich.

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Helen Macdonald, die Autorin des großartigen H is for Hawk, erzählt auch auf Twitter meist von Vögeln (u.a. dem hinreißenden kleinen Papagei, mit dem sie zusammenlebt). Gestern packte sie den Kampf, den sie gegen die Holzmäuse in ihrer Wohnung führt, in einen Twitter-Faden.

This mouse and I … it’s like a fucking hemingway novella.

(Auch die Kommentare lesen, dort mehr Mäuse-Epen.)

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Ballettis im Home-Office:

https://youtu.be/NiM-x4fPFRI

die Kaltmamsell

7 Kommentare zu „Journal Sonntag, 19. April 2020 – Ein Arm Abstand“

  1. Sabine meint:

    Was für ein schönes Ballett-Video, bin ganz hin und weg und habe eigentlich so gar nix mit Ballett am Hut. Vielleicht sollte ich mich doch mal näher damit beschäftigen. Dieses Video hat auf jeden Fall Gänsehaut verbreitet. DANKE!

    Ganz liebe Grüße :)

  2. Ulla meint:

    Auch Danke für das Tanzvideo. Ich liebe Ballett und erinnere mich gerne an Konstanze Vernon und ihre Ballettschule. Häufig haben wir die Matinées besucht und auch Gelegenheit gehabt hinter die Kulissen zu schauen. Erst letztes Jahr einen Besuch in der John Neumeier Tanzschule mitgemacht und immer noch hin und weg vom Erlebten.

  3. Croco meint:

    Einen eigenen Hahnenfuß zu haben, das ist schon was besonderes.
    Im Studium habe ich die Ranunculus gehasst. Wenn Du nicht das letzte Blatt genau angeschaut hattest, hattes Du den falschen bestimmt. Die Blüten sind sich so ähnlich.
    Das Video ist bezaubernd, danke sehr.

  4. Frau Irgendwas ist immer meint:

    Bücher müssen einfach hinter Glas sobald sie der Heimbib zugeordnet werden. Hier gab es als Ersteinrichtung was vom gelben Möbelschweden, leider so gar nicht dicht. Jetzt sind es alte, aufgearbeitete Soennecken Schränke und wir lieben sie sehr und den Büchern geht es gut.
    Ich habe heute eine kutze Meldung gehört, das Sie evtl vielleicht vom Oktoberfest verschont bleiben … musste sofort an die alljährlichen Blogeinträge zum Thema denken.

  5. die Kaltmamsell meint:

    Dann wiederum, Frau Irgendwas isr immer, müsste ich mir ja was Neues suchen, worüber ich mich aufregen kann!

  6. Gaga Nielsen meint:

    Wenn das offizielle Oktoberfest abgeblasen wird, dann gibt es bestimmt an derselben Stelle informelle, selbstgestrickte krachlederne Zusammenkünfte mit allem Drum und Dran!

  7. Rainer meint:

    Die Absage wird wohl morgen verkündet… ein weiterer Sargnagel für Hotellerie, Schausteller und kleine Standl Betreiber…

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