Journal Mittwoch, 22. Juli 2020 – Zeitreise-Traumziele
Donnerstag, 23. Juli 2020 um 6:17Wieder erholsamer Schlaf mit wenigen Unterbrechungen (vielleicht half das Novalgin vom Abend zuvor).
Mittlerweile ist es beim Weckerklingeln draußen fast noch dunkel. Gestern lag das aber auch am bewölkten Himmel.
Gymnastik und Crosstrainer, letzterer Abschnitt hätte gerne länger dauern dürfen.
Meiner Hüfte ging’s gestern so gut, dass ich erst nach dreieinhalb Stunden Büroarbeit (wie immer mit regelmäßiger Unterbrechung durch Fußwege) das Bedürfnis hatte, meinen Schreibtisch auf Stehhöhe zu fahren. Ichweißichweiß, fürs Kreuz ist es ideal, regelmäßig zwischen Sitzen und Stehen zu wechseln, doch mich trieb in den vergangenen Monaten vorher der Hüftschmerz zum Wechsel.
Über den Vormittag wurde es sommerlich sonnig, aber ohne Hitze. Mittags Bulgur-Salat mit Tomate, Salzzitrone, Petersilie, nachmittags etwas Joghurt mit Nüssen.
Der Arbeitstag zog nachmittags ordentlich an, allerdings vor allem an Intensität, so dass ich nicht zu spät aus dem Büro kam. Außerdem erreichte mich die Nachricht von einem Knöchelbruch, der mich bei allem Mitgefühl erheiterte: Er wird durch die Kombination reichlich unwahrscheinlicher Zufälle wohl dazu führen, dass ich am Donnerstag eine englische Freundin wiedersehe.
Auf dem Heimweg Einkäufe auf der Theresienhöhe. Daheim recherchierte ich für meine Eltern, wie man sich bei Fledermausbesuch im Wohnzimmer verhält (bei Tageslicht nicht wecken, ab Dämmerung Innentüren zu, Fenster und Türen nach draußen auf – dann wird sie ihren Weg schon raus finden).
Zum Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell umfangreich Sushi bestellt. Dessert war ein Schälchen Eis.
Mauerseglern vor rosa Wolken zugeguckt. Im Bett Kinky Friedmann, A Case of Lone Star angefangen.
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Mit ihrem Handbuch für Zeitreisende haben Kathrin und Aleks mir einen Floh ins Gehirn gesetzt. Ich hadere ja seit langem damit, dass ich an viele Orte, mit denen ich intensive und schöne Erinnerungen verbinde, nicht zurückkehre kann: weil die Erinnerung nicht einfach an dem Ort hängt, sondern an dem Ort in einer Zeit. Doch seit dem Zeitreisebuch fantasiere ich von eben solcher Rückkehr. Unter anderem:
– Kindergarten und die Schulen, die ich besucht habe – zur Zeit meines Besuchs.
– El Olmo / Sepúlveda Anfang der 1970er, also zu Franco-Zeiten.
– Die schönste Wohnung der Welt, in der ich als Studentin lebte, 1990.
– Swansea 1992, als ich dort studierte und als Barmaid im Duke of York arbeitete.
– Das Jugenkammerchor-Jahreskonzert 1985.
Zudem würde ich gerne Familiengeschichte besuchen:
– Sandomierz in Südpolen, als meine Großmutter dort in den 1930ern ihre Schneiderlehre machte.
– Meinen verschwundenen polnischen Großvater um dieselbe Zeit als Kunststudent in Krakau kennenlernen.
– Die Bodega meines Großonkels in Madrid 1957, als mein Vater die Berufsschule besuchte und nach dem Unterricht dort aushalf.
– Meine Mutter Anfang der 1960er als Lehrling im Ingolstädter Bauunternehmen Forster.
4 Kommentare zu „Journal Mittwoch, 22. Juli 2020 – Zeitreise-Traumziele“
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23. Juli 2020 um 9:12
Ich bin nach weit mehr als 40 Jahren zum ersten Mal wieder in den Räumen meines Kindergartens gewesen und war völlig fassungslos, wie sehr die eigene Körpergröße die Wahrnehmung verändert; ich hatte das total abstruse Gefühl, die Räume seien quasi “eingelaufen” wie zu heiß gewaschene Pullover.
Eine Zeitreise machte ich gerne in die winzige Ortschaft bei Danzig, unmittelbar nachdem meine Oma mit meinem dreijährigen Vater und seiner großen Schwester von dort flüchtete.
Ich stelle es mir very weird vor für die Menschen, die dann dort einzogen.
23. Juli 2020 um 10:55
Großartige Idee das mit der Zeitreise. Das stibitze ich mir für meinen Blogeintrag morgen.
23. Juli 2020 um 13:27
Oh, ich habe gern auch die hinterlegten Geschichten gelesen!
In der Calle Juan de Urbieta war eine der beiden merkwürdigen WGs, in denen ich in Madrid gelebt habe. Lebedame im historischen Sinne bin ich allerdings bis heute nicht geworden, im wörtlichen Sinne wohl schon. (Packt Stift und Collegeblock ein zum dienstlichen Essengehen …)
Wie es wohl wäre, wieder durch Madrid 1988/89 zu gehen und die Menschen von damals wiederzutreffen? Ester & Vincente, Carmen und Beatrice …
24. Juli 2020 um 22:55
Für Ester & Vincente, Carmen und Beatrice wäre man halt dreißig Jahre älter als als sie einen kannten …
[Klugscheiß off]
Studiere halt auch gerade das wunderbar anregende Handbuch.