Archiv für September 2020

Journal Dienstag, 8. September 2020 – Es wird neblig

Mittwoch, 9. September 2020

Böse Nacht mit mindestens anderthalbstündiger Schlafpause. Aufwachen mit schlimmen Schmerzen.

Trotzdem ein wenig Bankstütz.

Erst Dienstag.

Dafür, dass gestern Wetteraufhellung angekündigt war, kam mir das Draußen um Sonnenaufgang herum reichlich düster vor. Stellte sich heraus: Erster Ansatz von Herbstnebel in der Münchner Innenstadt.

Emsige Arbeit, aber ohne Überforderung. Über den Tag wurde das Wetter immer sonniger und wärmer.

Mittags Tomaten (Ernteanteil) mit selbstgebackenem Brot, sehr gute Nektarine mit Feta (empfehlenswerte Kombination). Später Nachmittagssnack, der gut vorhalten musste: Hüttenkäse und getrocknete Aprikosen.

Nach Feierabend hatte ich nämlich erst mal einen Friseurtermin, auf den ich mich sehr freute: Ich bekam die Haare wieder ordentlich kurz. Heimradeln zwischen kurzärmligen Menschen.

Daheim waren die Unterlagen der Reha-Klinik am Tegernsee eingetroffen: Man rechnet dort bereits fünf Tage nach der OP mit mir – holla, die meinen das wirklich ernst mit der blutigen Entlassung.

Herr Kaltmamsell hatte zum Nachtmahl aus Grünkohl und Kartoffeln des Ernteanteils Eintopf gekocht, der sehr gut schmeckte.

Ich versuchte, meine Klinikausstattung (ein drittes Nachthemd, zwei weite Sporthosen, Badelatschen) bei Tchibo online zu komplettieren, aber alle Versuche scheiterten an der Fehlermeldung nach letztem Bestell-Klick: nicht alle Artikel verfügbar – ohne anzuzeigen, welche denn nun nicht (und warum sie mir dann vorher überhaupt als erwerbbar angezeigt worden waren). Also gehe ich halt doch wieder ins Kaufhaus.

Früh und mit Nebel überm Gemüt zu Bett.

Journal Montag, 7. September 2020 – J.L. Carr, How Steeple Sinderby Wanderers Won the FA Cup

Dienstag, 8. September 2020

Seltsame Nacht mit realistischen und umso bizarreren Träumen (vermutlich beeinflusst von der aktuellen Lektüre), tiefer und erholsamer Schlaf geht anders.

Der Wecker stand eh auf halb sechs, weil ich eine Runde Crosstrainer wollte. Das klappte auch und bereitete Freude.

Der nächtliche Regen hatte aufgehört, ich konnte trocken in die Arbeit radeln. Wo plötzlich so viele auf der Trick mit dem frühen Arbeitsanfang gekommen waren, dass ich erst nach einer halben Stunde auch nur dazu kam, mein Teewasser aufzusetzen.

Und ich glaube, vor der OP muss ich mir in dem ganzen Durchhalten, Aushalten und Verdrängen der Schmerzen nochmal eine Einheit Heulen, Zähneknirschen und Rumbrüllen nehmen, weil es so viel Kraft kostet. Und das, wo ich sogar noch selbst humpeln kann und aus eigener Kraft überall hin komme.

Mittags frische Feigen mit Feta. Gegen den Nachmittagshunger eine Scheibe selbstgebackenes Brot.

Meine Zahnärztin war zurück aus ihrem Urlaub, ich holte mir für nächste Woche einen Termin, um die bröselnden Schneidezähne richten zu lassen.

Viel zu tun, es wurde schon wieder spät.

Auf dem Heimweg erledigte ich die Lebensmitteleinkäufe für die nächsten Tage beim Vollcorner.

Kurzes Ausruhen daheim, bevor wir zum Treffen unserer Leserunde aufbrachen. In kleinerer Runde auf Abstand aßen wir Auberginen-Kartoffel-Auflauf (gut!) und Schokoladenkuchen, sprachen über J.L. Carr, How Steeple Sinderby Wanderers Won the FA Cup. Eine 1975 erschienene englisch Satire über eine Zuguck-Sporart, die mich überhaupt nicht interessiert: Fußball. Zumindest weiß ich genug über die Regeln und die Geschichte des Sports, um mitdenken zu können und die satirisierten Hintergründe zu erkennen. Außerdem ist J.L. Carr Meister der Erzählökonomie und braucht für die launige Geschichte der Dorfmannschaft, die mit Hilfe der kühlen Analyse eines ungarischen Intellektuellen eine Strategie für den englischen Pokalgewinn findet, nur 130 Seiten. Wirklich lustig fand ich die Seitenhiebe auf die Strukturen und Gemeinheiten im Landleben, weit weg von jedem Landliebe-Idyll, außerdem war ich überrascht, dass die Mechanismen von Kommerzialisierung und Medienausschlachtung des Fußballs offensichtlich vor 50 Jahren bereits dieselben wie heute waren. Und es gab einige schöne Wendungen entgegen der Lese-Erwartungen. Dennoch hat ein Fußballfan wahrscheinlich größeres Vergnügen an dem Roman (Christoph Becker überschlägt sich in der FAZ schier vor Begeisterung) und kann sich die beschriebenen Spiele besser vorstellen (im Roman als Lokalzeitungsberichte der sehr jungen, emsigen freien Mitarbeiterin Glinchy abgedruckt, die ich als Personal des Landlebens sofort wiedererkannte und mochte). Die anderen Mitlesenden waren durchwegs sehr angetan von dem Buch.

Heimradeln durch nur wenig kühle Nachtluft mit einer Ahnung von Herbst.

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Herzbruch braucht ja gar keine Themenanregungen – jetzt hat sie so nachvollziehbar und informativ über Handball gebloggt, dass ich am liebsten noch mindestens ein Dutzend weiterer Sportarten so vermittelt haben möchte:
“Pulled to bits”.
Unter anderem gefällt mir der Vergleich mit Geigespielen: Den kann ich aus erster Hand nachvollziehen. Mein Wunsch Geige zu spielen hielt nämlich nur wenige Wochen an, in denen ich die schulische Leihgeige nur zu grauenvollen Geräuschen brachte und mir klar wurde, dass das so schnell auch nicht besser werden würde. Seither behaupte ich, ich sei zu hörempfindlich fürs Geigenlernen. (Sie erinnern sich? Martin-Horn tut mir so weh, dass ich sogar vom Fahrrad springe, um mir die Ohren ganz fest zuhalten zu können?)
Finden wir auch sportliche Zuordungen für Querflöte (funktioniert schnell irgendwie, selbst Mittelmaß ist mit durchschnittlicher Anstrengung erreichbar) und Klavier (Taste -> Ton, fertig, aber nur ganz wenige bringen es zu echter Musik)?

Journal Sonntag, 6. September 2020 – Familiensonntag in bei Ingolstadt

Montag, 7. September 2020

Wir waren zu einem Familientreffen in bei Ingolstadt eingeladen, ich stellte mir einen Wecker für vorherigen Sport. Diesen Wecker brauchte es dann nicht mal, es war die Sorte Nacht, deren Ende ich eh herbeisehnte.

Sport war neben Bankstütz nach Wochen mal wieder eine Runde Yoga für den Rücken – die sehr, sehr wohl tat. Sie erinnerte mich daran, dass Yoga bei mir Dinge tut, die nichts anderes schafft, und ich nahm mir weitere Einheiten für die nahe Zukunft vor.

Der Tag war deutlich abgekühlt, aber freundlich. Der Zug brachte uns nach Ingolstadt.

Das neue Normal.

Zu meiner Überraschung stand der Hopfen noch in zwei Dritteln der Gärten: Ich hatte gelesen, dass die Ernte in der letzten Augustwoche begonnen hatte und wähnte sie beendet.

Es war sehr schön, Bruderfamilie und meine Eltern zu sehen, wir saßen draußen im Garten und sahen neben vielen Schwalben auch einen Falken und einen mutmaßlichen Bussard am Himmel.
Der Hauptgang kam aus einem neu angeschafften Smoker, der rundum bestaunt wurde.

Aber erst mal Suppe mit Pfannkuchen und Grießnockerln.

Dann aus dem Smoker Lammkeule Kürbis, Kartoffeln, Auberginen, Paprika, Zwiebeln, zudem grüne Bohnen und Romanasalat – ausgesprochen köstlich.

Weil es doch ein wenig frisch wurde, setzten wir uns für Kaffee und Dessert (Apfelstrudel, mmh!) auf die Terasse und plauderten weiter. Unter anderem Austausch von Modalitäten des montäglichen Schulanfangs aus Lehrenden- und Schüler/Schülerinnen-Sicht. Die Neffen sprechen übrigens den glottal stop des Gender-Sternchens geläufig und natürlich im Redefluss, das geht. (Wer glaubt, damit nicht vertraut zu sein: Es ist das kurze Absetzen zum Beispiel in Spiegel*ei.)

Rückfahrt vom derzeitigen Spitzenreiter an Bahnhofs-Romantik.

Wie schon auf der Hinfahrt waren die Sitze nur locker besetzt, ich fühlte mich sicher.

Meine Eltern hatten uns Zwetschgen vom eigenen Baum mitgegeben, um die kümmerte ich mich daheim erst mal. Da ich gestern Abend und an den folgenden Tagen keine Zeit zur Verarbeitung haben würde, entsteinte ich sie, kämpfte mit Würmern um etwa ein Viertel davon (win some, lose some) und fror sie in zwei Portionen ein (ein Mal Zwetschgenkuchen mit Nussboden, einmal für ein Blech Zwetschgendatschi).

Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell Nudeln mit Ernteanteil-Salbei.

Früh ins Bett, um weiter in Nineteen Eighty-Four zu lesen, das mich fesselt.

Journal Samstag, 5. September 2020 – #WMDEDGT im sommerlichen Daheim

Sonntag, 6. September 2020

Fünfter des Monats, an dem Frau Brüllen immer fragt: #WMDEDGT – Was machst du eigentlich den ganzen Tag? An diesem arbeitsfreien Samstag kann ich mitspielen.

Mittel-unruhige Nacht, zumindest freute ich mich bei jedem Halb- oder Ganzaufwachen an der Wärme eines geliebten Menschen neben mir. Gegen sieben war die Nacht vorbei.

Sehr schön: Wie erhofft war es warm genug (mit Sweatshirt und Socken) für Morgenkaffee auf dem Balkon.

Beachten Sie die rückenfreundlichen Schäufele und Besen, die es ein gutes Jahr nach meiner Rücken-Reha endlich im Haushalt gibt (Online-Kauf, nachdem Herr Kaltmamsell offline vergeblich gesucht hatte).

Ich bloggte und las Twitter samt verlinkten Artikeln, sah jungen Eichhörnchen in der Kastanie zu, stand immer wieder auf für Handgriffe des Brotbackens.

Der sonnige Tag wurde immer wärmer. Ich beschloss, gar keinen Sport zu treiben, sondern den letzten Sommertag entspannt zu genießen (in einem Jahr lässt sich beides hoffentlich wieder verbinden).

Wochenendkuchen buk ich ebenfalls, nämlich Luxemburger Schuedi. Das Backen hatte ich so organisiert, dass der Schuedi urprungsgerecht die Resthitze vom Brotbacken nutzte.

Zwischen den Zubereitungsschritten dafür bereitete ich Kartoffelsalat mit Gurke (beides aus Ernteanteil, die Kartoffeln allerdings noch von Partnerbetrieben, unsere werden erst noch geerntet) fürs Abendbrot.

Jetzt aber duschte ich mich endlich und zog mich an für eine kleine Einkaufsrunde in der Innenstadt: Der sonnige Tag legte kurze Ärmel, Caprihose und Sandalen nahe.

In der Sendlinger Straße überwogen die Hochsommerkleidchen: Angemessen, das Thermometer am Juwelier Fridrich zeigte kurz nach dem 12-Uhr-Läuten 27 Grad an, in der Sonne war es heiß.

Traurige Entdeckung: Der Body Shop in der Sendlinger Straße hat dicht gemacht – was ich seit Jahren erwartet hatte, nachdem innen die Verkaufsfläche immer weiter reduziert worden war und ich selten Kundschaft sah – und sich das Angebot nie mehr der Ursprungsidee von Anita Roddick annäherte. Als Kundin der ersten Stunde (na ja: anderthalbten, ich entdeckte die Kette 1987 auf Chortournee in Schottland) erinnere ich mich, dass Body Shop bereits in den 1980ern das Konzept hatte, die Plastikflaschen für die Produkte immer wieder im Laden aufzufüllen; außerdem bestand das Angebot aus einem Baukasten: Es gab zum Beispiel neben Deo und wenigen Hand- und Gesichtscremes genau ein Duschgel, ein Shampoo – und zahlreiche Duftöle, mit denen diese Produkte nach Wunsch der Kundin parfümiert wurden. Da mir das Konzept aus Laiensicht immer noch attraktiv und außerordentlich umweltfreundlich erscheint, würden mich die Bedenken der Marktprofis dagegen interessieren.

Für die Gurken-Körpercreme, die ich im Body Shop hatte kaufen wollen, hinktrippelte ich also langsam zur Filiale an der Frauenkirche (wo man mir das Angebot schmackhaft machen wollte, ein zweites Produkt der Serie um den halben Preis zu erwerben – ebenfalls ein Konzept, das Anita Roddicks Haltung wiederspricht: der Kundin Dinge aufzuschwatzen, die sie nicht braucht).

Sommerlicher Jakobsplatz.

Nächster Stopp war wieder Eataly, derzeit die einzige Quelle für verlässlich gutes Obst (viele Feigen, zwei Nektarinen – die Berge Pfirsich sah ich zu spät). Dort hat man die Durchsetzung des Hygienekonzepts verschärft – was mich erleichterte, die Male zuvor war es unangenehm voll gewesen. Was aber auch Schlangestehen am Eingang bedeutete, denn auch Vierergrüppchen wurden jetzt als einzelne Kunden und Kundinnen gezählt, die nur mit eigenem Einkaufswagen oder -korb eingelassen wurden, wenn einer frei war (ich wurde Zeugin einer hitzigen Diskussion mit einer Kundin, die auch nach vielen Wochen dieses Systems in vielen Läden nicht verstand, warum sie für ein, zwei Dinge zu einem Einkaufskorb gezwungen wurde).

Auf dem Heimweg besorgte ich am Sendlinger Tor noch einen Arm voll Dahlien. Die brachte ich zu Hause erst mal ins Wasser (“eiskalt!”, wie mich die freundliche Standlerin anwies, von der ich schon so viel gelernt habe), dann gab es Schuedi zum Frühstück.

Zeitunglesen auf dem Balkon, weitere Backrunde: Ich hatte Sauerteig sowie Lievito Madre aufgefrischt und nach einer Alternative zum Wegwerfen der alten Starter gesucht. Jetzt knetete und buk ich Kracker daraus. Allerdings war unser grobes Meersalz sehr grob, eher Richtung Kandissalz. Gibt’s halt Kracker mit Salzbrocken.

Eine halbe Stunde Bügeln zum Verräumen, dann hatte ich Nachmittagshunger: Es gab frisches Brot (hervorragend gelungen) mit Porchetta vom Eataly.

Zurück auf den Balkon zum Zeitunglesen. Am späteren Nachmittag wurde es langsam kühler, es kamen Wolken.

Nachtmahl waren Fischstäbchen aus dem Speiseföhn (sehr ok, halt nicht knusprig) mit Kartoffelsalat. Vorher hatte ich schon Gin & Tonics eingeschenkt.

Als Abendunterhaltung ließen wir im Fernsehen Duplicity von 2009 laufen, na ja.

Der seit Monaten offene Tab zum Thema Patientenverfügung leuchtet mich fordernd an; vor der OP sollte ich das wirklich endlich hinter mich bringen – vor allem um im Fall des unwahrscheinlichen Falles anderen eine Last abzunehmen.

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Der Beweis: Auto und Natur müssen keine Gegensätze sein.

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Bestes Herbstgedicht.

Journal Freitag, 4. September 2020 – Vorerst letzter entspannter Restaurantabend

Samstag, 5. September 2020

So innig herbegesehnt sollte nie ein Freitag sein.
Unruhiger Nachtschlaf endete um halb fünf, nach einer Stunde “dann ruhe ich halt nur” stand ich auf. Bankstütz klappte ein wenig besser.

Der Tag begann mild, ich brauchte fürs Radeln in die Arbeit keine Jacke.

Eigentlicht hatte ich vor Jahren sowas wie Karriere hingeschmissen, um unter anderem nie wieder Projekte leiten zu müssen. Jetzt entdecke ich das Phänomen Schatten-Projektleitung (mein Ausdruck).

Mittags Weißbrot vom Vorabend und eine kleine Cantaloupe-Melone, nachmittags ein Pfirsich, der sich zum Übergang in die Matschphase auf einer Seite entschieden hatte, während er eigentlich noch knallhart war.

Ich hatte frühen Feierabend geplant und schaffte ihn unter Ausweichbewegungen. Sonniges und mildes Heimradeln, ich nutzte die frühe Ankunft zum Ansetzen von Vorteigen für ein samstägliches Brotbacken (Häusemer Bauerekrume).

Die Corona-Pandemie ist noch lange nicht rum, die Entwicklung der Infektionszahlen in Deutschland sieht nicht gut aus. Doch weil schon so lange Corona ist, ertappe ich mich dabei nachlässig zu werden. Angst hatte ich zwar eh nie, aber vernünftiges Verhalten war ein paar Monate lang für mich intuitiv. Derzeit ist es nur noch das Aufsetzen der Mund-Nase-Maske, und ich muss mich hin und wieder zur Vernunft rufen, vor allem wenn es um diejenigen Tätigkeiten in der Öffentlichkeit geht, die ich besonders gern tue: Lebensmittel einkaufen und Essengehen. Vernünftig ist, seltener mehr einzukaufen und zwar in Läden, die Abstandhalten ermöglichen, und Essengehen in geschlossenen Räumen ist nicht vernünftig. Wir nutzten gestern eine der wahrscheinlich letzten Möglichkeiten vor dem Herbst für Essengehen unter freiem Himmel. Nachdem die Wettervorhersage seit Tagen für Freitag einen sonnigen, warmen Tag prognostiziert hatte, reservierte ich einen frühen Tisch im Melina Merkouri.

Dr Plan ging auf, wir saßen herrlich im Freien.

Zur Vorspeise aß ich eine wunderschöne bretonische Artischocke mit Kapern- sowie Joghurt-Kümmel-Dip, dazu ein Glas Sauvignon Blanc Glatzer aus Österreich, Herr Kaltmamsell hatte vier Cremes mit Pita.

Als Hauptspeise hatte ich mich den ganzen Tag schon auf Lammkoteletts gefreut, Herr Kaltmamsell aß Baby-Kalamari. Ich erinnerte mich viel an meine erste Griechenlandreise: Studienfahrt mit der Schule in der 11. Klasse, 1984. An meine erste Begegnung mit dem Phänomen Street Food in den Straßen von Athen: Gyros in Pita, Halva vom Block. (Würschtelstand am Wochenmarkt oder Leberkässemmel sind natürlich eigentlich auch Street Food.) Überhaupt: Mit 16 ganz ohne Erwachsene in einer völlig fremden Stadt herumstromern! Ein weiterer Eintrag auf meiner Wunschliste für Zeitreiseziele also: Athen im Frühjahr 1984 – um Barbara, Ulrike und mir zuzusehen, wie wir glauben, dass wir von den Bäumen vor dem Parlament Orangen klauen. Die sich als Bitterorangen herausstellten.

Frische Tat.

16-jährige Kaltmamsell in Griechenland.

Den mit Essengehen geplanten Geburtstagabend von Herrn Kaltmamsell in zwei Wochen verlegten wir nach Hause, das Drinnen mit vielen fremden Menschen ohne Mundschutz wäre (vor allem mit Blick auf meinen Krankenhausaufenthalt wenig später) unvernünftig.

Es war ein herrlicher Abend, wir spazierten für ein Eis zum Dessert durch den Nußbaumpark (darin immer noch Pop-up-Biergarten mit bunten Lichtergirlanden) – und sahen einige Fledermäuse am Himmel zwischen den Bäumen.

Abendrot über der Pettenkoferstraße.

Die Landwehrstraße spielte Großstadt.

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Katrin Büchenbacher, Volontärin bei der NZZ, erzählt die Geschichte ihrer Ehe:
“Seine Grossmutter war enttäuscht, dass sich ihr geliebter ältester Enkelsohn verliebt hatte. Sie hätte lieber selbst eine Frau für ihn gefunden. Eine chinesische Liebesgeschichte”.

Journal Donnerstag, 3. September 2020 – Könnten aussterbende Arten die Theresienwiese retten?

Freitag, 4. September 2020

Gemischte Nacht, früher Wecker für Sport. Ich freute mich an untergehendem Vollmond vor blauem Himmel und an meinem Milchkaffee, strampelte völlig gedankenversunken auf dem Crosstrainer (leider zu kurz für echte Entspannung).

Sonniges Radeln in die Arbeit, auf der Theresienwiese sah ich eine Herde Streifengänse. (Wenn sich jetzt in Abwesenheit von Oktoberfest über zwei Jahre vielleicht ein paar streng geschützte Pflanzen- oder Tierarten kurz vorm Aussterben ansiedeln würden? Und deswegen künftig weder Oktoberfest noch Bebauung möglich wäre, weil sonst Artensterben-Apokalypse?)

Theresienhöhe in Spätsommermorgensonne.

Turboarbeit von Anfang an, viele belastende Anrufe und Probleme. Mittags Reste des Rote-Bete-Salats vom Vorabend, Pfirsich, Manouri. Nachmittags ein Stück schwarze Schokolade, getrocknete Aprikosen.

Aber! Ein guter Anruf privat: Die Klinik, die meine Hüfte operieren soll (NOCH VIER WOCHEN!), meldete sich, genauer: Der Sozialdienst, der für die Planung der anschließenden Reha zuständig ist. Die eigentlich angepeilte Reha-Klinik, ärztlich betreut von der OP-Klinik, kommt nämlich nicht in Frage, weil Menschen im Arbeitsleben ihre Reha von der Deutschen Rentenversicherung gezahlt bekommen, und die zahlt nur bestimmte Kliniken – diese nicht. (Als Rentnerin käme meine Krankenkasse dafür auf.) Unter den genehmigten Reha-Kliniken, die die freundliche Anruferin nannte, entschied ich mich kurzerhand für Tegernsee. Jetzt muss dort nur noch ein Platz frei sein.

Wieder wurde es spät, diesmal wegen eines kurfristigen und eiligen Jobs. Zum Glück hatte ich dabei Hilfe, denn nach zehn Bürostunden arbeite ich nicht mehr verlässlich (ach). Danach war ich erledigt und böse.

Daheim verlangte ich wieder nach medizinischem Alkohol, Herr Kaltmamsell machte Martinis.

Nachtmahl: Ernteanteil-Salat mit viel restlichem frischen Estragon vom Vortag und Tomaten. Dazu passte ein Joghurt-Dressing.

Schmeckte sehr gut, doch der Frisee-Salat war so robust und mächtig, dass wir ihn nicht ganz schafften – und das mir Super-Salatesserin! Nachtisch: verderbende Pfirsiche und Süßigkeiten.

Früh ins Bett zum Lesen.

§

Wurde seit Veröffentlichung von meinem Internet gefeiert, nach Lektüre weiß ich: zu Recht. Mely Kiyak schreibt in ihrer Zeit-Kolumne “Kiyaks Deutschstunde” über die Reaktionen auf die Corona-Demos vom vergangenen Wochenende:
“Alufolie drauf und gute Nacht”.

Fressomio, haben sich alle in diesem Land fertig entsetzt? Könnte man Nazitum wegempören, wegtweeten, weglamentieren, wäre es längst weg, so akribisch und streberhaft wie der über Jahrzehnte von linkspolitischen Randgruppen geforderte und ausgebliebene “Aufschrei” seit einigen Tagen ausgeübt wird. Dabei taten die rechtsextremen Gruppen doch überhaupt nichts Überraschendes. Worüber erschreckt man sich denn gerade so? Sie kündigten einen maskenlosen Sturm auf den Reichstag an und führten das aus, im Prinzip genau wie angekündigt. Das muss man dem Nazibürgertum schon lassen, sie lügen nicht, sie lügen nie; wenn sie eine infantile Intifada ankündigen, dann ziehen sie den Aufstand auch durch.

(…)

Politik wird mit Politik gemacht. Dieser Staat und seine Politiker sollten aufhören, ihre Trauerarien in Mikrofone zu sprechen, sondern endlich Gesetze mit Polizeigewalt durchsetzen, also politisch handeln. Man ist diesem Demokratieprekariat derart weit entgegen gekommen, aber jetzt wird das ein unappetitlicher Kampf. Denn die Rechtsextremen sind vorbereitet, haben Geld, Unterstützung, Allianzen. Wenn man sie jetzt mit staatlicher Gewalt aus den öffentlichen Räumen zurückdrängt, und das muss man, werden sie komplett durchdrehen. Weil sie es nicht gewöhnt sind, dass man ihnen Grenzen setzt.

Journal Mittwoch, 2. September 2020 – Schräger werdende Sonnenstrahlen

Donnerstag, 3. September 2020

Wieder eine recht gute Nacht, allerdings drehten sich alle Träume, an die ich mich erinnere, um Arbeitsdinge (sowas wird dann wieder nicht auf bezahlte Stunden angerechnet).

Ich wagte eine Runde Bankstütz – und trauerte der Form hinterher, in der ich Ende Juli gewesen war.

Frühes Radeln in die Arbeit, es war trocken. Mein Plan, durch Arbeitsstart vor allen anderen zackig Dinge zu erledigen, klappte nur halb: Überraschend viele andere waren auch früh da und brauchten etwas von mir.

Mittags Linsensalat vom Vorabend: Immer noch ein großer Genuss. Den Nachmittag verbrachte ich mit vielerlei Arbeit, es wurde weniger anstrengend.

Stand und Farbe des Nachmittagslichts verraten: Bald werden die Blätter bunt.

Auf dem Heimweg stoppte ich im Vollcorner, um Obst und sonstige Brotzeit für die nächsten Tage zu besorgen.

Daheim verschloss ich mein Fahrrad wieder am Ständer vor dem Haus: Seit Hexenschuss schaffe ich das Rauftragen in den ersten Stock nicht mehr, weil ich mich zum Treppensteigen meist festhalten muss.

So weit kommt die sinkende Sonne nur zu dieser Jahreszeit in unseren Flur: Früher im Sommer steht sie zu hoch, später wird sie von Häuserdächern verdeckt.

Herr Kaltmamsell hatte den Nachmittag in der Küche verbracht und servierte a recipe:
Corn cakes with beetroot and apple salad von Ottolenghi.

Es schmeckte selbst für den hohen Standard des Herrn besonders köstlich. Doch der Koch selbst machte beim Essen lediglich “hm, hm” – was bedeutet: Wenn ich das nochmal essen möchte, muss ich es selbst kochen.

Zum Nachtisch gab es eine der eben gekauften Melonen, die für mich immer die Standard-Honigmelone sein wird, weil sie meine Kindheitssommer in Spanien dominierte: Die grüne, Football-förmige Piel de sapo. Ich erinnere mich an enorme Berge davon am Rand der kastilischen Landstraßen, wo sie direkt von den Bauern und Bäurinnen verkauft wurden.

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U.a. mit vielen Hinweisen von Katharina Seiser: Ein ORF-Hörstück über schnelle Küche – noch bis Freitag nachzuhören.
“Schwerpunkt ‘Tempo! Leben mit Geschwindigkeit'”.

Mir wurde durch Kathas Erklärung klar, dass es für schnelle Küche nicht nur braucht, kochen zu können: Man muss genug gute Sachen schon mal gegessen haben! Um überhaupt auf Ideen zu kommen.

§

Ein Twitter-Faden über schlittenfahrende Krähen. (Erntsthaft. Mit Filmchen.)