Journal Freitag, 30. Oktober 2020 – Glatte Beine, erster Apfelkuchen

Samstag, 31. Oktober 2020 um 8:33

Auf der neuen Matratze lag und schlief es sich ganz wunderbar und mit nur wenigen Unterbrechungen, nach denen ich sofort wieder einschlief.

Gestern packte ich das Trainingsprogramm für daheim an, das mir die Rehaklinik zusammengestellt hatte. Es erwies sich als nur so mittel: Für manche Übungen mangelte es mir an Ausstattung (Step, Wackelkissen), andere konnte ich nicht machen, weil ich nicht auf der operierten Seite liegen kann. Ich setzte um, was ich konnte (Theraband und Matte sind ja vorhanden), hängte noch ein paar Bodenübungen aus dem bisherigen Programm dran. Und freue mich schon sehr auf die Nach-Reha nächste Woche mit einem Sportprogramm für meinen aktuellen Zustand.

Zu meiner Überraschung hatte ich schon um 10 Uhr Hunger, es gab Muesli mit Joghurt.

Noch in der Klinik hatte ich für gestern einen Termin zur Beinenthaarung mit Wachs vereinbart (weil ich mich ja bis auf Weiteres nicht runterbeugen darf), zu dem fuhr ich in die Maxvorstadt. Und wenn ich schon mal da war, nutzte ich den Fotoautomaten im U-Bahnhof Josephsplatz für mein Langzeitprojekt.

U-Bahn an den Marienplatz, um im niederländischen Käseladen Henri Willig alten Ziegenkäse zu kaufen, im Hofbräuhausmühlenladen Pizzamehl 00. Nach Hause krückelte ich lieber, als die U-Bahn zu nehmen: Zum einen war mir die Bahn zu voll, zum anderen mochte ich die milde Herbstluft. Auf dem Weg wurde ich allerdings schon immer langsamer, brauchte die Krücken als Entlastung. Umweg über die Bank, auch bei fast konsequenter Kartenzahlung war mir nach zwei Monaten das Bargeld ausgegangen.

Zurück daheim machte ich mich ans Kuchenbacken, es sollte Holländischen Apfelkuchen geben (allerdings mit Rübenzucker, denn ich wundere mich eigentlich jedesmal, wenn in hiesigen Rezepten Rohrzucker gewünscht ist: ich wohne in einer Zuckerrübengegend, warum sollte ich von weit her importierten Zuckerrohrzucker verwenden?) (Zumal Zuckerrohr im Anbau ökologisch wohl deutlich problematischer ist als unsere Zuckerrüben.)

In der Rührschüssel oben ein weiterer Versuch mit Lievito Madre, der Samstag backfertig sein soll.

Der Kuchen schmeckte gut, vor allem mit Sahne, ich mochte den besonders knusprigen Teig, die Marzipannote war allerdings nur sehr schwach. (Als quasi Mittagessen hatte ich den restlichen Spaghettikürbis ohne alles gegessen, ein Brot dazu, Mandarinen hinterher.)

Die Zeitung kommt seit gestern wieder auf Papier, nur das SZ-Magazin las ich abschließend im Bett im hochgelegten Füßen. Es wurde unverschämt früh dunkel.

Zum Nachtmahl gab es auf meinen Wunsch short ribs, Herr Kaltmamsell hatte dafür eine schöne Zwerchrippe besorgt und garte sie langsam im Ofen. Gemüse drumrum und Kartoffeln für Brei dazu aus Ernteanteil. Der Kartoffelbrei war mir zu dünn geraten, ich hatte zu viel Milch erwischt.

Im Bett neue Lektüre: James Rebanks, English Pastoral.

§

Dieser Landwirt und Schafzüchter James Rebanks schreibt einen Tagebucheintrag im New Statesman, im Grunde einen Statusbericht. (Auch in seiner Familie hat die Fernbeschulung alles verändert.)
“The future of English farming, Tosh the sheepdog puppy, and parenting in lockdown”.

Auch wenn er sich auf UK bezieht, ist das in Deutschland nicht viel anders abgelaufen:

We built a postwar society on the idea that we should outsource food production to about 1 per cent of the population. We gave that 1 per cent every mechanical and chemical tool available and bullied them into producing the cheapest food in history, by handing all our food-purchasing power to a few giant supermarkets that know exactly how to drive down prices without breaking our flimsy regulatory rules.

Now there aren’t any more corners to cut. Cheapening food beyond a certain point gets ugly, mean and world-destroying. Milk is now cheaper to buy than bottled water – imagine what you have to do to produce milk for that price (it’s not cute).

§

Indi Samarajiva weist darauf hin, welch riesige Lücken in der westlichen, reichen Berichterstattung über die weltweite Corona-Pandemie klafft:
“The Overwhelming Racism Of COVID Coverage”.

For your own health, see us. Learn about how early, aggressive action in Mongolia prevented them from having any local transmission at all. Learn about how Ghana used pooled testing to make the most of scarce resources. Learn how Sri Lanka shut down completely for two months with just 100 cases, and is now completely normal.

die Kaltmamsell

3 Kommentare zu „Journal Freitag, 30. Oktober 2020 – Glatte Beine, erster Apfelkuchen“

  1. Sabine meint:

    Der überhebliche westliche Egozentrismus in punkto Pandemiebekämpfung regt mich sowas von auf. Die schiere Dummheit, die bei all dem zutage tritt!

    Die Irish Times hat sich auch schön darüber echauffiert: https://www.irishtimes.com/opinion/the-west-has-failed-us-and-europe-have-made-a-mess-of-handling-the-crisis-1.4395473

  2. skh meint:

    Zum Zucker: https://youtu.be/G_e6uY7qnjU (aus Bella Martha, 2001).

  3. die Kaltmamsell meint:

    Ah, einer meiner absoluten Lieblingsfilme, skh, auch wenn ich mich an diese spezielle Szene nicht erinnerte.
    Nahm das Foodbloggertum praktisch vorweg.

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