Journal Montag, 26. Oktober 2020 – Hochleistungsgenesen
Dienstag, 27. Oktober 2020 um 7:22Genug geschlafen in der Nacht, keine größere Pausen. Allerdings wird mir die Zeit hier lang, ich sehne mich sehr nach Zuhause.
Frühstück nur Tee, noch dreimal Schlafen bis Milchkaffee zum Frühstück. Kurzer Spaziergang im windigen Draußen, der Tegernsee schlug Wellen.
An meinen letzten beiden Reha-Tagen umfasst das Programm jeweils zehn und acht Termine, gestern beginnend um 9 Uhr.
Elektrotherapie (ein anderer Patient meldete sich dazu mit “Ich komme zum Aufladen.”), Pilates mit einem weiteren, durchwegs vergeblichen Versuch pilatig zu atmen (Trainerin und ich gaben unser Bestes, kamen aber einfach nicht zusammen), Wassergymnastik – die vielfältig ungünstig lag: Als ich mich dafür umziehen musste, wurde gerade mein Zimmer geräumt und gereinigt, und sofort im Anschluss war die Visite angesetzt, ich musste mich also nach dem Wasser in Turbogeschwindigkeit abduschen, eincremen, anziehen. Ich schaffte es, zwei Minuten vor dem Klopfen des Arzts an meine Zimmertüre fertig zu sein. Visite ereignislos, ich konnte nur weitere Fortschritte berichten.
Einzige Behandlungspause des Tages, ich trank mit Genuss einen Cappuccino. Dazu las ich auf meinem Rechner die Süddeutsche.
Mittagessen süß (Alternative wäre Schweineschnitzel unbekannter Herkunft gewesen): Apfelstrudel in Vanillesoße, vorher Salätchen.
Dann musste ich mich zügig zum direkt anschließenden ersten Nachmittagstermin begeben: Fango. Wieder verhinderte Entspannungsmusik genau dieses, aber ich hatte es schön warm.
Wichtigster Termin des Tages: Medizinisches Training einzeln, weil ich hier detailliert meine Bewegungsmöglichkeiten nach Heimreise erfragen konnte. Als Basis stellte mich Herr Trainer aufs Laufband mit Sensor-/Video-Analyse: Ich gehe praktisch symmetrisch, auch wenn er mich mit Gespräch und Sonstigem ablenkte. Beste Basis. Also:
– Krücken sind derzeit nur draußen auf längeren Strecken ratsam.
– Crosstrainer ist ok, er stellte mich gleich mal für zehn Minuten auf einen und war zufrieden. Mit zehn Minuten soll ich auch anfangen. (Er hat nicht dazugesagt, wie oft zehn Minuten am Tag.)
– Über Fahrradfahren redeten wir eingehend unter Berücksichtigung meiner konkreten Umstände. Ergebnis: Erst mal keine gute Idee im Stadtverkehr. Ich muss mich wenden und verdrehen, kann durch Verkehrslage zu abrupten Bewegungen gezwungen werden. Besser noch ein paar Wochen warten.
– Schwimmen (Kraul ohne Abdrücken bei Wende) ist ok, noch besser allerdings Aquajogging. Ich werden mich nach Möglichkeiten umsehen.
– Gymnastik ist ausdrücklich gewünscht, ich werde eine Aufstellung von Übungen für daheim bekommen.
Nach einer Gymnastikrunde gab es manuelle Lymphdrainage, wir einigten uns auf eher Massage, die sehr gut tat. Anschließend Bewegungsschiene, ich nutzte die Untätigkeit für Erledigungen über Smartphone (Terminierung der Lieferung der im August gekauften Matratze/Lattenrost, Vereinbarung Pediküre). Denn dann wurde es wieder intensiver: “MTT ADL Beine” – Details und Übungen zu Alltagsbewegungen. Was mich ungemein freute: Auch hier tauchte Joggen als Sport mit mittlerer Belastung auf, den man sechs Monate nach Hüft-OP durchaus treiben kann. Vielleicht gibt es für mich nicht nur eine Vergangenheit, sondern auch eine Zukunft als langsamste Joggerin entlang der Isar.
Schlusstermin “Med. Training”, ich radelte trocken und trainierte dann Oberkörper und Bauch. So kurz vor Schließung war ich im Sportraum fast allein, sehr angenehm.
Kurzes Frischmachen auf dem Zimmer, raus aus den Sportklamotten, Beine hochlegen. Zumindest hatte ich keine Gelegenheit für Nachmittagshunger gehabt.
Zum Abendessen gab’s Fenchel-Orangen-Salat mit Fetawürfelchen, dazu Butterbrot. Der Tag war so voll gewesen, dass ich mich an die Wassergymnastik als gestrig erinnerte und verwundert war, weil ich einen jetzt getrockneten Bademantel wegräumen musste.
Draußen war das Wetter mittlerweile ausgesprochen greislich geworden: Seit Mittag regnete es, die Kälte machte ein Umschlagen in Schnee wahrscheinlich.
Die Entwicklung der Corona-Infektionszahlen lässt mich innig Winterschlaf wünschen: Irgendwo warm einmummeln und schlafen, im März wieder aufwachen.
die Kaltmamsell5 Kommentare zu „Journal Montag, 26. Oktober 2020 – Hochleistungsgenesen“
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27. Oktober 2020 um 9:13
Winterschlaf!
Das ist eine sehr gute Idee! Ich mache mit!
Wir lesen uns dann im März und berichten über all die verworrenen Träume die wir hatten.
27. Oktober 2020 um 9:40
Rein anekdotisch, kein Tipp: ich bin ein großer Aquajogging-Fan geworden – anfangs habe ich Kurse besucht, dann aber schnell bemerkt, dass ich das sehr gut ohne Kurs alleine kann. Ich benutze einen günstigen Auftriebsgürtel von Decathlon. Zur Technik fand ich diverse Websites/Youtube-Beiträge von Triathleten hilfreich, die nutzen Aquajogging quasi als Abkürzung, um Lauftraining an Schwimmtraining unmittelbar anschließen zu können. Anders als Sie mag ich weder sportliches Schwimmen noch Laufen an Land – Aquajogging dagegen vermeidet für mich diverse Übel: Kopf muss nicht unter Wasser, kein harter Aufprall für Füße und Knie, keine schnelle Fortbewegung und am Ende bin ich nicht verschwitzt sondern einfach nur wassernass. Vielleicht können Sie der Sache auch etwas abgewinnen…
27. Oktober 2020 um 16:33
Winterschlaf! Dann würde möglicherweise das Buch “My year of rest and relaxation” Spaß machen – hier wird die Idee umgesetzt. Wobei das Buch schon etwas düster ist – aber: weibliche Charaktere mit wirklichem Innenleben, und ich habe viel laut gelacht.
Gutes Genesen unbekannterweise – viele Grüße
Lotte
27. Oktober 2020 um 23:24
Hihi, vielleicht gibt es für mich nicht nur eine Vergangenheit, sondern auch eine Zukunft als langsamste Joggerin entlang der Isar. Das bringt mich grad zum Schmunzeln. Einen herzlichen Gruß von der womöglich langsamsten Joggerin entlang des Mains und weiterhin gute Fortschritte.
28. Oktober 2020 um 11:55
Jetzt muss ich mal ausdrücklich danke sagen für diese detaillierten Berichte aus der Reha. Für mich eine kleine ethnografische Studie zur Einbindung der Kur in das effizienz-optimierte medizinische Sozialsystem. Merci!
Aber mehr noch: dickes Daumen drücken für eine nachhaltige Genesung!