Journal Freitag, 11. Dezember 2020 – Fahle Wintersonne, Start ins Wochenende
Samstag, 12. Dezember 2020 um 8:19Aufgewacht kurz nach fünf – war aber in Ordnung. Mehr Zeit für Milchkaffee und Bloggen vor dem Frühsport.
Wieder profitierte ich von der schwachen Nutzung der Rehasport-Einrichtung gleich nach Öffnung um sieben, hatte Spaß mit den neuen Übungen. Z.B. rückwärts Liegen auf Pilatesrolle, Durchmesser 20 cm, langsames Heben des angewinkelten Beins und anderen Arms: Bei der Einweisung am Dienstag war ich bereits beim Versuch lachend von der Rolle gekippt – gestern machte ich innerhalb der drei Sätze den Fortschritt von Anfängerversion mit Stabilisierung durch abgelegten zweiten Arm über Stabilisieurng mit Fingerspitzen zu Endversion komplett ohne Stabilisierung. Schau an, auch Stabi-Übungen kann ich ja doch.
Auf der Rückfahrt nach einigem Zögern doch die Titelgeschichte des SZ-Magazins gelesen – ich war mir nicht sicher gewesen, ob ich sie mir antun wollte (€).
“Über Bord”.
Die aufwändig recherchierte und detaillierte Geschichte eines Bootsunglücks vor der griechischen Küste am 28. Oktober 2015. Nicola Meier hat dafür mit Überlebenden gesprochen, mit Helferinnen und Helfern, mit Hinterbliebenen. Das Besondere: Eine der Insassinnen des Boots, Amel Alzakout, hatte eine wasserdichte kleine Filmkamera dabei, die sie eingeschaltet um ihr Handgelenk band – einer der Gründe, warum gerade dieses Unglück, nur eines von so, so vielen, dokumentiert ist.
Wie erwartet musste ich weinen und verbrachte die nächste Zeit mit zugeschnürter Kehle.
Packen für die Arbeit. Vermelde: Feuerwear-Rucksack hat die gründliche Innendusche hervorragend überstanden – man möchte meinen, das Material sei Wasser gewohnt.
Busfahrt und Büroarbeit beschienen von fahler Wintersonne. Werkeln unter Hochdruck, vier Stunden sind halt nicht viel. Dazwischen zwei Brezen und vorgeschnippeltes Obst: Mandarinen, Mango, Trauben.
Ich spazierte ungehetzt heim. Als ich am Bavariapark das (wie alle Museen wegen Pandemie geschlossene) Verkehrsmuseum passierte, sah ich durch die Verglasung eine Frau eine schwarze Dampflokomotive abstauben, mit Leiter und einem sehr langstieligen Staubwedel.
Abstecher zu Freunden, deren Betrieb Corona-bedingt seit November geschlossen ist, keine Wiedereröffnung in Sicht. Die Infektions- (Donnerstag fast 30.000) und Todeszahlen (fast 600) in Deutschland haben neue Spitzenwerte erreicht, die meisten Länder haben härtere Beschränkungen beschlossen – doch noch scheuen sie sich, diese sofort und nicht erst nach Weihnachten umzusetzen. Ich erkläre mir das in erster Linie mit mangelndem Vertrauen, dass die Bevölkerung sie mittragen würde.
Daheim machte ich mich ans Brotbacken der am Vortrag angesetzten Geiersthaler Sonne (Herr Kaltmamsell hatte nochmal Buttermilch gekauft).
Sie geriet sehr gut. (Anschnitt erst zum Samstagsfrühstück.)
Gegen den Nachmittagshunger ein kleiner saisonaler Snack (gebacken von Mutter und Schwiegermutter, ich habe dieses Jahr ausgesetzt).
Füßehoch auf meinem Bett. Auf einen Tipp hin sah ich mir in der BR-Mediathek einen 20-Minüter von 1958 an:
“Verborgenes München”.
Eine kuriose Sammlung von untouristischen Details. Was mir neben den lang verschwundenen Orten (Am Gries sah mal so aus? In Schwabing gab es “Lauben und Gärten”?) auffiel: Die fetten Hunde. Es sind viele Hunde zu sehen, und alle sind unglaublich fett. Ich glaube, man hat erst in den jüngsten Jahrzehnten gemerkt, dass auch Hunde, die in der Stadt leben, bewegt werden müssen und nicht durchgehend gefüttert werden sollten, sondern nur ein bis zwei Mal am Tag. (Der Hund meiner Oma, Lulu, betont auf der ersten Silbe, hatte in meiner Kindheit immer einen gefüllten Fressnapf.)
Zum festlichen Freitagabendessen (Wochenende!) servierte Herr Kaltmamsell Puten-Cordonbleu mit Feldsalat. Sehr gut, doch laut Herrn Kaltmamsell läuft es auf eine Testreihe Cordon bleu heraus – vielleicht mit der Erkenntnis, dass man es daheim nie so gut hinkriegt wie eine Wirtshausküche.
die Kaltmamsell5 Kommentare zu „Journal Freitag, 11. Dezember 2020 – Fahle Wintersonne, Start ins Wochenende“
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12. Dezember 2020 um 9:24
Was für tolle Plätzchen!
12. Dezember 2020 um 9:52
Hier Team: Cordonbleu-schmeckt-woanders-immer-cordonbleuiger-als-daheim.
Oh ja, die Plätzchen sehen lecker aus.
12. Dezember 2020 um 13:22
Viel Spaß bei der Testreihe! :) Das funktioniert, ich hab auch mal eine gemacht, der Zusammenhang zwischen Gewicht, Temperatur (etwas niedriger als beim Schnitzel) und Gar-Dauer wird ziemlich schnell ersichtlich. M.E. ist das ideale Kochgeschirr für Cordon Bleus zuhause ein Wok, der soweit mit heißem Fett befüllt ist, dass es bis etwas mehr als der Hälfte der Cordon-Bleu-Höhe reicht. Da kann man dann durch leichtes Kippen des Woks immer wieder Fett über die Oberfläche laufen lassen, was der Sache sehr dienlich ist. Irgendwie hab ich allerdings im Hinterkopf, dass Ihnen der Wok als solcher nicht so zusagt, aber beim Cordon Bleu hilft er m. E. sehr.
12. Dezember 2020 um 16:24
Der Sprecher scheint der Vorgänger von Dieter Wieland zu sein :)
Auch heute noch ganz verwunschen der Radspieler Hof. Und die Kinder sind bestimmt die Radspieler Kinder.
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Ich lass mir den Artikel aus dem Magazin von meiner Mutter schicken. Dank!
Der Vater der syrisch palästinensischen Familie die ich seit 2015 begleite und die längst Freunde geworden sind, ist zusammen mit seinem Vater und Neffen auch über Bord gegangen u von einem griechischen Militärschiff aufgesammelt worden. Es ist eine furchtbare Erfahrung f ihn. Ganz schlimm u auch für mich beim Zuhören kaum auszuhalten. Aber er hat sich gefangen. Er arbeitet jetzt an der Universität als Verwaltungsangestellter.
12. Dezember 2020 um 16:52
Ich will auch noch ergänzen, dass sein palästinensischer Grossvater während des Sechstagkriegs nach Syrien floh. Dort konnte dessen Sohn im Lager Jarmuk eine Existenz aufbauen und hatte drei Restaurants/Snackbars. Es ging ihnen gut. 2015 mussten sie wieder fliehen und alles hinter sich lassen und hier eine neues Leben aufbauen. Drei Generationen mussten flüchten. Unvorstellbar