Journal Dienstag, 19. Januar 2021 – Coronagestrüpp

Mittwoch, 20. Januar 2021 um 6:38

Besser geschlafen!

Nach Duschen und Haarewaschen legte ich den Scheitel des wuchernden Haupthaars auf die andere Seite – in der Hoffnung, damit einen Inspector-Columbo-Look zu erzielen, etwa so.

So sehe ich mich.

So sehen Sie mich.

Doch Scheitel rechts bringt lediglich meine inneren 1980er zum Vorschein und damit eine Frisurenmischung aus Princess Di und Miranda Priestly.

Auf dem Weg in die Arbeit war der Boden jetzt wieder frostig, es krachte und knirschte unter meinen alten Schneestiefeln (die sich nach nur ca. 15 Jahren und einmal Reparieren beim Schuster auflösen: Das Kunstfell zerschleißt und löst sich vom Sohlenteil).

Morgenrosa über Theresienwiese mit Bavaria und Corona-Drive-in-Teststation.

Am Schlittenhügel auf der Westseite der Theresienwiese sah ich schon im fahlen ersten Licht vor acht ein Kind in rotem Schneeanzug Schlittenfahren.

Der Tag wurde grau und windig, am Nachmittag setzte Regen ein.

Mittags Karottensalat mit viel Koriander, ein Apfel. Nachmittagssnack Quark.

Auf meinem Heimweg regnete es leicht, aber ich hatte keine Lust auf Regenschirm und ließ statt dessen Mütze und Mantel durchfeuchten.

Daheim die ersehnte Yoga-Runde, die mich wieder zu einem halbwegs pünktlichen Feierabend gebracht hatte.

Nachtmahl aus der Küche von Herrn Kaltmamsell: Sellerieschnitzel, eines davon gefüllt mit Schinken und Käse – sehr gutes Winteressen.

Abendunterhaltung war eine Zufallsentdeckung vor ein paar Wochen: Die Ärzteserie Atlanta Medical (im Original The Resident). Ich mag ja eigentlich Ärzteserien, interessiere mich allerdings vor allem für den medizinischen Teil und weniger für das Privatleben der Mediziner*innen, deshalb bin ich im Grunde immer noch auf der Suche nach einem Ersatz für Emergency Room. In Atlanta Medical (derzeit in Wiederholung auf Sixx) geht es zwar für meinen Geschmack auch zu viel um das Privatleben des Personals, aber auch reichlich um Medizin; der Schwerpunkt scheint aber (ich kenne ja nur die ersten sechs Folgen) der Wirtschaftsaspekt am US-amerikanischen Krankenhauswesen zu sein – ohne dass ich mir ausgerechnet davon Realismus erwarte, auch hier sieht man die Ärzt*innen nie Papierkram machen, schon gar nicht stundenlang. Vieles daran ist sehr spezifisch US-amerikanisch, vielleicht aber durch die Wende in der deutschen Gesundheitspolitik zur Profitorientierung schlicht unsere gar nicht so ferne Zukunft.

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Bis vor ein paar Jahren wäre das mein Traum gewesen, seither wurde es immer mehr ein Albtraum: Umberto Eco sucht ein Buch in seiner Bibliothek.

Bücher und Bibliotheken finde ich weiterhin großartig, aber ich will sie nicht mehr besitzen oder gar darin wohnen – sondern halt Zugang dazu haben. Allerdings arbeite ich ja auch nicht wissenschaftlich.

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Ja, wir1 beschäftigen uns immer noch mit der Shanty-Sensation des Monats. Hier der Ursprung und die Geschichte des Wellerman:
“The true story behind the viral TikTok sea shanty hit”.
(Bei dieser Gelegenheit bemerkte ich: Wer mir einen Artikel mit “The true story behind…” verkaufen möchte, muss schon ein sehr attraktives Thema haben, dass ich ihn trotzdem lese.)

  1. Whatever that means to you – ich bin bereits völlig Adriene-veryogat. []
die Kaltmamsell

12 Kommentare zu „Journal Dienstag, 19. Januar 2021 – Coronagestrüpp“

  1. Berit meint:

    Doch, den Columbo seh ich. Was auch immer die Inspiration sein mag, es sieht auf alle Fälle verdammt gut aus. Um ihre Haarfärbung, gerade mit den schwaru/dunkelgrauen Akzente, kann man sie echt beneiden!

  2. Alexandra meint:

    Ich denke beim Anblick von Buchregalen in befreundeten Haushalten nur noch an den Schrecken, den das für einen Umzug bedeutet.

    Obwohl ich nicht andauernd umziehe, möchte ich das für mich nicht.

    Ich besitze inzwischen nur noch knapp vierzig Bücher, die aus jeweils verschiedenen Gründen völlig unentbehrlich sind.

    Ansonsten nutze ich Leihbüchereien, öffentlich Bücherschränke und wildere gelegentlich zum Beispiel im ÖPNV aus.

    Über coronabedingte Schließungen indes hilft mir mehr schlecht als recht die Onleihe hinweg.

    Aber wenig Ballast fühlt sich sehr, sehr gut an – das wird von keinem Besitzgefühl getoppt.

  3. Joël meint:

    Ich sehe den Colombo auch. Es ist Ihre Erinnerung die das für Sie so aussehen lässt als ob es 80er Lady Di wäre.

  4. Frau Irgendwas ist immer meint:

    @Alexandra
    Umzug mit Büchern ist sicher die Hölle! Aber wir können uns nicht trennen … wir haben aber auch nicht vor umzuziehen. Und wenn, dann nur im Haus.
    Dafür sind wir mit der Firma mehrmals umgezogen und da gab es genug Papier (papierloses Büro???) zu schleppen.

  5. Sanníe meint:

    Vom ersten – erschreckenden – Gedanken bis zum Entschluss die Bücher loszuwerden, vergingen bei mir Jahre. Dann noch einmal Monate, in denen ich versuchte, sie zu verkaufen: einzeln, in thematischen Paketen bis ich schließlich aufgab und eine Organisation fand, die sie abholte. Die gebrauchten Billy-Regale ohne Rückwände brachten fast das gleiche Geld ein. Nur ganz selten, wenn eine Freundin sagt, sie wolle diesdas endlich mal lesen, deute ich auf die leere Wand, achja, hätte ich Dir geben können. Aber sonst keine Reue, ich freue mich daran, Ballast losgeworden zu sein.

  6. Trulla meint:

    Wohnen ohne Bücher kann und mag ich mir nicht vorstellen, obwohl meine Regale wegen Überfüllung auch schon ausgedünnt werden mussten. Ich bin sehr abhängig von meiner Umgebung, mein Wohlgefühl hängt ab von Farbe, Licht und den angesammelten Büchern, die mich durchs Leben begleitet haben und dieses mitunter zu ertragen halfen.

    Heute lese ich aus verschiedenen Gründen viel elektronisch, kann mir aber nicht versagen, einzelne Bücher doch lieber haptisch genießen zu wollen.

    Und da ich hoffe, dass mein letzter Umzug nur direkt in die Natur führt, werde ich sie bis dahin behalten. Danach ist es nicht mehr meine Sorge.

  7. Neeva meint:

    Naja, Bücher umziehen ist zwar Arbeit, aber doch sehr unkompliziert. Bücher in Kisten räumen, schleppen (lassen), Bücher wieder in Regale räumen.
    Man weiß sofort wenn Bücher in einer Kiste sind und niemand tut auf den letzten Drücker noch schnell irgendwas anderes mit in die Kiste, um es unterzubringen.
    Meine unschönen Erinnerungen an den letzten Umzug waren die Kisten, die ich aufmachen musste, weil ich etwas daraus brauchte und dann konnte ich die andere Hälfte nicht wegräumen, weil der Kleiderschrank noch nicht aufgebaut oder die Küche noch nicht da war.

  8. Alexandra meint:

    Ich hatte auch mehrere Regaldekameter Bücher. Bis ich mir das Missverhältnis dieser Menge zum tatsächlichen Gebrauch – sprich: wie viele dieser Bücher schlage ich jemals nochmal auf, geschweige denn, dass ich sie ein zweites Mal lese – vor Augen führte. Da wurde die Trennung leicht.

  9. Susann meint:

    Vielen Dank zum “Wellerman”-Link. Sehr interessant, und auch wieder mal gut, sich zu erinnern, wie JUNG Menschen “früher” in Verwantwortung gekommen sind – “teenage” Walfänger waren genauso Usus wie noch nicht 20-jährige in den Fabriken der Industriellen Revolution. Ich habe vor längerer Zeit einen Artikel darüber gelesen wie jung Menschen in politischer/militärischer Verantwortung im ausgehenden Mittelalter kamen – Henry V wurde mit 13 Prince of Wales, Joan of Arc war noch nicht 20, als sie starb. Ich glaube, dass manche Teenies heute viel zu wenig Gelegenheit haben, Verantwortung auszzuüben…ich erlebe viele der Teenies, die ich kenne, als so klug und engagiert, und deren volles Potential wird einfach nie abgerufen.

  10. Alexandra meint:

    Früher wurden Menschen längst nicht so alt.

  11. Nina meint:

    Ich besitze auch nur noch ein Regal mit den allerliebsten Büchern, von denen ich mich nicht trennen mag. Der Rest wird mindestens einmal in Jahr verschenkt, gespendet oder auch ganz unsentimental dem Recyclingkreislauf zugeführt. Mit Kleidung handhabe ich es genau so. Was ich 1 Jahr nicht getragen habe, kommt weg.

  12. Alexandra meint:

    Ich bin früher mehrmals mit Büchern umgezogen und habe auch geholfen, mit Büchern umzuziehen.

    Unkompliziert, natürlich.

    Aber dennoch unerquicklich für alle Beteiligten. Nicht nur wegen der Körperlichkeit (cleveres Packen und rückenfreundliches Heben hin oder her) sondern zum Beispiel auch wegen Staub.

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