Journal Donnerstag, 25. Februar 2021 – Erstes Möbelstück in neuer Wohnung
Freitag, 26. Februar 2021 um 6:28Die Müdigkeit legte sich dann schon kurz nach Ankunft im Büro auf meine Schultern und Augenlider: Der Nachtschlaf hatte wieder eine längere Pause eingelegt, irgendwann hatte ich das Licht eingeschaltet und den Ustinov-Roman Krumnagel ausgelesen. (“Wie kommst du bloß dazu, so viel zu lesen?” Antwort zu Studienzeiten: “Ich habe keinen Fernseher und wohne allein.” Antwort nach Studium: “Dafür kenne ich fast keine Fernsehserien.” Antwort perimenopausal: “Schlafstörungen.”)
Ustinovs Kommödie von 1971 ist schlecht gealtert, die Komik bewegt sich weitgehend auf dem stereotypen, rassistischen und sexistischen Niveau einer Benny-Hill-Show, ein wenig aufgewertet durch das hohe Sprachniveau. Und selbst wenn man die Rückständigkeit der Erscheinungszeit berücksichtigt, leidet die Geschichte des Polizeichefs einer großen US-amerikanischen Provinzstadt, der mit einem Gratisticket, Geschenk für langjährige Verdienste, nach Europa reist, unter der Weitschweifigkeit, mit der Ustinov jede Szene, vor allem jeden Dialog und jede Rede ausformuliert, unter der Vielzahl überflüssigen Personals, das gerne detailliert beschrieben wird, ohne je nochmal aufzutauchen. Chief Krumnagel erschießt durch ein Missverständnis einen Saufkumpanen in einem englischen Pub (und weil er in einer Szene, die Fernehzeitschriften meiner Kindheit “turbulent” genannt hätten, am Flughafen seine Waffe nicht abgeben musste). In der Folge lässt Ustinov Kulturen und Rechtssysteme aufeinanderprallen, macht sich über Schwule lustig sowie über modernen Strafvollzug, bis Krumnagel in einer psychodelischen Schlussszene völlig durchdreht.
Aber! Das Buch lenkte mich ausreichend vom wachhaltenden Gedankenkarussell ab, ich schlief nochmal fast zwei Stunden bis zum Weckerklingeln.
Ein weiterer supermilder Tag, der allerdings nicht nach Frühling roch – wie denn auch?
Zu Mittag gab es einen Apfel, außerdem Quark und Joghurt. Nachmittags ein Stück schwarze Schokolade.
Highlight des Arbeitstags: Ich lernte in einer Online-Infoveranstaltung höchst interessante Dinge.
Nach der Arbeit ging ich direkt heim, denn ich hatte Pläne. Nämlich: Eine eigentlich ausrangierte Kommode (noch aus meinem Jugendzimmer bei Auszug aus Elternhaus mitgenommen) vom Balkon holen, wo sie seit Jahren leere Blumentöpfe beherbergt, und putzen. Ich brauche sie als Übergangsmöbel für Kleidung in der neuen Wohnung, bis es den Einbauschrank in meinem Schlafzimmer gibt.
Herr Kaltmamsell hatte sich mittags um die Wohnungsübergabe gekümmert, ich konnte die saubere Kommode (Ikea in der ersten Hälfte der 1980er produzierte noch Qualität) mit ihm gleich hochtragen.
Voilà: Erstes Möbelstück in neuer Wohnung.
Eine Runde Yoga, zum Nachtmahl gab es Feldsalat aus Ernteanteil und Käse.
§
Wendy Lower hat ein Buch geschrieben über ein Holocaust-Forschungsprojekt, das mit einem einzigen Foto begann. Hier erzählt sie den Hintergrund.
“To Catch a Killer: Uncovering the Massacre of a Jewish Family in Nazi Europe”.
via @C_Emcke
Unter anderem gelernt: Es gibt so wenige Fotografien der tatsächlichen Tötungen im Holocaust, dass ihre Aufzählung in einen Absatz dieses Artikels passt.
These iconic snapshots of the Holocaust give the false impression that such images are numerous, yet they number not many more than a dozen, and we know little, if anything, about who is in them, and even less about who took them.
Schwerpunkt der Holocaust-Forschung jüngerer Zeit ist die Kollaboration vor Ort – wie sie zum Beispiel auf diesem Foto sichtbar ist. Doch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die zutage bringen, wie groß die Beteiligung der Einheimischen an der Judenverfolgung und -tötung in der Ukraine, in Polen, Ungarn und andernorts in Euroa war, werden meist als Nestbeschmutzer zum Schweigen gebracht, sogar bedroht.
die Kaltmamsell1 Kommentar zu „Journal Donnerstag, 25. Februar 2021 – Erstes Möbelstück in neuer Wohnung“
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26. Februar 2021 um 11:49
ich bin so gespannt auf die neue wohnung!
(ich würde so gern helfen!)