Journal Montag, 15. Februar 2021 – Münchner Innenstadt ohne Fasching
Dienstag, 16. Februar 2021 um 7:30Nochmal gut geschlafen, früh aufgewacht, dadurch mehr vom Vormittag gehabt.
Während Herr Kaltmamsell rumpelte, werkelte, Buchregale abbaute und koordinierte, recherchierte ich zumindest schon mal ein bisschen nach einem Nachfolgemodell: Zunächst für die eine (!) (\o/) verbliebene Bücherwand im Wohnzimmer wollen wir weiße Bücherregale mit Glastüren, bitteschön so flexibel wie das Paschen-Regal im Flur. Schon am Sonntagabend hatte ich endlich herausgefunden, warum ich keine Paschen-Regale im Web finde: Den Hersteller gibt es seit 2016 nicht mehr. Auf mein Seufzen bei Twitter bekam ich zahlreiche Hinweise auf Anbieter von Buchregalsystemen, manche davon halbwegs flexibel. Doch das Paschen-Paradies, das ganz auf echte Privatbibliotheken ausgerichtet war, ist bislang keiner. Ich erinnere mich von meiner letzten Paschen-Recherche, dass es dort sogar Doppelregale voreinander gab, die vorderen Regale wie Türen schiebbar, um an die hinteren Bücher ranzukommen. Und dann rede ich mir möglichst überzeugend ein, dass wir uns die bei der neuen Miethöhe eh nicht hätten leisten können.
Der Tag begann mit Sonne, in die ich bei einer Stunde Crosstrainer-Strampeln guckte. Ich bekam sogar zwei Eichhörnchen geboten. Dabei hörte ich endlich eine BBC-Show von vergangenem Sommer:
“Michael Spicer: Before Next Door”.
Zu meiner Überraschung war das nicht etwa ein Interview, sondern ein halbstündiges Hörspiel mit allen Schikanen. Und der Schikane, dass die Schikanen thematisiert wurden. Sehr meta das Ganze, aber Spicer hat offensichtlich verstanden, wie man das Niederreißen der vierten Wand für Komik verwenden kann. (Gibt es bei Hörspielen eine spezielle Bezeichnung für die “vierte Wand”?)
Dann zog der Himmel allerdings zu. Zum Frühstück gab es würzige Kichererbsen vom Vorabend und ein Stück Käse, dann machte ich mich mit Herrn Kaltmamsell auf Putzmann-Flucht (wir hatten ihn noch abgepasst und mit ihm unsere Putzwünsche vor und nach dem Umzug abgesprochen): Wir spazierten in Plusgraden zum Ostbahnhof, um bei Mitte Meer Spanisches einzukaufen. Zentraler Punkt der Einkaufsliste: Pimentón de la vera dulce. Denn mittlerweile bekommt man in vielen Münchner Feinkostläden spanischen Pimentón de la vera, also das typische geräucherte Paprikapulver, allerdins nur das scharfe; wir verwenden aber auch oft das milde.
Rückweg über Pariser Platz, Gasteig, die komplett verbaustellte Ludwigsbrücke. Auf dem leeren Viktualienmarkt besorgte ich Regensburger fürs Abendessen, sie sollten Teil einer Kartoffelsuppe werden. Weil noch Zeit war, spazierten wir durch die fast menschenleere Fußgängerzone weiter zum Stachus.
Typoliebe.
In der Neuhauser Straße vier schreiend laut kostümierte Maschkera, die vergnügt sprangen und riefen – ohne den davor knienden Fotografen hätte das ganze tatsächlich nach Fasching und Rosenmontag ausgesehen.
Eisiges Brunnenbuberl.
Daheim gab’s als Snack ein Laugenzöpferl und Orangen. Auf dem Bett mit Füßehoch (das war dann doch ein fast dreistündiger Gang gewesen), schaute ich mir endlich in der arte-Mediathek eine lange vorgemerkte Doku über Ton und Tonschnitt im Film an:
“Making Waves: The Art of Cinematic Sound”.
Sehr interessanter historischer Überblick mit Statements namhafter Stars (Regiegrößen wie George Lucas, Steven Spielberg, David Lynch, Barbra Streisand, Ang Lee, Christopher Nolan, Sofia Coppola und Ryan Coogler) und Meistern des Sounddesigns wie Walter Murch (Apocalypse Now), Ben Burtt (Star Wars) und Gary Rydstrom (Der Soldat James Ryan). Mich hätten durchaus noch weitere konkrete Beispiele interessiert, doch aber solche Erklärfilmchen mit erstaunlicher Expertise gibt es ja auf YouTube.
Eine Yoga-Runde, dann kochte ich Abendessen: Nach dem elaborierten Rezept des Herrn Kaltmamsell vom Vorabend nun das Kontrastprogramm schlichte Kartoffelsuppe (Kartoffeln und Karotten aus Ernteanteil, statt Gemüsebrühe “Würzel” aus der Kartoffelkombinatsküche).
§
Die Soziologin Agnès de Féo hat für eine Langzeitstudie 200 Musliminnen in Frankreich befragt, warum sie trotz des Verbots von Vollverschleierung seit 2010 Gesichtsschleier tragen. Mit für mich unerwarteten Ergebnissen:
“Rebellinnen hinter dem Schleier”.
§
Die niederländische Eiskunstläuferin Linden van Bemmel, die in Amsterdam auf der geforenen Gracht vor ihrem Haus eiskunstlief – ein Foto von ihr auf instagram, und eine Zuschauerin hat das auch auf Film festgehalten.
die Kaltmamsell9 Kommentare zu „Journal Montag, 15. Februar 2021 – Münchner Innenstadt ohne Fasching“
Sie möchten gerne einen Kommentar hinterlassen, scheuen aber die Mühe einer Formulierung? Dann nutzen Sie doch den KOMMENTAROMAT! Ein Klick auf einen der Buttons unten trägt automatisch die gewählte Reaktion in das Kommentarfeld ein, Sternchen darüber und darunter kennzeichnen den Text als KOMMENTAROMAT-generiert. Sie müssen nur noch die Pflichtfelder "Name" und "E-Mail" ausfüllen und den Kommentar abschicken.
16. Februar 2021 um 8:00
In welchen Gerichten verwendest Du das Paprikapulver? Ich habe das begeistert in den Niederlanden entdeckt – ich liebe süßen Paprika, ich liebe Räuchergeschmack und dachte, das ist eine großartige Kombination, aber bis jetzt war es mir in jedem Gericht irgendwie zu dominant, hat nie richtig gepasst. Ist aber das in der roten Metallbox, das ist doch das echte, gute (oder?).
16. Februar 2021 um 8:04
In erster Linie in Shakshuka, iv, aber auch in Gulaschen aller Art. In allen Gerichten mit roter Paprika. Auch zu Käse passt es gut, finde ich.
Und obwohl ich bei Auswahl immer die Dose mit dem kitschigsten Design nehme: Vor allem muss “pimentón de la vera” draufstehen und “dulce”.
16. Februar 2021 um 9:07
Pimenton de la vera dulce muss man auch sparsam verwenden, je nachdem wieviel Schärfe man verträgt. Ich habe es neulich über geröstetem Blumenkohl in einer Art Sauce mit Olivenöl, Butter, Tomatenmark usw. verwendet.
16. Februar 2021 um 9:24
Ich kaufe Pimentón de la vera dulce meistens in den Feinkostabteilungen der großen Kaufhäuser, da gibt es das spanische Original. Aber wenn es hart auf hart kommt, dann greife ich auch mal zum geräucherten Paprikapulver aus dem Supermarkt. Einen Unterschied schmecke ich nicht, das mag aber auch an meinem Gaumen liegen.
Danke für den Beitrag über die französischen Niqab-Trägerinnen. Die Ergebnisse ähneln sehr den Studien, die es über das Kopftuchtragen z. B. in Ägypten gibt. Oft sind es dort auch feministische, „moderne“ Frauen. Die Moderne ist eben plural.
16. Februar 2021 um 10:45
Möglicherweise verwechseln Sie da was, Ulla: “dulce” heißt süß, dieser ist eben überhaupt nicht scharf. In deutschen Kaufhäusern habe ich bislang nur “picante” gefunden, das ist wirklich scharf.
16. Februar 2021 um 14:03
Diese Paparikapulver importiere ich im eigenen Kopffer und verschenke es auch. Gehöre auch zum Team dulce.
Man nimmt kein anderes mehr, wenn man das kennt.
Meine erste rote Dose habe ich auf einem Parkplatz gekauft, direkt aus dem Kofferraum eines Kombis. Der Verkäufer war ein Bauer, der die Paprika selbst angebaut und geröstet hatte. Das Ganze fand direkt vor dem Altersruhesitz von Karl V in Yuste statt. So sehe ich bei jeder neuen roten Büchse in Gedanken das Kloster im Hintergrund.
https://hechoenlavera.com/die-paprikapulver/
Altershemmend!
16. Februar 2021 um 15:03
Das Dosendesign ist ja ganz hinreißend, Croco! Sieht nach einer sehr guten Quelle aus. (“WERTE, DIE ERNÄHRUNGS” gnihihi)
16. Februar 2021 um 15:53
Ich präzisiere : mein Pimentón de la Vera – La Chinata, rote Dose, Extremadua Pimentón.
Darauf steht noch, smoked paprika powder, sweet.
Ich verwende eine gute Messerspitze zum würzen, das reicht meistens.
16. Februar 2021 um 21:39
Oh ich mag lieber den „agridulce“ , leicht bitter und für mich bei pulpo a feira, nicht zu schlagen.
:-)