Archiv für Februar 2021

Journal Sonntag, 14. Februar – Leuchtende Theresienwiese

Montag, 15. Februar 2021

Gut geschlafen, dass kann so bleiben.

Das Wetter hielt sich auch gestern an die Vorhersage und war strahlend sonnig.

Fürs Techniktagebuch schrieb ich auf, wie ich vergangenes Jahr an der Studie “Wohnqualität im Sommer” teilnenommen hatte:
“Datenerhebungsmaschinchen für Hitzeprofil”.

Dann Sportprogramm: Die halbe Stunde Crosstrainer strampelte ich mit Sonnenaussicht.

Das Unscharfe ist die beschlagene Innenscheibe: Die hölzernde und ziemlich bröslige Wand zwischen Wintergarten und Balkon wird bei der Grundsanierung erneuert werden, die Heizung aus der Küche in den Wintergarten verlegt (in dem derzeit nur Geschirrschränke und der Crosstrainer stehen), es entsteht ein wirklich bewohnbarer Raum.

Anschließend zwischen Bücherkisten Krafttraining mit Schwerpunkt Reha-Übungen, die kabellosen Kopfhörer verhalfen mir jetzt auch hier zu Musikuntermalung.

Raus zum Semmelholen, es war zu meiner Freude milder geworden. Zum Frühstück gab’s den Hühnersuppenrest vom Vortag und eine Semmel.

Die Sonne und gestiegene Temperaturen lockten, ich machte mich auf an die frische Luft. Ziel war erst mal die Theresienwiese, doch der Weg, auf dem ich sie kreuzen wollte, war verstellt: Polizeiwagen, Krankenwagen, geparkte Autos – die Beschallung verriet mir, dass gerade eine Demo von Coronaleugnern stattfand.

Ich machte eine Umweg, um über die Theresienwiese hinauf in den Bavariapark und von dort über die Fußgängerstege zum Westpark zu spazieren. Eine Sonnenbrille wäre schlau gewesen, der Schnee und glänzende Eisflächen blendeten mich.

Eigentlich hatte ich Lust auf Tempo, doch die Hüfte bremste mich bei zu schnellem Schritt mit Schmerzen. Derzeit kann ich mir nicht recht vorstellen, dass ich sechs Monate nach OP, also in sechs Wochen, wieder mit Joggen anfangen kann (laut Standard-Zeitplan). Gleicher Weg zurück, nur querte ich die Theresienwiese nicht, sondern ging drumrum. Die Demo war schon nicht mehr zu sehen.

Es war genug Wäsche angefallen, dass sich mal wieder Bügeln lohnte. Ich zog dafür in mein Schlafzimmer, denn das Wohnzimmer steht bereits zu voll mit Kisten.

Umzugsvorbereitung: Ich kruschte in unserem Kammerl und im Keller (der zum Glück zu klein ist für einen echten und verhängnisvollen Lagerraum). Erste größere Wegwürfe und Fahrplan für weiteres Vorgehen, im Keller stand noch ein große Kiste Renovierungsmaterialien und -rest vom Einzug vor 21 Jahren.

Als Snack aß ich eine weitere Semmel, außerdem Orange und Mandarine.

Zeit für die Wiederholung der Yoga-Einheit vom Vortag.

Das Abendessen hatte wieder Herr Kaltmamsell zubereitet: Ein Salat nach einem Ottolenghi-Rezept mit marinierten Kichererbsen (anders als im Rezept selbstgekocht, weil wir keine vorgekochten hatten, dafür getrocknete), gerösteten Erdnüssen, gebratenen Zwiebeln, frischen Gurken, Frühlingszwiebeln, Radieserln – zufällig vegan.

Schmeckte ausgezeichnet (allerdings nicht so deutlich nach Kichererbsen, wie es der Koch gewünscht hätte).

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Eine Twitterin erzählt in einem Thread über ihren “leichten” Verlauf einer Covid-19-Erkrankung. Ja, es gibt auch Erkrankte, die von ihrem Verlauf sagen, er sei “überhaupt nicht schlimm” gewesen und darunter ein paar, die daraus schließen, jeder und jede mit schlimmeren Beschwerden stelle sich nur an (darunter der brasilianische Regierungschef). Doch die allerallermeisten “leicht” erkrankten sagen anschließend übereinstimmend “Das willst du echt nicht haben” und betonen, dass die Beschwerden der Pandemie-Einschränkungen weitaus weniger schlimm sind als Covid-19.

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Striptease seit 2020.
via @DonnerBella

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Bislang fand ich Ergometer mit Online-Anfeuerung ausgesprochen unattraktiv (u.a. weil Cardio im Sitzen). Saturday Night Live hat das vielleicht geändert:
“Introducing Pelotaunt. The only exercise bike that provides you with personalized at-home negative reinforcement and relentless criticism.”

Journal Samstag, 13. Februar 2021 – Klirrende Sonne und Hühnersuppe

Sonntag, 14. Februar 2021

Wohlig lang ausgeschlafen, zum Dämmern eines weiteren klaren Wintersonnentags aufgewacht.

Bettwäsche gewaschen.

Als Nachtisch fürs Abendessen machte ich die Coffee Caramel Panna Cotta von David Lebovitz (mit entkoffeiniertem Espresso, damit sie mich nicht wachhielt).

Allerdings mit meiner Karamell-Standardmethode (für die beschriebende bin ich replizierbar zu blöd, auch wenn sie wie hier so liebevoll und detailliert erklärt wird: bei mir klumpt der Zucker, während ein Teil bereits schwarz geschmolzen ist, bleiben weiße ungeschmolzene Stücke).

Gelang nicht wirklich, ich hätte vielleicht nach Gelatine-Zugabe bis zum völligen Abkühlen rühren müssen. (Nein, mit der Abwandlung der Karamellmethode hatte das sicher nichts zu tun, und sonst hatte ich mich ans Rezept gehalten.) Abends stellte sich allerdings heraus, dass sie trotzdem super schmeckte: Unten Espressocreme, oben Sahnekaramell. Hätte ich absichtlich nie hinbekommen.

Dabei über Spotify Musik von Pink gehört, um die mal kennenzulernen – bei der ersten Werbeunterbrechung laut aufgelacht: Auch bei Radiowerbung gilt offensichtlich, dass jeder Schwurbel-Werbetext ohne Produktnennung dann doch auf Autowerbung hinaus läuft, wie im Fernsehen. (Es erinnere mich an Zeiten, als für Produkt-Raten bei Schwurbel-Werbung der Joker Parfums waren.)

Frühstück kurz nach eins: Käsebrot und Joghurt mit Mango und Mandarinen (die trotz Beschilderung sich als doch keine herausstellten, sondern irgendeine kernlose Kreuzung).

Hühnersuppe aufgesetzt: Die gesammelten Gemüsereste und Parmesanrinde aus der Gefriere im Kichererbsen-Sackerl, um sie besser entfernen zu können, das alte Huhn (weil dunkelgelbes Fett – ich konnte mir vormachen, dass das wirklich die klassische Legehenne war, die nach Ablauf ihrer Legezeit noch für eine Suppe diente) halbiert, damit es im Topf weniger Platz wegnahm und ich weniger Wasser brauchte, ansonsten Zwiebel, Lorbeerblatt, Wacholderbeeren, Pfefferkörner, ein Stück Ingwer, weil noch da, eine große Karotte, kein Salz, damit die Salze aus dem Suppenhuhn ins Wasser gezogen wurden, Osmose FTW!

Während die Suppe köchelte, wollte ich Sonnenluft schnappen und ging raus. Ich marschierte über der Südfriedhof, den Westermühlbach entlang Richtung Isar, aber die Uferwege waren schwarz vor Menschen. Also bog ich ins Schlachthofviertel. Von dort nahm ich dann doch nicht die große Runde über die Theresienwiese, weil zum einen Hüfte und Rücken protestierten, zum anderen war es bei aller Sonne dann doch scheißkalt – zu kalt für einen eher drögen Weg, auf dem ich dennoch ständig auf die Straße ausweichen musste, um Abstand zu Paaren oder Gruppen zu halten.

Daheim werkelte Herr Kaltmamsell im Wohnzimmer: Er packte Bücher in der Aufteilung, in der sie in der neuen Wohnung in mehreren Räumen stehen werden (und an der er seit Wochen mit Zollstock, Block und Stift tüftelt), baute Regale ab, markierte diese und die Bückerkisten mit Farbcodierung fürs Umzugsunternehmen. Ich dankte ihm mal wieder für das Übernehmen dieses Jobs, setzte mich mit Füßehoch aufs Bett und las Wochenend-SZ.

Als Herr Kaltmamsell Feierabend machte, nutzte ich das Wohnzimmer für eine Runde Yoga.

Zur Hühnersuppe kochte ich Suppennudeln und öffnete eine Flasche spanischen Rosé, der gut passte.

Journal Freitag, 12. Februar 2021 – Körperlichkeiten und knackige Sonnenkälte

Samstag, 13. Februar 2021

Unruhige Nacht, weil bei jeder Bewegung mein Kreuz aufweckend schmerzte – zum Glück aber nicht in Ruhe. Morgens also Gymnastik-Übungen für akute LWS-Beschwerden (mittlerweile kenne ich für sehr viele Rückenbeschwerden gezielte Übungen). Ich erwähnte ja schon, dass ich seit Wochen unter vorher ungekannten Rückenschmerzen leide, deutlich über die vertrauten Problemzonen Nacken und LWS hinaus. Offensichtlich ist meine tägliche Gymnastik kein Heilmittel, Orthopäden wissen aber meiner Erfahrung nach auch nichts Anderes (außer sie können es als IGeL verkaufen). Also Ibu drauf und abwarten, noch halte ich mich daran fest, dass sich das Gesamtsystem Körper mit Hüft-TEP erst wieder neu einjuckeln muss. (Ich habe solche Sehnsucht nach Schwimmen und bilde mir mangels Möglichkeit ein, dass das ganz bestimmt helfen würde.)

Draußen war es knackig kalt, passend zum winterlichen Sonnenstrahlen (Soundtrack: Krachen und Knirschen unter den Schneestiefeln).

Mein Büro konnte ich wegen der Kälte immer nur kurz lüften, genoss aber die hereinströmende Luft sehr, die mich an die Skifahrten meiner Jugend erinnerte.

Mittags ein Butterbrot aus Selbstgebackenem, Granatapfelkerne und zwei Ausstandskrapfen aus der Büroküche. Dann war ich sehr satt. Und müde.

Früher Feierabend, ich kam im letzten Sonnenlicht los – die Tage werden spürbar länger, hurra!

Um die Einkäufe des Vortags nachzuholen und um aktuelle zu ergänzen, ging ich zum Vollcorner. Als ich an der Fleischtheke um eine besonders dicke Scheibe Entrecôte bat, scherzte mich die Verkäuferin an: “Ah, da will sich jemand daheim beliebt machen!” Ich wusste wirklich erst mal nicht, was sie meinte. Dann fiel mir ein, dass im Mario-Barth-Universum das Männchen große Fleischstücke liebt, das Weibchen Salat vorzieht und für die Nahrungszubereitung zuständig ist, also die Macht über die Fütterung des Männchens mit dem geliebten Fleisch hat. (In meiner ganz persönlichen Welt bin ich die Liebhaberin hochwertigen Rindfleischs aus der Pfanne und mein Partner kann das ganz besonders gut zubereiten.) Dabei war es doch die zweite Bestellung, mit der ich mich beliebt machen wollte: Ich hatte ein rares Suppenhuhn erspäht und wollte damit Herrn Kaltmamsell überraschen, der gekochtes Hühnerfleisch liebt. (Als ich ihm beim Heimkommen das Erlebnis erzählte, guckte er auf den Scherz der Verkäuferin hin genauso verständnislos, ich musste erklären.)

Daheim Häuslichkeiten, u.a. Kartoffelschnitze und Postelein fürs Abendessen (beides aus Ernteanteil), dann aber WOCHENENDE, und zwar vier Tage lang, weil zwar kein Rosenmontag und Faschingsdienstag stattfinden, das aber bei mir in der Arbeit schon seit Monaten als “Betriebskalender” frei ist. Und ich die fünf vollen Arbeitswochen seit Weihnachten darauf hin runtergezählt hatte. Wieder hatte ich pünktlich zum Freitagabend Lust auf Alkohol, beim Vollcorner hatte ich Prinzessinnen-Sekt besorgt (Prinzen-Sekt? auch das gerne). In den vergangenen Wochen hatte ich den Alkohol an Arbeitstagen überhaupt nicht vermisst.

Sich leerendes Wohnzimmer. Herr Kaltmamsell nimmt bezaubernderweise Rücksicht darauf, mindestens eine Yogamatte Platz vor dem Fernseher zu lassen.

Gemeinsam zubereitetes Nachtmahl, zum Nachtisch gab es den Rest Apfelmus vom Kaiserschmarrn mit einem Klecks Crème fraîche.

Abendunterhaltung: Men in black II, kann ich immer wieder sehen (das Postamt!).
Die Lendenwirbelsäule hatte sich zum Glück ein wenig beruhigt.

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Die New York Times sorgt sich, wie hart die zweite Corona-Welle Deutschland getroffen hat und analysiert die Gründe.
“How Germany Lost Control of the Virus”.

Over 50,000 people have died in Germany since October. For a country that led in pandemic control during the first wave, it has been a shocking reversal.

Autorin Anna Sauerbrey rekapituliert:
– Das war nicht einfach Pech, sondern Politik.
– Als am Ende des Sommers die Infektionszahlen stiegen, wurde nicht wie im März mit schnellen, klaren Bewegungseinschränkungen reagiert.
– Selbst nach Verdreifachung der Inzidenz gab es im Oktober nur halbherzige Maßnahmen. Erst kurz vor Weihnachten wurde konsequent geschlossen.
– Folge: Anfang Januar überstieg die Zahl der Corona-Toten pro Einwohner die in den USA.

Ihre Erklärung: Die vielen Wahlen, die 2021 in Deutschland anstehen und die dazu führen, dass die Länderchef*innen sich beim Volk nicht durch unbequeme Maßnahmen unbeliebt machen wollten. Dazu das Durcheinander um die Impfungen, das zu einem sehr langsamen Start führte.

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Für die Zeit schreibt Insa Wilke über das Schwinden von “Orten für Literatur und ihre Kritik” in öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten – ihrer Ansicht nach Symptom eines viel größeren Problems.
“Ist das wichtig oder kann das weg?”

Der Markt verengt sich mehr und mehr, die Konzentration auf wenige Buchtitel pro Saison nimmt zu, und damit steigen auch die Probleme für Verlage und Schreibende. Diese Verengung des Marktes geht einher mit einer zunehmenden Ausrichtung auf das, was “die” Leserinnen, “die” Hörer, also was “das” Publikum gut findet. Der Trend: Literarische Produkte auf spezifische Zielgruppen zuzuschneiden. Das Menschenbild dahinter heißt: Konsument.

(…)

Dabei gibt es gerade bei den Jüngeren ein neues und deutlich sichtbares Bedürfnis nach Ernsthaftigkeit. Und sie schaffen sich eigene Räume, weil sie sich in den alten nicht mehr erkennen. Blogs wie 54books.de oder praeposition.com sind dafür ein Beispiel. Hier gibt es Raum, um sich argumentativ mit Fragen auseinanderzusetzen, die man nicht mit 4.000 Zeichen oder in fünf Minuten abhandeln kann und auch nicht im Gespräch mit Moderatorinnen, die keine Sachkenntnis haben. Hier bewegt sich der Nachwuchs, der den Medien einmal fehlen wird, wenn man Autoren und Kritikerinnen und ein Publikum für Literatur braucht. Die interessierten Jungen schalten ab und wandern weg.

(…)

Dabei ist klar, was das Paradox der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ist: Die Bürgerinnen und Bürger, also wir, bezahlen sie, damit sie etwas machen, was nicht alle, vielleicht sogar nur wenige von uns interessiert. Weil sie aber von allen dafür bezahlt werden, müssen sie sich für das legitimieren, was sie tun. Wenn man diese Legitimation mit der Quote begründen möchte, kann man also nur verlieren.

(…)

Würde man danach fragen, wie Kriterien für eine gute, gegenwärtige Berichterstattung, etwa “Aktualität”, “Informationsgehalt” und “Partizipationsmöglichkeit” sich auf die Literatur übertragen lassen, könnte die Antwort lauten: Bücher ins Gespräch bringen, Ereignisse und Debatten aus dem literarischen Leben diskutieren, Neuerscheinungen in ihren politischen, gesellschaftlichen, literaturhistorischen und ästhetischen Kontexten zeigen und diskursive Formate bespielen sowie eine Vielstimmigkeit dadurch erreichen, dass unterschiedliche Akteurinnen aus der Literaturbranche und dem Literaturpublikum eingebunden werden.

(…)

Eine Rezension kann den Horizont erweitern, diskursiv und partizipativ sein. Durch zugespitzte Urteilskraft oder indem man ein Buch nicht nur unter dem Motto “Ich rate zu / Ich rate ab” bespricht, sondern es etwas komplexer in seinen gesellschaftlichen und ästhetischen Dimensionen liest. Eine Rezension darf ohne Richterspruch fragen, was genau an einem Buch interessant ist, warum und wie man es heute lesen könnte. Womit müht sich die Autorin, und warum tut sie es?

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Katharina Seiser im ORF über die Avocado, gespickt mal wieder mit nützlichen Infos und Tipps, u.a. dass spanische Bio-Avocados derzeit Saison haben.

Journal Donnerstag, 11. Februar 2021 – Beifang aus dem Internetz

Freitag, 12. Februar 2021

Diesmal wieder eine Nacht mit Schlafpause: Um halb vier war ich eine Zeit lang einfach WACH. Ich las Buch.

Morgens mittlere Schneelandschaft (keine 10 cm), aber scharfer kalter Wind – nur erhöhtes Schritttempo wärmte mich genügend auf dem Weg in die Arbeit. Intensives Morgenrot, es wurde ein sonniger Tag.

Zum Mittagessen gab es die zweite Hälfte der Cornish Pasty, nachmittags Hüttenkäse.

Berufliches: Nachdem mir regelmäßig Leute sagen, ich hörte mich beim Melden am Telefon wie ein Anrufbeantworter an (Erbe meiner kurzen Zeit vor vielen Jahren beim Rundfunk?), versuche ich seit einigen Tagen Versprecher, Gluckser, blöde Tonalität einzubauen. Bislang kein weiteres “Oh, ich dachte das ist der Anrufbeantworter”.

Auf dem Heimweg wollte ich unsere Einkaufsliste im Vollcorner abarbeiten – wollte, denn als ich die Waren bereits aufs Kassenband gelegt hatte, stellte ich fest, dass ich meinen Geldbeutel am Vorabend in der Jacke fürs Abendessenholen gelassen und somit daheim vergessen hatte. Ich hielt den Kassierer gerade noch rechtzeitig vom Einscannen ab und erklärte die Situation. Der Herr war so freundlich anzubieten, nach Einkauf den Gesamtbetrag zu speichern, damit ich die Geldbörse holen und später zahlen könne – doch ich war 20 Fußminuten von daheim entfernt und wollte nicht hin und her laufen. Statt dessen bat ich um Entschuldigung – und räumte die Ware Teil für Teil zurück. Zum Glück erheiterte mich mein Missgeschick lediglich, es war ja auch nichts Dringendes dabei.

Daheim Feierabend-Yoga zwischen immer größeren Stapeln Bücherkisten, dann machte ich aus dem Chinakohl aus Ernteanteil Salat mit Joghurtdressing. Nachtisch Süßigkeiten.

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MÖÖÖÖÖÖÖschonwiedereinVideovonMaiLab… Ja mei, wenn sie halt so gut wie keine andere wirklich wichtige Themen erklärt. Diesmal: “7 kritische Fragen zur Impfung”.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/a_NpJU12_LA

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Da schau her: Tiktok wird auch für politische Inhalte genutzt, zum Beispiel für aktuelle Proteste von Landwirten in Indien.
Eigentlich keine Überraschung: Jede Online-Plattform wird früher oder später für alles genutzt, was sie ermöglicht – wenn die Betreibenden keinen Riegel vorschieben. Mal sehen, wie Tiktok das handhabt, das chinesische Unternehmen war bislang ziemlich restriktiv.

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Apropos Tiktok: Wie man Mülltüten richtig verwendet. (Hätte ich mir auch von den Putzkolleginnen im Büro abschauen können – die machen das exakt so. Einfach mal den Expertinnen vertrauen!)

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Der Originalartikel im SZ-Magazin vor einer Woche “‘Wir sind schon da'” ist nur gegen Abo zu lesen:

185 lesbische, schwule, bisexuelle, queere, nicht-binäre und trans* Schauspieler*innen outen sich – und fordern mehr Anerkennung in Theater, Film und Fernsehen. Mit der Initiative #actout und einem gemeinsamen Manifest wollen sie eine Debatte anstoßen.

Ich war erschrocken, unter welchen Repressalien schwule und lesbische Schauspieler*innen auch heute noch gestellt werden und konnte ihre Beschwerde nachvollziehen, dass ein offen schwuler Schauspieler plötzlich keine Hetero-Rollen mehr angeboten bekommt: Es sei doch genau ihr Job als Schauspieler, jemanden darzustellen, der nicht sie selbst seien! (Ich erinnere mich noch an meine Schwärmerei für Rupert Everett als Marlow in Shakespeare in Love, gegen die eine Freundin damals “der ist aber schwul” einwandte. Was hatte das mit irgendwas zu tun? Wären wir sonst in absehbarer Zeit ein Paar geworden?)

Die Zeit hat nachgefragt: “Warum erfordert dieses Bekenntnis immer noch so viel Mut?”
“Endlich!”

Der Artikel nimmt sich die ganze Kette der Produktion vor: Casting, Filmemacherin, Produzent, Schauspielschule – und spricht dabei (wie das SZ-Magazin) auch die einseitige und stereotype Film-Darstellung von nicht-heterosexuellen Menschen und Beziehungen an.

[Dominik] Graf stellt fest: “Es gibt keinen bekennenden schwulen Kommissar im deutschen Fernsehen.” Und er erinnert sich: “Zu mir hat mal ein Fernsehredakteur gesagt, dass ein homosexueller Mann kein Held sein könne. Und das ist gar nicht so lange her.”

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Rylyn Clark aus Massachusetts ist sehr wahrscheinlich das Niedlichste, das Sie heute zu sehen oder hören bekommen. (Das Video ist von vergangenem Jahr, da war er vier Jahre alt.)

Journal Mittwoch, 10. Februar 2021 – Pandemie-Eintönigkeit, weitere Runde Schnee, Beifang aus dem Internetz

Donnerstag, 11. Februar 2021

Richtig gut geschlafen (schlaue Idee: weitere Befeuerung des Kummers stumm geschaltet, so fühlt sich also diese self care an), aus Tiefschlaf in die Orientierungslosigkeit geweckt worden. Die Morgenplanung sah eine Runde Nackengymnastik vor, das klappte.

In leisem Schneefall in die Arbeit gegangen, das Schneien hielt den ganzen Tag an – Sorte winzige, scheinbar in der Luft stehende Flöckchen.

Im Büro Aufregung (wieder geheim), doch noch vor Mittag konnte ich meinen eigentlichen Aufgaben nachgehen. Mittagessen eine halbe Cornish Pasty aus der Gefriere, Granatapfelkerne, nachmittags Orangen.

Hätte ich nicht zu arbeiten gehabt, hätte ich sehr lange aus dem Fenster der Krähengruppe im Schneefall zuschauen können, die mal auf einem riesigen Baum landete, dann wieder wegflog, ein filmreifes Muster vor Weiß.

Wundervoller Gang nach Hause im oben beschriebenen Schneegesäusel.

Bavariaring an der Theresienwiese.

Daheim erst mal Yoga. Dann bestellten wir Abendessen bei Chi Thu, ich holte es sehr gerne ab, um nochmal raus in die – nicht zu kalte – Schneeluft zu kommen.

Reisnudeln, frisches Gemüse, frische Kräuter, gebratener Tofu – ich genoss das vietnamesische Gericht sehr.

Nachrichten vom Fortgang der Pandemiebeschränkungen: Die derzeitigen sollen bin 7. März verlängert werden. Es erleichtert mich einerseit, dass die sinkenden Infektionszahlen im gesamten Deutschland (derzeit liegt die 7-Tages-Inzidenz bei 68 – Lockerungen nach der ersten Welle gab es in Bayern bei einer Inzidenz von deutlich unter 30) nicht zu sofortiger Aufhebung geführt haben und wir weitere vier Wochen nutzen können, um die Ausbreitung des Virus zu bremsen. (Ich will vom Sommer träumen können!) Und ich hoffe, dass andererseits diese Aussicht nah genug ist, dass nicht noch mehr Menschen verantwortungslos und unsolidarisch alles ausreizen, was mit welchen Finten auch immer geht (Modell Steuerregeln) und zum Beispiel verreisen (WAS ZUM HENKER!) oder sich jeden Tag mehreren neuen Kontakten aussetzen (“mit einer Person darf man sich doch treffen!”).

Im Bett neue Lektüre: Beim Aussortieren hatte ich Herrn Kaltmamsell ein Buch abgenommen, das er weggeben wollte, weil ich nichts von seiner Existenz oder gar Anwesenheit in unserer Bibliothek gewusst hatte und es sehr gerne lesen wollte – Peter Ustinov hat also auch Romane geschrieben, einer davon ist Krumnagel, eine Satire um einen lokalen US-Polizeichef.

Der Tag zeigt beispielhaft die derzeitigen Highlights meines Alltags:
– Fußweg zu und von Arbeit
– Feierabend-Yoga
– Abendessen

§

Ein Portät der Forscherin Viola Priesemann, Leiterin einer Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation und “Theoretikerin der Epidemie”:
“Von Corona infiziert”.

U.a. spannend: Priesemann kommt aus der Hirnforschung (erste wissenschaftliche Entdeckung gleich in der Diplomarbeit), verbindet Physik mit Neurowissenschaft mit Mathematik. Sie übertrug erprobte mathematischen Methoden aus der Hirnforschung auf die Covid-Forschung und verfeinert sie bis heute.

§

Interview in der taz mit Geschichtsprofessor Jürgen Martschukat über unser Sportzeitalter:
“‘Fitnesskult ist hochpolitisch'”.

Unsere moderne Gesellschaft organisiert sich wesentlich um den Körper und dessen Leistungsfähigkeit herum. Im Zentrum steht ein Versprechen, das mit einer Aufforderung beziehungsweise einer Verpflichtung verbunden ist: Wenn wir uns gut um uns kümmern, unseren Körper pflegen und in Form halten, kommen Glück und Erfolg. Die soziologische Stigmaforschung zeigt sehr genau, dass dicke Menschen heute von Schule bis Jobmarkt diskriminiert werden, es ihnen also schwerer gemacht wird, Erfolg zu haben. Der Fitnesskult ist hochpolitisch, es geht um Teilhabe an Gesellschaft, um Zugriff auf Ressourcen: Gesellschaftliche Anerkennung wird stark vom Körper abhängig gemacht.

(…)

Inwiefern hängt der Fitnesskult an der Freiheit?

Fitness braucht Freiheit. Es geht um die Freiheit, sich selbst verbessern zu können. Diese Botschaft ist in liberalen Gesellschaften ganz zentral. In den USA ist sie sogar in der Unabhängigkeitserklärung verankert: Jeder Mensch hat das Recht auf ein Leben in Freiheit und das Streben nach Glück. Dies ist ein Versprechen, das zugleich ungeheuer regulierend ist. Es führt dazu, dass die Menschen eingeteilt werden in diejenigen, die es schaffen, ein vermeintlich erfolgreiches Leben zu leben, und diejenigen, die an diesen Anforderungen zu scheitern scheinen. Erfolg und Misserfolg gelten als Konsequenzen eigenen Engagements – oder eben Nicht­engagements.

§

17 Jahre Bloggen führen unweigerlich in die Rekursivität. Gestern las ich auf der Suche nach einer Information einen eigenen zehn Jahre alten Blogpost wieder – und freute mich darüber, dass er Erinnerungen festgehalten hatte, die ich schon jetzt nicht mehr wusste.
“Mein 1986 – Teil 1”.

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Letzthin von @spreeblick getwittert, geht mir seither nicht aus Kopf und Ohr (diese Stimme! diese Schönheit!).
Harry Belafonte 1964.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/SMYYE–dtIE

Journal Dienstag, 9. Februar 2021 – Dervla McTiernan, The Ruin

Mittwoch, 10. Februar 2021

Sehr unruhige und kummervolle Nacht mit einstündigem Komplett-Aussetzer, im dem ich halt in meinem Krimi weiterlas. Benommenes Gewecktwerden mit Kopfweh, die Benommenheit hielt lange an, ich schleppte mich steinmüde durch den Arbeitstag.

Arbeitsweg im leichtestem Schneefall, der sich nicht recht entscheiden konnte, ob er liegenbleibt.

Online-Besprechungen, sonstige Arbeit, große Anstrengung mich hochzuhalten. Mittags Birchermuesli mit Joghurt, ein Apfel.

Für den Heimweg war ich dann munter genug für Fußmarsch, tagsüber hatte ich mir den nicht vorstellen können.

Daheim erst wohltuende Umarmungen, dann Yoga.

Herr Kaltmamsell hatte Pizza gemacht, eine Hälfte mit Spinat und Schimmelkäse, die andere mit Champignons und Mozzarella. Wir wurden mit Genuss satt.

Das Wohnzimmer füllt sich langsam mit gepackten Bücherkisten (füllt Herr Kaltmamsell in Arbeitspausen nach seinem System für die neue Wohnung). Fast acht Jahre nach Ende meines Managerinnen-Daseins die letzten Blazer ausrangiert; ich trage sie wirklich nicht mehr.

Dervla McTiernan, The Ruin ausgelesen. Ein richtig gut gemachter Ausflug nach Irland, sauberes Handwerk, gut konstruierter Plot, der auf einigen der bittersten Nachkriegssünden Irlands basiert. Im Mittelpunkt steht der Kriminalbeamte Cormac Reilly, der 20 Jahre zuvor als ganz junger Polizist zur Leiche einer Mutter gerufen worden war, in ein verfallendes Steinhaus mit zwei Kindern. Sprung ins Jahr 2013: Ein junger Mann wird in Galway tot im Fluss aufgefunden. Seine Partnerin, eine junge Ärztin, ist doppelt erschüttert, da die Polizei von Suizid ausgeht. Diese beiden Handlungsstränge verflechten sich miteiander, und man liest sich nicht nur durch den ständigen Regen Galways und durch Klinikalltag, sondern auch durch die unangenehme Arbeitsatmosphäre einer offensichtlich korrupten Polizeiinspektion und durch die vielfältigen Auswirkungen einer Familienpolitik, die Gewalt an und Vernachlässigung von Kindern begünstigte. Viele interessante und vielschichtige Figuren (vielleicht sogar die eine oder andere zu viel? ich hatte zwischendurch ein bisschen Schwierigkeiten, die Polizistinnen und Polizisten auseinander zu halten). Empfehlung an alle, die Krimis mögen.

Nachgeholt vom Montag (abends vergessen):

An der Theresienwiese die ersten Winterlinge.

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Hat es das in deutschsprachigem Twitter schon mal gegeben: dass die Accounts großer Marken miteinander flachsen? Einander necken? Britisches Twitter hatte das gestern mal wieder, angestoßen von diesem Wahnsinn:

Journal Montag, 8. Februar 2021 – Aber zwei lustige Links

Dienstag, 9. Februar 2021

Zu früh aufgewacht, dadurch gemütlicherer Morgen.

Es war kälter geworden, doch nur um den Gefrierpunkt, ich genoss den Weg in die Arbeit.

Im Büro Interessantes und Lustiges, aber halt wie immer nicht erzählbar. Dazwischen Anrufe der Vormieter, es gab Dinge zu arangieren.

Zum späten Mittagessen (mir war bereits ein wenig schwindlig) eine Käsesemmel und Granatapfelkerne.

Draußen schien die Sonne, ich machte so früh Feierabend, dass gerade erst das letzte goldene Sonnenlicht verschwand. In einem leeren Gemüse- und Obstladen im Westend, der mir morgens eingefallen war (ich sehe immer höchstens eine Person darin), Granatäpfel gekauft. Kurzer Abstecher in einen leeren Drogeriemarkt.

Was mir seit einigen Tagen auffällt: Die Schaufenster einiger kleiner, seit Mitte Dezember geschlossener Läden sind entschieden schmutzig. Das Sauberhalten lohnt halt einfach nicht.

Daheim Yoga, anstrengendes Programm.

Herr Kaltmamsell hatte den Rosenkohl aus Ernteanteil in der Pfanne gebraten, mit frischen roten Chillis, Frühlingszwiebeln und Sojasoße – schmeckte hervorragend. Zum Sattwerden gab es dazu Käse, danach Süßigkeiten.

Traurig ins Bett, weil ich offensichtlich Freunde vergrault habe.

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Aufnahme des Augsburger Bibers am Elias-Holl-Platz, an dem ich während meines Studiums in der schönsten Wohnung der Welt wohnte.

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Wunderschöne Sammlung:
“Schlagzeilen, die vor Corona sehr viele Fragen aufgeworfen hätten.”