Journal Dienstag, 30. März 2021 – Ernsthaft Frühling
Mittwoch, 31. März 2021Nachts oft aufgewacht, aber immer wieder schnell eingeschlafen. Dennoch sehne ich mich nach mehr als zwei Stunden Schlaf am Stück.
Fußweg in die Arbeit in strahlender Frühlingssonne, die sich den ganzen Tag hielt.
Die Entscheidung gegen Friseur aus Infektionsvorsicht wird inzwischen immer schwieriger: Ich ertappte mich bei der Kopfbewegung Pony-aus-Gesicht-schleudern. (Kann ich an mir nicht ausstehen.) Daheim behelfe ich mich mit Haarspangerl, aber das sieht halt wirklich bescheuert aus. So neige ich derzeit dazu, meinen Termin in einer Woche tatsächlich wahrzunehmen.
Mittags gab es eine Scheibe selbstgebackenes Brot mit Paprikaspeck, Birne, Apfel. Am Nachmittag ein Stück schwarze Schokolade.
Wundervoller Heimweg in warmer Sonne, ich gönnte mir einen Blumenstrauß im Blumenladen. Die Frühlinssonne der vergangenen Tage hatte Büsche und Bäume zum Blühen gebracht. (Schon vergangene Woche hatte ich Schlüsselblumen gesehen.)
Daheim stellte ich nur kurz Zeug ab, dann holte ich bei einem Kartoffelkombinats-Genossen den neuen Jahrgang Solidarisches Olivenöl aus Lesbos. Draußen Menschen in sommerlicher Kleidung, für meine Kostümjacke war es eigentlich zu warm.
Herr Kaltmamsell hatte zum Abendessen aus Ernteanteil-Kartoffeln und -karotten eine Suppe gekochte, sie schmeckte sehr gut. Abendunterhaltung war die vierte Folge von Good Omens.
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Seit Montag ist das Containerschiff Ever Given frei, der Stau im Suez-Kanal löst sich langsam auf. Wie die Befreiung technisch funkionierte:
“Als würde ein Zahn aus dem Kiefer gerüttelt”.
(Man ist vermutlich alt, wenn man sich noch an Red Adair erinnert.)
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Der Mann mit dem möglicherweise besten Oscarverleihungs-Kleid jemals, Billy Porter, im Interview mit der InStyle:
“Billy Porter Is Finally Free”.
“I used to get frustrated that women could wear whatever they wanted and men had to show up in the same penguin suit,” he says. “The reason why women wearing pants is considered OK by society’s standards is because it comes from the patriarchy. The patriarchy is male, so suits are strong, and anything feminine is weak. I was sick of that discussion, and I knew my platform allowed me to challenge it.”
Dass Frauen sich wie Männer kleiden (also Hosen tragen), ist leichter zu akzeptieren, weil es als Eroberung der höherwertigen, männlichen Welt angesehen wird. Dass ein Mann sich auf die niedrigere, schwache Ebene herablässt und einen Rock, ein Kleid trägt, erntet deutlich größeres Unverständnis (kurze Erinnerung an das ikonische Kleidbild von Iggy Pop?). Aber vielleicht ändert sich das ganz, ganz langsam – irgendwann kann vielleicht jeder im Sommer zum bequemen und luftigen Wickelrock greifen (und wir lästern lediglich, dass man diese! Socken! also wirklich nicht dazu tragen kann).