Journal Donnerstag, 4. März 2021 – Endspurt zum Umzug

Freitag, 5. März 2021 um 5:58

Recht gute Nacht, eine Erleichterung.

Morgens gönnte ich mir zwei gemütliche Stunden, dann duschte ich und zog leichte Sportkleidung an – der Tag würde sehr körperlich werden. Herr Kaltmamsell musste gestern in die Schule, ich arbeitete mich vom Wintergarten in Uhrzeigersinn vor: Leergeräumte Schränke putzen, Dinge hochtragen, weiterputzen.

Der Umgang mit bereits grundgereinigten Küchenteilen (Kühlschrank, Spüle – jede Gebrauchsspur sofort wegputzen) erinnerte mich an meine Kindheit mit Jahreswagen. Mein Vater arbeitete bei Audi, das Prinzip Jahreswagen basiert auf den vergünstigtem Autopreisen für Mitarbeitende, die an die Bedingung geknüpft waren, dass der Wagen erst nach zwölf Monaten weiterverkauft werden durfte. Wie viele seiner Kolleginnen und Kollegen hatte mein Vater das Ziel, das Auto möglichst gut weiterzuverkaufen und ständig ein ganz neues Auto zu fahren. Die Folge: Autos waren bei uns nie Gebrauchsgegenstände oder gar Familienmitglieder, sondern wurden mit Glacéhandschuhen und auf Zehenspitzen genutzt: Fahren war ok, doch um Gottes Willen vor Einsteigen Schuhe abputzen, nichts anfassen, auf keinen Fall jemals darin essen oder trinken, denn selbstverständlich war das Ziel, den Wagen nach zwölf Monaten wie ungenutzt anbieten zu können. (Mit welcher Herzenslust ich mein erstes eigenes Auto zumüllte!)

Dazwischen holte ich ein UPS-Paket ab, das einen Tag früher als angekündigt geliefert worden war – als folglich niemand zu Hause war. Ich holte mir auch gleich Frühstück beim Bäcker: Die erste Mahlzeit in der neuen Küche, mit Zeitunglesen.

Dann ging’s weiter mit Räumen, Putzen, Tragen, um halb zwei verzeichnete mein Smartphone 63 gestiegene Stockwerke.

Leerer Wintergarten, leere Küche.

Ausgeräumter Flur.

Wohnzimmer in Kisten. Herr Kaltmamsell war mittlerweile heimgekommen.

Allerdings protestierte meine Lendenwirbelsäule immer schmerzhafter, ich setzte mich eine Runde. Dann haute es mir ein bisschen das Gestell zusammen: Ich wurde steinmüde und legte mich ins Bett, schlief fast eine Stunde tief – das hatte ich zuletzt in der Reha kurz nach Hüft-Op, wenn ich mich überanstrengt hatte.

Nach dem Schläfchen war ich fit für die nächsten Runden Fegen, Putzen, Packen, Tragen, Einsortieren, Absprechen, Planen. Herr Kaltmamsell baute die speziellen Kleider-Umzugskisten auf, die bis zur Fertigstellung des Einbauschranks in meinem neuen Zimmer meine Kleidung aufbewahren werden, auch die füllte ich noch.

Kurz nach sieben strich ich die Segel, ich konnte nicht mehr. Zum Abendessen gingen wir in die neue Wohnung, in der neuen Küche gab es den köstlichen Räucherfisch aus der Familie mit Vollkornbrot vom Bäcker und wachsweichen Eiern. Und zwei Gläsern Rosé, ich hatte große Lust auf Alkohol.

(Das andere Zeug auf dem Küchentisch hat noch keinen endgültigen Platz gefunden.)

Das waren laut Smartphone 87 Stockwerke und knapp 15.000 Schritte.

Was am eigentlichen Umzugstag spannend wird:
– Klappt das mit dem Internet-Umzug?
– Bringt die Umzugsfirma einen Fachmann mit, der die Küche zerlegen und tranportieren kann?
– Haben wir alles richtig vorbereitet?
– Wird es allen Ernstes nach Wochen Trockenheit ausgerechnet da regnen?

§

Zusammenfassung von Peter Wittkamp des weiteren offiziellen Umgangs mit der Corona-Pandemie in Deutschland laut Länderkonferenz. Etwa so war das auch bei mir angekommen.

die Kaltmamsell

14 Kommentare zu „Journal Donnerstag, 4. März 2021 – Endspurt zum Umzug“

  1. Alexandra meint:

    Meine Eltern hatten eine Tankstelle mit Werkstatt und Autohandel. Folglich habe ich das mit den Autos exakt genauso erlebt: Sie dienten uns immer nur so lange, bis jemand einen guten Preis dafür bot. Damals gab es noch so kleine, etuigroße klappbare Aschenbecher/Müllbehälter in den Autotüren. Ja, wehe, da war überhaupt mal ein Bonbonpapier drin!

    Meine Eigenschaft, mich auf sehr langen Autofahrten quasi jedesmal zu übergeben, trieb meinem Vater den Schweiß auf die Stirn.

    Zumüllen kann ich mein eigenes Auto bis heute trotzdem nicht: Damals haben wir samstags als ganze Familie die Autos der Stammkunden von Hand gewaschen und auch innen sehr gründlich gereinigt, inklusive Hol- und Bringfahrt.

    Denkwürdig, indeed.

  2. die Kaltmamsell meint:

    Bonbonpapier im Aschenbecher, Alexandra?! Ich kriege Puls bei dem Gedanken. Erst als Erwachsene lernte ich, dass man die auch benutzen kann.

  3. lihabiboun meint:

    Ich kann Herrn Wittkamp nur 100% zustimmen, man kann es nicht besser ausdrücken! Großartig. Alles Gute weiterhin für Ihr Umzugsprojekt.

  4. FrauB meint:

    Ich besitze vier Kochbücher (ich besaß mehr, habe aber auf vier reduziert) und stelle eine Schnittmenge von drei mit Ihren Kochbüchern fest. Da ich die Mahlzeiten im Hause Kaltmamsell meist sehr bewundere, sehe ich mich da jetzt in meiner Auswahl bestätigt!

  5. Joël meint:

    Ich habe auf den Fotos 44 Bücherkisten gezählt, kommt das hin?

  6. Herr Kaltmamsell meint:

    Es sind auf jeden Fall etliche nicht abgebildet: Noch einmal zehn oder so, die bereits eingeräumt sind, und dann die mit dem trivialeren Inhalt – gesammelte Serien meinerseits, so etwas.

  7. Hildegard Reinsch meint:

    Dont sorry mit dem Umzugswetter. Wir sind exakt am schneereichsten und kältesten Tag umgezogen im Februar . Der Umzugswagen mußte Schneeketten anlegen um auf unseren Bergwald zu kommen, knapp 240 Meter hoch, und das in der sonst sehr warmen Stadt Karlsruhe. Also Kopf hoch, alles wird gut.
    Wir drücken die Daumen

  8. Kirsten meint:

    ahahah, und dieser Neuwagengeruch, den andere angeblich so lieben, dass es sogar entsprechende Duftbäumchen gibt – ich hab es gehasst, mir wird schlecht davon und sobald der Duft sich verflüchtigte: Zack, Jahr um, neuer Neuwagen.

    Aber “das war unser Luxus”, wie meine Mutter mir später mal erzählte. Stimmt schon, sonst gönnen sich meine Eltern nicht viel.

  9. Croco meint:

    Mein Vater fuhr die Geschäftswagen immer ein paar Jahre, dann kam der nächste.
    Alles, was im Auto rumlag, kam in eine kleine Plastiktüte, diese wurde verknotet und in der Garage verstaut. Beim nächsten Auto kamen neue Kulis und neue Bonbons ins neue Auto. So konnte man die Anzahl seiner Autos abzählen an den verknotenten Tütchen im Garagenschrank.
    Meine Autos halten länger, 10 Jahre vielleicht? Dafür reicht dann keine Plastiktüte sondern es bruacht einen kleinen Karton für die Kulis, Bonbons und Straßenkarten. Die Kartons werden dann in der Garage gelagert……..

    Wo ist übrigens der Goldenen Blogger? Ich vermisse den kleinen Mann.

  10. Alexandra meint:

    Dazu fällt mir noch ein: Ich habe meine Autos immer so lange, dass jeder Wechsel auch einen Waschkorb voller Zeug bedeutet, der vom alten ins neuere Auto umzieht.

    Das letzte Mal vor gut sieben Jahren war das auch noch mit Downsizing verbunden; vom Neunsitzer runter auf Dreitürer … Ende der Familienkutschenära. Hachz.

  11. die Kaltmamsell meint:

    Ich fand es ein wenig winselig, Croco, hier mit einem Blogpreis von 2017 zu prahlen, der also 20 Internetjahre alt ist.

  12. Croco meint:

    Ich bin da sehr altmodisch.Mir fehlt er.
    Aber er steht noch im Regal, oder?

  13. die Kaltmamsell meint:

    Aber sowas von, Croco!

  14. Daniel meint:

    Zur Autopflege: nicht zu vergessen die Vorgabe, die Türen sanft zu Schließen.

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