Archiv für März 2021

Journal Dienstag, 16. März 2021 – Baumarktbesuch

Mittwoch, 17. März 2021

Dann doch nochmal den dicken Wintermantel aktiviert, weil ich am Montag gefroren hatte. Fußweg in die Arbeit in erst sehr leichtem, dann starkem Schneefall, nasse Flocken.

Den Tag über schneite es immer wieder, es kam aber auch manchmal die Sonne heraus.

Kopfweh und Schwindel, wurde nachmittags zum Glück besser.

Mittagessen Hüttenkäse und Joghurt mit Orange, nachmittags eine Hand voll Nüsse und ein paar Trockenaprikosen.

Über den Tag las ich immer weitere Informationen zu den wissenschaftlichen Hintergründen des Impfstopps mit AstraZeneca – sie erklärten die Entscheidung zumindest, ließen mich allerdings weiter verwundert über die Prioritäten zurück und machten die Mutlosigkeit wenig geringer. Abends erfuhr ich von der Stellungnahme der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA), hier ein Überblick inklusive Hintergrund auf tagesschau.de:
“‘Nutzen von AstraZeneca größer als Risiken'”.
So oder so ist die Impfaktion in Deutschland zusätzlich zu all den organisatorischen Pannen weiter verlangsamt, ich nähme übrigens auch Sputnik, hat eh den besten Namen von allen bisherigen Impfstoffen.

Nach Feierabend ging ich zum nächstgelegenen Baumarkt (Google Maps schlug mir einen genialen Schleichpfad an einem Bahngleis entlang und über ein Betriebsgelände vor, auf den ich im Leben nicht selbst gekommen wäre), um ein paar Dinge für die Wohnung zu besorgen: Seifenablagenlösung an der Dusche; anständigen Putzeimer (der den leeren Farbeimer ersetzen soll, mit dem die Putzmänner seit 21 Jahren hantieren), Klobürste fürs zweite Klo; Vorhangschiene und Gleithaken, Dotzschutz gegen Türklinke für die Klowand. Bis auf den Dotzgummi fand ich alles selbst, und zu dem wurde ich von einem hilfsbereiten Angestellten geleitet.

Herr Kaltmamsell hatte Guacamole aus den nächsten drei reifen Avocados gemacht, mit denen ich meinen ersten Hunger beim Heimkommen stillte. Als eigentliches Abendessen bereitete er den Lauch aus Ernteanteil mit Tofu und schwarzen Bohnen zu einem chinesischen Pfannengericht zu, auch dieses sehr gut.

Die Infektionszahlen steigen weiter, die Schulen bleiben offen, Landkreise beschießen, die Inzidenzgrenzen für Schließungen zu ignorieren, Margarete Stokowksis Hinweis in ihrer Spiegel-Kolumne, bitte nicht auf die vielen Flugbucher nach Mallorca wütend zu sein, sondern auf den Kapitalismus, verlangt geradezu Übermenschliches.

§

Mek, Blogger der ersten Stunde, tagebuchbloggt derzeit, das freut mich sehr.
Ein Nebenprodukt ist diese viel-verlinkte Abhandlung, aus der ich eine Menge über Drogen gelernt habe und nach deren Lektüre ich mich frage, warum ich Mek eigentlich so lange nicht mehr getroffen habe (also bereits vor Corona).
“[die Muskatnuss (und andere Drogen im Südtirol der Neunzigerjahre)]”.

Journal Montag, 15. März 2021 – Neue Pandemie-Bedrückung

Dienstag, 16. März 2021

Unruhige Nacht, zumindest ohne Pausen.

Ein Tag mit supergreislichem Wetter (Regen/Schneeregen), zum Glück kam ich trocken in die Arbeit.

Mittags Avocado, rote Paprika, ein Stück Käse.

Stand der Corona-Frise.

Ratlosigkeit, wann ich Urlaub nehmen soll. Pause brauche ich, und Urlaub bedeutet für mich keineswegs automatisch Reisen. Aber ohne Aussicht auf wenigstens Ausflüge, Begegnungen mit Freunden und Familie oder auch nur Erledigungen mit gutem Gewissen – wusste ich wirklich nicht. Da ich mich zudem mit Urlaubsvertretung abstimmen muss, wird es wohl auf eine Woche vor den Pfingstferien rauslaufen und vage zwei Wochen irgendwann in den Sommerferien.

Nachmittags der Schlag, dass der AstraZeneca-Impfstoff auch in Deutschland vorläufig nicht verwendet werden soll. Auch wenn ich davon ausgehen muss, dass diese Entscheidung wohlüberlegt war, konnte ich leider die Kriterien nicht nachvollziehen, die das Risiko einer Thrombose, das nicht in entfernte Sichtweite des Thrombose-Risikos etablierter Medikamente kommt (Novalgin, Anti-Baby-Pille), höher werten als die Risiken einer Corona-Erkrankung mit all ihren Folgen. Ich verlor jegliche Hoffnung auf einen Lichtblick in Form von Impfung oder Pandemie-Eindämmung in den nächsten Monaten.

Wahrscheinlich sollte ich mich für dieses Jahr gezielt auf Urlaube daheim und mit Pandemie-Einschränkungen vorbereiten: Fahrrad überholen lassen für Ausflüge, eine Liste mit daheim erreichbaren Filmen machen, die ich gerne sehen möchte, Museen auf Online-Ausstellungen abklappern, Theater auf Online-Vorstellungen, Rezepte raussuchen, kurz: für jeden Urlaubstag Programm aufstellen. Halt ohne Menschen.

Bedrückter Heimweg, zum Glück wieder trocken, Abstecher in einen Supermarkt für Brotzeiten und Süßigkeiten.

Kirche St. Paul.

Daheim eine Runde Yoga, die auch nicht half. Als Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell Linsen mit Roten Beten aus Ernteanteil, zum Nachtisch hatten wir noch Schokoladenspeise vom Vorabend übrig.

Vom angefragten Schreiner trafen Skizze und Kostenvoranschlag für meinen Einbauschrank ein. Ersteres war sehr erfreulich, weil er meine Ideen verstanden hatte, Zweiteres muss ich erst noch verarbeiten.

§

Was passieren kann, wenn man einen Cartoonisten als Nachbarn hat.

§

Nachhaltig impfen mit der Impfmanufaktur. (Schweizer Humor.)

Journal Sonntag, 14. März 2021 – Pop-up-Kunst im Schlafzimmer

Montag, 15. März 2021

Nach genügend Schlaf zu Schneeregen/Schnee aufgewacht, von kräftigem Wind schräg geblasen.

Nach gemütlichem Morgenkaffee und Bloggen zog ich Sportkleidung an. Plan war, das Bücherregal im Flur zu befüllen und dann endlich mal wieder ausgiebig Reha-Gymnastik zu treiben.

Nach gut zwei Stunden Kistenheben, leere Kisten Falten und Stapeln, Büchereinräumen und -umräumen, Leiter Hoch- und Runtersteigen, volle Kisten Neustapeln, freigewordene Fläche mit Teppich und Sesseln Ausstatten, Stapel leerer Kisten in den Keller Räumen – war das dann doch genug Workout für den Tag und die Sportkleidung verschwitzt. Der Lohn: Aus einem bestimmten Blickwinkel sieht man im Wohnzimmer keine Umzugskisten mehr.

Das Wetter war weiterhin unwirtlich, beim Semmelholen geriet ich in einen Graupelschauer. Den ganzen Tag über wechselten sich Sonne, Schnee, Graupel, Wind und Regen ab – der März übte April.

Blick aus dem Schlafzimmerfenster in einer Sonnenphase.

Zum Frühstück gab es eine der Samstag gelieferten Avocados gleich mal auf Semmel. Dann machte ich es mir im Sessel wirklich gemütlich und las liegengebliebene SZ-Magazine.

Doch noch eine Runde geräumt: Weitere leere Kartons flachgefaltet und in den Keller gebracht (nur vorübergehend, bis alle leeren Umzugskarton über ebay Kleinanzeigen o.Ä. weitergegeben werden können).

Mein Schlafzimmer wird noch eine ganze Weile auf seinen Einbauschrank für ALLES warten müssen. Gestern nutzte ich die bis auf Weiteres leere Wand dahinter, um nach vielen Jahren Besitz diesen großformatigen Druck (180cmx114cm) aufzuhängen.

“Blauer Himmel” von Sandra Anzer. Er ist ein Resultat der Zusammenarbeit des Lehrstuhls für Kunstpädagogik der Uni Augsburg mit (damals noch) MAN B&W Diesel – wo ich zu dieser Zeit arbeitete. Ein Kollege organisierte immer wieder ein Malen in der Fabrik: Studierende des Lehrstuhls kamen in die schönen alten Werkshallen, in denen riesige Schiffsdieselmotoren gebaut wurden, und malten oder zeichneten dort. Damals gehörte auch MAN Roland noch zum MAN-Konzern, auf deren Druckmaschinen wurden von einer Auswahl der Werke Drucke angefertigt – und diesen hier hatte ich für mich erbeten. Bis gestern stand er zusammengerollt in einem Eck und überstand jede meiner Wegwerf-Aktionen; ich mochte das Bild wirklich gern (wer mal in einer der Werkshallen war, erkennt das Orange der riesigen Krane sofort wieder), außerdem bin ich mir ziemlich sicher, dass der Druck unersetzlich ist.

Zum Befestigen verwendete ich englisches Blue-Tack, ich hatte noch den Rest einer uralten Packung. Selbst wenn die Knetklebemasse Flecken auf der Wand hinterlässt: Verschwinden ja hinter dem Einbauschrank. Das Alter des Blue-Tack macht es allerdings wahrscheinlicher, dass der Druck recht bald runterfällt.

Zeit, Muße und Platz (!) für eine Einheit Yoga, ziemlich anstrengend.

Zum Nachtmahl gab es Sauerkraut und Salzkartoffeln aus Ernteanteil, dazu Leber- und Blutwurst (gibt’s die überhaupt noch mit Speckwürfeln? habe ich möglicherweise zuletzt vor Jahrzehnten gegessen). Nachtisch Schokoladenspeise.

§

Ich fange an, Artikel über den aktuellen Streit zu “Identitätspoltik” (wann hat er diesen Titel bekommen?) zu überblättern, weil mir von allen Seiten nur noch unsachliche Zuspitzungen ins Auge stechen, auf den ersten Blick vor allem extreme Einzel-Auswüchse der Gegenseite als Argumente aufgeführt werden und nicht über die unterschiedlichen Prämissen gesprochen wird, die meiner Ansicht nach zu den unterschiedlichen Betrachtungen desselben Sachverhalts führen.

Sibylle Bergs Essay ist ebenfalls anekdotisch, doch sie fasst die derzeitige Lage zusammen, wie auch ich sie sehe:
“Debatte über Identitätspolitik
Lesen hilft!”

Viele fliegen aus der Kurve und verkehren nur noch mit Menschen, die ihnen sehr ähnlich sind. Wie alle gesellschaftlichen Veränderungen braucht auch der aktuelle Kampf für Gerechtigkeit für alle eine Aggressivität, denn viele sind es leid, die gleichen Auseinandersetzungen immer und immer wieder zu führen.

Die Wut, die Lautstärke sind verständlich, denn es ist immer ein Kampf, anderen klarzumachen, dass sie außer Gewohnheiten nichts verlieren, wenn wir teilen. Und zwar alle dasselbe: die Abhängigkeit von Arbeitgebern und die absolute Ohnmacht. Und wenn wir Kleinbürger uns die Augen ausstechen, wird es natürlich nichts mit einem gemeinsamen Gefühl dafür, was eigentlich die Macht der Massen wäre.

(…)

Bernd Stegemann hat aus der Sicht eines weißen Mannes über Wutkultur geschrieben und liefert viele gute Positionen. Die Wichtigste ist: dass hinter all den Forderungen, die im Moment scheinbar zu laut vorgetragen werden, nur eines steht: Alle sollten die gleichen Rechte haben. Gleich im Ansehen, in der Wertung, die gleichen Chancen, sich ausbeuten und unterdrücken zu lassen.

Journal Samstag, 13. März 2021 – Wiedersehen mit Schwiegers und Crosstrainer-Quietschprobleme

Sonntag, 14. März 2021

Gemischte Nacht, am schönsten war die Stunde vor dem Aufwachen kurz vor sieben.

Weiterhin zwischen Kisten und Zeugs, das noch seinen Platz sucht, aber endlich mal wieder möglich: Ein Stündchen Cardiotraining auf dem Crosstrainer. Er soll einmal in meinem Schlafzimmer stehen, doch dort ist vor Einbau des Wandschranks kein Platz, also haben wir ihn erst mal im Arbeitszimmer aufgestellt. Das Problem: Das Viech, ein Kettler Axos CrossM, quietscht, knackt und knarzt zum Gottserbarmen, immer schon. Gestern zog ich alle vielen Schrauben nochmal an, nach dem Transport eh eine gute Idee, doch auch diesmal blieb beim Aufsteigen das QuietschKlackerKnarz. Ich kann mittlerweile für jedes der Geräusche eine Quelle benennen: Das Quietschen kommt aus den Gelenken, das Klackern entsteht durch zu viel Spiel zwischen der Querverbindung der Griffstangen zum Mittelteil – nicht behebbar – und das Knarzen durch die Verwindung der Plastikteile bei Bewegung.

In der alten Wohnung lagen zwischen Crosstrainer und Schreibtisch Herr Kaltmamsell zwei Türen und die größtmögliche Entfernung, jetzt knarzquietsche ich anderthalb Meter davon entfernt – so kann der Mann unmöglich arbeiten. Doch solange die Schwimmbäder geschlossen bleiben und ich nicht wieder joggen kann (Letzteres zeichnet derzeit überhaupt nicht wieder ab), bleibt nur der Crosstrainer zum Auspowern. Wir haben ein Problem.

Eine Art Heimkommen: Ich sah ein Eichhörnchen in den Bäumen vorm Fenster herumklettern.

Beim Strampeln hörte ich Filmmusik, dazu gehörte auch “Delilah” von Tom Jones. Ich hörte zum ersten Mal auf den Text und bemerkte, dass hier der klassische Femizid beschrieben wird, und zwar vom Täter: “She stood there laughing, I felt the knife in my hand and she laughed no more.” Wie war das? Männer haben Angst, von Frauen ausgelacht zu werden. Frauen haben Angst, dass Männer sie umbringen. Qed.

Wir waren zum Geburtstagskaffee bei den Schwiegers eingeladen und machten zur Sicherheit (denn ohnehin beide Symptom-frei und ohne Positiv-Fall in der Umgebung) vorher Corona-Schnelltests.

Ein Strich heißt negativ.

Ich ging noch schnell zum Basitsch für Obst und Milchprodukte, außerdem kaufte ich einen Happen Frühstück (Breze für ihn, Hanfkeks für mich). Ereignislose Bahnfahrt nach Ausgburg, dann sah ich nach über einem halben Jahr endlich wieder die lieben Schwiegers, Herrn Schwieger nach dreimonatigem Krankenhausaufenthalt. Das war sehr schön.

Es gab Sekt, Schokoladensahnetorte satt, vergnügte Stimmung, Corona-Frisuren-Vergleich: Den Herrn Schwieger hatte ich noch nie zuvor anders als mit ratzekurzen Haaren gesehen.

Daheim wartete ein Kistlein Avocados aus Málaga auf uns: Das gewünschte Ablegen vor der Wohnungstür hatte geklappt. Herr Kaltmamsell muss ab nächsten Montag wieder jeden Tag in die Schule zum Arbeiten (bei einem Inzidenzwert um die 60 im Schul-Landkreis, das sei nur der Chronik wegen festgehalten), Lieferungen wollen nun wieder gut geplant und meist an die Packstation gerichtet werden.

Die weichsten legte ich fürs Sonntagsfrühstück beiseite, die fünf zweitweichsten in eine Papiertüte mit Äpfeln zum schnelleren Reifen, die härtesten in den Kühlschrank für in zwei Wochen, knapp die Hälfte der Avocados blieb in der Kiste für dazwischen.

Vor dem Abendessen packte ich Bücherkisten aus, bestückte die Regalwand im Flur; mein Wochenendziel ist das Freiräumen einer Hälfte des Wohnzimmers, um zumindest dort angenehmen Aufenthalt zu ermöglichen. Außerdem gehörten zu diesen Büchern unsere Kochbücher, in denen ich tatsächlich oft nachschlage und die ich entsprechend vermisst hatte.

Das Abendessen stammte aus der Hand von Frau Schwieger: Sie hatte Ochsenbackerl geschmort und uns zwei mit Soße mitgegeben. Herr Kaltmamsell schabte dazu Späzle vom Brett. Köstlich.

§

Der schottische Astrophysik-Professor Dalcash Dvinsky erzählt, wie sich sein Alltagsrhythmus im vergangenen Jahr verändert hat – durch Hund und Pandemie.
“A day in my life”.

§

kid37 gibt den Kunsthistoriker:
“1000 Meisterwerke”.

§

Es hagelt Corona-Jahrestage, das ZDF Magazin Royale hat sich den Jahrestag Ischgl vorgenommen.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/89ww_8P-26s

Journal Freitag, 12. März 2021 – Corona-Regel-Resignation

Samstag, 13. März 2021

Ausreichend und ausreichend tiefer Schlaf.

Das Wetter begann mit ein paar Regentropfen, wurde dann aber eher sonnig, weiterhin windig. Arbeitstag ohne Hektik, mittags Birne mit einem Stück Käse, Orange und Mandarinen.

Nach der Arbeit nahm ich eine U-Bahn (genug Platz, alle Münder und Nasen FFP2-bedeckt) zum Odeonsplatz, ging in goldener Sonne und angemessen frischen März-Temperaturen zum Viktualienmarkt. Ich besorgte fürs Wochenende Blut- und Leberwurst, weil der Ernteanteil endlich Sauerkraut enthalten hatte (plus Kartoffeln), fürs Freitagabendessen ein Porterhouse-Steak (nicht so dick geschnitten, wie ich es gern gehabt hätte, der Metzger scheint mir das “NOCH dicker” nicht geglaubt zu haben), dazu für Freitagabend grünen Spargel (überraschend schwer zu finden, ich hatte angenommen, dass der italienische grüne Spargel bereits Saison hat) und Kirschtomaten. Und da ich bereits Hunger hatte, kaufte ich für den Aperitif ein wenig eingelegte Oliven.

Viele Läden in der Innenstadt waren erleuchtet und in Betrieb – aber man konnte wohl nicht einfach reingehen, sondern musste sich vorher einen Einkaufstermin holen. Ist mir egal, ich habe nicht vor Läden zu besuchen; was die offiziellen Corona-Regeln angeht, habe ich inzwischen resigniert: Die Infektionszahlen entwickeln sich exakt wie es die Warnungen von Expertinnen und Experten vor Lockerungen prognostiziert hatten, ich folge lieber deren Empfehlungen. Alles Weitere nach der dritten Welle oder meiner Impfung, je nachdem, was früher eintritt. Wobei mir klar ist, welches Zeichen von Privilegien es ist, mir diese Resignation leisten zu können. (Allerdings wäre ich ein bisschen entspannter, wenn meine Eltern geimpft wären.)

Anke Gröner ist wohl an einen ähnlichen Punkt angekommen:

Ich will nicht mehr auf gute Nachrichten hoffen, ich lese jetzt einfach ein halbes Jahr keine Nachrichten mehr, warte ergeben darauf, dass mein Handy pingt und mir einen Impftermin nennt, von mir aus mit Sägespänen, ich kann dieses Gefühl nicht mehr ertragen, dass unser aller Gesundheit an Bürokratie, Dokumentationswahn und Logistik hängt.

Daheim ein wenig Werkeln: Duschkopf ausgewechselt, ich hatte den aus der alten Wohnung, vor ein paar Jahren in Berlin gekauft, entkalkt und gereinigt, konnte ihn jetzt gegen den eigenartig dünnstrahligen in der neuen Wohnung austauschen. (Herr Kaltmamsell hatte gestern Vormittag die Übergabe der alten Wohnung an die Hausverwaltung übernommen, keine Beanstandungen.) Dann gab’s Negroni und Oliven.

Die Beilage zum Abendessen bereitete ich zu: Grünen Spargel mit Kirschtomaten in Alufolie aus dem Ofen. Herr Kaltmamsell briet dazu das Porterhouse-Steak. Gestern war die erste Weinlieferung an die neue Wohnung eingetroffen, es gab ein Glas Rioja (Conde de Valdemar Reserva 2012).

§

Zu #NotAllMen und warum es für das Bedrohungsgefühl vieler (zu vieler) Frauen irrelevant ist, dass ja nIcHt AlLE mäNnER Belästiger oder gar Vergewaltiger sind, schreibt Julien Cohen in einem Thread ein ganz normales Erlebnis auf, wie sie eines Abends in London von Fremden bedrängt wurde.

Die zentrale Aussage:

We can’t tell which men are safe because even the ones who are supposedly safe feel enabled to humiliate us for fun. No men are safe. Normal men aren’t safe. We are never safe because our society believes that the safety of women is not as important as the entitlement of men.

Das bedeutet nicht, dass jeder Mann sich schuldig fühlen muss. Sondern dass er die Situation der betroffenen Frauen ernst nehmen sollte und dieses Bedrohungsgefühl nicht durch “aber ich bin ja ganz anders” unberechtigt wird.

§

Zum internationalen Tag der Frau, 8. März, ließ die Zeit “22 Frauen aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Sport erzählen, wie sie Widerstände überwunden haben”.
“Erfolgreiche Frauen:’Mich treibt das Unterschätztwerden an'”.

Doch ich merkte, dass mich auch solche Artikel inzwischen müde machen.
Zwar freue ich mich sehr an erfolgreichen Frauen, und in der Reihe sind einige, die mich begeistern – doch ich weiß nicht so recht, ob sie sich für Erfolgstipps eignen. Die Ratschläge lesen sich mal wieder wie Rezepte, denen Frauen einfach nur folgen müssen, dann haben auch sie Erfolg. Die Gefahr ist groß, dass Entscheidungen oder Verhalten nachträglich zu Gründen für Erfolg definiert werden, wo es doch Persönlichkeitsaspekte waren, die dieses Verhalten erst ermöglichten. Eine Persönlichkeit kann man sich nicht einfach draufschaffen.

Am ehesten übertragbar auf alle Persönlichkeiten ist wohl der Appell, Verbündete zu suchen, eine Verbündete zu sein. Gleichzeitig bin ich mir bewusst, wie wichtig Vor-Bilder sind: “If she can see it, she can be it” heißt das Motto des Geena Davis Institute on Gender in the Media.

Als Gegenbeispiel fällt mir immer die epochale Schriftstellerin Marieluise Fleißer ein, die eben keine Erfolgsgeschichte aufweisen konnte. Zwar von klein auf durch und durch Künstlerin und mit einer unkonventionellen Persönlichkeit ausgestattet, biss sie sich halt nicht durch, sondern gab auf. Keine Erfolgsstory hier, nachdem sie von Bertolt Brecht ihren eigenen Berichten zufolge praktisch zum Erfolg gepeitscht werden musste – und zwar überhaupt nicht zu ihren Konditionen. Nach einem guten Jahrzehnt Künstlerinnenleben gab Fleißer auf: Zweckheirat in Ingolstadt, Jahrzehnte im Tabakladen ihres Ehemanns. Es war Zufall, dass Faßbinder und Kroetz sie wiederentdeckten und sie spät noch anerkannt wurde. Was der Einzelgängerin vor allem in frühen Jahren auffallend fehlte: Verbündete. Fleißers Biografie erschien mir immer ein viel nachvollziehbares Künstlerinnenleben als die Erfolgsbeispiele zum Internationalen Tag der Frau.

Journal Donnerstag, 11. März 2021 – Abschluss Auszug

Freitag, 12. März 2021

Etwas unruhigere Nacht, um fünf weckte mich donnernder Herzschlag.

Der Fußweg in die Arbeit war wieder unangenehm kalt, außerdem wurde ich ein wenig angeregnet. Begegnung mit einem Arbeitskollegen von ganz früher in Ingolstadt, den ich hin und wieder beim Gassigehen sehe (heißt das überhaupt noch Gassigehen?).

Emsige Arbeit. Nachmittags eine hochinteressante Infoveranstaltung (seit Beginn der Pandemie-Änderungen im Arbeitsleben eine regelmäßige Einrichtung, die hoffentlich beibehalten wird), die als Videokonferenz besonders gut funktionierte.

Mittagessen: ein Glas eingelegter Süßmais, rote Paprika und Kidneybohnen, außerdem Orange und Mandarine. Nachmittags ein Stück schwarze Schokolade. Vor dem Bürofenster heftiger Wind, gleichzeitig war es milder geworden.

Auf dem Heimweg versuchte ich wegen bestimmter Wochenendpläne Covid-Schnelltests zu ergattern. Vier Apotheken, ein Aldi und ein Lidl später stand ich immer noch mit leeren Händen da. In einer Apotheke wurde ich informiert, ab Freitag gebe es den sowieso in allen Drogerien. Da bin ich ja mal gespannt.

Daheim wechselte ich schnell in bewegungsfreundliche Kleidung, denn es galt den Auszugsteil des Umzugs abzuschließen: In der alten Wohnung letzte Haken, Nägel, Lampen und Glühbirnen entfernt, letzte Dinge weggeräumt. Durchgesaugt hatte Herr Kaltmamsell schon, Freitag übernimmt er die Übergabe.

Abendessen: Die Kartoffeln aus Ernteanteil wurden Pellkartoffeln mit Kräuterquark (darin Kresse aus Ernteanteil), dazu gekochte Eier, außerdem Feldsalat aus Ernteanteil. Nachtisch Schokolade.

Journal Mittwoch, 10. März 2021 – Ein paar Schneeflocken

Donnerstag, 11. März 2021

Verschlafen: Als mich Herr Kaltmamsell weckte, musste mein Wecker bereits eine Viertelstunde vergeblich geklingelt haben, durch Ohrstöpsel und tiefen (hurra!) Schlaf hatte ich ihn nicht gehört.

Draußen war es nass und kalt, im Licht der Straßenlaterne segelte die eine oder andere Schneeflocke.

In der neuen Dusche liegen die Seifen noch nicht optimal, es wird dann doch eine zusätzliche Ablagefläche brauchen. Und ich fühle mich ultra-deutsch, wenn ich sofort nach dem Duschen und noch halb nass die (an sich wirklich praktische und willkommene) Glasabtrennung abziehe – Münchens sehr kalkhaltiges Wasser würde sie sonst sofort verblinden.

Auf dem trüben Weg in die Arbeit sah ich auf der Theresienwiese grasende Streifengänse, am Bavariapark Schneeflecken auf den Wiesen. Ich blieb aber trocken.

In der Arbeit viel Arbeit, teils auch recht anstrengend (gestern vor allem Korrekturlesen inkl. fact check).

Mittagessen war Quark, Joghurt, Birne. Nachmittagssnack Nüsse und Mandarinen.

Auf dem Heimweg (unangenehm kalt) Einkäufe beim Vollcorner, sowohl fürs Abendessen als auch Vorräte. Das Abendessen kochte Herr Kaltmamsell (Spaghetti mit Champignons, Petersilie, Crème fraîche), während ich endlich mal wieder eine Runde Yoga turnte – arg beengt durch Umzugskisten, beim nächsten Mal muss ich mehr Platz freiräumen.

Gute Nachrichten aus der Schwiegerfamilie, beide Schwiegers sind geimpft.

§

Der Frankfurter Hotelier Ilhan Erdoğan nimmt Obdachlose auf und vermittelt ihnen Jobs (große Bewunderung):
“Hilfsbereiter Hotelier”.

Dem Hotelier kommt entgegen, dass eines seiner beiden Hotels speziell eine Unterkunft für Berufstätige auf Reisen ist. Auch in Corona-Zeiten buchen sich dort vor allem Handwerker ein, die teils monatelang an Bauprojekten arbeiten. Dort klappt die Aufnahme so gut, dass Erdoğan nun mit drei Logistikunternehmen verhandelt, Obdachlose als Lagerarbeiter anzustellen.

§

An Königshäusern interessieren mich wirklich nur die Klamotten und der Schmuck (DIADEME!) – die aber durchaus sehr. Das kann ich mir leisten, da ich weder persönlich noch kulturell involviert bin. Warum das Iren und Irinnen deutlich anders empfinden, beschreibt aus aktuellem Anlass nachvollziehbar Patrick Freyne mit diesem Einstieg zu einem Artikel in der Irish Times:

Having a monarchy next door is a little like having a neighbour who’s really into clowns and has daubed their house with clown murals, displays clown dolls in each window and has an insatiable desire to hear about and discuss clown-related news stories. More specifically, for the Irish, it’s like having a neighbour who’s really into clowns and, also, your grandfather was murdered by a clown.

Beyond this, it’s the stuff of children’s stories. Having a queen as head of state is like having a pirate or a mermaid or Ewok as head of state. What’s the logic? Bees have queens, but the queen bee lays all of the eggs in the hive. The queen of the Britons has laid just four British eggs, and one of those is the sweatless creep Prince Andrew, so it’s hardly deserving of applause.

§

Als hätten wir nicht genug schlechte Nachrichten, kommt jetzt noch eine aus dem Münchner Tierpark:
“Hellabrunner Fledermausgrotte bleibt dauerhaft geschlossen”.

Selige Erinnerungen ans Umflattertwerden in dieser Fledermausgrotte. Ähnliches erlebte ich nur an dem Abend im Madrider Parque del Retiro am Bosque des Recuerdo.