Ausreichend und ausreichend tiefer Schlaf.
Das Wetter begann mit ein paar Regentropfen, wurde dann aber eher sonnig, weiterhin windig. Arbeitstag ohne Hektik, mittags Birne mit einem Stück Käse, Orange und Mandarinen.
Nach der Arbeit nahm ich eine U-Bahn (genug Platz, alle Münder und Nasen FFP2-bedeckt) zum Odeonsplatz, ging in goldener Sonne und angemessen frischen März-Temperaturen zum Viktualienmarkt. Ich besorgte fürs Wochenende Blut- und Leberwurst, weil der Ernteanteil endlich Sauerkraut enthalten hatte (plus Kartoffeln), fürs Freitagabendessen ein Porterhouse-Steak (nicht so dick geschnitten, wie ich es gern gehabt hätte, der Metzger scheint mir das “NOCH dicker” nicht geglaubt zu haben), dazu für Freitagabend grünen Spargel (überraschend schwer zu finden, ich hatte angenommen, dass der italienische grüne Spargel bereits Saison hat) und Kirschtomaten. Und da ich bereits Hunger hatte, kaufte ich für den Aperitif ein wenig eingelegte Oliven.
Viele Läden in der Innenstadt waren erleuchtet und in Betrieb – aber man konnte wohl nicht einfach reingehen, sondern musste sich vorher einen Einkaufstermin holen. Ist mir egal, ich habe nicht vor Läden zu besuchen; was die offiziellen Corona-Regeln angeht, habe ich inzwischen resigniert: Die Infektionszahlen entwickeln sich exakt wie es die Warnungen von Expertinnen und Experten vor Lockerungen prognostiziert hatten, ich folge lieber deren Empfehlungen. Alles Weitere nach der dritten Welle oder meiner Impfung, je nachdem, was früher eintritt. Wobei mir klar ist, welches Zeichen von Privilegien es ist, mir diese Resignation leisten zu können. (Allerdings wäre ich ein bisschen entspannter, wenn meine Eltern geimpft wären.)
Anke Gröner ist wohl an einen ähnlichen Punkt angekommen:
Ich will nicht mehr auf gute Nachrichten hoffen, ich lese jetzt einfach ein halbes Jahr keine Nachrichten mehr, warte ergeben darauf, dass mein Handy pingt und mir einen Impftermin nennt, von mir aus mit Sägespänen, ich kann dieses Gefühl nicht mehr ertragen, dass unser aller Gesundheit an Bürokratie, Dokumentationswahn und Logistik hängt.
Daheim ein wenig Werkeln: Duschkopf ausgewechselt, ich hatte den aus der alten Wohnung, vor ein paar Jahren in Berlin gekauft, entkalkt und gereinigt, konnte ihn jetzt gegen den eigenartig dünnstrahligen in der neuen Wohnung austauschen. (Herr Kaltmamsell hatte gestern Vormittag die Übergabe der alten Wohnung an die Hausverwaltung übernommen, keine Beanstandungen.) Dann gab’s Negroni und Oliven.
Die Beilage zum Abendessen bereitete ich zu: Grünen Spargel mit Kirschtomaten in Alufolie aus dem Ofen. Herr Kaltmamsell briet dazu das Porterhouse-Steak. Gestern war die erste Weinlieferung an die neue Wohnung eingetroffen, es gab ein Glas Rioja (Conde de Valdemar Reserva 2012).
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Zu #NotAllMen und warum es für das Bedrohungsgefühl vieler (zu vieler) Frauen irrelevant ist, dass ja nIcHt AlLE mäNnER Belästiger oder gar Vergewaltiger sind, schreibt Julien Cohen in einem Thread ein ganz normales Erlebnis auf, wie sie eines Abends in London von Fremden bedrängt wurde.
Die zentrale Aussage:
We can’t tell which men are safe because even the ones who are supposedly safe feel enabled to humiliate us for fun. No men are safe. Normal men aren’t safe. We are never safe because our society believes that the safety of women is not as important as the entitlement of men.
Das bedeutet nicht, dass jeder Mann sich schuldig fühlen muss. Sondern dass er die Situation der betroffenen Frauen ernst nehmen sollte und dieses Bedrohungsgefühl nicht durch “aber ich bin ja ganz anders” unberechtigt wird.
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Zum internationalen Tag der Frau, 8. März, ließ die Zeit “22 Frauen aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Sport erzählen, wie sie Widerstände überwunden haben”.
“Erfolgreiche Frauen:’Mich treibt das Unterschätztwerden an'”.
Doch ich merkte, dass mich auch solche Artikel inzwischen müde machen.
Zwar freue ich mich sehr an erfolgreichen Frauen, und in der Reihe sind einige, die mich begeistern – doch ich weiß nicht so recht, ob sie sich für Erfolgstipps eignen. Die Ratschläge lesen sich mal wieder wie Rezepte, denen Frauen einfach nur folgen müssen, dann haben auch sie Erfolg. Die Gefahr ist groß, dass Entscheidungen oder Verhalten nachträglich zu Gründen für Erfolg definiert werden, wo es doch Persönlichkeitsaspekte waren, die dieses Verhalten erst ermöglichten. Eine Persönlichkeit kann man sich nicht einfach draufschaffen.
Am ehesten übertragbar auf alle Persönlichkeiten ist wohl der Appell, Verbündete zu suchen, eine Verbündete zu sein. Gleichzeitig bin ich mir bewusst, wie wichtig Vor-Bilder sind: “If she can see it, she can be it” heißt das Motto des Geena Davis Institute on Gender in the Media.
Als Gegenbeispiel fällt mir immer die epochale Schriftstellerin Marieluise Fleißer ein, die eben keine Erfolgsgeschichte aufweisen konnte. Zwar von klein auf durch und durch Künstlerin und mit einer unkonventionellen Persönlichkeit ausgestattet, biss sie sich halt nicht durch, sondern gab auf. Keine Erfolgsstory hier, nachdem sie von Bertolt Brecht ihren eigenen Berichten zufolge praktisch zum Erfolg gepeitscht werden musste – und zwar überhaupt nicht zu ihren Konditionen. Nach einem guten Jahrzehnt Künstlerinnenleben gab Fleißer auf: Zweckheirat in Ingolstadt, Jahrzehnte im Tabakladen ihres Ehemanns. Es war Zufall, dass Faßbinder und Kroetz sie wiederentdeckten und sie spät noch anerkannt wurde. Was der Einzelgängerin vor allem in frühen Jahren auffallend fehlte: Verbündete. Fleißers Biografie erschien mir immer ein viel nachvollziehbares Künstlerinnenleben als die Erfolgsbeispiele zum Internationalen Tag der Frau.